zum Inhaltsverzeichnis 

Eschbach im Schwarzwald - 900 Jahre alt ?
zusammengestellt von Herrgesell, Thiel, Graf, Zipfel


Der Bereich des heutigen Ortes Eschbach, jetzt Gesamtgemeinde Stegen, gehörte zu einem großen Teil zur Ausstattung des Klosters St.Peter bei dessen Gründung 1093.1

Bekannt sein dürfte, dass Bertold (II.) das Hauskloster St.Peter Ende des 11. Jahrhunderts (1093) von Weilheim/Teck (Schwäbische Alb) auf Besitz im Schwarzwald verlegte.2

Damit fällt der Zeitraum, wann Eschbach seine erste aktenkundige Nennung erfahren hat, um ein 900-Jahr-Jubiläum zu feiern, in den Bereich um die Wende vom 11. zum 12. Jahrhundert. Am 27. Dezember 1111 fand eine größere Schenkung von Gütern an dieses neue Schwarzwaldkloster St.Peter durch Bertold (III.) von Zähringen statt.3

Dessen Inhalte wurden im Güterverzeichnis „Rotulus Sanpetrinus“ niedergeschrieben, einem 630 cm langen aufgerollten (Rotulus) Pergamentstreifen in einer rohrförmigen Holzkapsel. Aufgeschrieben wurde nicht immer zum jeweiligen genannten Zeitpunkt der Schenkung, Rückdatierungen waren damals üblich, weil nicht immer der zeitliche Moment im Vordergrund stand, sondern z.B. einfach eine Besitzbestätigung.

So scheint der Eschbach betreffende Eintrag erst um 1240 vollzogen worden zu sein.
4 Schaut man die entsprechenden Dokumente durch, so verdichten sich die Hinweise des Bestehens einer Siedlung im Raum Eschbach um den Zeitraum 900-1200.5

Im Rotulus Sanpetrinus aus dem Jahr 1240 taucht der Name „Acelinisbach“ als ein Markierungspunkt im Rahmen einer ersten Grenzbeschreibung vom 27. Dezember 1111 auf. Ob es sich dabei schon um den Vorläufer des heutigen Ortes Eschbach handelte, oder ob dabei ein/oder der Bach als Grenze gemeint ist, kann bis heute nicht eindeutig entschieden werden.
6 Wenn man nämlich den Begriff „Acelinisbach“ in den Kreis der anderen, oft erst später genannten Grenzmarken einordnet — Rorberc (Rohr), Flansen (Flaunser), Staffilegga (Waseck?), Wisinegga (Wiesneck), Twerinbach (Zweribach), Glottronsprinc (Glotterursrpung) usw. — so ist es nicht unwahrscheinlich, dass damit nicht nur eine Siedlung, sondern im Gegensatz dazu eher der Bach gemeint sein könnte.7 Andererseits wäre zu berücksichtigen. dass von heute her gesehen die Flure der Höfe im Eschbachtal immer links und rechts (Winter- und Sommerseite) vom Bach ausgehend die Hänge hinaufziehen und dadurch der Bach als Grenze kaum in Frage käme.

Durchaus auch kritisch zu sehen, aber im Kreis der Belege noch am eindeutigsten
8 ist die Nachricht von einer Mühle in „Asschebach“ zu sehen, die im Zusammenhang mit einem
möglichen Tausch erwähnt ist, den der Abt Eppo von St.Peter vorgeschlagen hat und der im Rotulus Sanpetrinus dokumentiert ist. Anlass war die Dotation (Kosten für die Kerzenbeleuchtung) für eine Marienkapelle, deren Bau Wernher von Villingen bestimmt hatte. Im Rotulus steht: „[...] und dafür der erwähnten Kapelle eine Mühle bei Eschbach zugewiesen werde, die jährlich 10 Schillinge einbringt. Wenn diese aber irgendwann durch irgend Ereignis ausfiele, solle eine Hufe bei Ebnet, die einem gleichwertigen Zins einbringt, an deren Stelle der Versehung der Kapelle dienen.“
9
 
Der oben genannte Abt Eppo ist nun von seiner Amtszeit her (1108—1132) eindeutig zuzuordnen. Da die Mühle zusammen mit einem Gut in Ebnet genannt wird, kann der Standort der Mühle im nahe gelegenen Eschbach relativ sicher vermutet werden.

Ergänzend kann noch die Nennung eines „Diemo“ von Eschbach im Rotulus herangezogen werden, der von seinem Namen her einen Bezug zu Eschbach herstellen könnte. Leider ist mit dessen Namen nun überhaupt kein genaueres Datum in Verbindung zu bringen, weil im Rotulus oft geographische Verbindungen von Schenkungen eine größere Rolle spielen als zeitlich-historische. Im für uns wichtigen Zeitraum des Abtes Eppo vergab er zwar zwei Wiesen an St.Peter: „Diemo von Eschbach hat dem glückseligen Petrus zwei in eben diesem Dorfe gelegene Wiesen geschenkt.“
10
 
Es fehlt bei ihm aber ein eindeutiger Bezug zum Dreisamtal (Zartner Becken) und er wird eben nur ein einziges Mal genannt. Damit könnte auch das Eschbach bei Staufen im Markgräflerland gemeint sein: Frühere Überlegungen hatten zunächst vermuten lassen, dass diese Schenkung in einer Reihe von Traditionen und Gewohnheiten stehen könnte, die im Raum zwischen Freiburg und Villingen erfolgten.
11
 
Damit hätte der Name Eschbach auf unseren Ortsteil Eschbach bezogen werden können. Da aber im Rotulus, wie oben erwähnt, die geographische Nähe eine nicht unwesentliche Rolle spielt, haben sich die heutigen Bearbeiter des Rotulus eher für die Zuschreibung des Schenkungsaktes nach Eschbach bei Staufen entschieden.
12
 
Interessant bleibt aber, dass in der mündlichen Überlieferung und in manchen Beschreibungen des Großherzogtums Baden in diesem Zusammenhang von Eschbach „im Tal“ die Rede ist.
13 Das träfe dann wiederum eher auf unser Eschbach zu, nicht aber auf das Eschbach bei Staufen im weithin flachen Oberrheingraben. Damit bleibt die Sache selbst unentschieden.

Einzuordnen ist dieser Diemo von Eschbach auf jeden Fall in die Zeit der Verlegung des Klosters St.Peter auf den Schwarzwald (01.08.1093) und dem letzten datierten Eintrag des Rotulus vom 06. Juli 1203.

Nun zu einer genaueren Eingrenzung der ersten Datumsangabe im Hinblick auf die Ersterwähnung des Namens „Eschbach“. Was die annäherungsweise Nennung des Namens „Acelinisbach“ und den Mühlenertrag (in „Asschebach“) durch Tausch verbindet, ist das Datum des 27. Dezember 1111.

Der Rotulus Sanpetrinus (Abschrift) ist in zwei Fassungen erhalten, wobei die Nennung „Acelinisbach“ als Grenzpunkt in der älteren zu finden ist.

Beide Fassungen sind zunächst auf den 27. Dezember 1111 datiert, dem Geburtstag des Evangelisten Johannes: „Actum VI kalendas lanuari, id est in natiuitate sancti lohannis
Euangeliste, Anno dominice incarnationis M C XII, Anno VI. Heinrici regis huius nominis quinto, Ante basilicam sancti Petri.“ (geschehen an den 6. Kalenden des Januar, das ist das Fest des heiligen Evangelisten Johannes (27.12.11 d. V.), im Jahr der Fleischwerdung des Herren 1112, im sechsten Jahr des Königs Heinrich, des fünften dieses Namens [...] vor der Kirche des heiligen Petrus).
14

Man ist zunächst überrascht, zwei Datumsangaben vorliegen zu haben: 27.12.1111 und 1112. Das hängt nun mit dem römischen Kalenderverständnis zusammen, welches damals galt. In dieser Zeit rechnete man auch „zurück“. Der Monat hat Anfang (Kalenden) und Mitte (Iden) als Bezugspunkt. Man befindet sich also bei jedem Datum entweder vor oder nach einem solchen Punkt (ähnlich: 11.45 oder dreiviertel Zwölf). Zum 27. Dezember befindet man sich am Ende des Jahres 1111. Das neue Jahr ist schon im Blick. weil die nächsten „Kalenden“, der Monatsanfang, schon im neuen Jahr liegen, also am 01. Januar 1112. Die angesprochenen Kalenden des Januars liegen also sinngemäß (zeitlich gesehen) im Dezember, d. h. so und so viel Tage vor 1112. Damit ist der Geburtstag des Johannes der angenommene echte Tag des Vollzuges der Nennung.
15
 
Wenn auch diese Zuschreibungen: Grenzpunkt — Mühlennennung und evtl. die Namensverbindung zu Diemo von Eschbach — zur Zeit des Abtes Eppo nur einen ungefähren Zeitpunkt der Erstnennung des Ortes oder der Siedlung Eschbach festlegen lassen, so kann doch der Zeitpunkt 1112 als Grundlage für das Jubiläumsjahr 2012 angesetzt werden.

Die neuere Forschung zur Besiedlungsgeschichte des Zartner Beckens/Dreisamtal weist übrigens darauf hin, dass durch die Entstehung einer latenezeitlichen (2./1. Jh. v. Chr.) Großsiedlung (wahrscheinlich Tarodunum des Ptolomaios) südlich von Zarten auch die Möglichkeit der Verkehrswege über den Schwarzwald zahlreicher waren als bisher angenommen.
16
 
Damit könnte auch die Besiedlung der Seitentäler früher erfolgt sein — und damit Eschbach schon früher bestanden haben. Nicht zuletzt deshalb, weil auch die Namensendung -bach auf ein Alter von über 900 Jahren hinweist. Im Urbar (Güter- und Einkünfteverzeichnis) des Klosters Einsiedeln aus dem 13. Jahrhundert (1217/1222) werden die beiden Dinghöfe (Verwaltung) in Ebnet und Eschbach genannt, welche schon seit den königlichen Besitzbestätigungen für Einsiedeln aus dem Jahr 969 bestanden haben dürften. Dazu kommt 1311 auch der Hinweis auf den Einsiedler Dinghof in Eschbach „Gitzenhofen“ genannt, dem heutigen Schwabenhof.
17  Dazu erhöht der Zusammenhang von Eschbach mit der Klostergründung von St.Peter und der Bedeutung der späteren Villinger Landstraße („Heerstraße‘“) durch das Eschbachtal die Wahrscheinlichkeit, dass Eschbach um diese Zeit - in welcher Form und Struktur auch immer — schon bestand.18
 
Da der Termin 1112 in der Regel erst wieder in 100 Jahren bei einer etwaigen 1000-Jahr-Feier eine Rolle spielen wird, hoffen wir, dass bis dorthin die Frage des Zeitpunktes einer ersten Nennung mit neuen Methoden vielleicht noch genauer bestimmt werden kann. Die 900-Jahr-Feier aber soll uns heute schon lehren, immer auch in Jahrhunderten und Jahrtausenden zu denken.

Anmerkungen
1 Haseroth, Klaus / Stülpnagel, Wolfang: Die Gemeinde Eschbach. Sonderdruck aus der amtlichen Kreisbeschreibung Freiburg i.Br., Stadt- und Landkreis, Bd. I//1, 1972, S. 280.
2 Ebd. S. 280.
3 Saldik, Heribert. Die Grenzbeschreibungen des Rotulus Sanpetrinus, URL: http://www.freidok.uni-freiburg.de/volltexte/5047/. Sachgruppe Geschichte. Freiburg 2008.
4 Ebd. S. 1.
5 Weber, Klaus: St.Peter im Wandel der Zeit. Beitrag zur 900-Jahr-Feier 1993, Freiburg 1992, S. 14 f.
6 Saldik 2008, S. 3.
7 Saldik 2008, S.3.
8 Weber 1993, S. 15.
9 Die ältesten Güterverzeichnisse des Klosters St.Peter im Schwarzwald. Der Rotulus Sanpetrinus. Bearbeitet von Jutta Krimm-Beumann. Veröffentlichung der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg. Reihe A, Quellen, 54. Band. Stuttgart (Kohlhammer) 2011,S.31 R 37.
10 Rotulus S. 27 R 26.
11 Krimm-Beumann, Jutta: Mündliche Mitteilung vom 29.06.2011.
12 Rotulus S. 27, R. 26, Anmerkung 163.
13 Gustenhoffer, Wilhelm: Chronik der röm.-kath. Pfarrei Eschbach, Pfarrarchiv Eschbach. Sach. XX, Eschbach o.J., S. 3.
14 Rotulus, S. 20, 203.
15 Grotefend, Hermann: Taschenbuch der Zeitrechnung des deutschen Mittelalters und der Neuzeit. Hannover 2007, S. 11 £.
16 Wagner, Heiko: Die keltische Großsiedlung Tarodunum im Dreisamtal. In: Berichte der naturforschenden Gesellschaft Freiburg i. Br., Freiburg 2009, S. 175-194. Dazu auch: Pölzl, Johanna: Wie die Kirche ins Dorfkam. Kleine Ortsgeschichte Kirchzarten. Kirchzarten 2011, S. 13 f.
17 Mangei, Bernhard: Herrschaftsbildung von Königtum, Kirche und Adel zwischen Oberrhein und Schwarzwald. Diss. Phil. Freiburg i.Br. 2004, S. 112/113.
18 Ebd.S. 111/113.

Vorbemerkung

Eschbach in historischen Schriften

In dieser Beziehung ist Eschbach ein Glücksfall, denn durch seine politische Abhängigkeit vom Kloster St.Peter und seiner geographische Anbindung an das Dreisamtal ergeben sich immer wieder Hinweise auf die mehr als 900-jährige Geschichte. Dazu kommt, dass auch innerhalb der Gemeinde zu verschiedensten Anlässen entsprechende Beiträge verfasst wurden, welchen einen Einblick in Natur, Kultur und Gesellschaft Eschbachs erlauben. Versucht man die an sich bekannten Überlieferungen zu erhalten, zeigt sich, dass viele dieser Dokumente nicht mehr so leicht zugänglich sind. Deshalb war eines der Hauptziele, deren Inhalte, wenn auch gekürzt, wieder ins Blickfeld unserer Zeit zu stellen. Es handelt sich dabei zu allererst um die Chronik der röm.-kath. Pfarrei Eschbach. welche von Pfarrer Wilhelm Gustenhoffer in seiner Amtszeit (1880-1908) begonnen wurde und die im selben Buch von seinen Amtsbrüdern Arnold Wiederkehr (1935-1947). Pfarrverweser Dr. Helmut Meisner (1966-1967) und Joseph Hog (1968-1981/84) fortgesetzt wurde (Pfarrarchiv Eschbach).

In diesem Zusammenhang gehört auch die von Pfarrer Josef Läufer in Eschbach (und in Personalunion Pfarrer in St.Peter) verfasste Dokumentation über die Geschichte der
Pfarrei Eschbach zu ihrem 200. Jubiläum 1990. Herausgeber: Pfarrgemeinde St. Jakobus, Eschbach. Fast ein Vierteljahrhundert vorher wurde unter der Schriftleitung des damaligen Oberlehrers Norbert Graf eine Ortschronik von Eschbach verfasst. welche anlässlich der Schulhauseinweihung Dreikönig 1967 veröffentlicht wurde. Sie enthält Beiträge von Wolfgang Stülpnagel (Markung, Siedlung, Bevölkerung. Landwirtschaft, Gewerbe und Handel); Klaus Weber (Über frühere Herrschafts- und Grundbesitzverhältnisse, sowie über die Höfe von Eschbach); Heinrich Schwär (Gemeindegeschichte seit 1811); Helmut Meisner (Aus der Geschichte der Pfarrei Eschbach) und Norbert Graf (Schulgeschichte der
Gemeinde Eschbach).

1977 folgte eine Spezialarbeit von Christoph Graf mit dem Titel „Eine bevölkerungs- und wirtschaftsgeographische Analyse des Ortsteils Eschbach.“ Zulassungsarbeit zur Ersten
Prüfung für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen, PH Freiburg 1977 (Zugang: Ortsverwaltung Eschbach).

Aus der Sicht von St.Peter wäre das Werk des ehemaligen Ratsschreibers von Stegen und aushilfsweise auch in Eschbach) Klaus Weber zu nennen: „St.Peter im Wandel der Zeit“,
1992, Beitrag zur 900-Jahr-Feier St.Peter 1993.

Aus der namengebenden Zentralgemeinde Stegen liegt vor: Maximilian Walter: Geschichte der Gemeinde Stegen von den Anfängen bis 1920 dargestellt vom damaligen Bürgermeister. Neuausgabe Stegen 2002.

Ergänzend kann dazu der Sonderdruck aus der Amtlichen Kreisbeschreibung Freiburg i.Br., Stadt- und Landkreises 1972 von Klaus Haserodt und Wolfgang Stülpnagel herangezogen werden. Viele historische aufnahmen enthält der Bildband: Stegen mit Eschbach und Wittental, Bilder aus alter Zeit, Geiger-Verlag. Horb, 1986.

Außerdem liegen eine Anzahl von Jubiläumsschriften aus Vereinen und Verbänden vor, die einen lebendigen Eindruck vom gesellschaftlichen und kulturellen Leben der
Bevölkerung von Eschbach und darüber hinaus vermitteln.

Die Mehrzahl der obigen Dokumente, Bücher und Zusammenfassungen sind über Gemeinde-, Pfarr- und Vereinsarchive in Eschbach, Stegen und St.Peter durchaus zugänglich. Nur ein kleiner Teil davon ist noch auf dem öffentlichen Markt. Das folgende Inhaltsverzeichnis mit seinen Überschriften soll einen ersten Eindruck von der Gliederung und vom Umfang der Arbeit vermitteln.

Schwerpunkte der Geschichte Eschbachs im Schwarzwald ab seiner ersten Nennung im Jahr 1112

Wie entscheidend die Streusiedlung Eschbach immer von der politischen, gesellschaftlichen und natürlichen Landschaft abhängig war, erfährt man auch in den ersten Jahrhunderten nach seiner Nennung.

Zunächst dürfte Eschbach als Siedlung mit dem Ausbau des Klosters St.Peter aufgeblüht sein, denn die Kompetenz ihrer Bewohner wurde durch die des Klosters erweitert — nicht nur auf landwirtschaftlichem Gebiet.

Als Berthold V von Zähringen 1218 ohne männlichen Erben starb, trat Graf Egon von Urach sein Erbe an. Dessen Nachfolger nannten sich schon Grafen von Freiburg. Sie übernahmen damit auch die Kastvogtei über das Kloster St.Peter, d.h.. die weltliche Macht im Hinblick auf Diebstahl und bei der Entscheidung um Leben und Tod (höhere Gerichtsbarkeit). Damit ergab sich im Konfliktfall ein Machtproblem zwischen dem Kloster als Grundherren und dem Grafen als Inhaber richterlicher, weltlicher Art. Um 1300 verbietet z.B. einer der Grafen „als Kastvogt den Bewohnern von Eschbach bei schwerer Buße, fernerhin Mühlen in ihrem Tale zu bauen und in ihnen mahlen zu lassen.19

Ob sich die Eschbacher damit abgefunden haben? Das Kloster versuchte sich zu wehren, wenn auch nur auf strukturellen, „‚verfassungsmäßigem“ Gebiet. Als sich die Stadt Freiburg nach vielen Kämpfen endlich von dem Grafen Egino III von Urach/Freiburg loskaufte, behielt dieser aber die Kastvogtei über St.Peter und damit auch über Eschbach bei. Auch eine vom Kloster schon 1361 erwirkte Urkunde von Kaiser Karl IV, in der festgehalten wurde. .. |... ] dass das Kloster ewig unmittelbar zum Reiche gehören und niemand sich irgendwelches Vogtsrechts oder Gewaltes darüber unterwinden sollte“, änderte nichts an der wirklichen Lage.20

Freiburg aber begab sich -und das wird auch für Eschbach noch wichtig- schon 1368 unter den Schutz des Hauses Habsburg. wo es bis 1803 bleiben sollte. Der Sohn Eginos III, Konrad II (von Badenweiler/Freiburg), welcher hoch verschuldet war und nicht zurückzahlen konnte, verpfändete deshalb 1393 auf kurze Zeit seine Vogteirechte an den klösterlichen Gebieten zu Rohr, Eschbach und Oberibental. Er behielt aber die Rechtssachen, den Wildbann und einen halben Anteil am Besitz „todeswürdiger Verbrecher.“21

Auf längere Zeit aber wurden die Vogteirechte von Konrad III 1395 an den als gewalttätig bekannten Hans von Blumeneck verpfändet und erst 1421 mit Erlaubnis der verschuldeten Grafen von Freiburg durch das Kloster ausgelöst. Die 600 rheinischen Gulden, die den Grafen entschuldeten, ihm aber die Kastvogtei mit ihrer Vogtsteuer erhielten, trafen das Kloster so schwer, dass man 1423 sogar ein Darlehen aufnehmen musste.22

Immer wieder aber verpfändeten die Grafen von Freiburg (und Herren zu Badenweiler) die Kastvogtei des Klosters. 1444 übernahmen die Markgrafen von Hachberg-Sausenberg diese Rechte, wobei jetzt das Haus Habsburg ins Spiel kommt.23 Im Jahr 1528 nämlich, nach erbitterten langjährigen Auseinandersetzungen zwischen Markgraf und Abt, ging die Kastvogtei des Klosters von den Markgrafen von Hachberg an das Haus Habsburg. Freiburg und das Kloster St.Peter (mit dem größeren Teil von Eschbach) waren nun im habsburgischen Herrschaftsbereich (Vorderösterreich). Sie waren auf diese Weise zwischen Schwarzwald und Breisgau von manchen Zumutungen (Gebietsansprüchen) aus ihrem Umfeld geschützt, aber als westlicher Vorposten (z.B. gegenüber Frankreich) auch wieder gefährdet. Für die Bauern - auch die in Eschbach- waren aber auch Verschlechterungen spürbar, weil „durch die Vereinigung der Kastvogtei mit der Grundherrschaft in der Person des jeweiligen Abtes [...] die Zeit und die Möglichkeit des Pendelns zwischen zwei Herrschaften vorbei war(en)“.24

Leben unter dem „Krummstab“ (des Abtes)

Nach der Jahrtausendwende waren Siedler, Klöster und Adelsgeschlechter den Bachläufen und auf den Halbhöhen entlang ganz gezielt in das Gebiet des Schwarzwaldes eingedrungen.
25

Durch bessere Lebensbedingungen (z.B. die Ernährung) wuchs die Bevölkerung vom 11. bis ins 15. Jahrhundert hinein, wobei vier Fünftel der Menschen auf dem Land lebte. Eschbach mit seinen Seitentälern und im Obertal war eine der größten Vogteien von St.Peter, wobei ca. 18 Erblehenhöfe der Klosterschaft St.Peter unterstanden.
26 Daneben bestand aber auch noch die kleinere Grundherrschaft Wiesneck mit ihren 8 Höfen. 1568 gelangten diese Höfe, die zuerst im Besitz der Herren von Falkenstein gewesen waren, über die Wiesnecker und die Schnewlin von Landeck durch Heirat an die Freiherren von Sickingen. Daher rührt auch der Name: Sickinger Höfe (Sigginische Höfe), Schwabenhof (Gitzenhof — früher Einsiedler-Dinghof), Berlachen (als einer der frühesten Höfe schon 1122 genannt), Gasthof Engel, Peterbauernhof, Bergjörgenhof, Mathislehof, Scherpeterhof und Scherthomashof. Daneben ist noch das Hofgut Reckenberg zu erwähnen, welches zur Herrschaft Weiler (Stegen) gehörte und von dem aus wahrscheinlich das weitere Siedlungsgebiet um Eschbach erschlossen wurde. Mittelpunkt von Verwaltung, Wirtschaft und Gemeindepolitik war der jeweilige Maierhof (Dinghof), dessen Pächter (Maier) die Aufsicht über die relativ selbstständigen Erblehenhöfe führte und den Einzug der verschiedenen Erträge an die Grundherrschaft überwachte. Dazu gehörte u.a.der Martinizins (Naturalabgaben im Herbst), Fähle (das Lehngeld) und Erschatz (fällig bei Besitzänderungen).

Maierhof-Plan Zeichnung Pfarrer Gustenhofer
Maierhof
 


„Unterm Krummstab ist gut leben“, hieß es in einem jahrhundertelang geflügelten Wort unter Klosteruntertanen, was bei christlichen Mönchen und Äbten eigentlich auch zu erwarten war. Dies zeigte sich im Gegensatz zu rein weltlichen Herrschaften auch darin, dass in den Lehen der Klosterherrschaft den Bauern eher mehr Rechte zugesprochen waren. Bis zu dreimal im Jahr kamen die Bauern auf den Dinghof unter dem Vorsitz des Abtes oder des Maiers als seines Vertreters zur Rechtssprechung und anderen Amtshandlungen zusammen.

Das älteste Dingrecht von St.Peter, niedergelegt in einem sogenannten Dingrodel, geht bis in die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts zurück. 1326 wurde es überarbeitet und dabei wesentlich erneuert. Bei der Versammlung wurden diese Rechtsgrundlagen vorgelesen, Kaufverträge abgeschlossen und von den Bauern in ihrer durchaus möglichen Funktion als Laienrechter auch Streitigkeiten geschlichtet. Besonders hervorzuheben ist das „Weistum“ von 1416, wo der Abt 24 erfahrene Männer aus dem ganzen Klostergebiet damit beauftragte, die Rechte „aufzuweisen“, welche im Konfliktfall den Beteiligten zustanden. Auf diesem Hintergrund entstand 1416 auch ein neuer Dingrodel, welcher viele Rechtsfälle des täglichen Lebens regelte. Daraus leiteten sich dann auch Gewohnheitsrechte, wie die Unteilbarkeit der Höfe und das Erbrecht des jüngsten Sohnes ab. Mit diesem Recht des „Hofengels“ sollte die Zeit zwischen den Erbfällen zur Entlastung des Hofes verlängert werden.

Der große Dingrodel von 1456 mit dem Titel: “Dink-Recht zu Espach (Eschbach), Iwa (Oberibental), Rohr- und Lutherbach (Glottertal)“ stellte eine Rechtsordnung dar, in welcher der Abt des Klosters und die Bauern einigermaßen ausgewogen miteinander umgehen konnten, ohne die Standesunterschiede selbst zu verwischen.

Dass der Abt in der Regel doch über größeren Einfluss verfügte, zeigte sich 1582, wo dieser in einer dem Dingrodel gleichrangigen Polizeiordnung Bestimmungen festlegte, welche die Bauern massiv einengte.

1602 z.B. erließ der Abt Johannes Pfeiffer eine Waldordnung über das Eintreiben von Vieh, das Holzfällen und die niedere Jagd betreffend. Mehr als 80 Jahre später beschuldigte der Abt Paulus Pastor die Eschbacher Gemeinde, im Allmendwald schädlich Waldwirtschaft betrieben und schon lange kein Wildpret mehr geliefert zu haben. Dies erboste den Abt so sehr, dass er 1683 für die Bewohner in Eschbach und Ibental für das Holzfällen, Jagen und Fischen eine neue Rechtsordnung erließ. Immer wieder kam es zwischen der Gemeinde Eschbach und dem Kloster wegen diesen Rechtsordnungen zum Streit. Der Sache nach ging es dabei um die Jagdfronen, wie Treibertätigkeit bei der Jagd, dem Heuzehnten, Holzbezug und dem freien Viehverkauf. Auch stand die Frage der persönlichen Abhängigkeit und den Einschränkungen durch eine Art von „Leibeigenschaft“ immer wieder im Mittelpunkt, worüber sich die Untertanen 1694 beklagten.

Aber es gab auch immer wieder einen wohlgeordneten Interessenausgleich. Wir greifen deshalb hier auf das 18. Jahrhundert vor.

Die Aufteilung der Eschbacher Allmend

Damals besaßen fast alle Bauern in Eschbach Wald. Es handelte sich dabei um sogenannte „Lehnswaldungen“ im Gesamtumfang von 500 Jauchert (1 Jauchert ist die Tagesleistung eines Ochsengespanns beim Pflügen, ca. 30-65 a). Die herrschaftliche Allmendwaldung dagegen, die von Bauern und Kloster gemeinsam genutzt wurde, umfasste 159 Jauchert. Aus diesem Teil gab das Kloster immer bestimmte Holzmengen an die einzelnen Bauern ab. Die Eschbacher aber wollten lieber einen eigenen Anteil an der Allmend. Sie erbaten deshalb 1797 in einem Antrag an das Kloster für jeden Hof 7 Jauchert Waldfläche. Der damalige Abt Ignaz Speckle schrieb am 13.06.1797 deshalb in sein Tagebuch:
Nachmittag um 5 Uhr Kapitel. Ich trug das Gesuch der Eschbacher Gemeindsbauern vor, dasigen Allmendwald zu verteilen und dem Kloster sowohl als jedem der 17 Bauern, welche zur Benutzung derselben berechtigt sind, einen Teil anzuweisen, nämlich von 159 Morgen jedem Bauern 7 Morgen, dem Kloster aber die übrigen 40 Morgen. Da dieser Antrag sowohl den Bauern als dem Kloster vorteilhaft ist, das Holz und die Waldung wird besser geschont, jeder Bauer zieht größeren Nutzen aus den 7 Jaucherten als er je aus der Allmend hoffen konnte; das Kloster, so den Wald nicht ebenso wie die Bauern benutzen konnte und nur vom verkauften Holz 1/3 zog, welches, da der Wald gar nicht geschont worden, sehr gering war, erhält die alleinige Benutzung beinahe des dritten Teils und wird nun allen den Zänkereien zwischen Herrschaft und Untertanen, wozu dieser Allmendwald nur ewiger Zunder war, wie unsere Akten zeigen, ein Ende gemacht. Aus diesen und anderen Gründen ward geschlossen, den
Antrag anzunehmen je bälder je besser einen förmlichen Vertrag darüber zu errichten[...]. 27

Das Kloster hatte also eingewilligt und so konnte am 16.10.1797 ein angemessener Vertrag abgeschlossen werden. Das Kloster selbst behielt 40 Jauchert, jeder der Bauern 7. Die vorderösterreichische Regierung in Freiburg aber genehmigte den Vertrag nicht, da eine so kleinteilige Ausrichtung der Waldfläche der normalerweise großflächig arbeitenden Forstwirtschaft schädlich sei. Dazu könne für neu aufgenommene Ortsbürger -ein wichtiger Moment!- nicht mehr ausreichend gesorgt werden. Die beiden Vertragsparteien aber gaben nicht nach und so wurde die Erlaubnis, den Wald aufzuteilen, doch noch erteilt.

Die Sickinger Allmend lag in der Gegend des Scherlenzendobels und des Fußgrundes. Ihre genaue Lage ist bis heute nicht bekannt.

Karte: Aufteilung der Eschbacher Allmend



Bauernaufstand

Einer der ersten großen Auseinandersetzungen zwischen unteren und oberen Ständen war der Bauernaufstand Anfang des 16. Jahrhunderts. Die soziale Lage der Bauern -vier Fünftel der Bevölkerung- hatte sich verschlechtert, weil durch die Verdoppelung der Einwohnerzahl seit 1450 der Nahrungsspielraum enger geworden war. Dazu kamen Missernten. Fronarbeiten, Militär- und Repräsentationsaufgaben der Herren und die Anwendung einer zentralisierten Verwaltung nach Vorbild es römischen Rechtes. z.B. wo weite Wege zum Landschreiber im Zentralort nötig wurden.28

Gleichzeitig aber erboste die unteren Bevölkerungsschichten die abgehobene Sonderstellung des Klerus, dazu die Besitzanhäufungen der Kirche. Verärgert und spöttisch wurde dies bei der „toten Hand‘ genannt. Der Begriff sollte darauf hinweisen, dass die Vertreter der Kirche zwar Zins und Anteile an den Naturaleinnahmen einstrichen, in der Regel aber nicht körperlich arbeiteten. Damit waren auch schon die Wurzeln für die späteren Reformationskriege gelegt. Der Bauernaufstand selbst begann zunächst als Verschwörung weniger Betroffener, die sich aber bald auch öffentlich zusammenrotteten. Im Schwarzwald war es der „Schwarzwälder Haufe“ unter Hans Müller von Bulgenbach, welcher mit ungefähr 1500 Mann von Furtwangen nach St.Peter zog, hier aber keine Gewalttaten beging. Erstürmt und niedergebrannt wurde von ihnen die Burg Wiesneck, worauf sich auch Freiburg ergab. Aber die kriegsunerfahrenen Bauern unterlagen dann doch der Diplomatie sowie der adeligen und städtischen Waffengewalt. Im Offenburger Vertrag von 1525 musste man sich bedingungslos ergeben.

In diesem Zusammenhang scheinen die Eschbacher wenig aufrührerisch gesinnt gewesen zu sein, denn als die vorderösterreichische Regierung von jedem Haus einen Lastenausgleich, zugunsten der im Aufstand Geschädigten forderte, waren St.Peter, Eschbach und Rechtenbach davon nicht betroffen. Das Kloster war der Meinung:
„[...] will der Abt von St.Peter verantworten“, also nicht ohne Grund zur Anklage zu bringen.”
29

80 Jahre nach dem ersten Aufstand der Bauern war Anfang des 17. Jahrhunderts (1613/15) für diesen Stand wieder Anlass genug gewesen, einen Aufstand zu wagen.

1613 trafen sich im Benediktswäldchen auf der Spirzen bei Wagensteig unzufriedene Bauern aus dem Schwarzwald, um Auswege aus ihrer Notlage zu finden.
30 Bewegte Klage wurde darüber geführt, dass die Obrigkeit den Untertanen ständig neue Lasten aufbürde und so ihre Lage sich ständig verschlechtere. Das Kloster St.Peter musste es sich gefallen lassen, ob seiner aufwendigen Bautätigkeit kritisiert zu werden: „Man baue im Kloster gar köstlich und verthue viel unnütz Geld, müssten es die Bauern dann mit Schatzung und anderem wieder bezahlen.“ 31
 
Am Sonntag nach der „alten Fastnacht“ im Jahr 1613 bildete sich eine Führungsgruppe der Aufständischen, die sich angeblich auf 400 Bauern vom Joostal bis ins Glottertal, von Buchenbach bis Simonswald hätte stützen können.

Geplant wurde, in Villingen schweres Geschütz zu besorgen, das Kloster St.Peter zu plündern, die dortige Pulvermühle [...]. zu besetzen, dann Weiler (Stegener Schloß), Birkenreute (heute Bickenreute d.V.), Kirchzarten und Fbnet einzunehmen und aus Freiburg die Studenten zu vertreiben.

Am Ostermontag wollte man unter dem Losungswort „St.Michael“ losschlagen, aber der Talvogt in Freiburg erhielt vorzeitig davon Kunde: „Weil sie nun glaubten, sie seien verraten,
gingen sie auseinander.“32

Der Dreißigjährige Krieg (1618—1648)

Große Geschichte zeigte sich im kleinen Raum. Was anscheinend zunächst als Religionskrieg unter Christen begann, hatte sich im Verlauf der Auseinandersetzungen zu einem Machtkampf zwischen Österreich und Frankreich entwickelt, wobei Frankreich erst 1635 in den Krieg eingetreten war. Der Katholik Ludwig XIV. wollte dabei den rechtsrheinischen Breisgau gewinnen, welcher zu Vorderösterreich gehörte. Da sich Ludwig mit den protestantischen Schweden im Hinblick auf eine Schwächung des deutschen Kaisers verbündet hatte, war es nicht ungewöhnlich, dass die im Land befindlichen Schweden 1632 Freiburg einnahmen und die umliegenden Dörfer verwüsteten. Zwangsläufig war auch das vorderösterreichische Eschbach betroffen.

Bernhard von Weimar, der sich aus dem österreichischen Gebiet einen eigenen Territorialstaat am Oberrhein herausschneiden wollte, war seit 1637 in französischen Diensten. Er nahm deshalb 1638 auf französischer Seite Freiburg ein, welches 1644 von den kaiserlichen Truppen (Österreich und Bayern) befreit wurde.

Der französische Feldherr Duc d’Enghien versuchte 1644 in einer der blutigsten Schlachten dieser Epoche Freiburg von Südwesten her über Schönberg und Lorettogebiet zurückzuerobern.

Da sich keine Entscheidung abzeichnete, versuchte d’Enghien mit seinem Heer über Denzlingen und das Glottertal nach St.Peter hinauf zu kommen, um von dort nach Offenburg zu marschieren. Da ihm die bayerisch-habsburgischen Truppen durch Dreisam- und Eschbachtal zuvor gekommen waren und als Erste die Höhe von St.Peter erreichten, begann mit dem aus den anderen Tälern herauf drängenden Franzosen ein ständiger Kampf die Täler hinauf und hinab. Dabei wurden St.Peter und die Kirche von Eschbach niedergebrannt, wobei dieser dürre Satz nicht die Schrecken und Gräuel beschreiben kann, welche sich außerdem im Umfeld ereigneten.

Der Dreißigjährige Krieg endete 1648 mit dem Westfälischen Frieden. Das alte Mitteleuropa war vernichtet, Habsburg geschwächt. Nirgendwo sonst hatte der Krieg so eine riesige Anzahl von Menschenleben gefordert wie am Oberrhein. fast nirgendwo wurde eine Gegend so verwüstet und in Not und Elend zurückgelassen.

Ein erheblicher Teil der Bevölkerung -man schätzt 50% - 70%- muss durch das Kriegsgeschehen und auf der Flucht umgekommen sein, denn etwa auf der Hälfte aller Höfe in unserem Bereich erschienen nach Kriegsende neue Familiennamen.33

Während die Mehrzahl dieser neuen Inhaber aus den östlichen Nachbargemeinden stammten, wanderten in den Breisgau und darüber hinaus Menschen aus der Schweiz ein.

So konnte sich unter Abt Matthäus Welzenmüller (1637-1659) eine kurze Zeit des Wiederaufbaus anschließen. Nachdem die zur Fronarbeit verpflichteten Männer neben dem Kloster und dem Ort auch noch ihre eigenen Häuser aufbauen mussten, schien schon wieder alles umsonst gewesen zu sein. Ludwig XIV gab seine Eroberungskriege nicht auf, wobei er in deren Schatten (z.B. Holländischer Krieg oder gegen die Pfalz) immer wieder auch den Breisgau überfiel, um ihn den kaiserlichen Verteidigern zu entreißen. Dabei war das Kriegsmuster immer dasselbe: Einfall in den Breisgau, Besetzung Freiburgs. Widerstand der kaiserlich-bayerischen Verteidiger, Verwüstung der Umgebung (mit Eschbach). Irgendwann dann irgendwie ein Friedensschluss. Die entsprechenden Jahreszahlen zeigen die relativ geringen Abstände, in denen diese Kriege immer wieder erfolgten: 1676, 1688, 1713. Vorher schon: 1632, 1635, 1636, 1638, 1644.

1715 starb Ludwig XIV und hinterließ durch Kriege erschöpfte Gebiete, dazu ein gesunkenes Ansehen seiner Person und seines Staates.

Als aber 1744 im österreichischen Erbfolgekrieg wieder eine französische Armee Freiburg belagerte, wobei ein Eschbacher Bauer in den Kriegshandlungen umgebracht wurde, mussten sich am Ausgleich des Schadens für die Stadt in Höhe von 14 000 Gulden auch die Eschbacher mit einem Anteil beteiligen.

Immerhin erlebte das Kloster St.Peter danach eine fast 50 Jahre dauernde Friedenszeit, in welcher im Kloster viel gebaut wurde und bei der Bevölkerung die Uhrmacherei und der Uhrenhandel für einen gewissen Wohlstand sorgte.

Evtl. Einschub: Kirchenbau 1790

Aber schon wieder folgte einem Friedensschluss beinahe zwangsläufig Kriegszeiten: Preußen schloss 1795 mit dem revolutionären Frankreich den Frieden von Basel, wobei Frankreich freie Hand gegen Süddeutschland (und Oberitalien) gewann.

Habsburg musste nun im Kriegsfall die alleinige Last der Verteidigung tragen. Prompt wurde Freiburg am 16.07.1796 von einer französischen Armee besetzt, wobei deren umstürzlerische Ziele durchaus von Teilen der Freiburger Bevölkerung mit Sympathie aufgenommen wurden.

Abt Ignaz Speckle von St.Peter wurde am 18.Juli 1796 von den französischen Kommandeuren darüber informiert, dass Truppen ins Kloster und nach Eschbach verlegt wurden.
„Die Eschbacher versammelte ich ins Pfarrhaus. Ehrmanete sie, machte ihnen Vorschläge, tröstete sie, so gut ich konnte, und kündigte ihnen an, daß heute vermutlich Truppen kommen würden [...]. Die [...] Kompanien wurden in Eschbach verlegt; gerade der Vortrab, der nicht am besten diszipliniert ist."34

So kam es denn auch, dass in Eschbach besonders der Pfarrhof geplündert wurde.

Speckle am 20. Juli 1796:
„Über alle Vorstellungen traurig ist der Anblick des ausgezehrten Tales, besonders in Eschbach. Die Bauern essen nun mit den Soldaten, sie sind alle rein ausgezehrt, ins Detail kann nicht nachgegangen werden."35

Fanden also auch hier auf dem Land schon Sympathiesierungen mit den revolutionären französischen Truppen statt, wie von Speckle für das Markgräfler Land festzustellen glaubte?

Speckle am 27. Juli 1796:
„Den ganzen Krieg her waren die Markgräfler etwas zweideutig gesinnt. besonders seit dem preußischen Separatfrieden.“36

Aber darauf nahmen die Revolutionstruppen, die sich wie andere auch vorwiegend aus dem besetzten Land ernährten, im Hinblick auf die einheimische Bevölkerung keine Rücksicht. Die Besetzung aber dauerte nur kurz, nicht zuletzt deshalb, weil Erzherzog Karl von Österreich die Franzosen wieder aus ganz Süddeutschland vertreiben konnte. Sofort danach forderten die Eschbacher vom Kloster St.Peter Schadensersatz.

Speckle am 03. August 1796:
„In Eschbach war die Gemeinde versammelt in der Absicht, ihren durch die Franzosen erlittenen Schaden zu berechnen und dafür Entschädigung, was weiß ich wo, zu fordern. Die Herren bilden sich ein, sie sollten gar nichts zu leiden haben, aller Nachteil sollte nur allein auf Herrschaft und Kloster fallen. Sie äußern hin und wieder, nur um das Kloster zu schonen, wären die Soldaten ins Tal gelegt worden; sie machen Vorwürfe gegen mich, daß ich ihnen geraten hätte, bei ihren Gütern und Häusern zu bleibe:, es wäre besser gewesen, wenn sie davon geflohen wären. Die Unzufriedenen auf jeden Fall bedenken nicht, daß ihnen auf den Fall der Flucht ihre Häuser und Güter wären ruiniert worden, da ihnen die Franzosen überall würden nach gefolgt sein, daß sie nirgends hin hätten fliehen können. Dies ist nun mal der Lauf der Dinge. Genug, seine Pflicht getan und Dank verdient zu haben, wenn man am Ende gleichwohl Undank dafür erhält. Die st. petrinischen Untertanen betrugen sich bisher noch besser; hatten aber auch weniger gelitten, und auch der Schaden der Eschbacher scheint nicht so groß als sie ihn machen, ist bei keinem einzelnen so groß als nur beim Pfarrer, der von seiner Pfarrei gar nicht beziehet und ganz und gar nebst der Kirche vom Kloster muss erhalten werden.“37

Die französische Revolution, Napoleon und die Auflösung des Klosters St.Peter

Mit der französischen Revolution von 1789 war eine neue Epoche angebrochen. Als sich aber Napoleon 1804 zum Alleinherrscher aufschwang und seinen Siegeszug durch Europa fortsetzte, war dies von größter Bedeutung für St.Peter und Eschbach. Das Reich wankte und damit auch die Zugehörigkeit des Breisgaues zu Österreich. Unter dem Druck Napoleons und einzelstaatlicher Interessen beendete ein reichsständischer Ausschluss des Reichstages in Regensburg mit dem Reichsdeputationshauptschluss die politische und rechtliche Verfassung des alten Reiches. Viele Kleinstaaten wurden aufgehoben. auch die meisten der ehemaligen geistlichen Herrschaften. Im Frieden von Preßburg (25.12.1805) wurde der Breisgau an das neue Großherzogtum Baden übertragen und Württemberg zum Königreich erhoben. Das ist auch deshalb bis heute interessant, weil sich auch das Königreich W ürttemberg Hoffnungen auf das Kloster St.Peter und weit hinab ins Dreisamtal machte. Im Januar 1806 besetzte deshalb ein Württemberger Kommando das Kloster. Damit wären auch die Eschbacher Württemberger geworden.

Abt Ignaz Speckle schreibt am 05.02.1806:
„Hier in St.Peter blieb noch immer der württembergische Oberleutnant, die Mannschaft 100 liegt verteilt hier beim Kloster, im Glotterbad, Eschbach und Seelgut [...]. Alle müssen unentgeltlich verpflegt werden.“38

Aber im Dezember 1806 wurde das Kloster aufgehoben und endgültig Baden zugeschlagen (mit Eschbach). Baden und Württemberg stellten nun für Napoleon gegenüber Habsburg zwei Pufferstaaten dar, wobei die Ziele von Ludwig XIV wenigstens auf kulturellen‘) diplomatischem und militärischem Gebiet ansatzweise erreicht sind.

Die Auflösung des Klosters zog sich über einen lagen Zeitraum hin, weil Abt Speckle immer noch hoffte, das Kloster vielleicht halten zu können. Aber 1813 musste der endgültige Auszug erfolgen.

Speckle am 16.12.1813:
[...] „Es kam nun die Nachricht von Ankunft des österreichischen Kaisers in Freiburg. Ich eilte dahin zurück. [...]. Am folgenden Tag kam schon wieder die Anzeige, dass unveränderlich und unverzüglich ein Militärspital nach St.Peter gebracht werde. Ich eilte wieder dahin. Der Befehl war schon angekommen. Schon war alles mit Ausziehen beschäftiget. Der Tumult war groß [...]. Die Geistlichen brachten ihre Habseligkeiten in die Bibliothek, in die Abtei, alle Gänge waren vollgepfropft. Ich konnte nicht anders, als den Entschluss fassen St.Peter mit Sack und Pack zu verlassen. Ich ließ aber einpacken und zusammenschleppen. Ließ unverzüglich nach Eschbach und nach Freiburg abführen, was ich zuerst gepackt hatte. Alles ging drunter und drüber.“39

So sehr Ignaz Speckle die Aufhebung bedauerte, im Nachhinein erwies sich die Überwindung der Kleinstaaterei als positiv. Es konnte keine Klöster mit eigener Grundherrschaft mehr geben, die französische Revolution hatte dieser überlebten Gesellschaftsordnung die Grundlage entzogen. Die katholische Kirche hat, wie das 19. Jht. später bewies. trotz aller Bedenken die Trennung von Macht und Grundbesitz gut verkraftet.

Rein staatlich gesehen, wurden 1811 die Klostervogteien Eschbach und Rechtenbach (Stabsamt St.Peter) sowie die frühere sickingische Vogtei zu einer Gemeinde zusammengelegt und dem Landamt Freiburg unterstellt. Bei der Gemeinde Wiesneck verblieben zunächst noch der Schwabenhof und Berlachen. Da die Hofgrenzen aller Gremeinden aber stark miteinander verzahnt waren, versuchte man den Gemeindeumriss von Eschbach einfacher und passender zu gestalten. Dies geschah 1837, als die drei Wiesnecker Höfe, darunter Schwabenhof und Berlachen, in die Gemeinde Eschbach integriert wurden. Von 1847-1890 dagegen dauerten die Versuche, den Reckenberg (bisher Stegen) nach Eschbach einzugemeinden und Stegen dafür Rechtenbach zu überlassen. Die Rechtenbacher wollten sich nicht an den Kosten für die Straße durch das Eschbachtal beteiligen und strebten deshalb nach Stegen.

Erst mit dem Plan von 1891/92 war dann unter der Regie des Bürgermeisters Anton Läufer (1889-1895) vom Schwabenhof und seines Nachfolgers Johannes Gremmelspacher (1895-1901) vom Hummelhof der Tausch endgültig vollzogen.

In die zurückliegende Zeit fällt auch die Badische Revolution von 1848/49 mit ihren Nachwirkungen. Diese wirklich demokratische Revolution, welche fast alle Schichten und „Klassen“ angesprochen und angeregt hatte, verfügte leider über keine einheitliche Haltung und dadurch auch über keine Durchschlagskraft. Soldaten aus Preußen und dem Reich konnten deshalb diese Erhebung, auf die Baden immer stolz bleiben wird, niederschlagen. Für Eschbach war von Bedeutung, dass 1840-1860 eine erste Auswanderungswelle und 1880-1890 eine zweite, vor allem nach Süd- und Nordamerika stattfand: 10% der Einwohner nahmen diese Möglichkeit wahr, was für eine fast reine Bauerngemeinde schon einen großen Verlust bedeutete. Diese aber eher regionale Entwicklung wurde durch Missernten in der Landwirtschaft und eine abfallende Konjunktur ausgeweitet, dazu kam der Druck durch Forderungen der Obrigkeit.

Speckle im April 1817:
„Die Lust oder Sucht zum Auswandern wird immer größer. Alle Blätter sind voll von Anzeigen der Auswanderer nach Amerika. Aus dem Dreisamkreis oder Freiburger Kreis, der aus 24 Ämtern bestehet, haben bereits 6000 Personen die Erlaubnis erhalten. Im ganzen Großherzogtum soll sich die Zahl wohl auf 60008 belaufen, und das sind eben nicht lauter arme und schlechte Leute, es sind g gute Handwerker, Künstler, Bürger, vermögliche Bauern, die Haus und Güter verlassen. Einige sollen 8000 bis 10000 fl Vermögen zusammenbringen. Auch zu St.Peter haben schon mehrere die Erlaubnis, noch viel mehrere haben darum angesucht. Die allgemeinere Ursache ist nicht bloß der heurige Mangel, sondern wie die Leute laut angeben, der unausstehliche Druck durch Steuern, Abgaben, Akzise etc."40

Nach der Reichsgründung von 1871 verbesserte sich aber auch die Lage der bäuerlichen Bevölkerung stetig. Auslöser war die langsam beginnende Mechanisierung der Landwirtschaft und die Anwendung des Mineraldüngers. Außerdem konnten in die schnell wachsenden Städte mehr landwirtschaftliche Produkte geliefert werden. In Eschbach zeigte sich der Fortschritt auch darin, dass 1903 in die Amtszeit des Löwenwirts Pius Rombach das Schul- und Rathaus erbaut wurde. 1913 folgte die erste Wasserversorgung, wobei diese zunächst als Schulbrunnen erbaut worden war, an dessen Wasserreichtum sich nach und nach 15 Häuser anschlossen. 1913 starb Pfarrer Gustenhoffer, der 27 Jahre lang Pfarrer in Eschbach gewesen war, auf dem Lindenberg. wohin er sich im Alter zurückgezogen hatte. 6-spännig holten ihn die Eschbacher heim, wo er zusammen mit seinem Vorbild, Pfarrer Brogli, auf dem Eschbacher Friedhof begraben liegt.

Als 1914 der erste Weltkrieg begann, glaubte und hoffte man, dass dieser bald zu Ende sein würde. Da sich dies nicht erfüllte, ebbte die nationale Begeisterung bald ab und wich der Ernüchterung in Sorge und Not. Anstelle der einheimischen Arbeitskräfte, die nun im Krieg waren, wurden russische Kriegsgefangene eingesetzt. Dazu gaben Lebensmittelkarten und Rationen von Brotgetreide, welches man auf der Hofmühle mahlen musste. 22 Männer der Gemeinde kamen im 1. Weltkrieg ums Leben - ihre Namen sind auf dem Eschbacher Friedhof im Kriegerdenkmal verewigt.

Anmerkungen
19 Gotheim, Eberhard: Die Hofverfassung auf dem Schwarzwald, dargestellt an der Geschichte des Gebietes von St.Peter, Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins (ZGO), 40 Bd., 1886, S. 257-316.
20 Auch in: Weber, Klaus: St.Peter im Wandel der Zeit, a.a.0. S. 75.
21 Weber, Klaus: a.a.O., S. 76, nach Dambacher, Regesten, 260. Bd. XX (1967), S. 324 ff., 329.
22 Weber, Klaus: a.a.O., S. 77.
23 Weber, Klaus: a.a.O., S. 86.
24 Weber, Klaus: a.a.O., S. 80.
25 Hug, Wolfgang: Kleine Geschichte Badens, Stuttgart (Theiss) 2006, S. 36ff..
26 Weber, Klaus: a.a.O., S. 86.
27 Speckle, Ignaz: Das Tagebuch von Ignaz Speckle, Abt von St.Peter im Schwarzwald. Erster Teil 1795- 1802. Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Reihe A, Quellen 12.Band, Stuttgart 1965, S. 156 ff..
28 Hug, Wolfgang: a.a.O., S. 66 ff.
29 Weber, Klaus: a.a.O., S. 169.
30 Weber, Klaus: a.a.O., S. 170
31 Weber, Klaus: a.a.O., S. 170.
32 Weber, Klaus: a.a.0., S. 171.
33 Weber, Klaus: a.a.O., S. 176.
34 Speckle, Ignaz: a.a.O., 18.07.1796, Bd. 1, S. 53 ff.. Auch in Läufer, Josef: St.Jakobus in Eschbach. Eine Dokumentation über Entstehung und Geschichte der Pfarrei Eschbach 9.) Anmerkung aus dem Tagebuch von Ignaz Speckle, S. 91.
35 Speckle, Ignaz: a.a.O., 20.07.1796, Bd. 1, S. 54.
36 Speckle, Ignaz: a.a.O., 27.07.1796, Bd. 1. S. 57.
37 Speckle, Ignaz: a.a.O., 03.08.1796, Bd. 1.8.61.
38 Speckle, Ignaz: a.a.O., 05.02.1806, Bd. 1. S. 137.
39 Speckle, Ignaz: a.a.O., 16.12.1813, Bd. 2, S. 442.
40 Speckle, Ignaz: a.a.O., 1817 April , Bd. 2, S. 542.