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Rätsel Tarodunum
Frühgeschichte des Dreisamtals 

Aus: Hans Konrad Schneider Fritz Röhrl 
Zauberisches Dreisamtal
Lieblingstal im Schwarzwald 
Verlag Karl Schillinger Freiburg im Breisgau,
1983

Heimatkundlichen Geschichtszeugnissen nachzugehen ist auch dort von Wert, wo sich keine weltpolitische Dimension auftut. Man darf auf guten Widerhall zählen. »Auch die historische Kleinarbeit hat ihre Berechtigung und erfordert die Mitarbeit vieler Interessierter« dieser Appell Josef Baders steht ohne Widerspruch. 
Die Frühgeschichte des Dreisamtals beginnt ohne besondere Auffälligkeit und sie verbliebe ganz und gar unscheinbar, gäbe es nicht das Rätsel Tarodunum, dessen bisherige Unlösbarkeit wie ein Dorn im Auge die Akribie der Dreisamtalforscher herausfordert. 

Die vor den Tagen Tarodunums verflossenen Epochen, die Bronzezeit oder gar die Steinzeit, haben im Tal ihre vereinzelten Nachweise hinterlegt, die Spurensicherung ergibt nicht mehr und nicht weniger als in den meisten Tälern, Orten und Landschaften der Umgebung. Steinzeitliche Nachweise in Neuhäuser, in Burg, am Rainhof, in Hinterzarten beweisen nach Ansicht der Kenner wie Robert Lais (»Die Steinzeit im Schwarzwald«) bisher eher die Zufälligkeit der Funde denn gesicherte Erkenntnisse über Besiedlung, Kultur, Brauchtum und Religiösität, Lebensgewohnheiten der ersten Dreisamtalmenschen. Mit dem Ende der Eiszeit mag es gewisse Umschichtungen gegeben haben, die Funde werden umfassender und reichen von der Sohle des Dreisamtals über die Gebirgsausläufer zu den höchsten Kämmen. Ein umschweifendes Jägerleben, selbst eine erste Begehung der Paßübergänge wird denkbar, ohne daß Anhaltspunkte für genauere Angaben bestünden. Fundstellen auf der grobkiesigen Niederterrasse unmittelbar am Rande des Hochgestades von Tarodunum lehren, daß der Messolithiker Fischfang betrieb und hier wohl auch das Wild bei der Tränke erlegte. Die Gunst dieser Landschaftspunkte im Talbecken ist offensichtlich.
Einer der frühesten Pläne der keltischen Befestigungsanlage (»oppidum«) Tarodunum 
Aus Heinrich Schreibers »Geschichte der Stadt Freiburg« von 1857

Mit der jüngeren Eisenzeit (La-Tene-Zeit) drängt sich das Dreisamtal in den Vordergrund der Beachtung. Kelten besiedelten das Tal wie ganz Mitteleuropa, die Fragen nach dem »woher« bleiben im Dunkeln, wie die Neubeschäftigung der letzten Jahre mit der keltischen Vergangenheit Europas nochmals deutlich gezeigt hat. Neue Funde und ihre Auswertung zeichnen jedoch nach und nach ein immer eingehenderes Bild dieses hochkultivierten Urvolkes. »Die Kelten am Hoch- und Oberrhein« wird für die Landschaft zum ergiebigen Thema. 
Das Dreisamtal kennt eine überraschende Fülle keltischer Orts-, Fluß- und Gewannamen, die von der wissenschaftlichen Forschung in dieser Vielzahl erst vor 10 Jahren zusammengetragen wurden. Diese Beobachtung spricht für eine starke keltische Urbesiedlung des Raums und weist auf besondere Umstände, die diese Namenskontinuität ermöglichen. 

Aufhorchen läßt das berühmte geographische Werk des Mathematikers, Astronomen und Geographen Klaudios Ptolomaios, der bei nicht genau bekannten Lebensdaten der 2. Hälfte des 2. Jahrhunderts nach Christus zugerechnet wird. In seinen Ortsnamenslisten keltischer Großsiedlungen des damals römischen Dekumatenlands nennt er eine Stadtanlage oder Befestigung - oppidum - »Tarodunum«; wurde somit für die Zeit der Bestandsaufnahme des Ptolomaios, die auf die Jahre 73/74 n. Chr. zurückzudatieren ist, eine erwähnenswerte, eine nicht zu übergehende keltische Anlage »Tarodunum« aufgeführt, so ist unter diesem Namen sicherlich mehr zu suchen als der Zufallsfund einer Zufallshinterlassenschaft. Ptolomaios selbst gibt für dieses»Troja des Dreisamtals« Anhaltspunkte und Fährten, die jüngst von Rolf Nierhaus, seit Jahren um das Rätsel Tarodunum bemüht, neu ausgelotet wurden. Die von Ptolomaios angegebenen Merkmale und die listenmäßige Reihung der Keltenplätze lassen danach eine Art Koordinatenbestimmung zu, die die Schatzsucher eindeutig ins Dreisamtal führt. Diese urkundliche Bezeugung einer Dreisamtäler Keltenstadt, eingereiht in die Namensliste wichtiger Keltenplätze, ist als älteste Talerwähnung für die Landeskunde gewiß spektakulär, als früheste Lokalnachricht für sich eine kleine Sensation. Aber wie beim »Mordfall ohne Leiche« steht die kriminalistische Spurensuche noch vor allerlei Ungeklärtem. 
Immerhin gibt es ein »zweites Standbein« in der Suche nach Tarodunum. Aufsehen erregte 1815 die vom bekannten Naturwissenschaftler Professor Lorenz Oken erstmals dargestellte Namenskontinuität, die nach den Gesetzen der Sprachentwicklung von »Tarodunum« nach »Zarten« führt; diese »historische« Entdeckung blieb seitdem in allen sprachwissenschaftlichen Nachprüfungen erhärtet. 

Dieses Vorwissen rechtfertigt den Schluß, die Keltenstadt des Dreisamtals in der großen Landzunge der diluvialen Terrasse zu identifizieren, die zwischen Zarten, Kirchzarten und Himmelreich, Stegen und Buchenbach von den eingegrabenen, tiefliegenden Bachläufen des Rotbachs und Wagensteigbachs umschlossen wird. Die Dreisambäche umfangen die nunmehr entschleierte Keltenanlage in einer natürlichen Geländestufe der eingegrabenen Flußrinnen bis auf die schmale Landbrücke nahe Himmelreich zwischen Rainhof und »Schlüssel«. 
Nach dieser eingehenden Lokalisierung sollte man sich rasche Fundarbeit versprechen. Gerade Umgekehrtes ist der Fall, die Terrainbeobachtungen lassen Aufsehenerregendes noch immer vermissen, oder besser gesagt, die Unergiebigkeit der Fundlage ist das eigentlich Aufsehenerregende. So steht Tarodunum im Zwielicht seines großen Rufs und seines kleinbefundenen Vermächtnisses, die Keltenburg gilt »als die merkwürdigste und rätselvollste Hinterlassenschaft der La-Tène-Zeit in unserer Gegend«. 
Gewiß tragen einige wenige Fundspuren die Schlußfolgerungen noch ein Stück weiter. Die natürliche Böschungshöhe der Flußufer, die bis zu 15 m ausmacht, war danach zur Keltenzeit künstlich überhöht und mit einer Randbefestigung verstärkt. Letztere bestand aus einer Frontmauer aus großen, unbehauenen Geröllen, wie sie immerhin noch zwischen Wiederlehof und der Wirtschaft »zur Birke« festzustellen sind; auf der Innenseite befand sich eine breite, rampenartige Hinterschüttung. War auf den Längsseiten der spitzen Dreiecksterrasse somit die natürliche Gestalt eine gute Vorgabe für die Befestigung, so bedurfte die kurze Ostseite, wo eine Geländestufe der Bachläufe fehlte, einer künstlichen Sicherung. Hier war die Terrasse durch einen etwa 700 m langen Wall und Graben gegenüber dem rückwärtigen Gelände abgegrenzt. Der Name Heidengraben deutet schon im Volksmund das lange Voralter und verweist auf vorchristliche, keltische Zeit. Die künstlichen Schutzbauten sind allerdings längst eingeebnet und allenfalls mit größter Vorstellungskraft und unbestimmtem Ergebnis erkennbar. Die Systemgrabungen von 1901 unter E. Fabricius konzentrierten sich auf die Knickstelle in der Mitte des Heidengrabens, wo ein Straßenzug und ein Burgtor vermutet wurden. Es gelang, in der Mitte der Ostseite das Haupttor nachzuweisen. Andere, früher vermutete Zugänge wie eine von Heinrich Schreiber 1857 in seinem Grundrißplan noch eingetragene Aufstiegsrampe in der Nähe der Festungsspitze ließen sich nicht bestätigen. Puzzleartig setzen sich die bisherigen Teilaspekte zu einer noch ergänzungsbedürftigen Gesamtschau zusammen. Erstaunlich ist die Riesengröße der Anlage, wenn man sie neben mittelalterliche Stadt- und Siedlungskerne stellt; die befestigte Fläche beträgt immerhin bemerkenswerte 190 ha, die Umgangslinie umfaßt etwa 6 km. Allerdings ist das Größenmaß für ein keltisches oppidum nicht unüblich; Tarodunum war allem Anschein nach sogar eine der kleineren keltischen Stadt- und Burganlagen.
Caesar hat in seinen Kriegsberichten aus Gallien mehrfache Schilderungen keltischer Fliehburgen und Stadtsiedlungen hinterlassen, die in ihrer Konstruktionsart mit »murus gallicus« (der keltischen Bauweise der Holz- und Erdwälle), der Form der Torbefestigung, der Größe des Innenraums mit dem hier zusammengetragenen Tarodunumbild übereinstimmen. Die Sitte, solche befestigten oppida anzulegen, verbreitete sich seit dem 2. Jahrhundert v.Chr. im Zusammenhang mit der politischen Lage. Es war eine Zeit des Umbruchs, da sich mit zunehmendem Druck germanischer Stämme aus Norden gleichzeitig ein römischer Expansionswille von Süden her aufbaute; Mitteleuropa wurde zum »internationalen Spannungsfeld«. Die oppida hatten daher mehrfache Funktionen; sie waren stadtartige Stammsiedlung, Mittelpunkt des Stammgebiets mit den Aufgaben der Verwaltung, Rechtsprechung, Religion, Handwerk, Gewerbe, Zoll- und Münzwesen, waren Wohnplatz des Adels und Versammlungsstelle für das Heer, und sie dienten wohl auch als Rückzugsbefestigung, als Zufluchtsraum einer ortsvertrauten Umlandbevölkerung. Wäre Tarodunum Stammeszentrum eines keltischen Volksstamms, etwa eines Teilstamms der Helvetier, gewesen, so sollte sich aus dem Lebenslauf eines solchen Gemeinwesens doch mancher Fundhinweis ergeben; Fundmaterial einer städtischen Zivilisation mit Gewerbe und Handel, Töpferei, Schmuckfertigung und Eisenverhüttung ist nicht, jedenfalls bisher nicht nachzuweisen. 
Hat sich bei der Spurensicherung Tarodunums bislang vielleicht nur »Kommissar Zufall« zurückgehalten? Oder blieb der ganz große Grabungserfolg durch Unsystematik und unzureichende Flächengrabung versagt? Oder liegt es an Tarodunum, daß aus heutiger Perspektive keine besseren Erkenntnisse zu gewinnen sind’? Stehen wir vielleicht vor einer Bauruine, einem nicht vollendetem Rohbau, einer nur geplanten und angefangenen Stadtsiedlung, die nie bezogen war, oder gar nur vor einer Rückzugsburg, vor einem unbenutzten Katastrophenschutzraum, über den die Katastrophe ohne geschichtliche Spuren und verbleibenden Nachweis hereinbrach? Aber hätte nicht schon allein der Bau der  Fliehburg Fundspuren, Verlustgut der Bauzeit, Rückstände der Baukolonne hinterlassen müssen? Für jede Erklärung ist das bisherige Fundergebnis zu vage. Hat vielleicht die Erwähnung bei Ptolomaios als Gegenspiel zu den wenigen, örtlich gesicherten Erkenntnissen, die vom archäologischen Fachkundler Franz Fischer in den Badischen Fundberichten 1962 ausführlich beschrieben sind, doch zuviele Hoffnungen geweckt? 
Die keltische Kultur entwindet sich mit der Überschüttung des keltischen Gebiets durch die römischen Zivilisationsgüter allgemein der weiteren Beobachtung. Die Tracht, der Kleiderschmuck, die Mode verschwinden, die keltische Sprache verliert sich, religiöse Gebräuche werden neu orientiert. Letzte, aufgespürte Keltensiedlungen wechseln unversehens vom freien Land in verteidigungsfähige Rückzugsbastionen, von Breisach-Hochstetten auf den Münsterberg, von Basel-Hüningen auf die Münsterpfalz. Könnte nicht doch diese keltische Schlußphase die Einrichtung einer rheintalnahen, im höhlenartigen Dreisamversteck geborgenen Fluchtburg erklären?
Wer sich bei diesem Streitstand vor Ort begibt, empfindet beim Gang über das Hochgestade oberhalb des Wagensteigbachs, am Prallhang des Rotbachs, beim Umschweifen in den Wiesenniederungen am Markenhof, beim Umblick unterhalb des Wiederlehofs, Rainhofs, Birkenhofs, beim Aufenthalt an der Dreisamquelle sehr rasch die Lagegunst der Keltensiedlung. Aber dann gibt es Spuren und Andeutungen, die die neugierige Wißbegierde bestärken; da erzählt ein Hofbesitzer, wie er bereits beim Versuch, einen Pfahl in sein Ackerfeld einzuschlagen, auf Stein- und Maueruntergrund stößt; da bestätigt ein Anrainer, daß die unterschiedliche Austrocknung der Matten am Heidengraben auf bodentiefe Veränderungen schließen lasse; da berichtet ein Angesprochener von Fundstücken, die in den ersten Nachkriegsjahren bei der Handausschachtung eines Hausfundaments gemacht werden konnten; da flüstert ein Hofbesitzer von selbstaufgelesenen Steinen, die so merkwürdig aussahen und vieldeutig schimmerten, daß er sie erst einmal in eigene Obhut nahm; wieviele echte oder nur vermeintliche Nachlaßstücke Tarodunums mögen so da und dort als häuslicher Vitrinenbesitz behütet werden Splitter des großen Rätsels?
Hier im Gelände fühlt sich der Tarodunumsucher am wenigsten davon betroffen, daß der Paukenschlag des Ptolomaios ohne großen Nachhall verklungen ist; solange sich der Hobbyfreund das fantasievolle Ausmalen der keltischen Vorzeit erhalten kann, solange die Beschäftigung nicht eingeschienten Denksträngen folgen muß, solange das Puzzle noch nicht das unwandelbare Endbild fixiert, ist das Zusammentreffen mit der fremden Weltreizvoller als die Besichtigung eines vorpräparierten Archäologiemuseums; solange Fragen offenstehen, bleibt dem umherstreifenden »Wünschelrutengänger« im historischen Terrain der Reiz der gestellten und noch nicht gelösten Aufgabe. Das Suchbild hat andererseits klare Konturen: Gesucht ist die älteste und großflächigste, mauerumgebene Stadt bzw. Burganlage des Dreisamtals, die den Namen Tarodunum trägt.
Der Mythos einer strahlenden Keltenstadt Tarodunum hat möglicherweise manchen Forschungszweig mehr beflügelt als die nüchtern-systematische Frühzeitarchäologie; da zählt Josef Bader die vielen Dreisamtäler Burgen auf und weist ihnen die Bedeutung keltisch-römischer Wachposten, die Aufgabe eines Schutzrings um die Talstadt Tarodunum zu; da berichtet die naturforschende Gesellschaft 1952 von gewißlichen Beteuerungen eines Rechthistorikers, der die Kanäle der Wässerungseinrichtungen im Zartener Becken auf keltische Zeit zurückführt ohne sich mit Beweisen bewehren zu können; da sponnen sich zeitweise vage Vermutungen um einen keltischen Bergbau im Dreisamtal, da wurden die Straßenverbindungen dreisamtalaufwärts als Keltenaufstieg und Römerstraßen ausgegeben; solcherlei Mutmaßungen sind nicht widerlegt, aber auch durch Funde nicht bestätigt. 
Daneben ergibt sich ein anderes, ebenso erstaunliches Resumee: liegt seit dem 1. nachchristlichen Jahrhundert mitten im Dreisamtal ein, wenn auch verschleierter, keltischer Großnachlaß, so scheint die Landschaft doch erst jetzt animiert zu sein, dieser voralemannischen Lebenswurzel tiefere Bedeutung beizumessen. Vielleicht hat das selbstsichere alemannische Bewußtsein den Faden zur keltischen Vorzeit doch allzu rasch durchschnitten. Im Dreisamtal gab es hierzu die Meinung, daß die alemannische Landnahme die keltische Vorbevölkerung in die oberen Talwinkel und Bergnischen verdrängte, der Talgrund aber von dem hochstämmigen, blonden Alemannenvolk in Besitz genommen wurde. Mancher wollte sogar die Wiesnecker und Kirchzartener am alemannischen Gepräge von den dunkelfarbeneren Wälderleuten aus Ibental, aus der Wagensteige, aus dem Höllental und Zastlertal unterscheiden. Die Forschungsergebnisse »zur Geschichte der Alemannen« besagen, daß von einer grundsätzlichen Verdrängung und Separierung der früheren Urbevölkerung durch die Alemannen nicht mehr ausgegangen werden kann; so hat es Roderich Straub als Fachmann in komplexen anthropologischen Vermessungen der Skelettfunde und Schädelgrößen herausgefunden. Lokale Forschungsreihen im Dreisamtal fehlen allerdings; andererseits ergibt die Statistik 1840-1864 über die Körpergröße der Wehrpflichtigen, daß die kleinsten Rekruten weit und breit, keineswegs »germanische Hünen«, in Zarten beheimatet waren; zu 41% maßen die jungen Männer unter 1,57m Größe. Bliebe nicht auch die Frage nach den keltischen Traditionen und Lebenswurzeln im Tal neu zu überdenken? 

Der römische Zeitlauf des Landes zeigt sich da eher im Charakter eines Zwischenspiels, wenn auch für die respektable Spanne von über 250 Jahren. Für das Dreisamtal verläuft die Römerzeit ohne herausragende Großereignisse. Wenn Heinrich Hansjakob 1885 seine Dreisamtalwanderung mit der Bemerkung einleitet: 
»Soviel ist gewiß, daß die Römer unter den heutigen Tannen keine Luftkuren gemacht haben, und sehr wahrscheinlich unter den alten auch nicht«, ist dies kein Streitsatz gegen die Luftkuren im Dreisamtal. Tarodunum gerät nur nebenbei ins Blickfeld, sofern landeskundliche Beschreibungen hin und wieder vom »römischen Tarodunum« sprechen. Es läßt sich jedoch kein Bezug zu einer Großanlage in römischer Zeit finden; die weite Innenfläche wurde offensichtlich als normales Land bebaut. Inmitten des alten Plateaus nahe der Westspitze wurden Steine römischer Gebäude, Reste eines römischen Landhauses gefunden. Ebenso zeigte sich ein Straßenstück wohl römischer Abkunft. Funde eines römischen Mosaiks, die 1819 auf dem Freiburger Schloßberg »auf der jetzigen Ludwigshöhe gegen das Kirchzartner Tal hinauf« gemacht wurden, bestätigen immerhin Zeugnisse für ein gehobenes, römisches Kulturleben unmittelbar an der Schwelle des Tales. Die Funde von Tarodunum bleiben im bäuerlichen Lebensrahmen. Deutungen von Josef Bader, der in den Fundamenten der Klosterkirchen St.Peter und St.Märgen und im Kirchzartner Kirchturm römische Mauerreste vermutet, sind Wunschdenken. Auch die heute erhaltenen Spuren der Dreisamtalburgen gelten nicht römischen Ursprungs. Andererseits ist die Suche nach einer römischen Straßenverbindung durchs Dreisamtal von Breisach (Brisiacum) nach Hüfingen (Brigobanne) noch nicht aufgegeben, die Frage nicht vom Tisch. Gerade im Hinblick auf ergiebige Fortschritte der Römerzeitforschung im Umfeld hält es der Freiburger Denkmalpfleger Gerhard Fingerlin für angebracht, »die Frage weiter zu stellen«.

So ist die Römerzeit keine besondere Zeit für die Dreisamtäler Geschichte. Und doch knüpft der Geschichtsfaden der oberrheinischen Landschaft mit merkwürdiger Reißfestigkeit über Jahrtausende immer wieder an der römischen Ordnung an. Als Dekumatenland erhielt das rechtsrheinische Uferland im römischen Staat erstmals die absonderliche Stellung von »Vorlanden«, vorgeschobenen Außenposten, »exkommunizierten Randsphären«, die wie »moderne Knautschzonen« äußeren Prellstößen besonders ausgesetzt blieben, während sie gleichzeitig mit der »inneren Entfernung« fertig werden mußten. Dieser besondere römische Nachlaß fand bis in die jüngere Geschichte immer wieder seine Testamentsvollstrecker.