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Verhandlungen über den Kauf des
Baldenweger Hofes
durch die Badische Landesregierung und der Stiftungsverwaltung Freiburg
1950 


Badisches Ministerium der Landwirtschaft und Ernährung
Der Minister

Freiburg i.Br. den 19. Mai 1950

Erwerb des Baldenweger Hofes auf der Gemarkung Wittental.

Vor Jahresfrist etwa hat der Oberbürgermeister der Stadt Freiburg als Vorsitzender des Stiftungsrates den auf Gemarkung Wittental bei Freiburg gelegenen Baldenweger Hof dem Bad. Ministerium der Landwirtschaft und Ernährung zum Kauf angeboten. Obwohl damals von privater Seite sehr hohe Angebote für dieses Objekt bei Barzahlung gemacht wurden, hat der Stiftungsrat an dem Grundsatz festgehalten, das Anwesen nur an den Staat zu verkaufen. Das Bad. Ministerium der Landwirtschaft und Ernährung ist an dem Kauf stark interessiert, da der Hof vor den Toren der Universitätsstadt Freiburg und in klimatisch günstiger Lage in geradezu einmaliger Weise die Grundlage für eine intensive Beratungs- und Forschungsarbeit bietet, indem zunächst die seit Jahren in Munzingen wenig günstig untergebrachte Gartenbauversuchsstation in das demnächst freiwerdende Herrenhaus des Gutsbetriebs verlegt werden könnte, zum andern aber die Möglichkeit besteht, die schlecht platzierte Versuchs- und Lehrgeflügelzucht Einach bei Gengenbach gleichfalls auf diesen Hof zu legen.

Ein in nächster Nähe des Hofes befindlicher sehr ansehnlicher Wald kann im Tauschweg erworben werden. Die Mittel zum Erwerb des immobilen Hofteiles, also der Gebäude und Grundstücke liegen in ausreichender Höhe aus Verkäufen von Grundstocksvermögen wie Flachshof, Villa Krautinger, domänenärarische Grundstücke auf Gemarkung Elzach usw. bereit; für die Übernahme des lebenden und toten Inventars wie auch der Vorräte hat die Stiftungsverwaltung neuerdings vorgeschlagen, den durch eine Kommission noch zu ermittelnden Schätzungswert bis zu drei Jahren bei 4%igem Zins zu stunden; das Herrenhaus zur Unterbringung der Gartenbauversuchsstation kann jederzeit gemietet werden.

Das Bad. Ministerium der Finanzen hat unterm 7.3.1950 als Antwort auf unseren Bericht vom 31.1.1950 mitgeteilt,
dass der Erwerb des Baldenweger Hofes zur Einrichtung eines Versuchs- und Lehrbetrieben unter den heute gegebenen Verhältnissen sich nur dann durchführen und rechtfertigen lasse, wenn er ohne zusätzliche Belastung der Staatskasse gegenüber den jetzigen Aufwendungen für den gedachten Zweck möglich wird. Das Finanzministerium verkenne keineswegs die besondere Bedeutung der von uns geplanten Maßnahmen, bittet jedoch zu bedenken, dass allein für die erstmaligen Einrichtungskosten im Haushalt 1950 ein Betrag von DM 130.000 und für den Betrieb weitere DM 52.000 vorgesehen seien, die vermutlich bei der Finanzlage des Landes im Jahre 1950 nicht bereitgestellt werden können.

Im allgemeinen hat das Finanzministerium zunächst weiterhin Bedenken, die vor allem bei Unterredungen verschiedentlich herausgehört werden konnten, dass nach bisherigen Erfahrungen in solchen Fällen und bei dem oft besonders stark ausgeprägten Organisationsdrang der Wissenschaftler, die Nachforderungen und Wünsche auf Erweiterungen kein Ende nehmen. So sehr Bedenken dieser Art anderweitig berechtigt sein mögen, so darf doch im vorliegenden Falle gesagt werden, dass z.B. die Anstalt Munzingen eine selbständige Position in Haushalt des Landwirtschaftsministeriums hat und dass für zusätzliche Forschungsarbeiten die Mittel bekanntlich durch Spenden aufgebracht werden. Die an sich dringend notwendige Verlegung der Anstalt Einach muss solange zurückgestellt werden, bis die notwendigen Gelder für ihren Neuaufbau vorhanden sind, es sei denn, dass aus den Gegenwertskonten des Marshallplanes Zuschüsse eines Tages zur Verfügung stehen. Der seitens des Finanzministeriums statt der Erwerbung dieses Hofes empfohlene Waldkauf kann, wie schon erwähnt, im Tauschweg vollzogen werden.

lm speziellen stellt das Finanzministerium folgende Erwägungen an:

1. Der von Finanzamt Freiburg am 1.1.1935 ermittelte Einheitswert müsste zunächst von DM 105.000 auf DM 118.000 für den gesamten Betrieb erhöht werden, wobei auf den immobilen Teil DM 90.000 und auf das lebende und tote Inventar DM 28.000
entfallen sollten.

2. Der Verkehrswert habe früher etwa 80% über dem Einheitswert gelegen, doch bestünden heute keine gültigen Relationen.

3. Ein gewisser Liebhaberzuschlag wegen der günstigen Lage zur Stadt sei im vorliegenden Fall und im Hinblick auf den gedachten Zweck immerhin gerechtfertigt.

Als preismindernd müsste jedoch an folgende Gesichtspunkte erinnert werden:

a) Die Belastung durch den Lastenausgleich,

b) die ungünstige Ertragslage in der Landwirtschaft bei fortschreitender Liberalisierung des Welthandels,

c) das verringerte Anlagebedürfnis in Sachwerten,

d) die verminderte Nachfrage nach solchen Objekten infolge allgemeiner Kapitalknappheit und schließlich

e) die beabsichtigte volle Auszahlung des Kaufpreises .

Diesen Argumenten ist folgendes entgegenzuhalten:

zu a) Wenn auch gegenwärtig der Lastenausgleich für diesen Hof mit DM 3.100 angenommen werden kann, so wird eine abschließende Regelung erst mit der Verbescheidung des Bundesgesetzes über den endgültigen Lastenausgleich getroffen werden können. Es ist im Augenblick noch unbestimmt, ob dieser Betrag höher wird oder niedriger. Es ist dabei nicht ausgeschlossen, dass auch andere Unternehmungen des Landes Baden ganz oder zum Teil unter den Lastenausgleich fallen werden.

zu b) Es kann nicht bestritten werden, dass die Ertragslage der Landwirtschaft gegenwärtig zu Besorgnissen Anlaß gibt. Im vorliegenden Fall dürfte es jedoch schon genügen‚ wenn der Betrieb -ohne Zuschuss- seine Aufgaben als Grundlage
und Voraussetzung sowohl für den Zuchtbetrieb Einach als auch für die Versuchsstation in Munzingen erfüllt; die Stadtnähe wird ihn in allen Fällen und gerade auch in schlechten Zeiten die bessere Verwertung seiner Erzeugnisse sichern.

zu c) Nachdem Grundstockmittel durch Veräußerungen von Grundstocksvermögen flüssig gemacht worden sind, ist es naheliegend und entspricht auch den einschlägigen Vorschriften, dass solche Mittel wieder zweckbestimmt angelegt
werden.

zu d) Die Reform der Einkommenssteuergesetzgebung wird durch die Ermöglichung von Kapitalbildung das Interesse an derartigen Objekten wieder beleben. Tatsache ist, dass in den vergangenen Jahren bis heute sowohl Pacht- als auch Kaufobjekte in der Landwirtschaft sehr gesucht waren und die Nachfrage kaum befriedigt werden konnte.

zu e) Nachdem einerseits Grundstocksmittel zur Anlage vorhanden sind, andererseits die Stiftungsverwaltung für den mobilen Teil des Hofes eine Stundung bei mäßigem Zinssatz eingeräumt hat, dürfte die Barauszahlung für die Gebäude und den Boden nicht als wertmindernd empfunden werden. Es wird auch im Haushalt des Landwirtschaftsministeriums nicht notwendig sein, die eingangs erwähnten, recht erheblichen Beträge von DM 130.000 und DM 52.000 vorzusehen; es sind nach den neuesten Unterlagen bestenfalls für den laufenden Betrieb DM 50.000 Betriebskapital in Einnahme und Ausgabe zu stellen.

Was nun endlich den Kaufpreis für den Grund und Boden sowie auch für die Gebäude anbelangt, so wurde dieser unter Zugrundelegung der vom Finanzministerium selbst als üblich bezeichneten Berechnungsgrundlage von 80% des Einheitswertes - und in diesem Falle des auf DM 90.000 berichtigten Einheitswertes - DM 172.000 betragen. Ein weiterer Anhaltspunkt für die Bewertung des immobilen Teiles eines Hofes bei Verkaufsverhandlungen bildet die Kapitalisierung eines angemessenen Pachtzinses, wobei man die Pachtsumme als Verzinsung des immobilen Wertes ansieht. Nach den Grundsätzen von Boden – Lage – Klima dürfte für den Baldenweger Hof ein Pachtzins von bis zu DM 120.- je Hektar als angemessen bezeichnet werden. Unter Berücksichtigung einer 3%igen Rente des Anlagekapitals und der Betriebsgröße von 42 Hektar ergibt sich ein Kaufpreis von DM 166.320. Die Forderung der Stiftungsverwaltung beläuft sich auf DM 170.000 und dürfte dann unter Berücksichtigung aller besprochenen Verhältnisse und auch des vom Finanzministerium zugebilligten Liebhaberpreises als angemessen erscheinen.

Wir bitten, unserem Antrag auf Erwerb des Baldenweger Hofes zuzustimmen, wobei also für den immobilen Teil aus vorhandenen Grundstocksmitteln DM 170.000 bezahlt werden, der mobile Teil jedoch auf die Dauer von bis zu drei Jahren bei einer Verzinsung mit 4% gestundet wird; der immobile Teil dürfte bei einer Übernahme am 1. Juli ds.Js. unter Berücksichtigung des Saatenstandes, der Hofvorräte, des lebenden und toten Inventars etwa DM 65.000 betragen.

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Auszug aus der 62. Sitzung der Landesregierung am 5.6.1950

6a) Erwerb des Baldenweger Hofes auf Gemarkung Wittental.
Die Landesregierung ist sich auf Grund der Ausführungen des Finanzministeriums über den Kauf des Baldenweger Hofes noch nicht einig. Der Landwirtschaftsminister wird beauftragt, erneut mit der Stadt Freiburg zu verhandeln. Es ist vor allem zu klären, ob die Stadt die Soforthilfe und den künftigen Lastenausgleich nach dem Gesetz übernimmt. Wird auch noch einer Preisreduzierung im Hinblick auf die Barzahlung, so hat die Landesregierung keine Bedenken, das Gut zu kaufen.

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Auszug aus der 60. Sitzung der Landesregierung am 30.5.1950.

17.) Erwerb des Baldenweger Hofes auf Gemarkung Wittental

Die Angelegenheit wird bis zur nächsten Sitzung zurückgestellt.

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Badische Staatskanzlei Nr 73/75

Freiburg i.Br. den 22. Juni 1950
Betreff: Baldenweger Hof

I. An das Badische Ministerium der Landwirtschaft und Ernährung, Freiburg / Br., Erbprinzenstr. 2

In der Anlage übersendet die Staatskanzlei Abschriften des Protokollauszuges aus der 63. Sitzung der Landesregierung am 13. Juni 1950 mit der Bitte um weitere Veranlassung.

II.An das Badische Ministerium der Finanzen, Freiburg/Br Turnseestr. 5

In der Anlage übersendet die Staatskanzlei Abschriften des Protokollauszuges aus der 63. Sitzung der Landesregierung am 13. Juni 1950 mit der Bitte um Kenntnisnahme.

Auszug aus der 63. Sitzung der Landesregierung am 13.6.1950.

Außerhalb der Tagesordnung!

1.) Baldenweger Hof.

Regierungsdirektor Fetzer führt aus, welche Überlegungen zu dem von der Domänenverwaltung angesetzten Kaufpreis von 170.000 DM geführt haben, entgegen den Berechnungen des Finanzministeriums (Oberregierungsrat Dr. Metzner), das einen Kaufpreis von 130.000 DM für angemessen hält. Dies gründet sich vor allem auf den verschiedenen Berechnungsgrundlagen, indem Dr. Metzner den deutschen Reichseinheitswert und das Domänenamt den alten Badischen gekürzter Steuer zur Grundlage genommen hat.

Die Landesregierung beschließt, zunächst noch den Fachreferenten des Finanzministeriums Dr. Metzner anzuhören, und vor weiterer Entschließung einen Grundbuchauszug anzufordern. Das Ministerium der Landwirtschaft und Ernährung wird für letztes um weitere Veranlassung gebeten. Die Angelegenheit wird bis dahin nochmals zurückgestellt.

Kanzlei III. Expeditur
Von Protokollauszug sind zwei Abschriften zu fertigen, je eine Fertigung ist mit dem Schreiben zu Glied I und dem Schreiben zu Glied II zu verbinden.

Registratur a-IV. Wiedervorlage 2 Wochen.

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Auszug aus der 65. Sitzung der Landesregierung am 27. Juni 1950. 9 Uhr.

9.) Baldenweger Hof.
Hierbei ist Oberregierungsrat Dr. Metzner zugegen.

Nach Anhörung eines ausführlichen Berichts des Fachreferenten Dr. Metzner vom Finanzministerium bittet die Landesregierung Herrn Minister Kirchgässner mit der Stiftungsverwaltung wegen eines Kaufes des gesamten Projektes (einschl. Villa und Wald) zum Betrag von 225.000 DM zu verhandeln.

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Badische Staatskanzlei Nr. 7905

Freiburg i.Br. den 5. Juli 1950
Betreff: Baldenweger Hof

I. An das Badische Ministerium der Landwirtschaft und Ernährung, z.Hd. des Herrn Minister Kirchgäßner, Freiburg / Br.

In der Sitzung der Landesregierung am  27. Juni ds.Js. beschäftigte sich die Landesregierung nochmals eingehend mit der Angelegenheit. Nach Anhörung eines Berichtes des Fachreferenten, Herrn Oberregierungsrat Dr. Metzer vom Badischen Ministerium der Finanzen, bittet die Landesregierung Herrn Minister Kirchgäßner, mit der Stiftungsverwaltung wegen eines Kaufes des gesamten Projektes einschließlich Villa und Wald zum Gesamtbetrag von 225.000.- DM in Verhandlungen zu treten. In Gemäßheit dieser Entschließung der Landesregierung wird der Herr Minister gebeten, diese Verhandlungen aufzunehmen und nach Abschluß der Verhandlungen der Staatskanzlei eine Mitteilung zukommen zu lassen, damit diese Angelegenheit von neuem auf die Tagesordnung der Landesregierung gesetzt wird.

Abschrift dieses Schreibens ist dem Bad. Ministerium der Finanzen, z.Hd. des Herrn Minister Dr. Eckert übersandt worden.

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Auszug aus der 65. Sitzung der Landesregierung am 21. 8. 1950.
2a) Erwerb des Baldenweger Hofes auf Gemarkung Wittental.

Hierbei sind die Herren Dr. Metzner, Dr. Landwehr und Dr. Fetzner anwesend.

Regierungsdirektor Dr. Fetzner teilt mit, daß der Kaufpreis des Baldenweger Hofes nach den vorliegenden Unterlagen im Jahr 1926 225.000 Mark betrug. Die Hl. Geist-Spitalstiftung ist nun bereit, den Baldenweger Hof der Staatsdomänenverwaltung käuflich abzugeben zu einem Barzahlungspreis von 210.000 DM für das Hofgut und für die Villa mit Zubehör. Außerdem soll der Stiftungswald im Tauschweg gegen Staatswald abgegeben werden. Der Stiftungswald wurde auf etwa 15.000 DM geschätzt. Er bemerkt hierzu, daß nicht festgestellt werden konnte, wieviel Inventar beim Kauf 1926 vorhanden war.
Das jetzige Inventar wird auf 70-80.000 DM geschätzt. Nach Mitteilung des Landwirtschaftsministers wird das Landwirtschaftsministerium nur das zur Arbeit erforderliche Inventar übernehmen. Mit Einverständnis der Stiftungsverwaltung wird die Feststellung von einer gemeinsamen Kommission vorgenommen und das Inventar bei einer jährlichen Verzinsung von 4% für drei Jahre gestundet.
Lt. Beschluß der Hl. Geist-Stiftung wird die Soforthilfe entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen von dieser übernommen.
Seitens der Staatsdomänenverwaltung wird des weiteren festgestellt, daß das für den reinen Ankauf notwendige Geld vorhanden ist.
Der Sachverständige des Finanzministeriums, Oberregierungsrat Dr. Metzner, erklärt sich nach der gegebenen Sachlage und nachdem sich das neue Verhandlungsergebnis im Rahmen des früher gefassten Kabinettsbeschlusses hält, mit dem Ankauf einverstanden.
Die Landesregierung beschließt unter diesen Voraussetzungen, dem Ankauf zuzustimmen.