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Auszug aus:
Die Schlacht bei Freiburg im Breisgau 1644
Von Hans-Helmut Schaufler
Rombach Verlag Freiburg 1979


Gegen Ende des Dreißigjährigen Krieges, im Jahre 1644, fand bei Freiburg im Breisgau eine mehrtägige Schlacht statt. Der Reitergeneral Jan von Werth sagte über sie, „er, seit zwanzig Jahren mit dem Bluthandwerk vertraut, habe niemalen so blutigem Treffen beigewohnt“. Zwei französische Armeen und ein bayerisches Heer, beide Seiten geführt von den bedeutendsten Feldherren der Zeit, trafen aufeinander. Es stand auf des Messers Schneide, ob die eine oder die andere Seite eine vernichtende Niederlage erleiden würde.

Ab Seite 108
……..Selbstverständlich hat Mercy längst die möglichen Folgen eines französischen Marsches ins badische Unterland überdacht. Wie er dem Kurfürsten noch am 9. August aus Adelhausen schreibt, wäre er gern gleichzeitig und parallel zum Gegner nach Norden abmarschiert. Aber wegen seiner unterlegenen Reiterei hält er dies nicht für ratsam. Wie ihm berichtet worden sei, habe Enghien jetzt 10000 Pferde. In der Tat kann man sich nicht recht vorstellen wie die Bayern bei einem Parallel-Marsch in der Rheinebene eine offene Feldschlacht – etwa bei Riegel, wo Schwarzwald und Kaiserstuhl eine Engstelle bilden - vermeiden könnten. Ohne Geländevorteile geriete das jetzt zahlenmäßig unterlegene bayerische Heer sicher ins Hintertreffen. Statt dessen will der Generalfeldmarschall in Richtung Villingen marschieren, diese Stadt aber rechts liegen lassen, um möglichst noch vor dem Feind Pforzheim zu erreichen… Sollte ihm Enghien zuvorkommen, will er sich mit der Armada am Neckar oder an einem anderen „bequemen orth“ festsetzen und das Land so gut wie möglich decken. Als ihm aber gegen Mittag des 9. August gemeldet wird, daß die französische Vorhut in Denzlingen Quartier bezieht, durchschaut er Enghiens Absicht, ihm durch einen Vorstoß durchs Glottertal den Rückweg über den Schwarzwald abzuschneiden. Jetzt heißt es für ihn, keine Zeit mehr zu verlieren. Er befiehlt den unverzüglichen Abmarsch des Heeres über St.Peter. Immerhin ist es Enghien bereits gelungen, Mercy um einen zeitlichen Vorteil zu bringen. Bei gleichzeitigem Abmarsch der feindlichen Heere von Uffhausen und Adelshausen hätten die Bayern leicht die Ersten auf der Hochebene von St.Peter sein können. Sie hätten sich durchs Eschbachtal wie auf der Hypotenuse eines Dreiecks bewegen können, während der Feind über den Eckpunkt Denzlingen den weiteren Weg über die beiden Katheten gehabt hätte. Von Denzlingen als Ausgangspunkt ist die Strecke nach St.Peter für Enghien sogar noch etwas kürzer als Mercys Route durchs Eschbachtal, allerdings ist der Aufstieg durchs Glottertal auch wegen der künstlichen Hinternisse beschwerlicher. Jetzt beginnt ein dramatischer Wettlauf. Wer zuerst die Hochebene bei St.Peter erreicht, kann sich dem Gegner bei Austritt aus dem Tal vorlegen und ihn aus einer günstigen Position heraus bekämpfen.
Um 16 Uhr bricht das bayerische Heer auf. Kürassiere und Dragoner unter Obrist Gayling, der anstelle des gefallenen Generalwachtmeisters Mercy kommandiert, bildet die Vorhut. Ihr folgt das Fußvolk. Diese Verbände marschieren über Stegen und das Eschbachtal unmittelbar auf St.Peter. Brückentrain, Artillerie und Troß rücken, um rascher die Höhe zu erreichen, auf zwei verschiedenen Wegen nach. Eine Hälfte fährt über Burg ins Ibental, die andere über Buchenbach ins Wagensteigtal nach St.Märgen. Beide Wege befinden sich 1644 in einem sehr schlechten Zustand. Die aus den Arkebusier-Regimentern gebildete Nachhut unter General von Werth folgt der Artillerie durch Ibental und zieht auf St.Peter. Das bayerische Heer marschiert die ganze Nacht hindurch. Erst kurz vor Tagesanbruch am 10. August erreicht das Fußvolk St.Peter. Artillerie und Bagage liegen „des bösen wegs, der hohen berg und mattigkeit der Pferdt halber“ noch weit zurück.
Als es Tag wird, trifft auch schon die Meldung vom Herannahen des Feindes durchs Glottertal ein. Mercy läßt sofort die Abtei St.Peter besetzen und seine Truppen auf der Höhe östlich von St.Peter in Stellung gehen.
Enghien hat noch am 9. August abends die Nachricht vom Abmarsch der Bayern erhalten. Er hatte daraufhin sofort Generalmajor Rosen mit den acht am besten berittenen Schwadronen aufbrechen lassen. Dieser sollte so schnell wie irgend möglich den französisch-weimarischen Heeresabteilungen voraus das Glottertal hinauf auf St.Peter vorstoßen, um diesen Ort noch vor den Bayern zu erreichen. Hier sollte er den Feind so lange aufhalten, bis das jetzt ebenfalls schleunigst in Marsch gesetzte Gros Enghiens heran sei. Nun, dies ist Rosen nicht gelungen. Die zahlreichen Verhaue und Abgrabungen des Weges im Glottertal haben ihm zuviel Zeit gekostet.
Das Geschehen bei St.Peter läßt sich leider nicht in allen Einzelheiten nachzeichnen. Die Ortsbeschreibungen in den Quellen sind dafür zu ungenau. Folgender Ablauf erscheint unter Berücksichtigung der Geländeverhältnisse wahrscheinlich:
Es ist bereits heller Tag, als Rosen den Höhenrücken zwischen Glottertal und Eschbachtal nordwestlich von St.Peter erreicht (etwa beim heutigen Wegkreuz am Sauwasen). Hier sieht er, daß die Masse der bayerischen Truppen schon östlich vom Kloster auf der Hochebene eingetroffen ist. Gleichzeitig nimmt er war, wie sich die Wagen des Trosses und Artillerie-Park noch weit ab von der Truppe von Ibental her auf die Hochfläche südliche von St.Peter hinaufquälen. Rosen entschließt sich sofort, die Fahrzeuge zu überfallen und die feindlichen Truppen durch fortgesetzte Angriffe am Abmarsch zu hindern. Die tiefen Taleinschnitte nordwestlich und südlich der heutigen Klosteranlage trennen ihn von den bayrischen Verbänden und ihren Wagenkolonnen. Eine Schwadron schickt Rosen nach rechts den Einschnitt südlich am Kloster vorbei (hier führt heute die „Bürgerschaft“ genannte Straße vom Eschbachtal zum Seelgut hinauf). Sie stürzt sich auf die feindlichen Fahrzeuge am Ostrand des Seelguts, plündert sie und haut die Zugseile durch. Die sieben anderen Schwadronen führt Rosen persönlich durch das zunächst ziemlich enge Tal nordwestlich des Klosters, um die östlich vom Klosters aufgestellten Verbände der Reichs-Armada zu attackieren. Am Ausgangspunkt lässt er zwei Schwadronen als Rückhalt. Mit fünf Schwadronen sprengt er auf das bayerische Fußvolk los. Dies schlägt jedoch den ungestümen Angriff ab. Rosen sammelt schnell seine Reiter und reitet von neuem Attacke. Doch wiederum prallt der Angriff an dem standfesten bayerischen Fußvolk ab. Unentwegt greift Rosen ein drittes Mal an. Diesmal stößt überraschend Reiterei der bayerischen Vorhut Rosen in die Flanke. Seine Schwadronen werden getroffen und fliehen durch das enge Tal zurück. Die Rückhalt-Schwadronen versuchen noch den Rückzug zu decken. Sie können aber nicht standhalten und werden weit nach Süden abgedrängt. Schließlich entkommen sie durch das obere Eschbachtal. Den Bayern fallen drei französische Cornets mit ihren Standarten in die Hände. Mercy befiehlt seiner Reiterei, Rosens Kavallerie zu verfolgen. Jetzt aber geschieht etwas Unerhörtes: Die bayerischen Reiter weigern sich, Mercys Befehl auszuführen! Lesen wir aus Mercys Bericht an den Kurfürsten:
„Eß haben aber die Reiter den Officiren nicht volgen wollen, wiewohlen ich mit dem Fueßvolckh den Angriff gethan, auch sye durch dasselbe immer forth secundiren lassen, So hat man sye gleich wohl weter mit stechen noch hauen dahin anbringen Können, ob sye nun die mattigkeit der Pferdt oder weiln sye gesehen, daß der feindt vnß an Reitterei weit vberlegen, hievon abgehalten Kann ich nit wissen………..“
Endlich kommt Jan von Werth mit der Nachhut heran. Mercy berät mit ihm, ob sich die Bayern doch noch auf ein Gefecht mit dem Feind einlassen sollen. Bei der schlechten Verfassung der bayerischen Reiterei halten die beiden Heerführer dies nicht für ratsam, zumal jetzt auch die ersten französischen Infanteristen über die Paßhöhe dringen. Pfeifen und Trommeln künden das französische Gros an. In dieser Lage ordnet Mercy den schleunigen Abmarsch zum Hohlen Graben an. Eine halbe Karthaune, ein Falconet und ein Feuermörser fallen dem Feind in die Hand. Die Bayern müssen auch den größten Teil ihrer Bagage im Stich lassen.
Enghien bleibt Mercy mit seiner Streitmacht bis zu den Schanzen am Hohlen Graben auf den Fersen, aber nicht weiter. Er hat einen Troß und keine Artillerie das Glottertal hinaufbringen können. Für eine Verfolgung über den Hohlen Graben hinaus fehlt die Stoßkraft. Trotz der Befehlsverweigerung seiner Reiter kann Mercy noch am selben Tag in einigermaßen guter Ordnung Villingen erreichen – eine sehr beachtliche Tagesmarschleistung von rund 70 km! Am 11. August setzt er seinen Weg bis Schömberg fort. Hier bleibt er mit der Armada bis zum 14. August in Ruhestellung.
Enghien führt seine Einheiten vom Hohlen Graben nach St. Peter zurück. Seine Soldaten dürfen sich in der Abtei am 11. August ausruhen. Aus der erbeuteten bayerischen Bagage können sie sich vorerst verpflegen. Eine kleine französische Abteilung zerstört noch die Burg Wiesneck, in der Mercy eine kleine Besatzung zurückgelassen hatte. Sie ist bis heute Ruine geblieben. Am 12. August kehrt Enghien mit seiner Streitmacht wieder nach Denzlingen zurück. Die alte Abtei St.Peter geht beim Abzug in Flammen auf…..