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Aufstrebendes Eschbach bei Freiburg
Vom Fremdenverkehr noch nicht entdeckt — Eine kleine Berggemeinde mit großem Vorhaben — Die Wasserversorgung wird vervollständigt

Badische Zeitung 29/30. Juni 1963


Eschbach. In Südbaden gibt es drei Orte, die den Namen Eschbach führen, Eschbach bei Freiburg, Eschbach bei Heitersheim und Eschbach über Waldshut. Ferner gibt es noch ein Eschbach über Landau in der Pfalz und zwei Orte des gleichen Namens im Taunus.

Interessanterweise tragen die beiden Dörfer Eschbach bei Freiburg und bei Heitersheim die gleiche Postleitzahl 7801, was zur Folge hat, daß Postsendungen, die für Eschbach bei Heitersheim bestimmt sind, mitunter nach Eschbach bei Freiburg gelangen, und Postgut, das nach Eschbach bei Freiburg adressiert ist, in Eschbach bei Heitersheim ankommt. Im Verzeichnis der Postleitzahlen steht hinter beiden Orten noch die Bemerkung „über Freiburg (Breisgau)“. Deshalb wird es in jedem Falle gut sein, wenn die Absender die Anschrift an den Adressaten in Eschbach bei Freiburg oder bei Heitersheim unmißverständlich kenntlich machen, Dann unterbleibt mancher Zeitverlust und Ärger.

Während Eschbach bei Heitersheim an der großen Rheintallinie liegt und dort Reben gezogen werden, wird der Besucher des Dorfes Eschbach bei Freiburg vergeblich nach Weinstöcken Ausschau halten, es sei denn, daß er sich gleich ihres Endproduktes im Gasthaus bedient, wie der 72jährige Rechner der Gemeinde, welcher der Ansicht ist, daß Wein zur Erhaltung der Gesundheit und Schärfung des Verstandes ein durchaus probates Mittel sei. Dabei blitzt es verschmitzt aus seinen hellen Augen, und er lacht hintergründig auf seinen abhanden gekommenen Stockzähnen, denen er keine Träne nachweint, sondern froh ist, daß er sie los hat. Das verderbe ihm keine Partie mehr, meint er, womit er ebenso recht haben mag, wie mit dem Wort, daß Dummheit auch eine Gabe Gottes sei, aber nicht mißbraucht werden solle, Auf sein Rechneramt bezieht er vermutlich den Ausspruch: „Die Gescheitesten zahlen am Letzten.“ Zu diesen scheint er sich sicherlich selbst zu zählen, denn, so sagt er, sein Gesicht dabei in strenge Falten ziehend und seine Stimme schneidend zu erheben wie ein Gendarm, der einen Spitzbuben auf frischer Tat ertappt hat: „Ein Blick genügt, und ich weiß genau, wen ich vor mir habe.“

Zwischen Flaunser und Grädlewald

Damit wären wir also mitten in dem sich etwa fünf Kilometer hinziehenden Dorfe Eschbach bei Freiburg. Der Besucher ist beglückt von der heimeligen Landschaft, die sich zwischen Flaunser und Grädlewald ausbreitet und ihn voller Anmut und Liebreiz empfängt. Eingebettet in seine Wiesen und Berge, den Engel-und Rechenberg, den Meier- und Hummelberg, zwischen Brombeerkopf und Lindenberg und durchflossen von dem eilig dahinstrudelnden Eschbach, liegt das weitverstreute Dorf mit seinen Ortsteilen Unter- und Obertal, Hintereschbach und Steurental vor unseren Augen. Seine Häuser sind überragt von dem schieferumkleideten Dachreiter und dem hohen Dach der aus dem Jahre 1786 stammenden, dem hl. Jakobus geweihten Kirche, deren langgestrecktes Pfarrhaus ähnlich dem Seitenflügel eines Klosters, sich wie ein Querriegel ins Tal schiebt.
Es entbehrt nicht eines gewissen Reizes, daß die Gemeinde Eschbach im Jahre 1960 genau so viele Einwohner zählte wie hundert Jahre zuvor. Heute sind es über 700, genau gesagt 714, die allerdings nicht mehr wie früher ausschließlich von der Landwirtschaft leben. Hundert Pendler arbeiten in Kirchzarten und Freiburg, in ihrer Mehrzahl in der Industrie. Von der landwirtschaftlich genutzten Fläche — 144 Einwohner sind noch Bauern — ist ein größerer Teil Ödland, da steile Hänge und schlechte Bodenverhältnisse die Bearbeitung erschweren, wenn nicht unmöglich machen. Deshalb sind in der Gemeinde auch noch 34 Pferde zu finden. Die meisten Traktorenbesitzer haben ihr Pferd noch im Stall, das sie nicht gerne abschaffen möchten. Auf den etwa 137 Hektar Ackerland werden Roggen, Gerste, Hafer und Kartoffeln angepflanzt. Es ist augenfällig, daß sich die Ackerfläche mehr und mehr zugunsten des Grünlandes, also der Wiesen, verringert. Die Ursache ist in der Tatsache zu suchen, daß heute keine familienfremden Arbeitskräfte — Knechte, Mägde — in der Landwirtschaft tätig sind oder sein wollen. Es gibt im Dorf auch keine sogenannten Feierabendbauern; vielmehr ist es so, daß die kleineren Landwirte mit etwa drei, vier Hektar Land, nebenher noch einem kleinen Verdienst nachgehen, als Fleischbeschauer, Rechner, oder eine anderweitige Arbeit verrichten. Neben rund sechzig kleineren und mittleren landwirtschaftlichen Betrieben gibt es noch 27 mit über zwanzig und dreißig Hektar Besitz bis zu 71 Hektar. In der Hauptsache betreiben sie Vieh- und Milchwirtschaft sowie Schweinezucht. Die Milch wird dem Freiburger Milchhof zugeführt,

Von den 653 Hektar Wald sind 163 Staatswald, 447 Privatwald, 16,35 Hektar gehören der Kirche und nur 26 Hektar der Gemeinde. Zusammen mit Privatwaldbesitzern baut die Gemeinde einen Waldweg, den Dobelweg im „Scherlenzen-Dobel“ in einer Länge von etwa 1500 Metern aus. Erschlossen werden soll der Zinken zwischen „Scherlenzen-Dobel“ mit einigen land-wirtschaftlichen Anwesen und einer größeren Waldfläche. Die Kosten werden etwa 50 000 Mark betragen. Der Bestand der Wälder besteht hauptsächlich aus Fichten, Tannen und Mischwald,

Ein Schulhausneubau wird fällig

Einer der ältesten Bauernhöfe dürfte das sogenannte Fussenhäusle sein, ein ehemaliges „Berghüsle“, Über die Geschichte des Dorfes ist wenig zu sagen, da keine Unterlagen vorhanden sind. Fest steht nur, daß Eschbach 1811 oder 1812 selbständige Gemeinde wurde. Nach Metz gehören die Orte auf -au, -ach, -bach, -feld usw. dem Landesausbau des früheren Mittelalters an, vermutlich also auch Eschbach. Auch Beziehungen und Verbindungen mit St. Peter dürften sehr wahrscheinlich sein, Die im Jahre 1786 erbaute St.-Jacobus-Kirche steht an der Stelle einer alten Kapelle, von der auch die Jacobusstatue stammen soll. Man erzählt, daß Kaiser Joseph II. die Erlaubnis gegeben habe, die auf dem Lindenberg stehende Kapelle abzubrechen und die Steine für den Aufbau des Eschbacher Gotteshauses zu verwenden. Im Jahre 1961 erhielt die Kirche ein neues Gewand, die Innenrenovation steht noch bevor, Zwei Glocken waren während des Krieges vom kleinen Turm geholt und nach Hamburg gebracht worden. Dort fand man sie nach Kriegsende, wobei man feststellte, daß die eine Glocke beschädigt war. Man entschloß sich, ein neues, vierstimmiges Geläute gießen zu lassen, Von diesen vier neuen Glocken stiftete die Bevölkerung die größte,

Wir haben vorhin gesagt, daß sich die Bevölkerungszahl bis zum Jahre 1960 seit hundert Jahren gleichgeblieben sei. Das hat sich in den letzten Jahren geändert, in einer Weise sogar, daß die Gemeinde Eschbach im Verhältnis die meisten Jugendlichen im Kreis Freiburg aufzuweisen hat; Das wird sich auch auf die Schulverhältnisse auswirken. Drücken heute 90 Schüler die Schulbank, so wird ihre Zahl im Jahre 1968 auf 148 Schulpflichtige angewachsen sein. Einige Schüler aus fünf Häusern der Gemeinde gehen in St.Peter zur Schule, Das alte Schulhaus aus dem Jahre 1825 hat einen Schulsaal, ebenso das aus dem Jahre 1906 stammende neue Schulhaus, in dem sich auch das Rathaus befindet. Früher war an dieser Stelle das alte „Rathäusle“ gestanden. In den beiden Schulhäusern, die einander benachbart sind, wirken zwei Lehrer. Man rechnet damit, daß der Gemeinde noch ein dritter Lehrer zugewiesen wird. Im Hinblick auf das starke Anwachsen der Schülerzahl trägt sich die Gemeinde mit dem Gedanken eines Schulhausneubaus, Bis spätestens 1965 will man mit dem Bau beginnen, der zwei Jahre später fertig sein soll. Das neue Schulhaus wird vier Klassenräume, ein Lehrerzimmer, ein Lehrmittelzimmer, einen Ausweichraum und Nebenräume enthalten. Die Planung des Schulhausneubaues muß jedoch trotz der Dringlichkeit des Vorhabens solange ruhen, bis es feststeht, ob die Führung der Landstraße I. Ordnung 127 so bleibt wie bisher, oder unter Umständen neu geplant wird. Sollte dies der Fall sein, so möchte man tunlichst vermeiden, daß der Unterricht durch den Verkehrslärm auf der in unmittelbarer Nähe des neuen Schulhauses gelegenen Landstraße gestört wird. Das Projekt des Schulhausneubaues ist auf etwa 800 000 Mark veranschlagt. Ob es bei dieser Summe belassen werden kann, wird die Zeit zeigen.

Sicherung der Wasserversorgung

Im Dorfe nimmt die Bautätigkeit immer mehr zu. Bisher sind siebzehn Wohnhäuser neu errichtet worden. Wie der Augenschein überzeugt, sind es hübsche und gefällige Gebäude geworden, die sich gut in die Landschaft einfügen. Eine ganze Reihe von Neubauten ist noch geplant. Das alte Schulhaus wurde renoviert, und zwei Gemeindewege sind hergerichtet und mit einer Teerdecke versehen worden. Vor wenigen Jahren sind die letzten elf Höfe an das elektrische Stromnetz angeschlossen worden, mit Ausnahme von zweien. Aber auch sie werden in absehbarer Zeit in den Genuß dieses Vorteils gelangen. Auf dem Friedhof hat die Gemeinde ihren Gefallenen und Vermißten eine würdige Gedenkstätte errichtet. Wir haben seinerzeit darüber berichtet, Bisher bestand im Dorf nur eine Teilwasserversorgung durch den Schulbrunnen, der von der Quelle einer Wiese des Heinehofs gespeist wurde, Nun ist man mit der Fassung von fünf Quellen auf dem Hummelberg beschäftigt. Aus einem noch zu bauenden Hochbehälter mit einem Fassungsvermögen von 200 Kubikmetern wird dann die Gemeinde durch ein Leitungsnetz ausreichend mit Wasser versorgt werden können.

Man ersieht aus diesen Zeilen, daß die Gemeinde Eschbach bei Freiburg, an deren Spitze seit bald sieben Jahren Bürgermeister Max Spitz steht, der von Ratschreiber Heinrich Schwär und dem Gemeinderat nachhaltig unterstützt wird, nicht an den Problemen der Zeit vorübergeht, sondern sie tatkräftig anpackt. Die zu bewältigenden Aufgaben sind für die kleine Gemeinde nicht gering; aber die Eschbacher legen die Hände nicht in den Schoß. Vom Fremdenverkehr ist das landwirtschaftlich so reizvoll gelegene Dorf noch nicht entdeckt worden, was seine Ursache wohl darin haben mag, daß die Unterkunfts- und Verpflegungsmöglichkeiten noch nicht ausreichend genug sind. Aber das kann noch anders werden, -a-