Die Jakobuskapelle in Eschbach
Ein Abt von St. Peter ließ schon "in sehr alter Zeit“ eine Kapelle erbauen
E s c h b a c h. Schon immer gehörte Eschbach auch weltlich zum
eigentlichen Territorium des Klosters St. Peter. Dieses ernannte dort
den Vogt, erhielt die entsprechenden Zinsen und Gefälle, denn die
zwanzig Höfe im Eschbacher Tal waren Lehen der Abtei St. Peter; in
einem alten Verzeichnis werden sie schon 1432 mit allen Rechten und
Pflichten aufgeführt. Pfarrlich jedoch waren die Eschbacher mit
„Buchenbach, Falkensteig, Gürsperg, Himmelreich, Lindenberg, Oberried,
Wagensteig, Weiler und Zarten“, Kirchzarten unterstellt. Von dort kamen
die Kapläne, deren Kirchzarten meist mehrere hatte. Häufiger als diese
zogen St.Peterische Benediktinermönche durchs Eschbacher Tal; denn es
war für sie die fast einzige Möglichkeit, nach Freiburg zu gelangen, wo
sie studierten oder auch lehrten. Gleichzeitig führte auch der Heimweg
über die holprige Straße durch das langgstreckte Eschbacher Tal hinauf,
wenn sie von der Schätzung der Gülten, Gefälle und Zinsen der
zahlreichen Besitzungen im Breisgau in die geliebte Einsamkeit
zurückkehrten. Schließlich waren die St.Petrischen Mönche immer
volksverbunden und zeitnah, so daß die viel geplagten, aber frommen
Bauersleute des Eschbacher Tales diese lieber hatten als die
Pfarrgeistlichkeit von Kirchzarten. So kam es auch, daß ein
St.Petrischer Abt schon in „sehr alter Zeit“ im Eschbacher Tal eine
Kapelle zu Ehren des hl. Apostels Jakobus des Älteren erbauen ließ.
Die erste Nachricht aus dem Jahre 1585
Dieser Gottesmann war immer schon der Helfer und Tröster aller
ziehenden und Wandernden. Freilich, das eigentliche Entstehungsjahr
kann niemand angeben. Das erste Datum das mit der Jakobuskapelle
zusammenhängt. ist das Jahr 1585. Der baufreudige Abt Gallus Vögelin,
dessen Wappen auch am Peterhof zu Freiburg und am alten Pfarrhaus der
Propstei Sölden zu finden ist, ließ die zerfallene Wallfahrtskapelle
wieder erstellen. Was allein noch von ihr vorhanden ist, ist eine
Skulptur aus dem Jahre 1589, die sich heute noch zwischen zwei
Langhausfenstern der Epistelseite am Äußeren der jetzigen Pfarrkirche
von Eschbach dem allerdings meist nur oberflächlich hinschauenden
Besucher zeigt. Sie ist wohl das älteste vielleicht auch wertvollste
Stück der Kirche und stellt den hl. Jakobus dar, mit Pilgerhut,
Reisetasche und Stab. Neben dem Wappen des Abtes Vögelin enthält das
Ornament die fast unleserlich gewordene Inschrift: „Sacell(um) hoc
renovari curavit Re(verendissimus) D(omnius) Gall(us) Abbas
Mon(asterii) S(ancti) Petri 1589. Nemo transeat quin munrus) offerat.“
In‚deutscher Übersetzung: „Diese, Kapelle. ließ der hochwürdigste Herr
Abt Gallus Vögelin vom Kloster St.Peter neu herstellen. Niemand gehe
hier vorbei ohne ein Opfer zu bringen.“ Am 28. August 1590 erhielt sie
von Weihbischof Balthasar, Titularbischof von Askalon, die
Konsekration, ebenso auch der einzige Altar. Dieser enthielt Reliquien
des hl. Jakobus und des hl. Pellagius, der hl. Ursula und ihrer
Gefährtinnen.
Im Dreißigjährigen Krieg, als plündernde Schwedenhorden im April 1633
ganz St.Peter und alle umliegenden Ortschaften heimsuchten, alles
raubten, was nicht nietund nagelfest war und etwa 100 Stück Vieh als
Beute nach Freiburg führten, vergriffen sie sich nicht nur am
St.Petrischen Gotteshaus und an der Lindenbergkapelle, sondern
zerstörten auch die Jakobuskapelle. Kaum war Frieden eingekehrt, ließ
auch schon wieder 1649 Abt Mathäus Weizenmüller sie erneuern. Etwa 109
Jahre hatte diese Bestand, als der zweitletzte Abt Philipp Jakob
Steyrer sie 1758 wegen Baufälligkeit abreißen ließ. Der
Klosterarchitekt Johannes Willam, ein aus dem Bregenzer Wald
Zugewanderter, dessen einziger Sohn später ein tüchtiger Mönch in der
Abtei St.Peter wurde, begann mit seinen Bregenzer Maurern am l5. April
1758 die Arbeit, und nach knapp elf Wochen war sie im Rohbau vollendet.
Die Talbewohner hatten eifrig mitgeholfen. Der Abt stellte aus freien
Stücken und ohne dazu verpflichtet zu sein die Bretter, Ziegel und die
Bausteine. Dankbar versprachen die Bauern, jeden Sommer dafür für Abt
und Konvent eine hl. Messe in ihrem Heiligtum feiern zu lassen. Die
Konsekration der Kapelle ließ allerdings lange auf sich warten; erst 23
Jahre später konsekrierte sie Weihbischof Baron von Hornstein. Es war
der 30. August 1775. Am folgenden Tage spendete er 1940 Personen die
hl. Firmung. Tags darauf weihte er die Lindenbergkapelle, die 1761/62
erstanden war.
Unsere Aufnahme zeigt eine
zeichnerische Darstellung der Außenseite und den Grundriß der im Jahre
1758 erbauten Jakobuskapelle ln Eschbach.
Aufnahme: Dr. F. K.
Wie hat sie ausgesehen?
Darüber sind wir durch eine Zeichnung, die uns der Klosterchronist P.
Gregor Baumeister in seinen Annalen hinterlassen hat, einigermaßen im
klaren. Er hinterließ uns darin die Seitenansicht mit dem Aufriß. Das
kleine Türmchen ist in seiner barocken Zwiebelform unzweifelhaft
beeinflußt von den Peter Thumbschen Türmen in St.Peter und anderswo. Die
Kapelle hatte etwa fünfzehn Bänke und konnte somit bis zu hundert
Personen Platz bieten. Raummäßig dürfte sie etwas kleiner als die
jetzige Lindenbergkapelle gewesen sein. Leider ist diese Jakobuskapelle
schon dreizehn Jahre nach der Konsekration, wie auch die
Lindenbergkapelle, abgerissen worden, um einer größeren Pfarrkirche
Platz zu machen. Damals, 1786, bekam das Kloster St.Peter die Auflage,
eine neue Pfarrkirche in Eschbach, eben die jetzige, zu bauen und zudem
mit einem Mönch aus der Abtei den Pfarrer zu stellen. St.Peter brachte
schweren Herzens das Opfer, verausgabte dafür 24 000 Gulden, denn die
Regierung hatte ihm in jenen dunklen Zeiten, wo manches Kloster
aufgehoben wurde, „ewigen Bestand“ versprochen.
Mit der Besetzung durch einen Mönch aus St.Peter und der Errichtung
einer eigenen Pfarrei nahmen auch kleinere Reibereien zwischen dem
Pfarrer von Kirchzarten und den St.Petrischen Konventualen ein Ende.
Denn schon immer ärgerte es die Pfarrherren von Kirchzarten, daß die
Benediktinermönche in der Jakobuskapelle willkommener waren als ihre
Kapläne, die doch die verantwortlichen Seelsorger waren. Jährlich
pflegte am Jakobustag und am Feste der Kirchweihe ein Sohn des
hl.Benedikt dort die Predigt und den Festgottesdienst zu halten. Auch
ließen mindestens wöchentlich einmal zur Sommerszeit die Bauern des
Tales in der Kapelle Messen lesen; beliebig waren die sogenannten
„Tonnermessen", das waren Votivmessen zur Abwendung von Blitz und
Ungewitter. Man ließ jeweils den Pater zu Pferd abholen und wieder
zurückbringen.
"Wir halten fest, was wir besitzen“
Gegen Einwendungen der Pfarrherren von Kirchzarten argumentierten die
St.Petrischen Äbte immer mit dem Gewohnheitsrecht, das sie schon seit
unvordenklichen Zeiten im Jakobusheiligtum ausübten. Ferner wiesen sie
darauf hin, daß St.Peter der Gründer der Kapelle sei und daß die
Kapellenpfleger schon immer alle Rechnungen in St.Peter ablegten. Abt
Ulrich Bürgi holte sich sogar in Freiburg ein Rechtsgutachten, das für
seinen Standpunkt sprach. Und Abt Steyrer antwortete dem Pfarrer Binz
1752 in lakonischer Kürze: „Wir haben dazu seit unvordenklichen Zeiten
das Recht, und wir halten fest, was wir besitzen." Pfarrer Binz
beruhigte sich darauf, nahm sein Vesper ein und ging wieder über den
Lindenberg nach Hause.
1788 zog der erste Pfarrer in die neu errichtete Pfarrei; es war kein
anderer als der Neffe des großen Abtes Philipp Jakob Steyrer. Neben
vorbildlicher Seelsorgearbeit hinterließ er ein wertvolles
literarisches Werk über die Geschichte der Schwarzwälder
Uhrenmacherkunst; ferner stammt aus seiner Hand das Eschbacher
Familienbuch, das mit dem von St.Peter einzelne Geschlechterreihen bis
zum Dreißigjährigen Krieg zurückführt.
Dr. F. K.
Mittwoch, 23. November 1960 Breisgauer Nachrichten Nr. 27 - Seite 9