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Die Grabplatte des Ritters Kuno von Falkenstein in der Kirche von Kirchzarten
Fritz Ziegler - Schau-in´s - Land 1918


Wer die alte ehrwürdige Kirche im benachbarten Kirchzarten betritt und sich darin etwas genauer umsieht, dem dürfte schwerlich die an der Epistelseite im Innern des Langhauses eingemauerte Steinplatte entgehen, auf der eine große Ritterfigur in Hochrelief dargestellt ist. Nach der gotischen Majuskelumschrift "Anno D(omi)ni MCCCXLIII III Id(us) Mail (obiit) D(omi)n(u)s Cuno deValkenstein Miles"  stellt die Skulptur den am 13. Mai 1343 verstorbenen Ritter Kuno von Falkenstein dar, der heute noch in der Sage fortlebt. Aber nicht die Persönlichkeit selbst interessiert uns heute, als vielmehr das Denkmal als solches, das ein wertvolles Dokument für die Kostümgeschichte darstellt, und das auch in heraldischer Hinsicht beachtenswert ist.

Eine dem Kirchzartener Denkmal sehr ähnliche Skulptur befindet sich im Freiburger Münster. Sie steht im südlichen Seitenschiff unweit der Heiliggrabkapelle in der Blendarkatur unter dem Fenster und wird der Tradition nach als Herzog Berthold V. von Zähringen (+ 1218) gedeutet. In unserer Betrachtung wird auch diese Skulptur besprochen und im Bilde zum Vergleiche wiedergegeben; die Frage jedoch, ob sie wirklich Berthold V. oder einen anderen Ritter darstellt, lassen wir hier beiseite (Über diese Frage vergleiche man die folgenden Aufsätze in den Freiburger Münsterblättern: „Das Grabdenkmal Bertholds V. von Zähringen im Münster“ von Kunstmaler Karl Schuster, 1910, 6. Jahrgang. — „Grab und Grabdenkmal Bertholds V. von Zähringen im Münster“, von Dr. Herm. Flamm, 1911, 7. Jahrgang.).

Vor einigen Jahrzehnten hätten wir auch noch eine zweite Ritterfigur aus dem Breisgau hier zum Vergleiche beiziehen können, die aus der St.Martinskirche in Freiburg i. Br. stammte. Anfangs der achtziger Jahre wurde sie aber, nachdem sie wegen Fehlens des Kopfes beiseite gestellt war, leider vollens zertrümmert und die Stücke als Bausteine zu Stützmauern in den Reben der St.Martinspfarrei auf dem Schloßberg verwendet (Diese Mitteilung verdanke ich meinem Freunde, Herrn Professor Geiges, der mich bei dieser Arbeit mit seinem sachkundigen Rate in liebenswürdigster Weise zu unterstützen die Güte hatte.)

Bevor wir uns der Betrachtung der Skulpturen zuwenden, mag hervorgehoben sein, daß wir sowohl in der Kirchzarrtener Ritterfigur als auch in der Skulptur im Freiburger Münster tüchtige künstlerische Leistungen vor uns haben; besonders gut sind dem Steinmetzen bei Kuno v. F. die ungezwungene Haltung des Kopfes, die energischen Gesichtszüge, die Struktur des Panzers, der Faltenwurf usw. gelungen. Freilich wird der Gesamteindruck des schönen Denkmals heute in unverantwortlicher Weise gestört durch einen Verstoß gegen die Denkmalspflege. Ohne zwingenden Grund hat der Elektrotechniker nämlich rücksichtslos seine unschönen Rohre rechts oben über die Ecke der Grabplatte gelegt.






Abb.1 Grabplatte des
Kuno von Falkenstein
in der Kirche zu Kirchzarten

Abb.2 Herzog Bertold V. im Münster in
Freiburg i.Br.

Abb.4 Ritterrüstung, aus Stücken
der Gimbel´schen Waffensammlung
(Baden-Baden) rekonstruiert
Abb.5 Ritterrüstung, aus Stücken
der Gimbel´schen Waffensammlung
(Baden-Baden) rekonstruiert

Zur Rechtfertigung des Photographen, der ein wirkungsvolles Bild der mangelhaft beleuchteten Grabplatte zu erzielen vermochte, mag dann noch gesagt sein, daß die störenden Flecken auf dem Schilde des Ritters, auf dessen Schwert und auch auf dem Hinterleib des Löwen die Schlagschatten des nahe stehenden Taufsteines sind.

Die Kirchzartener Grabplatte mit der Ritterfigur, die heute in die Wand ein gelassen ist, war ehedem die Abdeckplatte einer Tumba, die über der Grabstätte errichtet war (Nach der Urkunde — Freiburger Münsterblätter 1908, 4. Jahrlauf, S. 36 f., Reg. 126 — ist Ritter Kuno von Falkenstein vor dem Altar beigesetzt worden.). Ob diese nur niedrig und schlicht mit einigen Profilierungen geziert oder ob sie höher und an den vier Seiten mit Wappen oder Skulpturen geschmückt war, läßt sich nicht sagen. Oben auf dieser Tumba lag unsere Porträtfigur, und dies geht aus der Stellung des Löwen wie der Lage des als Kopfkissen dienenden Helmes hervor. Daß die Skulptur des Berthold V. ehemals auch eine ähnliche Verwendung hatte, dies lassen uns archivalische Notizen erkennen; darnach wurde die Platte im Jahre 1667 an die Wand gestellt, und man nimmt an, daß aus dieser Zeit auch der jetzige Löwe stammt, auf dem Berthold V, steht. Ob im Jahre 1667 auch noch andere Veränderungen an der Skulptur vorgenommen worden sind, dafür hat man bis jetzt keine Belege ; aber immerhin wäre es denkbar, daß man damals einen der Figur beigegebenen Schild oder Helm entfernt haben könnte, um sie für die vorhandene Blendarktatur passend zu machen. So wie Berthold V. aber heute vor uns steht, ist an ihm nicht das geringste Abzeichen einer höheren (Herzogs)Würde vorhanden; er sieht dem gewöhnlichen Ritter des 14. Jahrhunderts, also auch unserem Kuno von Falkenstein auffallend ähnlich.



Abb.3 Einzelheiten der Rüstung des Herzogs Berthold V. im Münster in
Freiburg i.Br.
Abb.6 Ritterliche Tracht um 1200. (Nach einer Miniatur)
Oberkörper und Kopf werden durch die lange rockartige Halsberge geschützt, an der Ärme und Kapuze angeflochten sind. Die Beckenhaube mit Naseneisen sitzt auf der Kapuze.
Abb.7 Wappenskulptur am Treppenturme des ehemaligen St.Blasianer Probsteigebäudes in Krozingen. (Roter Sandstein, stark verwittert; Größe ca. 100/120cm)

Was nun die Ausrüstung der in Frage kommenden Ritterfiguren betrifft, so setzt sich diese im wesentlichen aus Panzerstücken zusammen, und zwar hat man es dabei mit dem sog. Ringpanzer zu tun, also mit einem durch Ineinanderhängen von Ringen entstandenen Metallgeflechte. Da die Ringe leicht beweglich waren, so schloß sich der Panzer dem Körper fügsam an, und der Träger des selben konnte sich ungehemmt bewegen. Auch das An- und Ausziehen ging vermutlich ebenso leicht vonstatten wie bei unserer heutigen Kleidung, und der abgelegte Panzer, der infolge des Ineinanderschiebens der Ringe wenig Raum beanspruchte, konnte überdies leicht im Waffensack mitgetragen werden. Von diesem Ring oder Maschenpanzer (=Mußzeug) verschieden ist der Ketten oder Schuppenpanzer, bei dem eiserne Ketten oder Schuppen reihenweise auf eine Unterlage von Stoff oder Leder aufgenäht waren, wie dies deutlich auf den Abbildungen 4 und 5 zu sehen ist. Bevor man im Stande war Ringe ineinander zu verflechten, war diese weniger kostbare Art der Panzerung durch aufgenähte Ketten und Schuppen im Gebrauche.

Bezüglich der Terminologie der einzelnen Panzerstücke ist es empfehlenswert, auf die alten Dichtungen, in denen die Heldensagen geschildert sind, zurückzugehen und sich daraus Rat zu holen. Und da ergibt sich denn, daß schon im Beowulfliede, dem ältesten literarischen Denkmal der angelsächsischen Sprache aus dem 7. bis 8, Jahrhundert, und in dem Hildebrandsliede, jenem ältesten Reste deutschen Heldensanges aus dem 9. Jahrhundert, von aus Ringen geschmiedeten Panzern die Rede ist. Die Gesamtrüstung wird meist „Sturmgewant“, „Stritgewant“, oft auch „Harnasch“ (altfranzösisch harnas) genannt. Der Rock, das Hauptstück der Rüstung, dagegen heißt bald Brünne (angelsächsisch bryne), bald „Halsberg“ (angelsächsisch healsberc), bald „Haubert“ (altfranzösisch auberc), und aus gleichzeitigen Miniaturen geht hervor, daß damals die Brünne und der Halsberg sich in Form und Zuschnitt sehr ähnlich waren. Aber doch bestand zwischen beiden ein wesentlicher Unterschied, und zwar darin, daß an dem Halsberg eine Art Kapuze, das „Härsenier“ (französisch „coife“, mittelhochdeutsch „Gupfe“), angebracht war, das über den Kopf gezogen werden konnte (Abb. 6). Auffallend ist, daß uns das eben besprochene Rüstungsstück, das nur nebenbei den Hals schürzte, mir der spezialisierten Bezeichnung als Halsberg entgegen tritt. Aber die Fachleute belehren uns dahin, daß dieser Zustand nicht der ursprüngliche gewesen sei, daß es vielmehr vor diesem erweiterten Halsberg einen speziellen Halsberg gab, der auch wirklich nur den Hals schützte, daß dieser aber mit der Zeit sich nach unten verlängerte und allmählich zu dem erweiterten Halsberg mit dem daranhängenden Härsenier ausgewachsen ist. Die Normannenreiter trugen die Halsberge nur über dem Wams, in der Folgezeit aber, als die Bewaffnung immer schwerer wurde, trug man die Halsberge mit dem Härsenier und die Brünne gleichzeitig; die letztere konnte ebensogut über als unter dem Halsberg getragen werden. Die Ärmel des Halsberges liefen meist in Handschuhen aus; wollte man aber die Hand frei machen, dann zog man sie durch einen an der Handwurzel im Ärmel angebrachten Schlitz und ließ die Handschuhe am Ärmel herabhängen.,

Der Panzerschutz für die Beine waren die eisernen Hosen (isenhosen); sie wurden entweder hinten mit Lederriemen oder Nesteln zusammen gehalten, oder aber sie waren wie Strümpfe geschlossen und wurden wie diese einzeln angezogen und an einem um die Lenden gelegten Gürtel (Lendenier) angehängt.

Zwischen den genannten Dichtungen und den Miniaturen einerseits und unseren Ritterdarstellungen andererseits liegt eine große Spanne Zeit; in ihr hat die Rüstung mancherlei Veränderungen und Zutaten erfahren, aber nicht immer traten diese mit neuen terminis technicis in die Erscheinung. Vielmehr blieben die alten Bezeichnungen erhalten, nur wurden sie auf die umgewandelten Rüstungsstücke weiter vererbt. Und so kommt es, daß bezüglich der Terminologie in den Fachwerken nicht in allen Punkten Übereinstimmung und völlige Klarheit besteht. Nach diesem Überblicke über die wichtigsten Fachausdrücke kann nun aber zu den Einzelheiten der Ritterskulpturen in der Kirche von Kirchzarten und im Münster in Freiburg i. Br. übergegangen werden.

Zum Schutze für den Kopf und Hals tragen sowobl Kuno v. F. als auch Berthold V. die Beckenhaube (= Helmhuot), an der seitlich mittels Ösen und durchgestecktem Draht als Verschluß ein an den Schultern endigender Ringpanzerschlauch herabhängt. Der alte Gebrauch, die Beckenhaube auf das Härsenier aufzusetzen, ist also aufgegeben. Offenbar um die Rüstung für Kopf und Hals möglichst rasch bewerkstelligen zu können, hat man das Härsenier von der Halsberge abgetrennt und es an die Beckenhaube an gehängt. Dadurch wurde auch das Schädeldach von dem Ringpanzergeflecht frei, und die Beckenhaube mit der darunter getragenen Polsterung oder Filzunterlage fingen jetzt allein die Gewalt des Hiebes ab. Der an der Beckenhaube befestigte und herabhängende Panzerschlauch wird als „Camail“ oder „Halsberge“ im engeren Sinne des Wortes bezeichnet.

An diesem Rüstungsstück für Kopf und Hals bemerkt man sowohl bei Kuno v. F. als bei Berthold V. jeweils einen vom Kinn herabhängenden dreieckigen Lappen, der in die Höhe geschlagen und an der Beckenhaube angehängt werden kann. Es ist dies der Gesichtsschutz (mittelhochdeutsch „finteile“, altfranzösisch „venteille“), der, sobald er eingehängt war, nur die Augen des Ritters freiließ. An dem Härsenier des Halsberges war diese finteile schon; sie bestand dort in einem Zipfel des Ringpanzergeflechtes, den man, solange keine Gefahr drohte, frei herabhängen ließ. Wollte man jedoch gerüstet sein, so zog man diesen Zipfel um das Kinn über den Mund und band ihn oberhalb der linken Wange fest. Eine andere Art des Gesichtsschurzes ist auf Abbildung 4 zu sehen, er besteht in einem starren Eisenblech mir Luftlöchern und Augenausschnitten. Der älteste Gesichtsschutz jedoch war ein von der Beckenhaube nach unten über die Nase reichender Eisenstreifen, das „Naseneisen“, das oft mittelst einer an der Beckenhaube angebrachten Schraube länger oder kürzer eingestellt werden konnte. Diese alte Einrichtung (vergl. Abb. 6) findet sich auch wieder im 17. Jahrhundert an den sog. Pappenheimer Kappen (ungarisch Zischägge).

Der Ringpanzerrock (Panzerhemd oder Brünne) des Kuno v. F. reicht herab bis an die Knie und hat Ärmel, die bis an die Ellenbogen reichen. Man sieht dieses Panzerhemd außer an den Ärmeln auch in dem Zwickel der auseinander klaffenden Falten des nachher zu beschreibenden Waffenkleides, bei Berthold V. jedoch tritt es nur an den Ärmeln zu Tage. Während bei letzterem die Ärmel bis zu den Handschuhen reichen, trägt Kuno v. F. zum Schutze des Vorderarmes Armschienen.

Die Handschuhe sind bei beiden Rittern verschieden. Bei der Kirchzartener Figur sehen wir Handschuhe aus Ringpanzergeflecht, und zwar sind diese wie die Fausthandschuhe gebildet, indem nur der Daumen für sich allein geschützt wird, während die anderen vier Finger in gemeinsamer Hülle stecken. Die Handschuhe des Berthold V. erscheinen dagegen aus Leder gefertigt mit darauf aufgenähten, den Fingergliedern ähnlichen Blechschuppen (= Fingerkacheln); auch haben seine Handschuhe Eisenstulpen.

Die Eisenhosen beider Ritter zeigen Ähnlichkeit mit Strümpfen und wurden einzeln angezogen und jeweils an dem Lendenier befestigt. Wurde der Lendenierstrick zerhauen, so fielen die Eisenhosen herab. Ohne Zweifel aber trugen die Ritter unter den Eisenhosen solche von Stoff oder Leder, um so das Durchscheuern der Haut zu vermneiden und den Druck der Eisenringe abzuschwächen. Über die Eisenhosen wurden die Sporen gebunden, und zwar geschah dies mittels Lederriemen oder breiten seidenen Borden. Aus den Dichtungen geht hervor, daß mit Vorliebe Damen dem Ritter die Sporen anlegen und abnehmen halfen, ein Geschäft, das sonst dem Knappen oblag. Auch wird berichtet, daß ehrlosen Rittern zur Strafe die Sporen abgehauen wurden.

Besonderen Schutz erhielten noch die Knie, indem man über die Eisenhosen sog. Kniekacheln aus Leder oder Metall anriemte. Diese Kniekacheln sind bei Berthold V, auch noch mit herzförmigen, nach abwärts hängenden Ausschnitten (sog. Zatteln) geziert. Mit den Kniekacheln wie mir den Armschienen suchte man jene Stellen der Panzerrüstung zu verstärken, die einer Verletzung sehr ausgesetzt waren und an denen sich eine solche besonders empfindlich bemerkbar gemacht haben würde. Und in diesen in starrer Form auftretenden Schutzstücken hat man die Vorläufer der Plattenrüstung der nachfolgenden Epoche zu erblicken.

Über dem Panzerhemd wird das Waffenkleid oder der Waffenrock getragen; es ist dies bei Kuno v. F. ein ärmelloses Kleidungsstück, das, wie der schöne Faltenwurf beweist, aus weichem Stoff angefertigt war. Es reichte bis an die Knie, war vorne und hinten geschlitzt, um beim Reiten nicht zu behindern. Der ursprüngliche Zweck desselben mag wohl der gewesen sein, zu verhüten, daß die Eisenrüstung durch Feuchtigkeit leide oder daß sie durch die Sonnenstrahlen nicht gar zu sehr erhitzt wurde. Später wurde der Waffenrock aber zum Schmuckstück, und auf dem kostbaren Stoffe erscheint mit großer Pracht gestickt meist das Wappenzeichen des Ritters, etwa so, wie wir es auf Abbildung 5 sehen. Ein Besatz mit klingenden Schellen durfte bei den eitlen jungen Rittern auch nicht fehlen. Im Gegensatz zu dem Waffenrock des Kuno v. F. ist der des Berthold V. in die Taille gearbeitet, man muß sich ihn aus Leder oder Stoff gefertigt denken. Da er dem Körper eng anliegt, so konnte man nicht in ihn hineinschlüpfen; er war deshalb an der Seite offen und wurde da durch Nestelung zusammen gehalten (vgl. Abbildung 3). Ein solcher Waffenrock wird mit Lendner bezeichnet; dieser Ausdruck ist sprachlich identisch mit dem Worte Lendenier (= Gürtel, der unter dem Panzerhemd um den Leib befestigt war und die Eisenhosen trug). Über dem Lendner erscheint bei Berthold V. ein mit Mertallscheiben gezierter Gürtel, der sog. „Dupfing“, unter welchem der Tuchschurz des Lendners herabhängend erscheint. Ärmel hat der Lendner nicht, dafür aber Ärmelansätze oder Ärmelkappen zum Schutze der Achseln, und diese sind wieder mir blattförmig ausgeschnittenen Zatteln verziert.

Bei Kuno v. F. bemerkt man alsdann noch an den Ärmelausschnitten des Waffenrockes und in dem Schlitze desselben oberhalb der Knie Schuppen, die vermutlich auf Stoff aufgenäht waren und einem steiferen, gegen Stich widerstandsfähigeren Rüstungsstücke angehören, das zwischen Panzerrock und Waffenkleid getragen wurde.

Sowohl der Dolch als auch das Schwert hängen bei beiden Rittern an Ketten, die von der rechten Brust ausgehen. bei Kuno v. F. sind sie wahrscheinlich an dem ebengenannten Rüstungsstücke befestigt und treten durch Schlitze aus dem Waffenrock hervor. Auf seiner linken Brust er scheinen noch zwei weitere Ketten, von denen die herabhängende mit einem T-förmigen Endstück versehen ist. Dieselbe diente zum Einhängen des Topfhelmes, ihr Endstück wurde in das kreuzförmige Loch desselben eingehakt (Abb. 1). Ein Schlitz an dem Topfhelm wäre dazu ausreichend gewesen, allein man brachte zwei übers Kreuz gelegte Schlitze an, um so die Möglichkeit der rascheren Befestigung zu gewinnen, Die zweite Kette auf der linken Brust des Kuno v. F., die über die Achsel gelegt erscheint, kann wohl nur zum Anhängen des Schildes gedient haben.

Das wichtigste Stück der Ritterrüstung ist die Kopfbedeckung, der Helm. So wie sie uns in den Abbildungen 1, 2 und 4 entgegentritt, haben wir es mit der Beckenhaube, dem Eisenhuot, zu tun. Da die Beckenhaube auf Abbildung 2 mehr von der Seite erscheint, so erkennt man, daß sie weit in den Nacken herabreichte; an ihr ist, wie oben schon gesagt, der Halsschutz angehängt. Über diese Beckenhaube wird der Topfhelm, auf dem Kuno v. Fs. Haupt ruht, übergestülpt, und der Ritter hat dann etwa so ausgesehen, wie es die Abbildung 5 veranschaulicht. Auch zeigt uns dieses Bild sehr schön die auf dem Topfhelm aufsitzende Helmzier.

Die Ausrüstung des Ritters Kuno v. F. ist durch die Umschrifr genau datiert. Sie ist die, wie sie um die Mitte des 14. Jahrhunderts in vielfachen Varianten getragen wurde. Auch Berthold V. träge im wesentlichen die gleiche Ausrüstung, und die Figur kann daher kaum vor der Mitte des 14. Jahrhunderts entstanden sein; und dies stimmt auch mit der seitherigen Anschauung, daß die Grabfigur Bertholds V., der im Jahre 1218 starb, erst etwa 150 Jahre später gemeißelt wurde. Aber all diese Fragen gehören nicht in den Rahmen dieser Betrachtung, es kam hier nur darauf an, den Leser mit dem schönen Denkmal in der Kirche in Kirchzarten näher bekannt zu machen und es an der Hand einer besseren Abbildung zu würdigen als dies in der „Kunsttopographie Badens“ geschehen ist.

In heraldischer Hinsicht kann die Grabplatte des Kuno v. F. auch als authentische Quelle gelten. Das Schild des Ritters ziert das Familienwappen derer von Falkenstein, die im Höllental auf schroffer Felswand eine Burg (Alt-Falkenstein, 1388 oder 1390 zerstört) besaßen, dann eine solche weiter westwärts (Neu-Falkenstein, deren Rest heute noch als „Bubenstein“ bekannt ist) und weitere am Falkenbühl beim Eingang ins Wittental an der Eschbach, bei Birkenreute südlich des Giersberges und bei Dachswangen unweit von Umkirch ihr eigen nannten. Das Wappen an der Skulptur zeigt zwei Querbogen, auf deren unterem auf einem Dreiberg ein auffliegender Falke steht. Das zugehörige Wappenkleinod findet sich als Helmzier an dem Topfhelm, auf dem das Haupt des Kuno v. F. ruht; es besteht aus zwei abgekehrten Hahnenhälsen mit Kämmen. Was nun die Farben oder Tinkturen des Wappens betrifft, so gibt unsere Grabplatte keinen sicheren Aufschluß, in dem die heutige Bemalung nicht die ursprüngliche ist. Wir müssen daher eine andere Quelle zu Rate ziehen und greifen dabei am besten zu der Züricher Wappenrolle, die etwa zu gleicher Zeit wie unsere Skulptur entstanden ist. Nach diesem Wappenbuche sind die Farben des Falkenstein’schen Wappens: Schild — gold, Querbogen — rot, Falke — blau, Hahnenhälse — schwarz, Hahnenkämme — weiß. Auffallend ist, daß in der Züricher Wappenrolle aber der Dreiberg, auf dem der Falke in Kirchzarten steht, völlig fehle, und es stehen somit die beiden gleichzeitigen Dokumente (Skulptur und Wappenbuch) einander widersprechend gegenüber. Der Dreiberg wird übrigens nach dem Oberbadischen Geschlechterbuche als „grün“ angegeben. Hinsichtlich der Farben kann man auch noch ein anderes und zwar das aus dem Jahre 1483 stammende Wappenbuch von Konrad Grünenberg nachsehen, man findet darin den Dreiberg rot und von den Hahnenhälsen den einen rot und den anderen weiß, beide aber mit weißen Hahnenkämmen.

Neben dem Falkenstein´schen Wappen mit dem Kleinode der Hahnenhälse (Das Wappenbild derer von Falkenstein, die als Helmzier die Hahnenhälse trugen, findet man auch auf einem alten in der Kunsttopograpbhie Badens nicht erwähnten Sandsteinrelief, das am Treppenturme des ehemaligen St. Blasianischen Probsteigebäudes in Krozingen eingemauert ist. Wie aus Abbildung 7 ersichtlich, steht das Wappen dem der Familie von Krozingen gegenüber, und aus den Urkunden ist bekannt, daß ein Neffe des Kuno v. Falkenstein mit Anna von Krozingen (+ 1426) verheiratet war. Ein weiterer ebenfalls nicht inventarisierter Falkenstein’scher Wappenstein befindet sich nach Mitteilung von Prof. Geiges am Schulhause in Landeck.), welches die Familie derer von Falkenstein von Neu- und Alt-Falkenstein und vom Falkenbühl führte, kommt auch noch das Falkenstein’sche Wappen mit dem Kleinode eines das Wappenbild wiederholenden auf fliegenden blauen Falken vor; und ein solches Wappen führen die Falkenstein von Bickenrütty, also der andere Zweig der Familie.

Das Falkenstein'sche Wappen aber ohne Wappenkleinod findet man unter anderem auch auf einem der aus dem Kloster Adelhausen stammenden, etwa ums Jahr 1330 entstandenen Bilderteppiche, den H. Schweizer im 31. Jahrlauf des „Schau-in´s-Land“ veröffentlicht hat. Die Vermutung, daß die Frau des Kuno v. F. oder die Tochter, die im Kloster in Günterstal lebte, den fraglichen Bilderteppich gestickt oder gestiftet haben könnte, findet leider keine heraldische Stütze, weil dem Wappen auf dem Teppich das Wappenkleinod fehlt, und man also auch an ein Mitglied der Familie von Bickenrütty denken muß.

In der Geschichte des Breisgaues und des Schwarzwaldes begegnet man noch anderen Geschlechtern von Falkenstein, sie führen aber andere Wappen und brauchen hier nicht aufgeführt zu werden. Daß aber trotzdem das aus dem Buchsgau (Das Wappenbild dieser Familie ist rot-silber-schwarz geteilt, und als Kleinod gehört dazu ein am Rücken mit Federn besetzter Schwanenhals (vergl. „Schau-in's-Land“ Jahrlauf 38, Seite 62-63). Bei diesem Hinweis mag dann auch zur Richtigstellung nachgetragen werden, daß dort das auf Seite 63 oben rechts abgebildete Wappen mit dem gehörnten Steinbock und mit dem wachsenden Steinbock als Helmzier nicht das der Familie von Thierstein, sondern das derer von Hohenems ist. Und umgekehrt sollte das auf Seite 62 als von Hohenems bezeichnete Wappen auf Seite 63 stehen, denn jenes ist das Wappen derer von Thierstein. Aus Versehen sind damals beide Zeichnungen vertauscht worden.) stammende und in der Geschichte von Ebringen vorkommende Geschlecht noch genannt wird, geschieht deshalb, um den Leser auch hier wieder auf die in der Kirche in Ebringen befindlichen Grabplatten mit ihren in Hochrelief herausgearbeiteten Ritterfiguren aufmerksam zu machen. Im Gegensatze zur Kirchzartener Grabplatte zeigen diese die spätere Rittertracht, und zwar den ausgebildeten Plattenharnisch des 16. Jahrhunderts.
Fritz Ziegler.