St.Peter und Schloss Ebnet
Von den Chancen eines ikonographischen Vergleichs1 aus
Hans-Otto Mühleisen
St.Peter auf dem Schwarzwald
Aus der Geschichte der Abtei
KUNSTVERLAG JOSEF FINK BEURONER KUNSTVERLAG 2003
Die Baulust des 18. Jahrhunderts eignete etwas Demonstratives. Man
wollte zeigen, wer man war, welchen Platz in der Gesellschaft man
beanspruchte. Insofern war schon das Bauen selbst Teil höfischer
Kommunikation: Man tauschte sich aus, Bauherren mit Künstlern,
Künstler untereinander und selbstverständlich auch die Bauherren
- Bauherrinnen, die gerade bei der Ausstattung der Schlösser
einen gehörigen Anteil an Ideen einbrachten. Ausgehend von einem
solchen Befund bietet es sich an, die Ikonographie zweier Gebäude
miteinander zu vergleichen, bei denen die Kommunikationssituation
quasi natürlich vorgegeben war. Östlich von Freiburg i. Br. finden
sich nur wenige Kilometer voneinander entfernt zwei barocke
Bauwerke, die auf den ersten Blick wenig gemein haben: Draußen vor
der Stadt, wo der „Hollentäler“ ein frischeres Klima mit sich
brachte, baute sich in der Mitte des 18. Jahrhunderts Baron von
Sickingen, „damals der angesehenste Mann in der Stadt“, ein
Sommerpalais, das er durch hervorragende Künstler auszieren ließ2
In St.Peter auf dem Schwarzwald ließ zur selben Zeit der 1749
gewählte Abt Philipp J. Steyrer, einer der wichtigsten geistlichen
Würdenträger im Breisgau, den zwölf Jahre zuvor begonnenen
Bibliotheksbau fertigstellen und entwarf für diesen ein
ikonographisches Programm, das zu den raffiniertesten im
süddeutschen Barock zählt.3 Doch nicht nur diese beiden
Prachträume, deren Programme naturgemäß zunächst ganz
unterschiedlich sind, sondern auch die zwei Treppenhäuser, zu
denen die Besucher in der Abtei und im Schloß Zugang hatten,
reizen zum Vergleich. Und schließlich können Nebenräume einbezogen
werden, die zwar nicht wie die Treppenhäuser der gleichen Aufgabe
dienen und doch Anspielungen der Bildaussagen indizieren.
Für diesen Vergleich von Räumen und Bildaussagen sind demnach
folgende Grundlagen gegeben, die räumliche Nähe der beiden
Ensembles - Ebnet lag für den Abt auf dem Weg nach Freiburg -, die
zeitliche Nähe der Entstehung, die Freundschaft der beiden
Bauherren und schließlich die Beteiligung der selben Künstler.
Christian Wentzinger war für den Ebneter Gartensaal und die
st.petrische Bibliothek an der Raumkomposition und an der
Ausstattung beteiligt. Benedikt Gambs malte fast zeitgleich die
zentralen Deckenbilder der Bibliothek bzw. des Gartensaales.
Das Verhältnis der beiden Bauherren, des Abtes Steyrer und des
Barons von Sickingen, war zu diesem Zeitpunkt wohl ungetrübt,
hatte doch der Vater des 1750 residierenden Herrn von Ebnet, Ferd.
Hartm. v. Sickingen mit seinem Empfehlungsschreiben wesentlich zur
Aufnahme Steyrers als Konventuale der Abtei St.Peter beigetragen.4
In den 50er Jahren hatte das Kloster ein Viertel der Baukosten der
Dreisambrücke bei Schloß Ebnet getragen und Anfang der 60er Jahre
wurde der Schloßgärtner in den klösterlichen Dienst übernommen und
altersversorgt. Auch dass die st.petrische Stifterfamilie der
Zähringer im Mittelalter gleichzeitig die ersten bekannten Herren
von Ebnet waren, mag die Affinität des geschichtsbewußten Abtes zu
dem Ort befördert haben. Wohl erst bei der gemeinsamen Wienreise
1763/64 könnte es zu einer Verschlechterung der Beziehung gekommen
sein, da Baron v. Sickingen als Delegierter des Ritterstandes
wegen eigener Interessen eher bereit war, den kaiserlichen
Forderungen der Verwaltungs- Steuerreform nachzugeben als Abt
Steyrer, der Delegierte des Prälatenstandes. Für die Bauzeit der
hier betrachteten Gebäude kann man jedoch von einem guten
Einvernehmen und, wie die im Tagebuch des Abtes vermerkten Besuche
der Familie Sickingen in St.Peter zeigen, auch von einem lebhaften
Austausch über Bauvorhaben und Programmideen ausgehen.
I. Abteitreppenhaus in St.Peter und Schlosstreppe in
Ebnet
Chronologisch der älteste in den Vergleich einbezogene Bauteil ist
das st.petrische Abteitreppenhaus. Noch während der
Ausstattungsarbeiten in der Kirche hatte Abt Ulrich Bürgi Peter
Thumb mit der Neuplanung des Westflügels der Klosteranlage
beauftragt. Hierin sollte das Abteitreppenhaus, ähnlich den
fürstlichen (Pommersfelden) oder fürstbischöflichen (später v. a.
Würzburg) Anlagen, ein repräsentativer Raum für Empfang und
Abschied werden. Der wohl zunächst geplante doppelläufige Aufgang’
wurde beim Bau durch eine einfachere Anlage ersetzt. Ihre
Ikonographie stellte ganz auf die Verwendung des Raumes ab:
Während der Stuck Elemente der Paradiespforte aufweist6,
erzählt das von Spiegler 1739 signierte Mittelbild die Geschichte
der Aussendung der Apostel (Mk 16, 15), denen Christus auf einem
Globus zeigt, wohin sie gehen sollen. Der Stuck birgt mit Kronen,
Adler und dem sich selbst opfernden Pelikan Hinweise auf Anspruch
und Selbstverständnis kirchlicher Herrschaft. In den Eckbildern
findet man die vier Erdteile, in die die Apostel geschickt wurden
und denen sie das Evangelium verkünden sollten. Die vier Erdteile
werden personifiziert in Frauengestalten, denen jeweils Attribute
beigegeben sind, die man vor dem Hintergrund der zweiten Phase der
systematischeren Entdeckungsreisen leicht mit diesen Weltteilen in
Verbindung bringen kann: Asien mit Turban, Pluderhosen,
Räucherwerk und einem etwas mißratenen Dromedar, die dunkelhäutige
Afrika mit Löwe und Korallen, Amerika mit Federschmuck, Papagei
und Krokodil. Die Zuordnung der Attribute war nicht immer
eindeutig. Deutlich sind hier die beiden „barbarischen“ Erdteile
noch nach älteren Vorbildern mit unbekleidetem Oberkörper
abgebildet. Europa, herrscherlich gewandet, mit Pferd versehen und
(wie H. Brommer meint) mit einer als Tiara geformten Hochfrisur,
gießt, ganz im Sinne ihres Selbstverständnisses ihr Füllhorn aus:
Das Heil kam von diesem Erdteil. Während sie selbst demonstrativ
das Zepter in die Mitte des Bildes hält, verweist das als
Petersdom gedeutete Gebäude im Hintergrund auf den Gleichklang des
imperialen Anspruchs von Staat und römischer Kirche.7
Das st.petrische Abteitreppenhaus gehört somit zunächst eindeutig
zum - von S. Poeschel so genannten8 — „Missionstypus“,
was durch die noch nicht zivilisierten, sprich nicht missionierten
Erdteile unterstrichen wird. Wenn hier die seltenere Variante
gewählt wurde, in der Christus direkt mit dem Missionsauftrag in
Verbindung gebracht wird, so liegt darin ein Schlüssel zum
Verständnis der Themenwahl, da der Abt nach der Regel Benedikts
sich verhalten soll wie Christus selbst: Wie im Deckenbild
Christus die Apostel aussendet, so verabschiedete unten am Portal
der Abt den Besuch und die auf Reisen gehenden Mitbrüder. Aber
dieser reale Abschied enthält durch das Deckenbild zugleich die
Bedeutung der Aussendung, d.h. die von St.Peter Abreisenden
sollten ihrerseits in dem Sinn Missionare sein, dass sie „in aller
Welt“ vom Kloster erzählten, so seine Bedeutung verbreiteten und
damit letztlich zum Erhalt des Klosters beitrugen. Man wird durch
den Ort der Anbringung und eine die Zeitumstände berücksichtigende
Interpretation dieses Treppenhaus insofern auch dem profanen
„imperialen Typus“9 zuordnen können. Hier geht es
freilich nicht um die Ausbreitung, sondern, der Situation
angemessener, um den Erhalt der politischen Herrschaft, die mit
der von Christus aufgegebenen geistlichen Herrschaft begründet und
legitimiert wurde. Das Deckenbild über dem Thron des Abtes im
Chorraum der Kirche, das die Schlüsselübergabe durch Christus,
also die Einsetzung Petri als Vorsteher der jungen
Christengemeinde zeigt, illustriert eindrücklich den durch
„Gottesgnadentum“ legitimierten Herrschaftsanspruch des
Abtes.
Nach der Kirche war zwölf Jahre später das Treppenhaus der einzige
Raum, dessen ikonographische Gestaltung Abt Bürgi noch selbst
vornehmen konnte. Wie in der Kirche10 wird man auch bei
diesem Programm durch die biblische Darstellung hindurch einen
mehrfachen Bildsinn annehmen können: die Aussendung der Apostel
war ein Bild für das Selbstverständnis der Abtei, im Sinne Christi
zu wirken, darüber hinaus enthält es zudem den Appell an die
Besucher, wo auch immer sie hinkommen, vom segensreichen Wirken
der Mönche zu berichten, um mit der Herausstellung von dessen
Bedeutung auch seinen Bestand zu sichern. Die erst 1758 hierher
versetzte Rokokouhr fügt der Dimension des Raumes das Bewußtsein
der Endlichkeit hinzu, das den Besuchern ihre Grenze zeigen und
die politisch Mächtigen beim Umgang mit dem Kloster leiten sollte.
Den Mönchen ihrerseits wurde die Vergänglichkeit des irdischen
Lebens beim alltäglichen Gang durch die Uhren des
Konventtreppenhauses bewusst gemacht.11
Das Stiegenhaus in Schloss Ebnet ist mehr als zehn Jahre nach dem
st.petrischen errichtet und sicher erst nach dem Tod von Bendikt
Gambs im November 1751, wie die Signatur belegt, von Johann
Pfunner ausgemalt worden.12 Wenn es somit frühestens
1752 gefertigt wurde, fällt es in die Vorbereitungsphase des
Treppenhauses der Würzburger Residenz. Zander konnte die
unmittelbare Verbindung zu Würzburg nachweisen13, wo
wıe ın Konstanz ein Verwandter der Familie v. Sickingen, der Onkel
der Hausherrin, Carl Philipp von Greiffenclau als Fürstbischof
residierte und wo Tiepolo 1752/53 das Treppenhaus der Residenz mit
den vier Erdteilen - einem darüber schwebenden Merkur -
ausmalte. Auch die Vermutung, dass sich unter den Skizzen, die
Frau von Sickingen in Tiepolos Werkstatt erhielt, Entwürfe für das
Ebneter 134 Treppenhaus befunden haben, ist
nachvollziehbar. Neben den Würzburger Einflüssen wird man davon
ausgehen können, dass der Impuls, das Motiv der Erdteile im
Stiegenhaus des Ebneter Schlosses zu verwenden, von dem
repräsentativen Empfangstreppenhaus in St.Peter ausgegangen war,
wo Franz J. Spiegler sie 1739 im Zusammenhang der „Aussendung der
Apostel“ entfaltet hatte. Immerhin findet man dieses Thema im
weiten Umkreis von Freiburg nur in diesen beiden Gebäuden. Erst
wieder im Hegau (Hilzingen), am Bodensee (Birnau) und in
Oberschwaben (u.a. Steinhausen) wird dieses Thema hauptsächlich in
Kirchen verwendet.14
Hier soll nur der Vergleich mit dem nahegelegenen St.Peter gezogen
werden, wo Ginters Werkverzeichnis für Pfunner 1750 ein hl. Grab
und ein „Theatrum“ (beide verschollen) nennt.15 Die von
der Architektur vorgegebenen Formen zwangen den Maler, die vier
Erdteile auf jeweils zwei Längs- zwei fast nur halb so große
Schmalseiten (6,6 x 3,8 m) zu verteilen. „Natürlich“ wurde den
„barbarischen Erdteilen“ Afrika und Amerika der kleinere Platz
zugewiesen, so dass diese wie Europa und Asien einander gegenüber
und nicht wie in St.Peter nebeneinander zu stehen kommen. Während
in St.Peter jeweils nur eine Frauengestalt den Erdteil
personifiziert, erhielten diese in Ebnet eine oder mehrere
Assistenzfiguren.
„Europa“ hält hier das Szepter in der rechten Hand, während die
linke durch ein im Eindruck dem st.petrischen Früchtekorb
ähnliches Blumengebinde greift. Nach rechts schließen sich
verschiedene, als Attribute von Künsten und Wissenschaften zu
identifizierende Gegenstände an: Globus und Fernrohr, eine
Jünglingsbüste für die Bildhauerei, eine Palette, Musikinstrumente
und ein Notenblatt. Darüber erscheint ein geflügeltes Wesen mit
einer Posaune oder alten Trompete (Pommer), das den Ruhm Europas
verkündet. Links von Europa zügelt ein antik gekleideter Mann ein
sich aufbäumendes Pferd. Neben ihm, am linken Rand der Darstellung
findet sich ein Jünglingspaar, das zwar aneinander vorbeischaut
und dennoch aufeinander bezogen ist.Der eine, mit Käppchen und
einfachem grauem Gewand mit über die rechte Schulter laufendem
Riemen schaut (demütig?) zu Boden, der andere, mit hellem
gegürtetem Untergewand und dunklem Mantel zum Himmel. Wenn
Bauherren (wie z. B. in Würzburg) sich in dieser Zeit gerade in
Treppenhäusern porträtieren ließen, könnte es gut sein, dass sich
unter den beiden jugendlichen Gestalten die beiden Bauherren
Steyrer und Sickingen verbergen, ersterer mit gesenktem Blick als
jugendlicher Mönch, letzterer den Blick dorthin gerichtet, wohin
Europa mit dem Szepter weist und selbst hinschaut. Der Mönch hat
seinen Ort mit der Verpflichtung auf die stabilitas loci gefunden;
der junge Adlige zeigt mit seiner Blickrichtung an, dass er zu
einem Europa gehört, das nicht nur der alte Ort der Künste war,
sondern von dem aus im 18. Jahrhundert die Welt neu entdeckt und
gedeutet werden sollte. Da der entscheidende Unterschied zur
st.petrischen Europa das sonstige Fehlen eines kirchlichen Bezugs
ist, könnte mit diesen Gestalten in Anlehnung an die traditionelle
Dialektik auch das Gespräch zwischen christlicher und weltlicher
Philosophie gemeint sein: das Gespräch der Freunde als Bild für
die zwei Denkweisen, die in der Aufklärung immer mehr in Spannung
gerieten.
Der reich gekleideten Asia an der Ostseite des Treppenhauses
(„Morgenland“) ist hier ein Weihrauchfaß, ähnlich den in der
Kirche benutzten, in die Hände gegeben, das sie mit nach oben
gerichtetem Blick wie zur Inzens schwenkt. Links von ihr kommen
zwei mit Federbüschen geschmückte Kamele ins Bild. Zu ihrer
Rechten hält ein Diener eine Stange mit einem Halbmond. Am rechten
Rand, also direkt gegenüber dem Jünglingspaar bei Europa, stehen
hier zwei männliche Gestalten, durch ihre Gewänder als
Würdenträger erkennbar, miteinander im Gespräch. Wiederum hat der
eine, mit mahnender Geste, den Blick zur Erde gerichtet, während
der andere, prächtiger gewandete, der Blickrichtung der Asia nach
oben folgt. Die Übereinstimmungen der beiden Paare sind zu
auffällig, als dass man sie nur als Zufall ansehen mag. Stehen
auch diese beiden, inzwischen bärtig gewordenen Männer, für die
beiden Bauherren, die, mit beidem vertraut, hier die alte Weisheit
des Orients und dort das junge Wissen Europas repräsentieren?
Hatte Abt Steyrer oben in seiner Bibliothek als ungewöhnliche
Programmidee den lateinischen Kirchenvätern gleichberechtigt zwei
orthodoxe Kirchenväter zugeordnet, drückte dies den Respekt vor
dem Wissen jener Weltgegend aus, die man als Reich der Osmanen
bezeichnete. Stimmt die unten erläuterte These, dass Gartensaal
und Bibliothek Schauräume sein sollten, in denen sich die
Bauherren als Förderer der Wissenschaft in umfassendem Sinn zeigen
wollten, so hätten sie nach Fertigstellung der beiden Räume mit
den beiden Gesprächspaaren im Ebneter Treppenhaus dokumentiert,
wer das umfassende Wissen zur ikonographischen Gestaltung
eingebracht hatte. Hier im Stiegenhaus präsentiert, sollte der
oben schwebende Merkur den Ruhm der Förderer und Inventoren
weltweit, zumindest bis Wien verbreiten.
Die „barbarischen“ Erdteile sind hier im Unterschied zu St.Peter
vollständig und ähnlich prächtig gekleidet sind wie die
„zivilisierten“. Beide haben Dienerschaft. Es ging hier auch nicht
um Missionierung der „Wilden“, sondern auch diese Erdteile waren
Adressaten der Botschaft, die Merkur, der Bote des Handels, in
alle Welt tragen sollte. Bei der letzten Restaurierung war es
wegen der nicht eindeutigen Beigaben zu einer Verwechslung
gekommen. Heute steht fest, dass die Amerika hier wie in St.Peter
durch Federschmuck und einen Papageienvogel gekennzeichnet ist,
während man ihr zudem die von einem schwarzen Sklaven
dargereichten Korallen in die Hand gegeben hat, die oben im
Schwarzwald Attribut der Afrika sind. Deren Beigabe ist hier der
Stoßzahn des Elefanten und im Kloster ein Löwe, beides Tiere, die
nicht für Amerika stehen können.
Der entscheidende Unterschied zum Abteitreppenhaus ist nun jedoch
die Gestaltung des Zentrums: Während in St.Peter Christus auf dem
Globus zeigt, wohin die Apostel seine Botschaft bringen sollen,
sind die Erdteile in Ebnet einer über ihnen erscheinenden
mythologischen Figur zugeordnet: „Aus Metall geschnitten und
farbig bemalt, wurde hier ein Merkur an eine Stange geschraubt,
die ihn mit einer Windfahne auf dem Dach des Treppenhauses
verbindet. Bewegt der Wind die Fahne, so dreht sich der
Götterbote, dessen mit dem Ende des Stabes nach außen gehaltener
Caduceus die Windrichtung auf einer auf die Decke gemalten
Windrose markiert... Der Ebneter Merkur hat ein auffallendes
Attribut: Er hält einen versiegelten Brief, den er von Erdteil zu
Erdteil zu tragen scheint.16 Vergleicht man Bildaufbau
und -inhalt der beiden Stiegenhäuser, so fallen zunächst folgende
Unterschiede auf: Abgesehen von den erwähnten gestalterischen
Differenzen wie Reihenfolge, Bekleidung, Attributen und
Assistenzfiguren, geht es in St.Peter auf den ersten Blick um
einen christlichen Sendungsauftrag.17 Im Zentrum des
Ebneter Stiegenhauses hängt dagegen ein Bote der antiken
Mythologie, der natürlich nicht die antike Götterlehre, sondern,
profanisiert, die in dem Umschlag verborgene Botschaft in alle
Welt tragen soll. Über deren Inhalt mag man spekulieren: Es kann
sich um die Kunde von der Überlegenheit Europas handeln, die ja
auch in St.Peter impliziert ist und wofür die Assistenzfigur des
Posaunenengels spricht. Es kann freilich auch um den Ruhm des
Hauses gehen - hier beginnen plötzlich eigenartige
Gemeinsamkeiten. Im Unterschied zu vielen anderen Darstellungen,
in denen den Erdteilen huldigende oder anbetende Funktionen
zukommen, sind sie hier in beiden Kompositionen Adressaten der
Verkündigung. Auch in Ebnet sind sie trotz ihres dominanten
Eindrucks „einer Zentralfigur zu- oder untergeordnet".
Bleibt dann die Differenz christliche - weltliche Botschaft? Auch
dies wird man in mehrerer Hinsicht relativieren können. Zunächst
ist Merkur/Hermes, der Sohn des Göttervaters Jupiter, von
altersher der Bote von Friede und Wohlfahrt, so dass sich der
Inhalt seines Briefes mit der Botschaft Christi decken kann. Beide
wurden des öfteren als wechelseitiger Verweis verstanden. Zum
zweiten ist in Ebnet durch die technische Konstruktion die
Richtung der Botschaft der Verfügung des Menschen entzogen: Das
Wehen des Windes ist eines der ältesten Bilder für das Wirken
Gottes; auch hier tangieren sich die Aussagen der beiden
Treppenhäuser. Schließlich kommt man mit beiden Bildern auch
wieder zurück zu den irdischen Anliegen: Für die Deutung, dass
Treppenhäuser in Schlössern der Verbreitung von Ruhm und Ansehen
des Hauses dienen sollen, gibt es zahlreiche Vorbilder.18
Aber auch in St.Peter verbirgt sich hinter dem Auftrag, die Lehre
Christi aller Welt zu verkünden, zugleich der Wunsch, die Besucher
mögen die Bedeutung dieses Klosters verbreiten, dessen Vorsteher
nach der Regel Benedikts eben der Stellvertreter Christi im
Kloster war. Man kann das Motto dieses Freskos, „Gehet hin in alle
Welt und Iehret alle Völker“ deshalb ganz praxisorientiert
übersetzen: Erzählt allüberall, wie die Botschaft Christi in
St.Peter verwirklicht wird - einem Kloster, dem deshalb Schutz und
Gnade zukommen muß. So erscheint hinter den offenkundigen
Unterschieden in der Gestaltung der gleichen Thematik doch ein
Spektrum möglicher Übereinstimmungen, über das der kunstsinnige
Abt, ein Meister im Erfinden von Bildprogrammen, und der kulturell
interessierte Baron sicher mit ihren Künstlern im Gespräch waren.19
Das Rätselhafte und die Vielfalt möglicher Bilddeutungen,
Übertragungen und Anwendungen waren Teil des gelehrten Gesprächs
im 18. Jahrhundert.
II. Klosterbibliothek und Ebneter Gartensaal
Ist die Bestimmung der Figuren in der Malerei der zwei
Treppenhäuser recht eindeutig, so ist dies bei den beiden anderen,
im Folgenden in Beziehung zu setzenden Raumprogrammen teilweise
schwieriger. Auf den ersten Blick haben die Bibliothek von
St.Peter und der Gartensaal von Schloß Ebnet wenig gemein. Und
doch, fast gleichzeitig im Auftrag zweier miteinander befreundeter
Bauherren vom selben Künstler gemalt, in beiden Fällen der
architektonisch zentrale, von der Morgensonne durchstrahlte Raum
des Baukomplexes - da reizen trotz der grundlegenden Unterschiede
bei Bildthemen und Raumfunktionen zeitliche, räumliche und
personelle Nähe, nach Vergleichsmöglichkeiten zu fragen.
Schon die Bau- Ausstattungsgeschichte führt diese Räume
näher zusammen. Abgesehen vom gemeinsamen Maler Benedikt Gambs
wird man vor allem den gestalterischen Beitrag des zu dieser Zeit
berühmten Christian Wentzinger für beide Räume kaum hoch genug
ansetzen können. Zwar läßt sich in St.Peter für ihn nur der
Entwurf der zwölf Galeriefiguren der Künste und Wissenschaften
archivalisch belegen. Doch stößt man bei der Verknüpfung von
Plastik und Stuck schnell auf die durch Köpfe symbolisierten vier
Jahreszeiten, die in der Bibliothek über den Türen, im Gartensaal
in den Ecken für beide Räume gleichsam die irdische Basis des
darüber entfalteten himmlischen Programms repräsentieren. Wenn
Matthias Faller in St.Peter die Galeriefiguren nach den Bozettis
Wentzingers schnitzte, so wird ihm dieser auch das Programm der
Jahreszeiten vorgegeben haben, das er zuvor in Ebnet selbst
ausgeführt hatte. Stimmt die Vermutung, dass Wentzinger ım
„Winter“ von Ebnet und Faller in dem von St.Peter sich selbst
porträtierten, so zeigt dies nicht nur die Nähe der
gestalterischen Einfälle, sondern gibt auch einen Hinweis, dass
man in diesen Räumen dort tätige Personen darstellte.
Nachdem seit März 1748 zunächst der Basler Architekt Johann Jakob
Fechter für den Bau von Schloß Ebnet verantwortlich war, wurde
bald darauf wegen der „Nüchternheit“ des Stils Christian
Wentzinger hinzugezogen, dessen Anteile erst durch Klagen über die
höheren Baukosten archivalisch belegt sind.20 Er
nahm Einfluß auf die äußere und die innere Ausgestaltung. Für den
Gartensaal kam er, ausgewiesen durch die vier Jahreszeitenfiguren
ım Garten, jedoch nur als Bildhauer und als für den Stuck
Verantwortlicher in Frage, da für ihn bis zu diesem Zeitpunkt
keine Deckenbilder nachgewiesen sind.
Den Auftrag zur Ausmalung des Schlosses, der neben dem Gartensaal
auch die beiden Eckkabinette im Erdgeschoß sowie das Balkonzimmer
und ein Nebenkabinett im Obergeschoß einschloß, hatte der aus dem
Allgäu stammende Gambs (* um 1703) im Jahr 1750 erhalten.21
Wohl gleichzeitig liefen die Verhandlungen mit Abt Steyrer in
St.Peter an, für dessen Prioratskirche St.Ulrich er zwei
Altarbilder herstellte, die im März 1751 fertig waren. Offenkundig
war der mit dem Ergebnis zufrieden, so dass er am 15. März 1751
mit Gambs den Vertrag über die Ausmalung der Klosterbibliothek
abschloss. Am 15. Juni begannen die Arbeiten in St.Peter.
Zwischenzeitlich hatte er im April die Kammerjungfer des
Freiherrn, Veronica Königin, geheiratet, die er wohl während
seines Aufenthalts im Schloss kennen gelernt hatte.
Entsprechend den bekannten Verträgen und Signaturen entstanden die
beiden hier zu vergleichenden Deckengemälde also 1750 in Ebnet und
1751 in St.Peter, wo Gambs mit „invenit et pinxit“, statt wie in
Ebnet mit „pinxit“ signierte. Der Abt ließ diese Übertreibung wohl
durchgehen, da er die „elegantissimae picturae“ des Malers aufs
höchste schätzte, und zudem der Kenner wußte, wer der eigentliche
Inventor des Bibliothekprogramms war. Beim Götterhimmel des
Ebneter Saales jedoch war klar, dass dies keine neue Invention,
sondern die modifizierte Variante einer damals sicher berühmten
Vorlage war, des Deckenbildes im gegen den Hofgarten gelegenen
Gesellschaftssaal der Soemmerresidenz des Eichstätter Bischofs.
Die mythologischen Feinheiten dieser Veränderung waren sicher
nicht den Kenntnissen von Gambs entsprungen, der in der Ausbildung
beim Kemptener Franz Benedikt Hermann „von der dort geübten
Kopistentätigkeit“ profitierte und dabei „Kompositions-
Malweisen holländischer und italienischer Barockmeister kennen“
lernte.22 Eine personale Verbindung sollte bedacht
werden: Der Würzburger Fürstbischof von Schönborn war, wohl durch
Vermittlung seines Bruders, des Eichstätter Domprobsts Marquardt
W. v. Schönborn, von den Fresken Holzers so angetan, dass diesem
die Ausmalung des Kaisersaales und des Ireppenhauses der Residenz
in Aussicht gestellt war. Sein Nachfolger von Greiffenclau konnte
dafür dann zwar Tiepolo gewinnen, aber es ist sehr wahrscheinlich,
dass seine Ebneter Verwandschaft ebenso wie etwas später für das
Treppenhaus auch für den Gartensaal die Ideen aus
Würzburg/Eichstätt mitgebracht hatte. Um 1930 war im Freiburger
Kunsthandel ein „stilistisch dem Entwurf zum Eichstätter Fresko
außerordentlich“ nahestendes Ölgemälde aufgetaucht23,
vielleicht eine späte Spur der Bilder, die Baronin von Sickingen
aus Würzburg mitgebracht hatte.
Ein anderer Erklärungszugang zu der Verbindung zwischen Eichstätt
und Ebnet, auf die Frau Krummer-Schroth aus Ebneter Sicht
aufmerksam machte, liegt in der Person Gambs‘, der vielleicht
Vorlagen in den Breisgau mitgebracht hatte. Die dafür
wahrscheinlichste Erklärung ist folgende: Noch im selben Jahr,
1737, in dem das Eichstätter Fresko entstand, arbeiteten Holzer
und Franz Georg Herrmann in Münsterschwarzach eng zusammen. Dabei
lernte Herrmann sicher nicht nur Eichstätt kennen, sondern sah
und/oder erhielt auch eine Vorlage dieses Bildes. Holzer hatte
bisweilen mehrere Entwürfe angefertigt. Als es 1738 zum Streit
zwischen den beiden kam, hatte Herrmanns Frau die Skizze für die
Münsterschwarzacher Kuppel „unter dem rock“ hinweggetragen. Es ist
mit Sicherheit anzunehmen, dass Herrmann, auf welchem Weg auch
immer, noch mehr Entwürfe Holzers besaß, die später z.B. von
dessen Bruder Franz Ludwig Herrmann als Vorlage für die
Kreuzlinger Pfarrkirche genutzt 138 wurden. In der
Kemptener Werkstatt Herrmanns aber hatte Gambs gelernt, so dass
sein Meister ihm, wie nach ihm seinem in St.Peter tätigen Bruder,
womöglich den Eichstätter Entwurf zur Verfügung stellte, als er
sich um den Auftrag in Ebnet bewarb.24
Da die in Augsburg noch vorhandene Kopie derjenigen im Eichstätter
Diözesanmuseum sehr ähnlich ist und diese wiederum als „vielleicht
von derselben Hand“ mit der verschwundenen Ölskizze aus der
Sammlung Süssmayr/ Kiener beschrieben ist,25 wird man
annehmen können, dass alle drei erst aus den 1770er Jahren
stammen, so dass sie als Bindeglied zwischen Eichstätt und Ebnet
ausfallen. Ein Schlüssel könnte jedoch der ebenfalls nicht mehr
auffindbare „Originalentwurf zu dem Fresko sein, der nur in
geringfügigen, aber charakteristischen Einzelheiten von der
Ausführung differiert“26, wobei die fast identischen
Formate aller vier Bilder auch Zweifel zulassen, ob es sich
hierbei tatsächlich um eine mindestens 40 Jahre ältere Version
handelte. Ausgeschlossen werden kann die Annahme, dass Gambs das
von Joh. Ev. Holzer gemalte Fresko durch einem Kupferstich Nilsons
kennenlernte, da dieser gerade Eichstätt nicht nachgestochen hat
und zudem seine Arbeiten nach Holzer erst anfertigte27,
als das Ebneter Deckenbild bereits fertig war. Eine Verbindung
könnten Arbeiten Amigonis sein, der einerseits das Holzersche
Malsystem beeinflußte und andererseits mit seiner
Herkules-Darstellung in Ottobeuren für Gambs die direkte Vorlage
für das Deckenbild eines der Ebneter Eckkabinette lieferte. Seine
„Jahreszeiten“ für Schleißheim und vor allem das große Deckenbild
der Badenburg im Schloßpark von Nymphenburg könnten für den
„Kopisten“ Gambs zumindest eine wesentliche Anregung gewesen
sein.
Da das 1737 entstandene Eichstätter Deckenbild sicher als Vorlage
für Ebnet gelten kann, muß dessen Interpretation auch als
Grundlage für die Erklärung seiner Neufassung im Sickingischen
Sommerschlösschen herangezogen werden. Die früheren, teilweise zu
einfachen Deutungen wurden von Peter Grau vergleichend und
erstmals durch antike Schriftstellen belegt fortgeführt.28
Er geht von einer zeitgenössischen Beschreibung durch den Münchner
Bibliothekar von Oefele aus, der als Thema des Eichstätter Bildes
„ortus Aurorae et regnum Florae“ nennt, und identifiziert die
zentrale Frauengestalt als Flora, während die rechts davon
schwebende Gestalt Aurora und das geflügelte Wesen darunter Zephyr
sein sollen. Im folgenden geht es nicht um eine Auseinandersetzung
mit dem Inhalt des Eichstätter Deckenbildes, sondern um die
Interpretation des Ebneter Bildes, für das die Gemeinsamkeiten und
Unterschiede mit Holzers Fresko einen Forschungspfad
aufweisen.
Als Gesamtthema wird man für Ebnet den Frühling feststellen,
diesen jedoch nicht wie in Eichstätt durch Flora, sondern in der
bestimmenden Gestalt der Aurora personifiziert sehen. Dafür
sprechen mehrere Gründe: Erstens wäre eine das Bild bestimmende
Beziehung von Helios-Apoll mit Flora in der Kunstgeschichte
ungewöhnlich, während die Verbindung des Sonnengottes mit der vor
ihm erscheinenden Göttin der Morgenröte seit der Renaissance fast
zu den Standardthemen der Ausschmückung von Festsälen gehört. Auch
das Nymphenburger Bild von Amigoni zeigt diese Konstellation.
So haben Gambs, bzw. sein Auftraggeber und dessen gelehrter
Berater, Abt Steyrer, das Holzerfresko zwar formal übernommen, es
aber durch die frühere Amigonidarstellungen (1719/20)
uminterpretiert. Für letztere wurde festgestellt, dass es den
Morgen und den Frühling darstelle, also die warme Jahreszeit als
Voraussetzung für das Verweilen des Fürsten im Gartenschloß.29
Man wird noch präziser Aurora auch als den Morgen des Jahres
ansehen können - die römische Zeitrechnung ließ das Jahr mit dem
März beginnen -, so dass es sich um eine Darstellung des
Frühjahres handelt, also der Zeit, in der auch die Familie von
Sickingen gern in das gegenüber der Stadtwohnung luftigere
Gartenschloß hinauszog. Auch Matthäus Günther, der neben Herrmann
einen großen Teil des Holzerschen Nachlasses erworben hatte, hat
1761 ım „Frühling“ der Vier Jahreszeiten des Sünchinger Schlosses,
das Eichstätter Bild bis in Einzelheiten (z. B. die Dreiergruppe
um Phosphorus) zitiert. Zweitens trägt die zentrale Figur ein
gegenüber Eichstätt farblich verändertes Gewand. Statt des dort
dominierenden Blaus werden hier gelbrötliche Töne gewählt, was
durch den goldschimmernden Gürtel unterstrichen wird. Dies geht in
Richtung des krokopeplos (lat. croceus, safrangewandet) Auch die
Rose in ihrer Hand gehört seit Homers rhododaktylos Eos zur Göttin
der Morgenröte.30
Drittens verbirgt sich unter den Gesichtszügen der dominierenden
Gestalt das Porträt der Hausherrin, Maria Anna Sophia von
Sickingen — nur auf den ersten Blick eine gute Idee, diese mit
Flora, der Göttin der Blumen, zu identifizieren. In einem
zeitgenössischen Lexikon stand über Flora, die Göttin der Blumen,
dass dies eine „lüderliche Weibsperson zu Rom“ gewesen sei, die
„durch ihre Liebeshändel ein großes Vermögen erworben hatte“.
Zitiert wird Augustinus, der den Ruhm dieser Göttin ihren
„ehrlosen Aufführungen“ zuschreibt und eine Reihe weiterer
Schriftsteller, die alle der gleichen Meinung zuneigen, dass auch
die aus der Erbschaft Floras gestifteten Spiele zu Ausschweifungen
führten, so dass z.B. nur der Respekt vor Cato verhinderte, „dass
die Frauenspersonen sich öffentlich und zwar, wie gewöhnlich,
nackend Preis gaben“.31 Wenngleich die
Floradarstellungen zwischen Naturgöttin und Kurtisane
oszillierten, so repräsentierte doch dieses Lexikon etwa den Stand
der Wissenschaft und es war undenkbar, dass man die Hausherrin im
Großen Saal ihres Schlosses unter der Gestalt einer „unzüchtigen
Weibsperson“ porträtierte. Ganz anders verhält es sich dagegen mit
Aurora, die im selben Lexikon als „Vorläuferin des Phöbus“ genannt
wird, eben so, wie sie sich auf diesem Bild zeigt: „eine prächtige
Erscheinung in der Natur“32, die aus dem Weltmeer
hervorsteigt „und mit rosenfarbigen Fingern, von welchen der
sanfteste und erquickendeste Thau tröpfelt, die Pforten des Tages“
- hier des Jahres - aufschließt. So hält der die Fackel
tragende Phosphorus ‚ seit Ripa ein eindeutiges Attribut der
Aurora, in der anderen Hand ein Vorhängeschloß33, in
Eichstätt ist sein zweites Attribut dagegen eine Glocke. Er
schließt bei Ovid den Zug der Aurora ab.34 Eine zweite
Gestalt in diesem Bereich gießt aus einem Krug Wasser auf den
Rücken einer sich der Dunkelheit zuneigenden oder dorthin
abstürzenden Gestalt - in der Badenburg wird hier Boreas, der
widrige, winterliche Wind vom Gott der Winde in Ketten gelegt.
Auch hier mögen die beiden Gestalten zwei Winde, Kinder der Aurora
sein: Zephyr, der Regen bringende Westwind, und der Winterwind
Boreas, der in die dunkle Unterwelt hinabstürzt. Zwischen dieser
Gruppe und Aurora fliehen drei kleine Gestalten, die besiegten
Sterne, auch sie Kinder der Aurora, die ihren Platz dem Phoebus
überlassen und verstecken sich hinter dem Vorhang der Nacht, ein
Element, das Gambs ähnlich von Nymphenburg kannte.35
Wenn Gambs das Thema von Eichstätt, Aurora und Flora, im Blick
hatte, bleibt die Frage, wo letztere geblieben ist.Für Ebnet wird
man sie in der großen stehenden Frau annehmen können, die etwas
vom Wissen um die Laszivität der Blumengöttin ahnen lässt.Wenn
diese Gestalt für Eichstätt bislang von allen Bearbeitern als
Ceres bezeichnet wurde, wird man solches für Ebnet nicht
übernehmen können. Nicht nur, dass man eine Flora braucht und
hierfür keine andere Figur in Frage kommt, sondern vor allem die
Farbigkeit ihres Gewandes verbietet es, sie als Ceres anzusehen,
die von Ovid mit weißem Gewand geschildert wird36 und
die Früchte des Sommers bringt. Verstärkt wird die Deutung der
Ebneter Flora dadurch, dass diese Person aus ihrer Schürze Rosen
austeilt, die durch geflügelte Wesen in Blumenkörben nach oben
verbracht werden, von wo sie von Aurora als Morgengabe ausgestreut
werden. Die in Eichstätt als Zephyr bezeichnete Gestalt trägt hier
weibliche Züge und steht zu keiner der beiden Frauen in einer
innigeren Verbindung. Bei Ovid ist dieses Geschehen beschrieben:
„Wenn der Tau von den Blättern gefallen ist und die bunten Blätter
von den Strahlen der Sonne warm geworden sind, kommen die Horen
hierhin, sie haben ihre bunten Kleider geschürzt und sammeln meine
Gaben in ihre leichten Körbe. Bald erscheinen auch die Chariten
und binden Kränze und Gewinde..“37 Die Horen wachen
zudem bei Hesiod als Eirene (Frieden), Eunomia (Ordnung) und Dike
(Gerechtigkeit) über die menschlichen Rechtsordnungen. Auch der
fruchtbare Garten und die Quelle frischen Wassers wird als Reich
der Flora beschrieben.
Flora selbst ist freilich wiederum nur eine Zwischenstation des
frühlinghaften Blumenreigens, da ihr die Rosen und andere
Frühlingsblumen von Kybele, der großen Erdmutter, gebracht werden,
über deren Identität durch die Mauerkrone keine Unsicherheit
besteht. Vermittler sind die geflügelten dienstbaren Wesen, die
auch im Sünchinger Frühling mit Blumen die Verbindung zwischen
Kybele und Flora herstellen. Bislang nicht überzeugend sind
dagegen die unterschiedlichen Bestimmungen von deren, sie in den
Arm nehmenden Begleiterin, einer jüngeren Frau. Nimmt man den Weg
dieses Paares als Hinweis, so entfernt es sich nicht nur vom
Löwenwagen, sondern es kommt auch aus der Richtung der dunklen
Unterwelt, so dass man sie als Persephone wird deuten können. Wenn
diese aus dem Reich Plutos im Frühjahr auf die Erde zurückkehrt,
ist dies der Anlaß, dass die Blüten und Saaten aufgehen. Wenn
Persephone hier auf dem Weg zu Flora ist, so illustriert dies den
frühlingsbezogenen Charakter der Unterweltgöttin: Flora galt als
Reinkarnation der Persephone.38 Die rechts neben Flora
nur schwer erkennbare Gestalt wurde mehrfach als Diana (Herbst)
verstanden. Wahrscheinlicher ist es, dass es sich um Minerva
handelt, die auch in Botticellis Primavera-Bild als Göttin der
wehrhaften Weisheit erscheint. Um 1731/33 hatte Holzer mit
Bergmüller an Jahreszeitenblätter (Radierungen) gearbeitet, in
denen nach Diodor von Sizilien im Sockel Tabellen mit
astrologischen Korrespondenzen eingraviert sind.39 Beim
Frühling finden sich neben den Monaten März, April und Mai nicht
nur die entsprechenden Tierkreiszeichen aus der linken Ecke des
Ebneter Freskos, sondern auch die Monatsgötter Minerva, Venus und
Apoll. Dazu entstand gleichzeitig eine Monats-Götterfolge, in der
noch der Juni mit seinem Gott Merkur der Frühlingsgruppe
hinzugefügt wurde. So findet man in Ebnet neben den
Personifizierungen des Frühlings, Aurora (Frühling im Himmel),
Kybele (Erdgöttin des Frühlings) und Persephone (Frühlingsgöttin
der Unterwelt), die sich in das Reich der das frühe Jahr
dominierenden Blumengöttin (Regnum Florae) inkarnieren, genau die
Monatsgötter des erweiterten Bergmüller-Holzerschen Frühjahrs,
vorausgesetzt die kaum zu erkennende Person ist Minerva, deren
Fest der Künstler und Handwerker Ende März gefeiert wurde. Warum
hätte Gambs bei einem Frühlingsbild gerade auf dessen erste Göttin
zu verzichten sollen?
Im dunklen Bereich links unten befindet sich eine Gestalt, bei der
man an eine Personifizierung der Nacht/Unterwelt wie etwa Pluto
denken muss.40 Unten in der Mitte umarmt sich ein
Paar, bei dem der junge Mann durch Heroldstab und Flügelhaube als
Hermes/Merkur und seine Geliebte als Venus/Aphrodite zu
identifizieren sind. Dieses Liebespaar steht für eine glückliche
und fruchtbare Verbindung (Hermaphrodit). Die Szene mit der
kleinen Gestalt auf dem Rücken des Löwen erinnert an ein
ironisches Göttergespräch bei Lukian, in dem Aphrodite ihren Sohn
Eros vor der Unberechenbarkeit der Kybele warnt, und dieser ihr
antwortet, dass die Löwen ihn willig auf den Rücken steigen und in
die Mähne greifen ließen. Der zweite Löwe scheint sich noch gegen
die vom Putto geschwungene Peitsche zu wehren. Der von Merkur
deutlich in Richtung der Winde und der dunklen Wolken der Nacht
gerichtete Caduceus-Stab erinnert, dass er mit ihm nicht nur die
bleichen Seelen aus dem Orcus hervorruft (Persephone), sondern wie
im Bild der Primavera von Botticelli die dunklen Wolken mit diesem
Stab beseitigt werden.41 Aphrodite, auch Göttin des
Gartens und nochmals in besonderere Weise Göttin des Frühlings,
hat dem April (aperire) den Namen gegeben, weil dies die Zeit der
Öffnung der Natur und - der Herzen - ist.Zusammen mit Merkur sind
sie die Götter, die die rauhen Winde und dunklen Wolken des
Winters vertreiben und bei Lukrez, Vergil und Horaz gemeinsam mit
Cupido und Zephyr den Frühling markieren.42 Es fällt
auf, dass diese beiden Gestalten, vor allem die Frau, individuelle
Züge zeigen und, wie bei Porträts dieser Zeit üblich, den
Betrachter anschauen. Erinnert man zudem, dass Gambs eben während
der Arbeit an diesem Bild seine spätere Frau kennenlernte, so
liegt die Vermutung nahe, dass er hier seine eigene glückliche
Liebesbeziehung, also sich selbst und die Kammerjungfer Veronika
porträtierte: oben als Gaben spendende Aurora die Herrin des
Hauses, unten im Liebesglück ihre Kammerjungfer, die dem Maler,
der sich hier als Götterboten darstellte, zur befruchtenden Muse
wurde. Da Hermes auch der Begleiter der Persephone aus der
Unterwelt war und diese nun ihren weiteren Weg in das beginnende
Jahr zusammen mit Kybele unternimmt, hatte er nach getaner Arbeit
Muße zur Rast bei der Geliebten - Gambs konnte mit diesem Hermes
mancherlei assoziieren.
Hinter dem Wagen Apolls, der nur mit Mühe die Zügel der Pferde
halten kann, erscheinen zwei Figuren mit unbekleideten
Oberkörpern, eine ansonsten bei diesem Thema kaum bekannte
Begleitung des Sonnengottes. Wiederum nur in der Badenburg tauchen
an dieser Stelle zwei bekrönte Figuren auf, die durch ihre
Beigaben üblicherweise als Jupiter und Juno bezeichnet werden. In
Ebnet sind daraus zwei durch die Haartracht als Frauen
ausgewiesene Gestalten geworden, möglicherweise hyperboräische
Jungfrauen, von denen die vordere mit der erhobenen Linken Apoll
verabschiedet, wenn er ihr im Norden gelegenes Land des Friedens
und der Seligkeit nach den Wintermonaten auf seinem Sonnenwagen
wieder verläßt.
Man fasst den Inhalt des Bildes am besten unter der Bezeichnung
des Frühlings als Morgen des Jahres zusammen. Die Überschrift
bilden gleichsam die Tierkreiszeichen von März, April und Mai, von
denen der Widder von der an Chronos erinnernden geflügelten
Gestalt, die bei Ripa stets als Attributsträger der Monatssymbole
fungiert43, im Arm gehalten wird, während die Zwillinge
dem Stier einen grünen (Myrten?) Kranz umlegen und so das
Frühjahrsmotiv unterstreichen. Von ihnen zieht sich ähnlich wie in
der Badenburg die Milchstraße über den bis auf zwei eigentümliche
Putten figurenlosen obersten Teil des Himmels. Das
Frühlingsgeschehen, das von links nach rechts zu lesen ist, spielt
sich darunter auf mehreren Ebenen ab: zunächst die der Götter, von
links mit den Wassergöttern und Apoll beginnend zur Göttin des neu
beginnenden Tages, dann auf der Ebene der geflügelten Wesen, die
unterschiedliche dienende Funktionen wahrnehmen, und schließlich
das dunkle, unterirdische und das liebevolle, irdische Leben, aus
dem das neue Leben der Blüten sprießt, das wiederum von Engeln der
obersten Göttin dargereicht wird, die es ihrerseits in Richtung
Erde als Gnadengabe austeilt. Die Idee, dass das Leben, die
Früchte und Blumen und wohl auch die Liebe aus der Gunst der
Götter den Menschen geschenkt ist, diese es als Opfer den Göttern
darbringen und diese ihrerseits es ihnen aus Gnade erneut
schenken, gehörte schon bei den Vorläufern der griechischen
Mythologie in Mesopotamien zu den ältesten Vorstellungen über das
Verhältnis von Göttern und Menschen: Wenn Aurora die Rose in ihrer
rechten Hand freigibt, fällt sie - je nach Standpunkt - entweder
dem Betrachter im Saal zu Füßen oder in den Schoß Aphrodites, des
liebenden Mädchens, zu deren Symbolen eben diese Blume der ewigen
Liebe gehört. Der Kreislauf des Geschehens wird in Ebnet nach
Nymphenburger Vorbild durch die vier, in Stuckfiguren präsenten
Jahreszeiten unterstrichen, die ja selbst von Jupiter eingeführt
waren und so die angemessene Lebensweise des Menschen bestimmten.44
So weit weg scheint dies von dem kurz danach entstandenen
Deckenbild der st.petrischen Bibliothek, dass sich ein einfacher
Vergleich verbietet. Doch kannte der Barock noch eine Dimension
geistigen Spiels, die vermuten läßt, dass die beiden Bauherren die
vom selben Maler fast gleichzeitig verfertigten Bilder nicht nur
nach der Fertigstellung miteinander verglichen, sondern schon bei
der Erstellung der Konzepte im vergleichenden Gespräch waren. Für
eine Bibliothek überraschend ist weniger das Thema als vielmehr
dessen Formulierung, das Abt Steyrer in Anlehnung an Bonaventura
mehrfach in seinen Schriften überlieferte: „Sie (die Malerei)
stellt den Vater des Lichtes dar, und den hl. Geist, wie sie den
Verfassern des Alten und Neuen Testamentes, wie auch den hl.
Vätern der Kirche ihre Bücher angeben.“45 Nimmt man
beide hier verglichenen Fresken in den Blick, so ergibt sich schon
dadurch eine Verknüpfung von Vorstellungen, dass in Ebnet die
zentrale Figur Aurora, also die Mutter des Lichtes ist.46
Der Bildinhalt ist zu großen Teilen geklärt47: In der
Mitte des Freskos erscheint die Taube des hig. Geistes im Zentrum
der Sonne, von der die Strahlen der Inspiration Richtung Erde
ausgehen, darüber Gott Vater als alter Mann und das Lamm Gottes
auf dem bereits geöffneten Buch mit sieben Siegeln, wobei Steyrer
selbst die trinitarische Komponente durch die ausdrückliche
Nennung nur von Vater und Geist übergeht. Vor der Geisttaube kniet
Maria, deren „Magnificat anima mea Dominum“ von einem Putto
vorgezeigt wird. Getrennt durch einen tiefen Graben findet man im
unteren Teil des Geschehens rechts vor der Bundeslade die
Vertreter des Alten, links vor einer Kirche, gekrönt mit den
Schlüsseln Petri, diejenigen des Neuen Testamentes, die teils zur
Quelle der Weisheit schauen, teils schon das Empfangene
aufschreiben. Das hier angelegte Programm der Emanation der
göttlichen Sapientia, die im Lauf der Zeit durch Gelehrte
unterschiedlicher Provenienz und in verschiedensten Wissenschaften
aufgenommen wird, läßt sich durch den gesamten Raum bis zu den
untersten Bilderreihen verfolgen. Die, wie in Ebnet, in
Stuckköpfen, hier über den Türen repräsentierten Jahreszeiten und
die in den Emblemen unterhalb der Galerie auch zu entdeckenden
vier Elemente verweisen darauf, dass die Gaben des Geistes
bestimmungsgemäß in die irdische Welt kommen und erst dort ihren
Sinn entfalten. P. Gregor Lechner machte zurecht darauf
aufmerksam, dass im Unterschied zu vielen Vorläufern in dieser
Bibliothek gegenüber dem Reichtum christlicher Sapientia die
antiken Gottheiten der Wissenschaften nicht auftauchen — bis auf
Apollo und Pallas Athene, die als Stuckköpfe am Türrahmen
erscheinen und den Besucher gleichsam einladen, dieser Spur in
einen anderen Raum zu folgen, die Sala terrena von Ebnet.
Zugegeben, dieser Verweis ist hypothetisch, doch der formale und
inhaltliche Vergleich der beiden Bilder vermittelt dem Gedanken
eine dem Barock nahe Plausibilıität.
Sieht man von wohl doch äußerlichen Kongruenzen wie dem Löwenmotiv
in der Mitte des unteren Bildrandes ab, so zeigen die beiden
Fresken zunächst einen durchaus vergleichbaren Aufbau: zuoberst
eine himmlische, übergöttliche Sphäre, in die Engel Schriften,
Wissen aus einer anderen Welt bringen, auf der zentralen Ebene der
Dreifaltige Gott bzw. die antiken Götter, deren Funktion jeweils
die Aussendung/Austeilung guter Gaben ist, und dann der irdische
Bereich, dessen Personen an der göttlichen Welt teilhaben und in
enger Verbindung zu ihr stehen. Das auffallendste Beispiel ist die
Konstellation Maria - Kybele, deren wichtigstes Attribut, die
Mauerkrone, schon an die Benennung Marias in der Laurentanischen
Litanei als Turm Davids erinnert. Ihr tiefstes Geheimnis „ist die
Macht, die sie in sich trägt, neues Leben hervorzubringen, die
Natur zum Leben zu erwecken, und am Leben zu erhalten“, Bilder wie
auch das ihrer Verbindung „mit einem auf Berggipfeln thronenden
göttlichen Bräutigam“48, die sie immer wieder in die
Nähe Marias rücken lassen, die hier durch ihre emporgehobene
Position in die Nähe Gottes gebracht wird, eine Vorstellung, die
es von der Antike her umgekehrt zuließ, Gottes Sohn in die Nähe
der Menschen zu bringen. Eine ganze Reihe anderer Assoziationen
bietet sich an, so z. B. die Anrufung Marias als Morgenstern, was
die Verbindung zu Aurora ebenso herstellt wie das Bild der Rose,
das in alten Liedern für die Gottesmutter verwendet wurde. Der
tiefe Spalt am unteren Rand ist der Ort, wo in Ebnet sich der
Zugang zur Unterwelt befindet. Die Ikonographie der orthodoxen
Kirche kennt die Darstellung, wie an dieser Stelle im
Ostergeheimnis die Seelen ans Licht geführt werden - Ostern als
Frühlingsfest, Auferstehung als neues Leben, eine auffallende
Koinzidenz der beiden Bildkompositionen.
Über einen solchen formalen und personenbezogenen Vergleich hinaus
wird man auf einer abstrakteren Ebene eine Art funktionalen
Vergleich anstellen können. In beiden Bildern kann man vom
jeweiligen Zentrum her zunächst von einem Austeilen der göttlichen
Gaben in den Lauf der irdischen Welt ausgehen, in Ebnet die Blüten
des jungen Jahres, in St.Peter die Ausgießung der göttlichen
Weisheit. Dann jedoch zeigt sich, dass beides keine Einbahnstraßen
sind, sondern dass die Götter gleichsam auf den irdischen Bereich,
auf die Antwort der Menschen angewiesen sind. Erst durch deren
Beitrag - Gartenarbeit bzw. Bücherschreiben - werden die
göttlichen Gaben zur Leben fördernden Fruchtbarkeit. In St.Peter
wird dies vor allem durch Maria personifiziert, deren „Magnificat“
ja die zur Erlösung notwendige Antwort auf die Ankündigung ist,
dass Gottes Sohn durch sie in die Welt kommen soll. In Ebnet
bewirkt das Zusammenwirken von der Maria in-vielem ähnlichen
Kybele mit Flora, dass am Beginn des Jahres die Erlösung vom nun
eingeschlossenen Winter den Aufbruch einer neuen Schöpfung möglich
macht, dass nun die Blüten wachsen, die, der Mutter des Lichtes
als Opfer dargereicht, den Menschen zu Heil und Freude
zurückgegeben werden. Dieser Gleichklang des notwendigen
Wechselspiels zwischen dem Wirken der Götter und dem der Menschen
wird durch die im Barock häufig als Attributsträger verwendeten
Engel zum Ausdruck gebracht: In St.Peter verbinden sie mit den
demonstrativ vorgewiesenen Büchern, also den irdischen Produkten
göttlicher Weisheit wie in einem Reigen die verschiedenen Ebenen,
in Ebnet sind es die Putti, die die Blumen zwischen Erde und
Himmel vermitteln. Der Reigen „hat etwas vom lebensbedingenden
Rhythmus der Bewegung der Erde um die Sonne49. Auch in
St.Peter bildet der Reigen neben der Ausgießung der Weisheit die
Grundlage der Bildkomposition.
Als erstes Ergebnis des Vergleichs ist festzuhalten, dass es in
beiden Bildern zunächst um die jeweils im Zentrum stehende
Austeilung der göttlichen Gaben geht, was auch eine weltliche
Macht legitimierende Funktion hat, in Ebnet direkter, weil sich
hinter dem Gesicht der die guten Gaben verteilenden Göttin des
Lichtes die reale Herrin des Hauses Sickingen verbirgt, in
St.Peter etwas subtiler, indem der regierende Abt sich zwar
nicht in den Himmel, aber doch (in einem Fresko unterhalb der
Galerie) mitten unter die Gelehrten einordnet, die die der Gnade
Gottes teilhaftig sind, die die göttliche Sapientia in ihren
Werken aufnehmen und tradieren und so dem Auftrag Gottes in
besonderer Weise entsprechen. Eben das Gottesgnadentum war ja die
durch die Aufklärung zunehmend in Frage gestellte Grundlage auch
der weltlichen Herrschaft. Im zweiten Schritt der Interpretation
wird somit deutlich, dass die Darstellungen in je eigener Weise im
Verhalten der Menschen (Bücher schreiben, Ackerbau treiben) auch
das rechte Verhältnis zwischen Gott und den Menschen
thematisieren. Und hierbei überschneiden sich nun die Lebenswelten
von Kloster und adligem Haus, da zu ersterem ganz
selbstverständlich auch die Kultur der Gärten, zu letzterem
zumindest als Option zunehmend die Pflege der Wissenschaft
gehörte.
Damit ist ein Verweis noch auf eine andere Ebene der Beziehung
zwischen den beiden Raumprogrammen gegeben. Hinter der
Interpretation des Ebneter Götterhimmels als Bild des Frühlings
ist nach der Patronatsfunktion dieses Götteremsembles zu fragen.
Für die Ikonographie der Bibliothek ist dies bekannt: Dem
aufgeklärten, gelehrten oder fürstlichen Besucher konnte mittels
dieses Programms gezeigt werden, dass entgegen der herrschenden
Ideologie die Klöster eben nicht der Hort mittelalterlichen
Aberglaubens waren, sondern dass hier eine Stätte modernster
Wissenschaften wie Astronomie, Mathematik, Medizin und Pädagogik
sei. Die Bibliothek als geistiges (und architekonisches) Zentrum
der Abtei zu präsentieren, war ein Teil der Überlebensstrategie,
die darauf abzielte, den Säkularisierungsvorboten mit dem Nachweis
der eigenen Nützlichkeit zu begegnen. Die Bedeutung, die man der
Wissenschaft, der rationalen Vernunft zuwies, unterstrich demnach
die Modernität des eigenen Selbstverständnisses. Dies galt jedoch
nicht nur für die zunehmend gefährdeten geistlichen Einrichtungen,
sondern auch für den Adel, dessen Rechte und Privilegien zwar noch
nicht in derselben Weise wie die der Klöster bekämpft wurden, die
jedoch ebenfalls zu den Adressaten der Kritik der Aufklärung
gehörten.
Wenn man den Ebneter Saal daher hinter seiner Deutung als Raum des
Frühlings auch als einen der Förderung von Wissenschaft und Kunst
versteht, so sprechen hierfür zunächst die Patronate der
ausgewählten Götter. Apollo, der in der 'Trinität mit Zeus (im
Eckkabinett) und Athene (an der Bibliothekstür) fast den Inbegriff
aller göttlichen Macht bezeichnet, ist unter anderem der Gott des
Rechts, der Musik, der Poesie und der Medizin, also dreier
Disziplinen, die sich unter den Ballustradenfiguren in der
st.petrischen Bibliothek finden.50 Aurora wird (z.B. in
der Admonter Bibliothek) mit Dialektik, Grammatik und den
biblischen Sprachen in Beziehung gesetzt. Sie ist „ein Sinnbild
des Erwachens der Bildungsbeflissenheit“. In der Emblematik
erscheint sie mit dem Lemma „Aurora Musis Amica"51.
Kybele, für die das Attribut der zwei Schlüssel bekannt war,
personifiziert etwas von der (nach Ripa52) geistlichen
Macht (Auctoritas Spiritualis), die in St.Peter dem Schlüssel
führenden Petrus übertragen ist. Aphrodite nimmt dem Menschen sein
wildes Gebaren und initiiert den Beginn der Kultur.53
Minerva schützt als Göttin der Weisheit Philosophen, Dichter und
Redner; sie schützt die Stadt nach außen und bringt inneren
Frieden. Hermes ist ebenso der Botte der Götter, wie Propheten und
Evangelisten in St.Peter Künder der göttlichen Botschaft sind.
Hermes ist auch der Erfinder der schönen Künste und der Verwalter
des medizinischen Urwissens. Wegen seiner Schlauheit galt er als
Dolmetsch und Pädagoge. Sein Patronat für die Schulen findet man
in der Klosterbibliothek im Bild des die Kinder unterrichtenden
Abtes. Werden die verschiedenen Wissenbereiche in St.Peter in den
allegorischen Figuren auf der Bibliotheksballustrade
personifiziert, erfolgt diese Personifizierung in Ebnet im
Deckengemälde des nördlichen Eckkabinett der Ostseite.
Über die Protektion einzelner Wissensbereiche hinaus verweist das
Ensemble der für Ebnet im Gartensaal und im Eckkabinett
ausgewählten antiken Gottheiten und Allegorien auf ein Spektrum
von Wissenschaften, das andernorts gemeinsam mit christlichen
Gelehrten in der Ikonographie von Klosterbibliotheken eine Fülle
des Wissens repräsentierte, wie sie eben die Aufklärung anstrebte.
Herkules etwa, der in der Bibliothek von Stift Zwettl54
oder im Bibliotheksvorraum von Ottobeuren als Tugendheld Vorbild
für den Weg zur „wahren Weißheit“ ist, findet man in Ebnet im
südlichen Eckkabinett des Erdgeschosses. Für die „Allegorie auf
die Künste und Wissenschaften“ in dessen (nördlichem) Pendant gibt
es mehrere Vorbilder, u. a. in Kloster Irsee. Dass Sickingen/Gambs
gegenüber manchen Vorlagen hier auf Apoll verzichteten, erstaunt
nicht, da dieser wichtigste Gott der Wissenschaften und Künste ja
im Hauptsaal präsentiert war. Einen erhellenden Vergleich
ermöglicht auch die Kaiserstiege im Stift Göttweig (1739), auf
deren Deckenbild Apollo, der die Gesichtszüge Kaiser Karl VI.
trägt, von Künsten und Wissenschaften umringt wird, unter denen
die Architektur das Porträt der im Jahr danach im Amt gefolgten
Maria Theresia zeigt. Die Apotheose Karls VI. zu Phoebus- Apoll
als dem Ursprung von Wissenschaft und Weisheit, der die
„Ignorantia in Form der Dunkelheit“ vertreibt, findet ihre
freilich bescheidenere Übersetzung im Ebneter Gartensaal: Zwar
läßt sich die Vermutung, dass sich unter Apoll Baron von Sickingen
verberge, nicht recht nachvollziehen dies hätte angesichts der
bekannten Vorlagen als Hybris gedeutet werden können -, doch ist
die Apotheose der Hausherrin als Aurora nicht nur galante
„Schmeicheley“, sondern eine recht eindeutige ikonographische
Aussage, dass sich dieses Adelshaus als Hort der Wissenschaft
verstand und daraus ein gutes Stück seines Selbstverständnisses
herleitete. Mit Joh. Ev. Holzer hatte man ein ikonographisches
Vorbild gewählt, das in besonders subtiler Weise
humanistisch-antikisierende Allegorie mit theologisch abstrakten
und visionären Themen verband: Das Reigenspiel des Rokoko wird zur
kosmischen Bewegung, Wissenschaften und Kunst verleihen in einem
fruchtbaren Zusammenhang dem sich verändernden Weltbild Ausdruck.55
Die Spurensuche des Ähnlichen in diesen beiden auf den ersten
Blick ganz verschiedenen Bildern ließe sich weitertreiben, so etwa
wenn sich der in St.Peter thematisierte „göttliche Ursprung und
Fortschritt der Wissenschaften“ in Ebnet wie in der Bibliothek des
Mistelbacher Barnabitenkollegiums „mittels Wasser in einer
Muschelschale versinnbildlicht“ ist.Was für die Admonter
Stiftsbibliothek als „Original-Erklärung“ überliefert ist, dass
das Bibliotheksprogramm „zusammenfassend auf den neuen Fortschritt
der Wissenschaften, ausgehend von ihren mythologisch-antiken
Ursprüngen, angezeigt durch Apoll und Aurora, bis hin zur
christlich-modernen Wissenschaftslehre“ verweist, ist zwischen
Ebnet und St.Peter so auf zwei Raumkomplexe verteilt, dass erst in
der Zusammenschau ein Bild von der ganzen Fülle des in der
Aufklärung angestrebten Wissens zutage tritt: Der Ebneter Apoll
verkörpert den Ursprung der natürlichen Erkenntnis, in den
Gestalten der st.petrischen Propheten und Evangelisten zeigt sich
die geoffenbarte Erkenntnis. Dabei gibt es in jedem einzelnen
Gebäude einen diskreten Hinweis auf die je andere Dimension: In
St.Peter sind dies die Köpfe von Apoll und Athene, die sich in
Ebnet als Minerva findet. Im Deckenbild des nördlichen Ebneter
Eckkabinetts findet sich ein Teil der freien Künste, die in
anderen Bibliotheken Athene zugeordnet werden. Die Engel über dem
Ebneter Götterhimmel deuten das in beiden Räumen identische
letztliche Herkommen alles Wissens an. „Derartige “typologische’
Gegenüberstellungen von. christlicher-göttlicher und
antiker-irdischer Weisheit,.., ist gängige Sprache barocker
Klosterbibliotheken, vor allem bei den Benediktinern...“56
Die erwähnte emblematische Erklärung der Aurora, „dass die
162 Morgenfrühe, die Kopf und Sinne, Geist und Verstand
erfrischt, eine den heiligen Musen wohlgesinnte Göttin ist.So
entwickelt sich der Mensch durch Lehre, Übung und Wissenschaft,
die von Reichtum und Ehre des Lebens begleitet ist.“ ist eine
aussagekräftige Klammer der beiden ikonographischen Tableaus in
Ebnet und St.Peter: Die Morgenröte, die den Verstand erfrischt,
wird zur Voraussetzung einer erfolgreichen wissenschaftlichen
Arbeit, die wiederum im Sinne von Abt Steyrer — wie seines
Vorbildes Thrithemius Grundlage eines nach Innen gelingenden und
nach Außen überzeugend darstellbaren Klosterlebens ist.
Sieht man die gesamte Ikonographie der Ebneter Erdgeschossräume
(Gartensaal und Eckkabinette) in einem inneren Zusammenhang und
stellt sie derart in Verbindung zu derjenigen der st.petrischen
Bibliothek, werden Allusionen und Verweise noch klarer. Beginnen
lassen wird man den Komplex mit der Heraklesszene im südlichen
Eckkabinett, von der Künstler und Auftraggeber wussten, dass sie
in Ottobeuren den Vorraum der Bibliothek schmückte. Das sicher
erzieherisch gemeinte Bild fasst zwei Aspekte seines Lebens
zusammen, zu Beginn die Entscheidung, den Weg der Tugend zu gehen,
am Ende die Aufnahme in den Himmel, wo ihn Athene empfängt und in
den Kreis der Götter führt. In Ebnet mag die Szene, in der sich
Herakles trotz der Versprechungen „Kein Bett kann dir weichlich
genug sein.“ und des Aussehens der „Liederlichkeit“, deren „Reize
so viel als möglich durchschimmerten“, für den Weg von „Anstand
und Adel“ entscheidet, ein (Vor-)Bild, auch eine Selbstdarstellung
des Schlossherren gewesen sein, der eben so auf dem Weg der
„Arbeit und Mühe“ sein Glück gemacht hatte, wie es die „Tugend“
dem Herakles prohezeit hatte. Als Thema vor einem Raum der
Wissenschaften, den der Gartensaal hier nur verschlüsselter als
die Bibliothek repräsentiert, steht die „Tugend“ für die
„geistigen Anstrengungen“, durch die allein man „Meister in allem
Guten und Großen werden“ und ohne die das individuelle wie das
staatliche Leben nicht gelingen kann. Den Aspekt der Tugend im
engeren Sinn, als Absage an die Verlockungen der Welt, an Putz und
Schmeichelei, findet man in St.Peter im ehemaligen Kapıtelsaal,
also dort wo die Mönche ihre Lebensweise in Bezug auf die Regel
überprüften. Hier ist die Frau Welt, „die modisch aufgeputzte
Personifikation weltlicher Verlockungen“ ans Kreuz geschlagen.57
Die kleine Allegorie der Tugend tritt auf den Reichsapfel. Das
belehrende Motto „contemptus mundi“ (Verachtung der Welt) könnte
genau so unter der Ebneter Heraklesszene stehen.
Die geschilderten Bezüge zwischen Bibliothek und Gartensaal, die
Austeilung guter Gaben durch antike Götter und christlichen Gott,
die Korrespondenz der menschlichen Handlungen, woraus dann in
beiden Kompositionen der Reigen einer kosmischen Ordnung wird,
werden fortgeführt in der allegorischen Konkretisierung der
jeweils besonders geförderten Wissenschaften, in St.Peter in den
zwölf Ballustradenfiguren, in Ebnet mit seinem Himmel voller
Künste und Wissenschaften des nördlichen Eckkabinetts. Man wird
noch weiter gehen dürfen: In der st.petrischen Bibliothek geht die
göttliche Weisheit über die Kirchenväter weiter zu Mitgliedern des
eigenen Ordens, unter die in der untersten, irdischen Dimension
auch die Porträts der beiden Bauherren Steyrer und Bürgi eingefügt
sind. In Ebnet hingen, ähnlich wie heute, auch im 18. Jahrhundert
an den Wänden des Erdgeschosses Bilder lebender und verstorbener
Familienangehöriger. Wenn hier sogar die Hausherrin als Glück
bringende Aurora interpretiert wurde, werden auch die an den
Wänden präsenten Familienmitglieder in die Gesamtkomposition
einbezogen werden dürfen. Nochmals gibt es hierzu eine
klösterliche Entsprechung. Eines der beiden großen Bilder des
Kapitelsaales zeigt die Rückführung des in einem Barockkreuz neu
gefassten Kreuzpartikels, der kurz nach der Wahl Steyrers wieder
gefunden worden war. Unter den Festteilnehmern steht der Abt, der
auf diese Weise jederzeit über den hier versammelten Mönchen
präsent war. Das gute Omen seines beginnenden Abbatiats, die
Rückkehr der wichtigsten Reliquie, ließ ihn auch ohne persönliche
Apotheose wie in Ebnet als einen Vorsteher erscheinen, dessen
Herrschaft seinem Haus Glück bringen sollte. Als das Bild
entstand, war Steyrer schon mehr als 20 Jahre im Amt. Die
Geschichte hatte jedoch nichts von ihrer legitimierenden Geltung
verloren. Eine letzte Gemeinsamkeit der beiden großen Deckenbilder in
St.Peter und Ebnet sind die Engel mit einem Buch jeweils in der
Mitte der oberen Randpartie.58 Im Kontext der
Aufklärung mag man annehmen, dass dieses Motiv für die Bedeutung
des Buches als Ausgang jeglichen Wissens gelten mag. Es könnte
freilich auch ein Verweis auf den Engel mit dem „kleinen Buch“ der
Apokalypse sein, zumal die Darstellung des Lammes auf dem Buch mit
den geöffneten Siegeln diesen Bezug nahe legt.59 Wenn
dieser Engel ruft, klingt es wie ein Löwe, den man wiederum in
beiden Bildkompositionen genau unterhalb der Engel am unteren
Bildrand findet. Als der Seher sich von dem Engel das kleine Buch
geben lässt und es auf dessen Geheiß aufißt, war es im Mund süß,
im Magen bitter. Das Wissen, das sich aus ihm ergibt, ist
beglückend und schmerzlich. Die selbe Idee ist die Botschaft auch
eines der Bibliotheksembleme, auf dem ein Grantapfel für die Süße
und die Bitterkeit des hier gesammelten Wissens steht.
Die Ähnlichkeit der Bildersprache in den beiden Raumkomplexen
Kloster und Schloss ist, einmal auf diese Spur gekommen,
unübersehbar. Hier vor den Toren Freiburgs liegen christlicher und
antiker Götterhimmel wenige Kilometer auseinander. Erinnert man
sich an die eingangs erwähnte freundschaftliche Verbindung der
beiden Auftraggeber, so besteht kein Zweifel, dass sie den
Zusammenhang der Programme ihrer in kurzem Abstand vom selben
Maler erstellten Bilder disputierten: Während Gambs in Ebnet an
der Arbeit war, wurde oben im Schwarzwald der bauliche Teil der
Bibliothek fertiggestellt und der Inventor, Abt Steyrer, saß über
deren ikonographischer Konzeption. Im Kontext einer
bilderfreundlichen Kultur gab dies Gelegenheit, sich über Anliegen
und Adressaten dieser Ikonographie auszutauschen. Beide Bauherren
hegten nicht nur Sympathie für Wissenschaft und Kunst, sondern
sahen in der architektonischen und ikonographischen Entfaltung
dieses Anliegens eine Chance, ihre Reputation in der noch
traditionellen Ständegesellschaft60 zu erhöhen, um so
ihre gesellschaftliche und letztlich politische Position zu
verbessern.
So nähern sich diese zeitlich, räumlich und künstlerisch nahen
Bilder über ihre ganz ähnlichen praktischen Interessen auch
thematisch an: Der Herr auf Ebnet und der Prälat von St.Peter
wollten, jeder in seinem Haus und durch die ihm gemäßen Themen,
mit barocker Bildersprache den Nachweis erbringen, dass sie am
Fortschritt menschlicher Bildung, an den sich ausweitenden und
differenzierenden Erkenntnissen teil hatten und diese förderten.61
Jahreszeiten und Erdteile, die sich in beiden Gebäuden finden,
sind Teil der Schöpfung und so auch Ort der Offenbarung, „zugleich
sind sie Inhalt und Gegenstand des nach Erkenntnis strebenden
menschlichen Geistes“.62 Dass daraus eine
ikonographisch originelle Symbiose entstand, sollte nicht
vergessen lassen, dass sich hinter diesem amüsant
intellektuell-geistlichem Bilderspiel ein ernstes Anliegen
verbarg: in einer den Klöstern wie den kleinen Fürsten wenig
gewogenen Umwelt den Nachweis zu erbringen, dass man ja selbst den
Fortschritt befördere und deswegen gesellschaftliche Achtung und
Unterstützung verdiene.
Neben diesen in beiden Gebäuden quası offiziellen und damals (im
Kloster mit Einschränkungen) Besuchern zugänglichen Gebäudeteilen
bergen beide Gebäude cher intime ausgemalte Räume. Im Schloss sind
dies das Balkonzimmer (wahrscheinlich Schlafzimmer des
Schlossherren) und ein Nebenkabinett des Obergeschosses. Entgegen
der Annahme, dass hier das Flora-Zephyrmotiv des Erdgeschosses
wieder aufgenommen sei63, müsste das Paar im
Balkonzimmer eher eine der Szenen aus dem Märchen von Amor und
Psyche darstellen. Am wahrscheinlichsten ist es diejenige, in der
Zephyr die der „Todeshochzeit“ ausgelieferte und um ihr Leben
fürchtende Psyche über die Abhänge des ragenden Felsens (rechts im
Bild) sacht hinabgleiten lässt und sie im Tal im Schoß eines
blühenden Rasens niederläßt. Mit diesem Motiv ergibt sich ein
ikonographisches Gesamtensemble, da die Göttinnen des
Untergeschosses, Aphrodite, Ceres, Persephone ebenfalls zu
Apuleius’ Märchen von Amor und Psyche gehören. Die Landschaft, in
der die Szene spielt, lässt ohne Mühe Assoziationen zum
Dreisamtal, also zur realen Landschaft um Schloss Ebnet zu, das
damit zum geheimnisvollen Hochzeitsschloss wird. Auch der einsam
im Nebenkabinett schlummernde Cupido lässt sich leicht innerhalb
des Amor-Psyche-Märchens identifizieren.
Natürlich gibt es zu dieser über zwei Räume thetralisch
inszenierten Liebesgeschichte im Kloster kein unmittelbares
Pendant. Allein die prächtige Ausmalung von Privatgemächern wäre
mit dem benediktinischen Armutsgebot in Konflikt gekommen. Nur in
der Prälatur war dies möglich. Dennoch, die Verknüpfung von Tod
und Begleitung findet sich im Mythos ebenso wie in der
christlichen Tradition. Insofern lässt sich auch bei dieser
Thematik für den Vergleich der beiden Orte eine ferne Verbindung
zwischen ikonographischen Spiegelungen von antikem Mythos und
christlicher Lehre herstellen. In der 1753, zwei Jahre nach dem
Ebneter Balkonzimmer, in dem Gambs gestorben war, ausgemalten
Krankenkapelle im Konventsflügel findet man tröstende Szenen der
Begleitung auch in Todesgefahr, des einander Beistehens in
schwierigsten Situationen. Der Zephyr des Ebneter Balkonzimmers
wird in St.Peter zum Schutzengel. Wie er dort Psyche aus der
Todesangst in ein geheimnisvolles neues Leben führt, begleitet
hier der Schutzengel die Seele ins ewige Leben der Teufel hat
ebensowenig eine Chance wie die eifersüchtige Mutter Amors. Es
muss ungewiss bleiben, ob die Bauherren Steyrer und Sickingen ihr
ikonographisches Spiel soweit getrieben haben. Dass sie über die
Bildkonzeptionen ihrer Lieblingsräume, Bibliothek und Gartensaal
einschließlich der Eckkabinette, miteinander disputierten, kann
angesichts der hier postulierten Bezüge als sicher gelten. Dabei
werden sie das Ähnliche in den Räumen von Wissenschaft und Tugend
ebenso wie die Differenzen z. B. bei den Treppenhäusern zum
Vergleich gereizt haben. Ein Teil ihres Gesprächs konnte mit
diesem ikonographischen Vergleich rekonstruiert werden.
ANMERKUNGEN
1.Grundlage für diese Studie: Monika Frehen/Hans-Otto Mühleisen,
Antiker Mythos und christliche Lehre: Distanz und Nähe zweier
Quellen der barocken Ikonographie an den Beispielen St.Peter im
Schwarzwald und Schloß Ebnet bei Freiburg, in: Das MÜNSTER, H.
4/1995, 332 -346.
2 Paul-René Zander, Das Rokokoschloß Ebnet bei Freiburg i. Br.,
Regensburg 1997.
3 Gregor M. Lechner OSB, Geheimnisvolle Bibliothek, Die Ewige
Weisheit als typisches Bildprogramm der Aufklärungszeit, in:
HansOtto Mühleisen (Hg.), Das Vermächtnis der Abtei, 900 Jahre
St.Peter auf dem Schwarzwald, Karlsruhe 2/1994, 127-148, m. w.
N.
4 Franz Kern, Philipp J. Steyrer, Abt des Benediktinerklosters
St.Peter i. Schw. (1749-1795), in: FDA, 1959, 22; hier auch
weitere Belege zum Verhältnis Steyrers zu v. Sickingen.
5 Vgl. Mühleisen, Vermächtnis (wie Anm. 3), Abb. 226, 482.
6 Hierzu Hermann Brommer, Raum und Zeit im Verständnis der
Barockzeit, Zum Bildprogramm der Treppenhäuser und des Kleinen
Speisesaales in der ehemaligen Abtei St.Peter, in: Mühleisen,
Vermächtnis (wie Anm. 3), 107-126.
7 Das Pferd gilt seit der Ikonographie der Frühen Neuzeit (erste
Welle der „Entdeckungen“) als Hinweis auf die militärische
Überlegenheit Europas. Bei Ripa hat Europa eine Krone auf dem Kopf
und hält auf der Hand „einen schönen Tempel“, ein Zeichen, dass
hier der Ort der wahren Religion ist.
8 Sabine Poeschel, Studien zur Ikonographie der Erdteile in der
Kunst des 16.-18. Jahrhunderts, Augsburg 1985, 242 ff.
9 Ebenda, 213 ff.
10 Heinfried Wischermann, Der Petrus-Zyklus in der Klosterkirche
von St.Peter im Schwarzwald, in: Mühleisen, Vermächtnis (wie Anm.
3), 489-512.
11 Vgl. Brommer, Raum und Zeit im Verständnis der Barockzeit (wie
Anm. 6), 107 126.
12 Zur Architektur des Stiegenhauses vgl. Hartmann Manfred Schärf,
zu Pfunner vgl. Hermann Brommer und zur Deutung der Ikonographie
vgl. Heinfried Wischermann, jeweils mit den einschlägigen
Beiträgen in: Barockschloß Ebnet bei Freiburg, München/Zürich
1989.
13 Rokokoschloss Ebnet (wie Anm. 2), 24/25.
14 Poeschel, Erdteile (wie Anm. 8).
15 Hermann Ginter, Südwestdeutsche Kirchenmalerei des Barock,
Augsburg 1930, 177.
16 Wischermann in: Barockschloß Ebnet (wie Anm.12) ,
114/115.
17 Vgl. Poeschel (wie Anm. 8) zum „Missions-Typus“, 242 ff.
18 Vgl. die Nachweise bei Poeschel (wie Anm. 8) vor allem in den
Abschnitten „Imperialer Typus“ und „Repräsentations-Typus“, 213
ff. und 234 ff.
19 Über das Erfinden von Bildprogrammen, wozu „das ganze Altertum
und die unermeßliche Anzahl historischer und poetischer Beispiele“
notwendig ist, um eine „Erfindung aus der Weisheit“ hervorgehen zu
lassen, und, dass es eben nicht als Mangel an Originaliät
verstanden wurde, wenn die „dichterische Erfindung“ nicht vom
Maler selbst stammt, sondern es im Gegenteil eine Malertugend war,
sich beraten zu lassen, siehe Wilhelm Mrazek, Ikonologie der
barocken Deckenmalerei, Wien 1953.
20 Karl Josef Rößler, Das Schloß zu Ebnet, Neues zu seiner
Baugeschichte, in: Schauninsland, 61 (1934), 92 97...
21 Zur Biographie von Gambs: Hermann Brommer, in: Hans-Otto
Mühleisen, St.Peter im Schwarzwald, München/Zürich 1977, 77/78 und
Bettina May-Schillok, Benedikt Gambs, ein Allgäuer Maler im
Breisgau, in: FDA, 108 (1988), 341-396. Am 31. Juli 1750 wird im
Kapitelsprotokoll St.Peter vermerkt, dass die Maurerarbeiten
vollendet seien, so dass nun Stuckateure und Maler gefragt
seien.
22 Hermann Brommer,, Benedikt Gambs und Johann Pfunner, in:
166 Barockschloß Ebnet (wie Anm. 12), 104.
23 Vgl. Ernst Neustätter, Johann Evangelist Holzer, Diss. Phil.
1933, 56/57.
24 Weitere Überlungen zu den verschiedenen Kopien (mit Abb.) des
Eichstätter Freskos in: Frehen/Mühleisen, Mythos (wie Anm. 1),
337/338.
25 Alois Hämmerle, Der Fürstbischöfliche Eichstätter Hofmaler und
Augsburger Kunst- Historienmaler Joh. Ev. Holzer
(1709-1740), in: Sammelblatt des Historischen Vereins Eichstätt,
XXIII, (1908), 134, Anm. 98; bemerkenswert ist, dass Friedrich
Nicolai in seiner Reisebeschreibung Wentzinger einen Schüler von
Amigoni nennt.
26 Ernst Neustätter, Johann Evangelist Holzer (1709-1740), Diss.
Phil. München 1933, 94, Anm. 67; Neustätter hat dieses „Vorbild“
in der „Sammlung Wolter (gest.) München“ offenkundig noch
gekannt.. Faßt man die älteren Literaturbelege zusammen, so werden
insgesamt vier Bozettis genannt: 1. die verschollene Vorlage aus
der Sammlung Wolter, 2. die Ölskizze im Diözesanmuseum Eichstätt,
3. die Ölskizze im Schaezlerpalais Augsburg, 4. das wiederum
verschollene Bild aus der Sammlung Kiener.
27 Vgl. Marianne Schuster (Johann Esaias Nilson, München 1936, 37)
setzt die Stiche Nilsons nach Holzers Fresken an Augsburger
Gebäuden auf etwa 1765 an. Das Werkverzeichnis gibt keinen Hinweis
auf einen Nilson Stich nach dem Eichstätter Fresko.
28 Peter Grau, Antiker Mythos bei Joh. Ev. Holzer, ‘Flora und
Aurora’ in der ehem. Sommerresidenz zu Eichstätt, Eichstätt 1988;
auf S. 46/47 findet sich eine vergleichende Übersicht der
bisherigen Bildbeschreibungen, auf die sich die entsprechenden
Bemerkungen im folgenden beziehen.
29 Hermann Bauer, Bernhard Rupprecht, Corpus der barocken
Deckenmalerei in Deutschland, Bd. 3, Teil 2, München 1989,
412.
30 Homer, Odyssee 2. Buch; vgl. Franz Böhmer, Kommentar zu Ovid,
Metamorphosen, Buch I-III, Heidelberg 1969, 490/491. Bekannte
Darstellungen der Aurora mit Rosen in den Händen z. B. Guido Renis
Aurora im Casino Rospigliosi 1612/1614 oder Bouchers Sonnenaufgang
1748.
31 Artikel Flora in Deutsche Encyklopädie, Frankfurt/Main 1779
ff.
32 Zu Aurora/Eos siehe Artikel Eos, in: W.H. Roscher,
Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Literatur,
Bd. 1.1, Sp. 12521278.
33 In der fast kanonischen Bildvorlage Ripas streut Aurora
ebenfalls mit der rechten Hand Blumen aus.
34 Ovid, Met. II, 112-115: „Siehe erschließt im rötlichen Osten
munter Aurora das purpurne Tor ihrer rosenerfüllten Halle. Die
Sterne entfliehen, es schließt ihren Heerzug der lichte Luzifer
und verläßt die Wache am Himmel als letzter“.
35 Die Flucht der Sterne angesichts des aufgehenden Lichts ist bei
Ovid, Vergil, Horaz ein oft variiertes Thema.
36 Ovid, Fasten, IV., 619/620
37 Ovid, Fasten, V. 215 ff.; Bömer, Kommentar zu Die Fasten (wie
Anm. 30), 305 weist auf die enge Verbindung von Horen und Lenz
hin, was die Gesamtbezeichnung des Bildes als „Frühling“
unterstützt.
38 Vgl. die Belege bei Horst Bredekamp, Botticelli Primavera,
Frankfurt 1988, 69/70; zur Ikonographie des Frühlings vgl. Barocke
Bilder — Eythelkeit, Katalog Stift Göttweig 1993, 69/70.
39 Jürgen Rapp, „J. Holzer fecit sub Directione Domini J.G.
Bergmiller“, in: Pantheon, 1990, 81-109, hier 92.
40 Dafür spricht auch, dass die Gestalt unbekleidet ist, was nach
Ripa für Pluto gilt, um anzudeuten, dass die Seelen in der
Unterwelt ohne Besitz ankommen.
41 Vgl. Vergil, Aeneis IV, 245/246 ff.: „illa fretus agit ventos
et turbida tranat“
42 Ovid, Fasten, IV, 132; Fasten IV, 95 ff
43 Ripa läßt die Bilder des Jahres ganz selbstverständlich mit
März beginnen; vgl. Cesare Ripa, Iconologie, Paris 1644 Teil 2,
24.
44 Vgl. Ada Neschke, Erzählte und erlebte die Götter. Zum
Funktionswandel des griechischen Mythos in Ovids "Metamorphosen"
in Faber/ Renate Schlesier (Hg.), Die Restauration der Götter,
Würzburg 1986, 149.
45 Der „Vater der Lichtes“ wird bisw. auch als „Vater der Lichter“
zitiert.
46 M.W. hatte Ingeborg Krummer-Schrorh als erste (Johann Christian
Wentzinger, Freiburg, 1987, S. 36, sowie masch. Manuskript. Juni
1982) die zentrale Figur in Ebnet als Aurora bezeichnet. Sie steht
in der rechts neben ihr schwebenden Frauengestalt Flora.
47 Vgl. Gregor Lechner, Geheimnisvolle Bibliothek, (wie Anm. 3),
127-148.
48 Maarten J. Vermaseren, Der Kult der Kybele und des Atis im
römischen Germanien, Stuttgart 1979, 10; zur Problematik solcher
Vergleiche siehe Jean Seznec, Das Fortleben der antiken Götter.
Die mythologische Tradition in Humanismus und in der Kunst der
Renaissance, München 1990.
49 Carl Lamb, Johann Evangelist Holzer, Das Genie der
Freskomalerei des süddeutschen Rokokos, in: Augusta 955 — 1955,
Augsburg 1955, 373;
50 Vgl. die Apollo-Thematik in verschiedenen Arbeiten M. Günthers
bei Johannes Zahlten, „Ein Saal von Apollo die Musique zu
probieren“ im Stuttgarter Neuen Schloß, in: Barock in
Baden-Württemberg Bd. 2, Karlsruhe 1981, 107-129. 51 In der
Subscriptio hierzu: „Wer immer die Musen liebt, der liebt auch, da
er wacht, die Aurora und widmet sich den Studien, wenn der Morgen
sich rötet. Denn es heißt, dass die Morgenfrühe, die Kopf und
Sinne, Geist und Verstand erfrischt, eine den heiligen Musen
wohlgesinnte Göttin ist. So entwickelt sich der Mensch durch
Lehre, Übung und Wissenschaft, die von Reichtum und Ehre des
Lebens begeleitet ist.“ (Arthur Henkel/Albrecht Schöne, Emblemata,
Stuttgart 1996, Sp.
1593).
52 Zur zentralen, fast kanonischen Bedeutung Ripas für die
Invention von Bildprogrammen vgl. Mrazek, Ikonologie (wie Anm.
19), 65 ff.
53 Ovid, Fasten IV., 107/108, zu Minerva: Fasten, III.,
833..
54 ‚Zu den folgenden Vergleichen siehe Lechner, Geheimnisvolle
Bibliothek, (wie Anm. 48), 128ff. und Bettina May-Schillok,
Benedikt Gambs, Ein Allgäuer Maler im Breisgau, in FDA 1988, 370
ff.
55 Vgl. Lamb, Holzer (wie Anm. 49), 389.
56 Lechner, Geheimnisvolle Bibliothek (wie Anm. 3), 128.
57 Carsten-Peter Warncke, Die Seele am Kreuz, in: Mühleisen,
Vermächtnis (wie Anm. 3), 93.
58 In Ebnet ist das Buch nicht deutlich zu erkennen, kann jedoch
im rechten Arm des oberen Engels vermutet werden. In jedem Fall
ist die Positionierung der Engel ähnlich.
59 Offenbarung des Johannes, X.
60 Zur politisch-gesellschaftlichen Schwäche des Herrn auf Ebnet
vgl. Michael Benz, Sickingen-Bildnisse, München 1985, 134; zu den
politischen Schwierigkeiten Abt Steyrers vgl. Franz Kern, Philipp
J. Steyrer (wie Anm. 4), Kap. VI.
61 Als Metastasio dem Fürsten Trautsohn 1755 die Gedanken zur
Ausmalung der Decke im großen Saal der kaiserlichen Universität
vorschlug, nannte er „die Wissenschaften, die hier gepflogen
werden“, und „den wohltätigen Einfluß, welcher die erleuchtet und
fördert“ präziser läßt sich das Doppelprogramm St.Peter
Ebnet kaum fassen. Sabine Fischer (Das barocke Bibliotheksprogramm
der ehemaligen Kartause Marienthron in Gaming, Salzburg 1986)
benennt das dortige, ebenfalls durch Jahreszeiten und antike
Götter in den 1720 Jahren illustrierte Thema „Künste,
Wissenschaften und ihr Ursprung“. Eine erste Fassung des Programms
mit Divina Sapientia, Kirchenväter, Evangelisten, Künste und
Wissenschaften erinnert an St.Peter.
62 Ebenda, 68. Die Nähe der Darstellungen zu den antiken
Schriftstellern, insbesondere zu Ovid, belegt die hohen
Bildungsstand des Inventors dieser ikonographischen
Komposition.
63 Rokokoschloss Ebnet (wie Anm. 2), 27.