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Mit der Familie auf dem Baldenwegerhof

Kurzer Rückblick in die Geschichte des bedeutenden Hofes.
Valentin Fiedler, im Herbst 2013


Ich kenne die Geschichte ja überwiegend vom Erzählen, aber auch aus Aufzeichnungen. Der Name kommt wahrscheinlich von einer kurzen (bald) Weg nach Wittental, zum Schloss Falkenbühl, dort steht das Gasthaus Falken seit knapp 100 Jahren.

Der BWH war längere Zeit im Eigentum der Grafen von Sickingen. In dieser Zeit gab es wohl die Verbindung mit dem Baldenweger Buck (Baldenwegerhütte) auf dem Feldberg, als Bergweide des Hofes. Der BWH wurde in verschiedenen Rechtsverhältnissen (Verwalter und Pächter) bewirtschaftet und kam dann an Eigentümer die den Hof selber bewirtschafteten, aber auch verpachteten. Das Wohnhaus wurde um 1800 gebaut und mehrmals vergrößert und verändert. Das jetzige alte Wirtschaftsgebäude wurde um 1900 gebaut. Die Scheune ist eine freitragende Holzkonstruktion, kein ortsüblicher Bautyp. Der Querbau, der jetzt höhere Teil, ist 1927 abgebrannt und danach im landschaftsgerechten Stil gebaut worden. Im Laufe der Zeit hat es viele Nebengebäude gegeben, so auch eine Reithalle.

Um 1900 gehörte der Hof einem Herrn von Schüler. An der Straße zwischen Wittental und Attental liegt im Wald versteckt, „Die Villa“, das Herrenhaus des Hofes. Der Herr Schüler hat das Haus zwischen1910 und 1920 bauen lassen. Die Villa war in der Kriegs- und Nachkriegszeit, Kinderklinik und Erholungsheim für Mütter. Danach nutzt die Universität das Gebäude als Dienstelle für forstliche Zwecke.

Die Erben des Herrn Schüler verkauften den Hof an die Heiliggeist Stiftung. Diese verkauften den Hof 1950, an das Land Südbaden, mit Regierungssitz Freiburg. Die Uniklinik hielt damals Schweine mit dem Abfall vom Klinikessen. Die Schweinhaltung wurde auf den BWH verlegt und noch eine Reihe von Jahren dort betrieben. Hauptzweck des Hofes war, ein Musterbetrieb (Domäne) mit einer landtechnischen Versuchsstation einzurichten. Das Land BW übernahm den Hof mit der Zweckbestimmung. Wo der Neubau mit dem Hofladen steht, war eine Feldscheune, diese wurde stückweise zur Maschinenstation umgebaut. Im Betrieb wurden neue Techniken versucht (Häckselhof). Der Leiter der Zwei-Man-Station, Herr Mertznich, organisierte große und kleine Maschinenvorführungen. Namhafte Landmaschinenhersteller, z.B. Lanz und Hanomag, hatten einen kleinen Stützpunt auf dem BWH. Gegenüber dem Falken, wo der Schmuckhersteller Wolf jetzt ist, entstand ein Stallgebäude für die Besamungsbullen. Die Besamungsstation, zog Ende der 60er Jahre, nach Lehen und die Maschinenstation zog in den Bullenstall.

Die Landtechnik hatte sich so weit entwickelt, dass die Vorführungen an Bedeutung verloren, die Technischen Lehrgänge verlagerten sich zur Deula. Auf der Station trafen sich noch Lehrlinge zur Fortbildung und ein Teil der Meisterlehrgänge fand dort statt. Viele Kollegen haben dort in Schweißlehrgängen wichtige Kenntnisse erworben, zu denen gehöre ich auch.

Der Betrieb wurde traditionell mit Ackerbau, Grünland mit Milchvieh, Schweine- und Hühnerhaltung bewirtschaftet. Mit der Zeit waren die Lohnkosten kräftig gestiegen, die Preise für Agrarprodukte hielten da nicht mit. Fast alle Betriebe die mit Lohnarbeitskräfen wirtschafteten gaben die Milchviehhaltung auf. Auf dem BWH wurde die Rinderhaltung 1968 aufgegeben. Die meisten Wiesen wurden umgebrochen und die Saatgutvermehrung auf den Äckern ausgebaut. Der Betrieb wurde auf Schweinemast als einzige Tierhaltung umgestellt. 1977 ging das letzte Verwalterehepaar in den Ruhestand und wir, die Familie Fiedler, wurden Pächter und blieben bis zum Ruhestand, im Jahre 1999.

Der Betrieb zu unsrer Zeit

Als Pächter waren wir wirtschaftlich selbständig. Das gesamte Inventar gehörte uns. Unsere Entscheidungsfreiheit war dennoch stark eingeschränkt. Der Betrieb wurde als Ersatzland für die B 31Neu zur Verfügung gestellt. So wurden uns, während dem Straßenbau, in unsrer Pachtzeit, Flächen abgenommen. Der Pachtertrag sah dies vor und wurde auch deswegen immer nur für wenige Jahre verlängert. Größere Investitionen, Gebäude und Maschinen, die bei Umstellung der Bewirtschaftung nötig gewesen wären, waren so nicht möglich. In den letzten Jahren mußten wir die Schweinhaltung an die kleinere Betriebsfläche anpassen. Die “lieben Kollegen“, die Ersatzflächen beanspruchten wären mit der angebotenen Geldentschädigung finanziell besser gestellt gewesen. Besitz ist Besitz und wir waren „nur“ Pächter.

Die Unterhaltung der großen Gebäude war sehr vernachlässigt, es gab immer wieder Verhandlungen wegen der Unterhaltung. Es gab verständnisvolle Vertreter der Liegenschaftsverwaltung. Lästig war oft, dass die Leute fachlich wenig Ahnung hatten. So haben wir mehr Geld in die Gebäudeunterhaftung gesteckt als vertraglich vorgesehen war.

Der Betrieb war ehemals ca. 65 ha groß und arrondiert, 17 ha sind Wald, die wurden von Staat bewirtschaftet, die Fläche mit der Maschinenstation wurde vom Betrieb abgetrennt. Unsere Pachtfläche waren knapp 40 ha, davon 36 ha nutzbares Ackerland. Die Bodengüte ist mittelmäßig, ungleich und zum Teil aus guten Gründen Grünland geblieben.

Auf dem Acker haben wir, je 1/3 Mais, Winter- und Sommergetreide angebaut. Der Mais wurde gedroschen, getrocknet und dann an die Schweine verfüttert. Wenn das Winterfutter für die Kühe bei den Berufskollegen knapp war, dann haben wir denen Mais zum Abhäckseln verkauft.

Mais wird nie lagerfähig trocken gedroschen. Wir hatten eine Trockenanlage und konnten alles auf dem Hof trocknen. Da die Anlage wenig Leistung hatte, zog die Maisernte sich einige Wochen dahin. Mit dem eigenen Mähdrescher war das kein Problem.

Das Getreide wurde als Saatgutvermehrung angebaut. Dazu hatten wir einen Vertrag mit der Raiffeisengenossenschaft. Da bezieht man Basissaatgut vom Züchter und liefert das anerkannte Saatgut an den Vertragspartner, es besteht aber keine Abnahmepflicht. Wenn der Markt gesättigt ist, hat man dann gutes Futtergetreide zu einem hohen Aufwand der nicht bezahlt wird.

Bei der Übernahme hatten 440 Mastschweine Plätze in zwei Ställen mit Teilspaltenboden. Wir haben weitere 60 Plätze mit Stroheinstreu n den vorhandenen Gebäuden eingerichtet. Auf den dann 500 Liegeplätzen (so der Fachausdruck) haben wir dann 18 Jahre lang über 1.000 Tiere im Jahr gemästet.

Wir haben alle Tiere als Ferkel (Läufer), im Gewicht von etwa 25 kg gekauft und mit etwa 105 kg Lebendgewicht verkauft. Schweine werden, nach dem Schlachten, ohne Blut, Därme, Herz, Zunge, Lunge, Leber gewogen (Schlachtgewicht). Das sind etwa 80 % vom Lebendgewicht, nur die werden bezahlt.

Für 1 kg Gewichtszunahme brauchte das Schwein knapp 3 kg Getreide mit ergänzendem Eiweiß, jetzt ist der Futteraufwand geringer.
Bei 1.000 Schweinen a 80 kg Zuwachs, sind das: 1.000 x 3 = 24.0000 kg = 2.400 dt Futter

Unsre Ernte 12 ha Mais x 70 dt = 840 Futtermais ..840 dt
24 ha Getreide x 50 dt = Getreide, Bruttoernte ...1.200 dt
Eigene Futtergrundlage....................................... 2.040 dt
wenn kein Getreide verkauft worden wäre.

Der Fehlbedarf von 360 dt = 15%, die muss man immer zur Eiweißversorgung zukaufen. Es wurde unterschiedlich viel Getreide als Saatgut verkauft. Dann wurde gelegentlich Silomais verkauft. Die Fehlmengen wurden als Getreide oder Fertigfutter zugekauft.

Familie Hug hat die Hofstelle mit einem Teil der Flächen 1999 gekauft. Damit, aber auch wegen unsrer Gesundheit, war unsre Zeit dann um. Wir erlebten eine geordnete Übergabe. Es war und ist schön mit fachlich gebildeten, entgegenkommenden, Kollegen zu verhandeln! Was die Familie als Eigentümer auf dem herrlichen Baldenwegerhof macht verdient Anerkennung!