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Badische Zeitung, 30. Januar 2013 DREISAMTAL
von Monika Rombach

Vom „Hilzihisle“ aus in die weite Welt

Die Familie Dold hat jahrelang die Geschichte der Agatha Hug aus Eschbach recherchiert und nun einem großen Publikum vorgestellt


Ein Stück lebendige Ortsgeschichte wurde jetzt in Stegen wieder wach: Das im Dreisamtal bekannte Trio „Dreiklang“ Roswitha, Theresa und Rebekka Dold erinnerte an die Geschichte ihrer Urahnin Agatha Hug, die am 26. Januar 162 Jahre alt geworden wäre. Sie lebte auf dem Anwesen Hilzihisle, hoch über dem Dorf Eschbach, das auf eine über 300-jährige Geschichte zurückblickt, und das heute von der Familie Dold bewohnt wird. Mit Texten, Lichtbildern und in Liedern wurde die Geschichte der Agatha Hug wieder lebendig das Publikum lauschte begeistert.

Eine kleine Schwarz-Weiß-Fotografie in geschnitztem Holzrahmen stand am Anfang dieser bewegenden Familiengeschichte. Sie weckte die Neugier von Roswitha Dold und ihrer Familie. Wer war die Frau auf dem Foto, in welchem Zusammenhang stand sie zu ihren Vorfahren auf dem „Hilzihisle“ hoch über Eschbach? 20 Jahre Recherche von Roswitha Dold auf zwei Kontinenten brachte viele Puzzleteilchen zusammen und ließ ein Bild der Geschichte der Agatha Hug entstehen.

Sie begann am 26. Januar 1851 mit Agathas Geburt in der Abgeschiedenheit des einst vom Scherlenzenhof abgetrennten „Hilzihisle“. Im August 1941 starb sie 90-jährig in Amerika als verwitwete Agatha Frasle. Neben ihrem Mann Georg Fräßle — gebürtig vom Fräßlehof in St. Peter ist sie auf dem Friedhof in Saginow, Michigan begraben. Dazwischen liegt ein bewegtes Leben mit Erfahrungen, die Agatha und Georg, die ihren Namen von Fräßle in Frasle veränderten, mit etwa fünf Millionen deutschen Auswanderern dieser Zeit teilten.

Nach dem Tod der Eltern hatte Agathas Schwester Magdalena das „Hilzihisle“ geerbt, Agatha unterstützte sie, deren kränklichen Ehemann, die fünf Kinder und einen entmündigten Bruder. Umgeben von Armut und ohne Perspektiven träumte die junge Frau aber von einer selbstgestalteten Zukunft.

Das „Hilzihisle“ brannte 1875 ab, die Schulden drohten die Familie zu erdrücken. Da floh Agatha 1880 bei Nacht und Nebel mit ihrem Freund Georg Fräßle in die „Neue Welt“ Amerika --allerdings ohne die Erlaubnis und damit ohne den Segen der Schwester.

Bilder, Zeitungsartikel, Notizen und die Berichte direkter Nachkommen in Michigan fügte die Familie Dold zusammen. Sie berichtete dem Publikum, mal im Vortrag, mal in selbst geschriebenen Liedern, von den Gefahren und der schwierigen Schiffsreise von Hamburg aus im dritten Unterdeck, über die Heirat in Amerika und die Stationen, die das Paar, das zunächst in einer Kupfermine arbeitete, erlebt hat. Nach 14 Jahren kamen beide nach Michigan. Dort legten sie mit Landerwerb und dem Bau eines Häuschens den Grundstein der späteren Frasle-Farm im Saginawital/Michigan. Die Beziehung zur Familie in Eschbach verbesserte sich über die Distanz. Das geht aus einem Brief von Magdalena hervor, Agatha und Georg unterstützten die Verwandten in Eschbach mit Geld. Der Kontakt zwischen den Familien besteht heute noch. Erst in vergangenen Jahr waren Verwandte aus Amerika zu Gast im Hilzihisle.

Um das Publikum auf die Situation von Agatha Hug einzustimmen, war in der Eschbacher Halle Hamburger Hafenatmosphäre nachempfunden. Der Erwerb einer Schiffskarte gab den Eintritt frei zu einer Veranstaltung voller Emotionen.