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Auszug aus:
August Lufft
Die Schlacht bei Freiburg im August 1644
Enghien (Condé) und Turenne gegen Mercy
Akademische Verlagsbuchhandlung J.E.B. Mohr
Freiburg i.Br. und Tübingen 1882

...Siebentes Kapitel, § 64.

Das von Stegen (1270´) bis St, Peter (2490´) in der Luftlinie1 Stunde 25 Minuten lange untere Eschbachthal steigt nordöstlich auf der ersten Weghälfte bei größerer Weite bis zu den Schneehöfen (1430´) allmähliger, auf der zweiten Weghälfte aber bei zunehmender Verengung und Vertiefung steiler in die Höhe, so daß der Weg sich längs dem Hang mit Curven aufwärts windet, Eine kurze Strecke vor dem Kloster {vormals Abtei) St, Peter beginnt das obere Eschbachthal, indem es sich zu einem Kessel oder einer Mulde auf eine Länge von 900 bis1000 Schritten erweitert, worauf dasselbe sich wieder etwas mehr verengt und vertieft, um so beschaffen in der nordöstlichen Richtung des unteren Eschbachthales nach dem etwa 1500 Schritte von St.Peter entfernten Seelgut aufwärts zu ziehen und bei der ungefähr 500 bis 600 Schritte oberhalb dieses Ortes befindlichen Quelle abzuschließen. Die nordwestliche Wand des Thales von dem Kloster an bis über Seelgut hinaus wird durch eine Hochebene gebildet, welche sich längs der Mulde nur wenig, dann aber etwas mehr über die Thalsohle erhebt, so daß auch der Hang, der sich auf der Strecke zuvor gelinde abdacht, jetzt jäher abfällt. Das Kloster liegt etwa 25´ über der Thalsohle da, wo die Hochebene nah dem Ausgang aus dem unteren in das obere Eschbachthal eine Ecke vorschiebt. Als südöstliche Wand des oberen Eschbachthales bis zum Seelgut hinauf zeigt sich der mäßig abfallende Hang des in § 63 erwähnten Bergrückens (2612´), von dem aus die gegenüber gelegene, viel niedrigere Hochebene ganz gut übersehen werden kann.

Der durch das untere Eschbachthal heraufführende Weg zieht, das Kloster auf der Ecke zur Linken, an diesem vorbei nach der Hochebene und über diese, sie in zwei Abschnitte theilend, wovon der bei weitem größere sich längs der Mulde  und dann thalaufwärts weiter bis zur Eschbachquelle ausdehnt, zunächst nach St.Märgen fort.

Der an den unteren südlichen Hängen des 4144´ hohen Kandel und auf dem rechten Ufer des Glotterbaches von Langendenzlingen heraufführende Weg erreicht nach einer letzten ansehnlichen Steigung den mehr erwähnten Bergrücken und tritt von diesem abwärts nach dem Kloster zu in eine ziemlich tiefe Schlucht, welche, von den französischen Berichten zum Engpaß” erhoben, sich beiläufig 500 bis 600 Schritte lang den Hang hinunterzieht. Da sich die Schlucht bei diesem Zug immer mehr erweitert und endlich nach zwei Richtungen verflacht, so theilt sich jetzt auch der Weg, indem er sich rechts nach der Mulde beim Kloster und links nach der Mulde einige 100 Schritte oberhalb des Klosters wendet, Verfolgt man diesen Weg eine kleine Strecke weiter niederwärls, so gelangt man in eine Höhle, die bis zur Sohle der Mulde hinunter und dann aus der Sohle bis zur Hochebene hinauf geht, so daß dergestalt zwei getrennte Hohlwege sich vorfinden, wovon der auf die Hochebene führende der ungleich längere ist; beide. sind nicht breiter und tiefer, wie gewöhnliche Hohlwege auf dem Lande.

Achtes Kapitel.
Das Gefecht beim Kloster St.Peter am 10. August.
§ 65.

Mercy erreichte mit dem Gros seines Heeres nach einem sehr beschwerlichen Marsch das Kloster St.Peter kurz vor Tagesanbruch (Die Sonne geht um 10. August um 4 Morgens auf), während die Geschütze und Bagagewagen noch im Hinauffahren begriffen waren. Zweifelsohne eröffneten aber die Geschütze den Zug, sodaß sie vor den Bagagewagen zur Hochebene beim Kloster gelangten. Johann v. Werth bildete mit seinem Reitercorps die Nachhut. Als nun der Tag anbrach, nahm Mercy wahr, wie französische Cavallerie auf dem mehr gedachten Bergrücken (§ 63.) erschien und sich anschickte, durch die besagte Schlucht (§ 64.) den Hang hinunter zu rücken.

Hören wir nun, wie Mercy selbst in Fortsetzung des Berichtes an den Kurfürsten vom 11. August (§ 62, Ziff. 2) sich äußerte:

"Wie nun der Tag angebrochen ist der feint durch ermelten weg avanzirt da ich nun solches gespürt hab ich daß Closter St.Peter besetzt mich mit der armada auf eine Höhe begeben, und dem feint Festa geboten, auch die Studh und bagage so vil mensch- und müglich gegen den hollen graben avanziren laßen. Weil aber die Studpferdt wie obgemelt so matt gewesen, hat es sich ein zeitlang verweyhlet. Inmittelst der feint etliche Commandirte Reitter lassen heraufgehen, und angefangen die bagage zu blindern. Nachdem ich nun solches vernommen, wiewohl die retroguardi noch nit ankommen gewesen, bin ich auf den feint loßgangen. Im attaquirt, und wann unsere Reitter so devoir gethan hetten, wolte ich verhoffentlich des feinds avanguardi mit Gottes hülff geschlagen haben, wie wür dann drey Cornel so hiebei von demselben bekommen, Eß haben aber die Reiter den Officiren nicht volgen wollen, wiewohlen ich mit den Fueßvolkh den angriff gethan, auch sye durch daßelbe immer forth secundiren lassen. So hat man sye gleichwohl weier mit stechen noch hauen dahin anbringen Können, ob sye nun die mattigkeit der Pferdt oder weile sye gesehen, daß der feint uns an Reitterei weit ueberlegen, hievon obgehalten Kann ich nit wissen. Ich darff auch an jezo hievon nil vil sagen, damit sye nicht zu eine andern besterkt und widerwertigèr rosolution bewegen, weilen doch mit der Zeit sich wohl findien würdt, nicht ohne ist, daß die mattigkeit der Perdt sehr groß nachdemal man in ganzer 8 tag kein pferdt wegen stetiger action absatln  und nur einmal fouragiren könen, Gleichwohl hat der feindt eben sowohl alß wür dergestalt stehen mueßen. Wie nun der Johan von Wörth mit der retroguardi angelangt, haben wür noch einmahl daran gewolt, Wür haben aber bey so beschaffener sachen, weil der feint je lenger je mehr sich erzeiget nicht rathsamb befundten, Unß in eine Haubt action einzulassen, Sondern allgemach gegen dem Hollen graben, doch mit der hinderlassung einer schadhafften halben Karlhaune, eines Falconeis, und eines Feuer-Wörsel weiln solche sowohl wegen mangl alß mattigkeit der Pferdt nicht forth zu bringen gewesen, zu retiriren Und weil der-alarm ihe lenger ihe grösser worden, ist auch die meiste Bagage im stüch gebliben, der feint hat Unß zwar biß an den Hollen graben, aber nicht weiter verfolgt. So haben wür Uns mit gueter ordre so vil mensch- und müglich gewesen gestiert biß nacher Villingen und heut biß anhero rotirirt, Und weil dem feint abermahls 6000 Mann succurs ankommen seind (§ 57), und ich den ersten tag nit wissen Können, wo Er Hingehen würdt, habe ih den Obristli. Maremont vor hohenthviel von Villingen auß ordre zuegeschickt, damit die Völkher nicht verlohren gehen, die blocquada aufzuheben „ „ „"

Obiger Bericht bedarf indes in manchen Punkten sowohl der Klärung, als auch der Ergänzung, und so wollen wir aus dem Grund sorgfältiger Prüfung unserer Quellen und entsprechender Kenntnisnahme von den Oertllchkeiten, uns diesem Geschäft mit Folgendem unterziehen:

1} Generalmajor v. Rosen hatte mit den ihm zugetheilten, am besten berittenen Cavalleristen, unstreitig das Seinige gethan, um, trotz der Hindernisse, welche der von Mercy als „ganz verhauen und vergraben“ bezeichnete, d. h, durch die natürliche Beschaffenheit des Hanges mit seinen Unebenheiten, Rinnen, Klüften und Schluchten, damals in den schlechtesten Zustand versetzte Weg, ihm bereitete, doch, wo nur immer möglich, Mercy bei St.Peter zuvorzukommen; gleichwohl blieb seine Anstrengung ohne den gewollten Erfolg. Als derselbe nämlich auf dem Bergrücken zwischen dem Glotterthal und dem Eschbachthal bei Anbruch des Tages angekommen war, nahm er das Eintreffen des bayerischen Heeres beim Kloster St.Peter und den Zug der Artillerie und der Bagage, wie er sie aus dem unteren Eschbachthal herauf bemühte, um in der Richtung nach St.Märgen weiter zu kommen, deutlich genug wahr. Rasch entschlossen, führte nun Rosen seine Cavalleristen durch die Schlucht den Hang hinunter, eilte dann mit Escadronen links nach der Mulde dahin, wo der eine Hohlweg In dieselbe und der andere aus ihr nach der Hochebene geht, während er die 8. Excadron rechts nach der Mulde sich wenden ließ, um beim Kloster den Zug der bayerischen Artillerie und Bagage zu überfallen, wobei er wohl die Absicht hatte, die Aufmerksamkeit des Feindes auch dahin zu lenken, seine Kräfte zu theilen und desto eher ihn in seinem Weitermarsch aufzuhalten. Rosen durchjagte hierauf in möglichster Schnelle die beiden Hohlwege, stellte beim Ausgang des zweiten als Rückhalt zwei seiner 7 Escadronen auf und griff mit den übrigen 5 Escadronen unbedenklich und ungestüm die Abtheilung des bayerischen Fußvolkes an, die ihm zunächst auf der Hochebene Stellung genommen hatte und nach Ramsay und Consorten 400 bis 500 Mann stark war. Dieser Angriff wurde jedoch kräftig zurückgewiesen, so daß Mercy Zeit gewann, sein übriges Fußvolk nach dem Kampfplatz rücken zu lassen und auch seine Reiterei dahin heranzuziehen. Offenbar hatte Mercy die Besetzung des Klosters aufgegeben, als er glaubte mit dem Heer dem herbeieilenden Feind auf der Hochebene „Festa* bieten zu müssen, denn sonst wäre wohl der 8. Escadron der Streich weniger geglückt, der, wie es scheint, nicht die geringste Abwehr fand.
2) Anscheinend besteht ein Widerspruch zwischen der Angabe von Mercy, als sei er durch die Plünderung der Bagage bestimmt worden, auf den Feind loszugehen und zwischen den französischen Berichten, wornach erst der Angriff von Rosen die Gegenwehr der Bayern herbeigeführt habe; allein es läßt sich dieser Widerspruch füglich dadurch erklären, daß die 8. feindliche Escadron sich schon dem Zuge der Artillerie genähert hatte, als Rosen erst mit den 7 Escadronen aus dem zweiten Hohlweg herausrückte und sie zum Angriff ordnete, so daß Mercy, wenn er auch anfänglich vor hatte, zunächst jene Escadron zu vertreiben, doch auf die Meldung von dem bevorstehenden, nicht so rasch erwarteten Anfall des feindlichen Hauptcorps, jetzt nur daran denken mußte, die dringendste Gefahr abzuwenden.

3) Kaum hatte Rosen seine 5 Escadronen nach dem ersten mißglückten Angriff hinter dem Rückhalt der 2 Escadronen beim Ausgang des. zweiten Hohlweges wieder gesammelt und geordnet, so stürmte er unerschrocken zum zweiten mal auf das inzwischen verstärkte bayerische Fußvolk los, allein er wurde jetzt desto energischer zurückgetrieben, Rosen ließ sich gleichwohl auch durch das Mißlingen dieses zweitenAnfalles nicht entmuthigen, sondern schritt, nach abermaliger Sammlung der 5 Escadronen hinter den 2 Escadronen des Rückhaltes, zum dritten Angriff, der indeß nunmehr auf einen Gegenstoß traf, der um so heftiger war, als das Fußvolk dabei von einer mittlerweile eingetroffenen Reiterabtheilung unterstützt wurde. Es gerieth nun Rosen durch die Gewalt dieses Gegenstoßes und das dadurch herbeigeführte Handgemenge mit seinen 5 Escadronen in ein solches Gedränge und Durcheinander, daß er dieselben nur durch eine schleunige Flucht in den Hohlweg vor der gänzlichen Vernichtung zu retten vermochte, während die 2 Escadronen des Rückhaltes diese Flucht vor dem Ausgang des Hohlweges mit großer Bravour und Hingebung so lange deckten, bis sie selbst, bei dem lebhaften Nachdrängen der Bayern so in die Klemme gekommen waren, daß sie die eigene Rettung nicht mehr durch den Hohlweg bewirken konnten, sondern sie genöthigt waren, den einzigen Ausweg, der ihnen blieb, auf's geradewohl zu benützen und, über die Hochebene in der Richtung von Seelgut eine Strecke weit hinjagend, in das obere Eschbachthal da, wo sich dasselbe wieder etwas mehr verengt und vertieft, hinunter zu eilen, und es glückte ihnen dieser Rettungsversuch denn auch um so mehr, als sie hiebei nicht verfolgt wurden. Freilich wird der Vorgang von Bessé und Consorten in völliger Unkenntniß des Terrains, aber desto leichtfertiger zu einem Reiterstückchen aufgeblasen, als wären die beiden Escadronen nach ihrer tapferen Gegenwehr, in einen tiefen Abgrund hinuntergestürzt, der so unwegsam gewesen, daß er weder von Menschen, noch von Thieren je zuvor betreten worden sei.

Der Mornent der Flucht der 5 Escadronen in den Hohlweg und des Davonsprengens der 2 Escadronen nach dem Seelgut zu nun war es, den Mercy dazu benützen wollte, die Gegner gänzlich zu vernichten, den er aber unbenützt vorübergehen lassen mußte, weil er durch die Unbotmäßigkeit und die Widerspenstigkeit seiner Reiter an der Ausführung seines Vorhabens gehindert wurde, ohne daß er es gerade jetzt für möglich oder räthlich hielt, einer Stimmung der Reiter ernstere Folge zu geben, welche unstreitig theils durch die Ueberzeugung von der großen Mattigkeil der Pferde, theils durch die Wahrnehmung der zur Unterstützung von Rosen herbei eilenden zahlreichen feindlichen Cavalleristen hervorgerufen worden war. Die durch Mercy erwähnte Gefangennahme von 3 Standartenträgern erfolgte zweifelsohne während des Handgemenges vor dem gedachten Moment.

4) Turenne macht in seinen Memoiren folgende Bemerkung über den Hergang: „er habe aus Auftrag des Herzogs nach dem mißlungenen zweiten Angriff des Rosen einen Offizier an diesen abgeschickt, um ihn zu benachrichtigen, daß das ganze bayerische Heer sich auf der Hochebene befinde”, und es mag dies seine Richtigkeit um so mehr haben, als Rosen beim Ausgang des zweiten Hohlweges, von dem weg er seine Angriffe ausführle, nicht übersehen konnte, was auf der von dem nämlichen Punkte aus etwas ansteigenden Hochebene weiter oben vor sich ging, während sich letztere von dem Bergrücken und dem Hang aus ganz gut übersehen ließ. Auf sich beruhen mag es aber, ob der Offizier zu spät bei Rosen eintraf, oder ob letzterer, trotz der erhaltenen Warnung, dennoch den dritten Angriff wagte, Turenne übergeht indeß, im Widerspruch mit den übrigen französischen Schriftstellern, diesen Angriff mit Stillschweigen und beschränkt sich überhaupt darauf, nur im allgemeinen zu berichten: „es habe die zweite Linie von Rosen's Cavallerie , nachdem sie die erste Linie bei ihrem Rückzug aufgenommen, nur 40 bis 50 Schritte von den Bayern entfernt, ja einige 100 Schritte weit mit diesen vermengt, sich in bester Ordnung und ohne von der bayerischen Keilerei lebhaft bedrängt zu werden, zurückgezogen.“ Wir legen aber auf diese abweichende, sich selbst widersprechende Angabe um so weniger Gewicht, als Turenne auch den Verlust von 4 bis 5 Standarten zugesteht.

5) Was die von Rosen nach Artikel 1 oben abgeschickte 8. Escadron betrifft, so läßt sich nur so viel als einigermaßen gewiß annehmen, daß sie, ohne auf die Geschütze, die wohl auch einen Vorsprung vor den Bagagewagen hatten, Jagd zu machen, sich damit beschäftigten, die letzteren zu plündern und daß sie davon ritten, als Johann v, Werth mit seinem die Nachhut bildenden Reitercorps heranrückte.

6) Mercy scheint allerdings zuerst Lust gehabt zu haben, mit den Werth´schen Reitern sein durch die Unfolgsamkeit der bayerischen Reiter vereiteltes Vorhaben auszuführen; allein er besann sich alsbald eines Besseren. Rosen, der mit seinen 5 Escadronen durch die beiden Hohlwege hindurch gejagt war, hatte- nämlich seine Leute am Hang zwischen dem ersten Hohlweg und der Schlucht wieder gesammelt und geordnet, und es war nun deutlich zu sehen, wie immer größere Massen feindlicher Cavalleristen zu ihm fliehen und daß der Herzog selbst, mit seinem Gefolge herbeigeeilt, solche Anordnungen traf, welche darauf schließen ließen, daß er es auf die Lieferung einer Hauptaction abgesehen habe.

Auf diese Wahrnehmung hin mußte nun Mercy bei seiner klugenVorsicht es sofort für räthlich und für das Beste halten, jeden ernsteren Kampf mit dem überlegenen Feind zu vermeiden und den Rückzug zunächst nach Villingen hin ungesäumt weiter fortzusetzen, indem er bei seinen geschickten Anordnungen gelang, ihn in völliger Ordnung über St.Märgen  und den Hohlen Graben so auszuführen (Es sind von St.Peter bis St.Mägen 1 1/2, von da bis zum Hohlen Graben 1 1/4 Stunden in der Luftlinie. Der Gehweg ist selbstverständlich etwas weiter.), daß dies Heer noch am 10. August in dem von St.Peter in der Luftlinie 7 Stunden entfernten Villingen eintraf, eine Leistung, die besonders dann, wenn man den Marsch von Freiburg nach St.Peter in Anschlag bringt, eine ganz außerordentliche genannt zu werden verdient. Indeß hatte gerade der Umstand, daß der Herzog nur mit gesammelter starker Macht zu einer Hauptaction schreiten wollte, um des Erfolges desto sicherer zu sein, eine Verzögerung herbeigeführt, so daß Mercy, als der Herzog sich in Bewegung setzte, um zum Angriff zu schreiten, bereits einen Vorsprung von etwa einer Stunde hatte und es sich für den Herzog jetzt nur noch darum handeln. konnte, Mercy eifrig zu verfolgen, um ihn vielleicht bei dem in der. Luftlinie 22 5/8 Stunden von St.Peter entfernten Hohlen Graben, woselbst sich eine gute, auch durch eine bereits dort angelegte Verschanzung verstärkte Vertheidigungsstellung darbot, zum Stehen zu bringen. Die Hoffnung des Herzogs hierauf ging jedoch nicht in Erfüllung, da Mercy, ohne sich beim Hohlen Graben aufzuhalten, weiter gezogen war, so daß der Herzog es nunmehr für das Zuträglichste hielt, die Verfolgung einzustellen und nach St.Peter zurückzukehren. Mercy marschirte am 11. August von Villingen nach Schornberg (6 Stunden) und am 14, August von da nach Rottenburg (7 Stunden), woselbst er einige Tage verweilte.

Wir glauben übrigens betreffs der Berichte von Mercy an den Kurfürsten hier noch darauf aufmerksam machen zu sollen, daß er sich darin möglichst kurz zu fassen pflegte, zumal er der deutschen Schriftsprache nicht besonders mächtig war und daß er sich unter den damaligen Umständen, wonach er nicht aus den Sorgen, Mühen undAnstrengungen herauskam, auch im Bericht vom 11. August auf die Hauptmomente des Herganges beschränken mußte, dabei aber in Einzelnheiten leicht irren konnte.

§ 66.

Nach seiner Zurückkunft zu St.Peter gönnte der Herzog, während er einen neuen Operationsplan ausbrütete, auf den wir weiter unten zurückkommen werden seinen ermüdeten Truppen den11. August als Ruhetag, indem er jedoch das Schloß Wiesneck einnehmen und einäschern, die noch übrige bayerische Bagage verbrennen und die stehen gebliebenen Geschütze herbeiholen ließ, um auf seinen Befehl durch den maréchal de camp Grafen v. Tournon nach Breisach gebracht zu werden und dort als Siegeszeichen ihre Rolle zu spielen. Es erfolgte dann am 12, August der Rückmarsch nach Langendenzlingen, woselbst die Artillerie und das Kriegsgeräthe zurückgeblieben waren. Vor dem Abmarsch wurde indeß noch die damalige Abtei (jetzt Kloster) St.Peter niedergebrannt, deren Abt, Mathaeus Welzenmüller, sich nach der Schweiz flüchtete. Nach einem Bericht von Mercy an den Kurfürsten vom 18. August aus Rottenburg hätten die Franzosen auch noch Waldkirch in Asche gelegt; allein wir konnten Näheres darüber nicht erheben.

Während einige französische und deutsche Schriftsteller, wie Ramsay, Deforméaux, O Cahill ec. ec. alles Geschütz der Bayern in die Hände der Franzosen fallen lassen, sprechen andere Berichte, wie namentlich die batailles mémorables nur von dem Verlust eines Theiles der Geschütze. Vergleichen wir aber damit den Bericht von Mercy an den Kurfürsten vom 11, August, so finden wir bei jenen wieder die: geläufige Uebertreibung zu Gunsten der Franzosen und vermissen wir bei diesen die nähere Angabe. Dagegen läßt sich an der Richtigkeit der Meldung von Mercy um so weniger zweifeln, als derselbe nach dem Berichte an den Kurfürsten vom 15. August aus Rottenburg „noch 3 Feldschlangen und 4 Fallonen mit sich führte, 3 halbe Karthaunen, 1 Feldschlange, 2 Fallonen, 2 Fallorette und 1 Feuermörser aber nach Tübingen zur Ausbesserung schickte.* Von den französischen Schriftstellern spricht denn auch nur der p++++ ausdrücklich von eroberten 6 Kanonen und 2 Mörsern und schweigen die übrigen gänzlich über die Anzahl und die Sorten der angeblich in die Hände der Franzosen gefallenen Geschütze. Indem wir noch auf den Artikel 5 des § 65verweisen, bemerken wir hiezu, daß ein Theil der Stücke und der Bagage=Wagen den Weg über die Wagensteige nach St.Märgen nahm{§ 62. 2 und 2 b) und daß dieser Theil zweifelsohne schon zu St.Märgen eingetroffen und von da nach dem Hohlen Graben weiter gefahren war, als Mercy mit dem Heer in St.Märgen anlangte.