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Falkenstein und die Falkensteiner in Geschichte und Sage.
Von Dr. Hermann Mayer in Freiburg

aus Breisgauer Chronik Nr. 4, Mittwoch,, den 25. Februar 1914

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Wer heute unser malerisches Höllental hinaufwandert, der erblickt, wenn er am ehemals vielbesuchten Gasthaus zu den „zwei Tauben“ sowie am Wirtshaus zum „Löwen“ vorbeigekommen ist links über der Straße die Trümmer eines viereckigen Turmes. Es sind das aber nicht die Reste der Burg Falkenstein selbst, sondern nur eines Vorwerkes von geringerem Umfang, vielleicht eines Wartturmes, der zugleich eine Wohnung von Knappen sein mochte. Gerade für einen Wart- oder Beobachtungsturm eignet sich der ‘Platz ausgezeichnet; denn wir befinden uns unmittelbar über dem Weg und dem Bach und dem immer schmaler werdenden Tal. Auf drei Seiten läuft noch ein Graben um die Ruine. Daß dieser Turm aber als Vorburg zum eigentlichen Falkenstein gehörte, bezeugt der urkundlich schon 1266 vorkommende Name Neu-Falkenstein, während sonst auch) der Name Bubenstein sich findet, eben von den Knappen, die, wie man annimmt, dort gewohnt haben. Erst weiter östlich an der schmalsten und interessantesten Stelle des ganzen Tales, schräg gegenüber dem Felsen des sogenannten Hirschsprunges, sind die kaum noch zu findenden Reste der eigentlichen Burg Falkenstein oder Alt-Falkenstein, vielleicht auf den Fundamenten eines alten Römerkastells erbaut. Man*) will sogar den Namen davon ableiten, daß in den öden Mauern jener teilweise zerfallenen Römischen Warte sich Falken eingenistet hätten auch glaubt man vielfach, daß der Name „Räuberschloß“ bis in die unruhigen Zeiten der Völkerwanderung zurückreiche. (?)


Jedenfalls beherrschte eine Burg gerade an dieser Stelle den ganzen Talweg. Dabei darf man sich aber für jene Zeiten des Mittelalters nicht eine große breite Straße durch das Höllental denken. Eine solche führte vielmehr von Freiburg und dem Kirchzartener Tal die Wagensteig hinauf über den Turner und Hohlen Graben das Joostal hinab nach Neustadt und weiter ins Schwabenland. Durch unser Höllental führte nur ein schmaler Weg für Fußreisende und Saumrosse. Erst im 18. Jahrhundert, 1755, wurde auch hier mit dem Bau einer Straße begonnen, deren letzte Felssprengungen erst in das Jahr 1770 fallen, wo die später so unglückliche Tochter der Kaiserin Maria Theresia, die Prinzessin und spätere Königin Maria Antoinette, in festlichem Brautzuge nach Frankreich hinübergeleitet wurde.


Hier also war es, wo die Zähinger, jenes angesehene Geschlecht, von dem unser heutiges badisches Fürstenhaus sich ableitet, eines ihrer Dienstmännischen Geschlechter mit

Grund und Boden belehnten und so die ehemalige Römerwarte in eine Ritterfeste umwandelten.


Und es war tatsächlich ein edles Geschlecht, diese Ritter von Falkenstein, die sich urkundlich bis ins 11. Jahrhundert zurückverfolgen lassen. Sie gehörten zu dem ältesten und angesehensten Hausadel der Zähringer und der späteren Grafen von Freiburg, in deren Hausmannschaft sie als Ministerialen dienten, also zum niederen Adel gehörten. Gerade so wie z. B. die Herren von Staufen im Münstertal, die von Baden zu Badenweiler, die von Ampringen an der Möhlin und die mit den Falkensteinern mehrfach verschwägerten und verbundenen Herren von Schnewelin. Schon 1141 erscheinen bei dem Hohenstaufenkönig Konrad III. als Sieger über Welf mit dem Zähringer Berthold u. a. auch die Herren von Falkenstein. (Heyd, Geschichte der Herzöge von Zähringen, Freiburg 1891, Seite 297). Ihr Gebiet war sehr ausgedehnt ; als Lehen vom Hause Zähringen und vom Stift St. Gallen besaßen sie einen großen Teil des Kirchzartner Tales samt dem Kappeler- und Höllental, die Gegend von Breitnau und Steig, die „Wildnis“ vom Titisee bis zum Feldberg, ferner aber auch jenseits des Roßkopfs, das Föhrental, Vörstetten und Teile der March. Alles in allem also den größeren Teil des Dreisamgebietes bis hinauf in die Baargegend zur fürstenbergischen Grenze. Gewiß stattliche Besiztungen für ein herzogliches Dienstmannengeschlecht.


So ausgestattet zeigten die ältesten Falkensteiner aber auch einen frommen, ritterlichen Sinn. Schon am Schluß des 11. Jahrhunderts beschenkte einer der ihrigen das von Lehnsherrn Berthold II. neugestiftete Gotteshaus St. Peter mit einem Hofgut in Weiler, und die nächsten Nachkommen folgten diesem frommen Beispiele durch Gütersenkungen zu Nordweil, Gundelfingen und Merdingen.


Schon früh war das Geschlecht in mehrere Zweige geteilt, die auf den Burgen und Säßhäusern zu Falkenstein im Höllental selbst, zu Falkenbühl am Eingange des Wittentals, zur Birkenreute hinter Kirchzarten, (1325 ist ein Kuno v. Falkenstein als Herr und Vogt über das Dorf Kirchzarten bezeugt,) Neufalkenstein bei Neuhäuser oder Kappel, und Dachswangen bei Umkirch hausten. Die Stammburg selbst war gemeinschaftliches Lehen, an dem jeder Zweig einen bestimmten Anteil hatte (sog. Ganerbschaftsverhältnis).


Manche der Angehörigen des Geschlechts hatten auch Wohn- und Bürgerrecht in Freiburg und waren im Besitz nobler Häuser daselbst. Das Deutschordenshaus, jetzige Hauptsteueramt (Salzstraße 28) entstand. Daß dann Falkensteiner auch häufig als Ratsleute und: Bürgermeister von Freiburg vorkamen, wird umso weniger wundern, wenn wir bedenken, daß nach der damaligen Stadtverfassung die sechs ersten Ratstellen, darunter stets die des Bürgermeisters und des Schultheißen mit Adeligen besetzt wurden. Es hatte das freilich vielfach wenig reale Bedeutung, weil manche dieser adeligen Herren nur wenige male im Jahr den Rat besuchten. (Vergl. die adeligen Ehrenrektoren unserer alten Universitäten.)


Aber auch andere Ehrenstellen und bedeutende Aemter hatten Mitglieder des Falkenstein'schen Geschlechts inne. So ist, um nur einige zu nennen, 1260 ein Falkensteiner Abt des Klosters Tennenbach bei Emmendingen, 1280 einer Komthur des Deutschherrenordens, 1336 ein Walter von Falkenstein Pfleger des Spitals zum hl. Geist in Freiburg; auch als Mitglieder von Mönchs- und Ritterorden finden wir Falkensteiner, so im 13. Jahrhundert bei den Johannitern, im 14. und 15. Jahrhundert im Predigerkloster zu Freiburg, viele Töchter des Hauses im 13. Jahrhundert bei den Clarissen, später im Kloster Adelhausen in Freiburg.


Der vorhin genannte Abt des Klosters Tennenbach, Heinrich von Falkenstein, war vorher der erste „Schulmeister“ der von Graf- Konrad in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts, also bald nach dem Aussterben der Zähringer. im Mannesstamme (1218), in Freiburg gegründeten Stadtschule; später wurde er Prior und zuletzt, wie gesagt, Abt in Tennenbach, wo er als „ein frommer und getreuer Hirt“ segensreich wirkte.


Fromme und edle Ritterlichkeit bei stattlichem Besitztum erhob also die alten Falkensteiner weit hinaus über den gewöhnlichen Schlag des niederen Adels ihrer Zeit. Aber die schon genannten Verwandten aus der Schnewelin'schen Familie zusammen mit widrigen Zeitumständen waren ihnen zum Verderben. „Die Schnewelin´schen Vettern und Schwäger setzten sich wie Schmarozerpflanzen- auf ihren üppigen Stammbaum und sogen ihm die besten Säfte aus. Sie verwickelten die Falkensteiner in Fehden und Rechtshändel, benützten die Wirtschaftslosigkeit der guten Junker zum eigenen Gewinn, streckten ihnen eine Summe nach der anderen auf Unterpfand von Familiengütern vor, welche meistens nicht ausgelöst wurden, und eigneten sich so den größten Teil derselben an. (J. Bader, Gesch. d. Stadt Freiburg I. 372.)


Immer mehr verschuldet, verloren so die Falkensteiner der Reihe nach den größten Teil ihrer einst so umfangreichen Besitzungen, bis schließlich alles, was im Höllental und weiter über Hinterzarten bis zum Feldberg hin früher falkensteinisch gewesen war, zum größten Teil schnewelin-landeckisch war. Anstatt wie früher durch fromme Vermächtnisse,

machten sie sich jetzt, von Schulden überhäuft, durch Verpfändungen und Verkäufe der Familiengüter (so wurde z.B. schon 1278 das Kappelertal an die Deutschherren abgetreten) bemerklich. Schließlich verloren sie mit dem Vermögen auch jede Scham, wurden zu Raubritter und Wegelagerern und zusammen mit den verwandten Schnewelin eine wahre Plage des Landes.


Freilich machten die unseligen Zeitverhältnisse unter König Wenzel in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, die endlosen Fehden und Kämpfe zwischen Fürsten, Adel, Städten und Städtebünden die Verkommenheit des Adels im allgemeinen damals erklärlich. War es doch dieselbe Zeit, wo die Stadt Freiburg selbst, in endlosen Kämpfen mit ihren Grafen verstrickt, froh war, sich 1368 schließlich unter österreichische Herrschaft begeben zu können.


Ein Werner von Falkenstein, der in jenen Kämpfen der schwäbischen Städte gegen den Grafen Eberhard von Württemberg auf Seite des letzteren tätig gewesen, trieb das Raubhandwerk am schlimmsten. Er besetzte die ganze Burg, obwohl ihm nur ein Teil zustand, und die anderen seines Geschlechts schauten ruhig ihm dabei durch die Finger. „Unten, am Fuße des Schloßfelsens, lauerten immer etliche Knechte mit einem Hörnlein und oben verschmähte es die Burgfrau nicht, unter den Fensterbogen die Späherin zu

machen. Zogen nun Wanderer durch das Tal, so erscholl das Zeichen, und etliche Bewaffnete eilten von der Veste herab an den Weg. Die armen Fremdlinge wurden ergriffen und ihrer Güter beraubt oder hinaufgeschleppt zur Burg und so lange festgehalten, bis die Ihrigen sie mit schwerem Geld befreiten.“ (Bader a. a. O. S. 373).


So trieben die Falkensteiner ihr Raubhandwerk längere Zeit; die Abgelegenheit ihres Schlosses und die fast allgemeine Gesetzeslosigkeit der Zeit machten sie zuversichtlich und immer dreister, Kaufleute aus der Nähe und der Ferne, selbst solche aus Flandern und der Lombardei, Geistliche, Romfahrer, Pilger und selbst fahrende Schüler, bei denen gewiß nicht viel zu holen war, waren die Opfer ihrer Beutegier.


Verhörprotokolle sind uns erhalten, aus denen hervorgeht, daß sie oft dem Schaden noch den Spott hinzufügten; so wenn sie in die geleerten Weinfässer eines Kaufmanns statt des edlen Rebensaftes Wasser gossen und den Ausgeraubten damit weiterschickten. Sie vergaßen dabei nie, ihren ausgeraubten Opfern, bevor sie sie entließen, den- Eid der Verschwiegenheit abzunehmen.


So lange Zeit von der weltlichen Gerechtigkeit, wenn es überhaupt damals in jenen schlimmen Zeiten eine solche noch gab, nicht erreicht wurden, sie immer übermütiger und

frecher und ließen sich schließlich herbei zum gemeinsten Diebstahl und zum abscheulichen Mord. Durch Diebstähle und Einbrüche auf den umliegenden Höfen bis nach Zarten herab und selbst bis nach Horben machten sie die ganze Umgegend im höchsten Grade unsicher.


Unangenehm war ihnen nur die Nähe der Stadt Freiburg und von hier aus kam für sie, als das Maß voll war, auch das Verhängnis.


Es war im Jahre 1388 oder 1389. Die Falkensteiner hatten einen Knecht, der zugleich Freiburger Hintersasse war, von der Burg in den Abgrund gestürzt, wo er mit zerschmetterten Gliedern tot liegen blieb, von seinem unglücklichen Weib aufgelesen und in dem St. Oswald-Kirchlein, etwas unterhalb des jetzigen Gasthauses zum „Sternen“ und der Ravennaschlucht (der ältesten Kirche des ganzen Tales} begraben wurde.


Rachedurstig wandte sich die Witwe an den Rat von Freiburg mit ihrer Klage. Nach längerer Untersuchung erfolgte 1390 beim Hofgericht in Rottweil der Antrag auf Aussprache der Acht über die Mörder und offene Fehde zwischenFreiburg und Falkenstein. Eine große Zahl von Adeligen, an ihrer Spie Herzog Reinold von Urslingen, verband sich mit den Freiburgern und half ihnen, die Rache für ihren Hintersassen auszuführen.


Burg Falkenstein wurde angegriffen, fiel, wurde verbrannt und zerstört, gerade so vollständig wie die Freiburger schon 1314 ein anderes Raubnest, die „wilde Schneeeburg“’ im St. Wilhelmer Tal oberhalb Oberried niedergerissen hatten. (Eine ganze Reihe von Urkunden im Freiburger Urkundenbuch II. Nr. 329 - 338 geben über den Untergang Falkensteins Auskunft.) So ist Falkenstein unter den frühesten des Landes der Zerstörung anheim gefallen. Die meisten übrigen Burgen am Oberrhein gingen erst im Bauernkrieg oder im dreißigjährigen Kriege oder noch später zugrunde.


Die Falkensteiner Herren selbst büßten zunächst längere Zeit im Gefängnis, aus dem sie sich schließlich nur durch Bürgschaft und schwere Sühne befreiten, während ihre Knechte und Helfer dem Tod duchs Rad oder durch den Strang verfielen.


Die drei Falkensteinischen Brüder, Konrad Dietrich; Werner und Klein Künlin, schwuren der Stadt Urfehde, d.h. sie leisteten den Schwur, sich nie wegen des Geschehenen rächen zu wollen und traten in Dienst der Herzöge von Oesterreich, denen ja seit 1368 auch Freiburg gehörte. Die noch vorhandenen Besitzungen im Breisgau, wie Kirchzarten, Breitnau, Föhrental und Teile des Suggentals wurden verkauft und versetzt.


Im Anfang des 15. Jahrhunderts, zur Zeit des Konzils von Konstanz, wurde vonseiten der jetzt in Freiburg wohnenden Falkensteiner der Versuch gemacht, ihre zerstörte Stammburg wieder aufbauen zu dürfen. Es war aber vergeblich. Falkenstein im Höllental war und blieb eine Ruine bis auf den heutigen Tag.


Dagegen wird das Tal jetzt nach ihr benannt: Der Name Falkensteiner Tal kommt m. W. zum erstenmal in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts in Freiburger Urkunden vor.


Die Falkensteiner vom Höllental selbst erloschen als Patrizier in Freiburg in Armut und Dunkelheit. Der letzte sichere Sproß dieses Höllentalgeschlechts ist (nach dem Stammbaum des Oberbadischen Geschlechterbuches) Künlin von Falkenstein, ein Neffe der drei obengenannten, der für 1442 noch bezeugt ist. Möglich ist aber auch (und die

Ansicht Jos. Baders), daß jene drei Falkensteiner, die beim Einzug Kaiser Maximilians I. zum Reichstag in Freiburg 1498 den „Himmel“, unter dem der Kaiser geleitet wurde, tragen durften, diesem Geschlechte noch angehörten.


Nun gab es in Freiburg selbst bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts Freiherren v. Falkenstein, die als Mitglieder des Rats und als Bürgermeister, als Räte und Vorstände der Landesregierung, als kaiserliche Gesandte und Beförderer der Landwirtschaft sich in weiten Kreisen verdient machten. Dieselben müssen auch in geordneten und guten Finanzverhältnissen gewesen sein; 1503 leiht einer von ihnen der Stadt ein Kapital von 400 Gulden. Mehrere von ihnen sind auch - der erste 1488 - an unserer Universität immatrikuliert gewesen, so 1503 ein Thomas v. Falkenstein, der später Domherr in Ellwangen und von dem Probst des berühmten Margaretenstifts in Waldkirch zu seinem Nachfolger bestimmt wurde und dem rechtmäßig gewählten bekannten Baltasar Mercklin 1508 das Amt streitig machte.


Auch sonst, treffen wir solche im Besitz von Domherrerstellen. 1523 im Bauernkrieg wird einer bei einem Ausfall aus Freiburg von den Bauern erschlagen.


Ein Zweig erwarb Rimsingen drüben am Tuniberg, und zwar der 1590 an hiesiger Hochschule, inskribierte Johann Erhard v. Falkenstein, der 1636 starb und in unserem Münster vor der sog. Heimhoferkapelle. (der ersten wenn man von der nördlichen Seite den Chorumgang betritt) begraben liegt (sog. Baseler Sakristei). Dieser Zweig wurde noch im 17. Jahrhundert in den erblichen österreichischen Freiherrnstand erhoben und besaß später zu. die Grundherrenrechte in Hausen an der Möhlin und zu Neuershausen.


Eine jüngere Linie existiert noch in Oesterreich.


Die Breisgauer Linie, denen in unserer Stadt das früher v. Böcklin'sche Haus Franziskanerstraße 3 (Hier wohnte Kaiser Max 1498 während des Reichstags. Um ungestört dem Gottesdienst beiwohnen zu können, war eine Brücke mit gedecktem Gang zum gegenüberliegenden Barfüßerkloster gebaut worden), die jetzige Sparkasse mit dem prächtigen Erker gehörte, starb 1872 mit dem badischen Kammerherrn und Rittmeister Franz Freiherr v. Falkenstein im Mannesstamm aus. Von den zwei Töchtern ist die eine mit dem Freiherrn Wamboldt von Umbstadt in Hessen, die andere mit dem Grafen Raban von Helmstadt vermählt.


Die große Frage ist nun die: Sind die Freiburger Falkensteiner mit denen im Höllental verwandt?-Heinr. Schreiber hat, als er 1824 zum erstenmal sich darüber aussprach, dies entschieden verneint und die Ansicht ausgesprochen, die beiden hätten nur den Namen gemeinsam, denn die im Höllental seien als Lehensleute der Herzöge von Zähringen und später der Grafen von Freiburg zum niederen Adel zu rechnen, jene aber hätten zu den uralten, aus Schloß Falkenstein im Württembergischen Schwarzwald stammenden Freiherren gehört, seien also Dynasten und „Fürstengenoß“ gewesen. Dafür spreche auch

die Verschiedenheit der Wappen: Die im Höllental führen einen Falken, die Freiherren in Freiburg einen Hirsch im Schild. (Derselben Ansicht ist auch Jos. Bader in der Badenia a. a. O. Er ist uns jedoch die Beweise, die er dort an anderem Orte zu geben verspricht, m. W. schuldig geblieben.) Zwanzig Jahre später dagegen, 1844, ist Schreiber selbst zweifelhaft geworden, ob die Freiburger Freiherren von Falkenstein wirklich alteinheimisch oder nicht vielmehr erst später eingewandert seien. In Betreff der Wappen ist jetzt (1844) Schreiber überzeugt, daß oft verschiedene Linien desselben Geschlechts oder derselben Familie zur nötigen Unterscheidung die Wappentiere wechselten. (Freiburger Taschenbuch).


Jedenfalls gab es verschiedene Falkensteiner Geschlechter mit verschiedener Abstammung und verschiedenen Wappen; sie sind aber besonders in der älteren Generation schwer von einander zu unterscheiden. Im oberbadischen Geschlechterbuch allein sind deren sechs angeführt:

1) die von Falkenstein im Höllental,

2) die von Falkenstein auf dem Schwarzwald im württembergischen Oberamt Oberndorf, wo die Burg Falkenstein bei Schramberg. nicht weit von der badisch-wiürttembergischen Grenze lag. Es ist dies die Burg, wo jener aufrührerische Stiefsohn Kaiser Konrads II., der von Uhland dramatisch wegen seiner Freundestreue mit Werner von Kyburg verherrlichte Herzog Ernst Il. von Schwaben geweilt hat, bis er 1030 in der Nähe im Kampf gegen die Kaiserlichen den Tod fand. Diese Edelherren von Falkenstein, deren Einfluß namentlich auf das Kloster St. Georgen (Schwarzwald) sehr drückend sich geltend machte, führten im Wappen einen Widder auf goldenem Dreiberg. Auch diese Falkensteiner stellten Ratsherren in Freiburg.

3. Die von Falkenstein zu Rimsingen.

4. Die von Falkenstein am Bodensee, in Hohenzollern und im St.Gallischen.

5) Die Freiherren von Falkenstein im Buchsgau, stammend vom Schloß Falkenstein im Solothurner Gebiet, zuerst Grafen, später Herren, zuletzt Freiherren. Ich vermute, daß; zu ihnen auch. diejenigen der an unserer Hochschule immatrikulierten Falkensteiner gehören, bei. denen als Herkunftsangabe basiliensis diöc. (esis) steht. Im Besitz der zwischen Elztal und Kinzigtal liegenden Heidburg, waren sie bestrebt, auch im Breisgauischen festen Fuß zu fassen und empfingen unter anderem: die Herrschaft Ebringen mit der Feste Schneeburg vom Kloster St. Gallen zu Lehen. Im Wappen hatten sie auf dem Schild“ einen Schwanenhals.

6) Die von Falkenstein im Wasgau und zwar im.Unter-Elsaß.


Außerdem. gab: es im 14. und 15. Jahrhundert in Freiburg ein bürgerliches Geschlecht, vielleicht illegitime Sprossen derer von Falkenstein im Höllental. 1435 ist einer von ihnen Zunftmeister.


Ist so. schon. die Genealogie der am Oberrhein vorkommenden Falkensteiner vielfach zweifelhaft, so ist dies für uns noch mehr für weiter entfernte Träger des Namens. Für Juristen will ich nur zweierlei erwähnen. Auf Anregung eines Gafen Hoyer von Falkenstein, Stiftsvogt von Quedlinburg, übertrug Eike von Repgow den Ursprünglich lateinisch geschriebenen Sachsenspiegel vor 1235 ins Deutsche (Niedersächsische), (Gebhard, Handbuch der deutschen Geschichte 5. Auflage. I. 489); und für einen Gregor von Falkenstein schrieb 1287 der Diakonus Konrad von Lüzelnheim den ältesten Pergament-Codex des Schwabenspiegels


Soviel zur Geschichte Falkensteins und der Falkensteiner.


“Wenden wir uns nun zur Sage.


In der Pfarrkirche zu Kirchzarten ist ein interessantes Grabdenkmal eines Ritters Kuno von Falkenstein mit lebensgroßem Bildnis des Verstorbenen, in betender Haltung und voller Rüstung. Zu seinen Füßen ein Löwe (Symbol der Stärke), im Wappen ein auffliegender Falke zwischen 2 roten Bögen. Die Unterschrift lautet:


Anno domini : 1343, 4 V. obiit dominus Cuno & Valchinstein miles.


Vielleicht ist es gerade dieser Löwe im Zusammenhang mit dem auffliegenden Falken, der Anlaß zu folgender bekannten Sage gegeben hat


Dem: Ritter Kuno von Falkenstein - den die Sage als den Gründer der Burg im Höllental bezeichnet - fehlte zum vollen Glück nur die Nachkommenschaft. Darob ward er sehr bekümmert und wurde immer melancholischer, widerstrebte aber standhaft den Lockungen des bösen Feindes, der ihm um den Preis seiner Seele das Gewünschte versprach. Schließlich entschloß er sich, eine Wallfahrt ins gelobte Land zu machen. Seiner betrübten Gattin Ida hinterließ er bei seiner Abreise die Hälfte des Traurings mit dem Bemerken, wenn er innerhalb 7 Jahren ‘nicht zurückkehre, solle sie einen andern heiraten. Im heiligen Lande machte er sich durch viele Kämpfe gegen die Ungläubigen berühmt, fiel aber schließlich in die Gefangenschaft des Sultans. Hier schmachtete er mehrere Jahre. Endlich konnte er sich frei machen und suchte den Weg nach der Heimat.

Unterwegs aber verirrte er in einem Walde und sank erschöpft darnieder. Da tritt der Böse wieder vor ihn und meldet, das siebente Jahr gehe zu Ende und seine Gattin werde morgen schon einen andern heiraten. In der Verzweiflung stimmt jetzt Kuno dem Vorschlag des Bösen zu, ihn in seine Heimat zu bringen und Gewalt über ihn zu, bekommen, wenn er unterwegs einschlafe; wenn dagegen auf der langen Reise er sich des Schlafes erwehren könne, werde seine Seele frei und ungefährdet bleiben. Alsbald verwandelt sich jetzt Satan in einen geflügelten Löwen, der auf seinem Rücken den Ritter in die Lüfte hebt und wegträgt. Schon sind sie der Heimat nahe, da übermannt Müdigkeit den Tapferen und die Augen wollen ihm zufallen. Plötzlich erscheint ein Falke in den Lüften, setzt sich auf sein Haupt und hält ihn mit seinem Flügelschlägen, so oft er einschlafen will, wach. So gelangt er gerettet nach Hause, als eben der Hochzeitszug von der Kirche, wo seine vermeintliche Witwe einem andern angetraut wurde, ins Schloß zurückkehrt. Er meldet sich als Pilger beim Torwart und bittet um einen labenden Trunk von der Tafelgesellschaft. Die Braut selbst läßt ihm einen Becher Weines hinausschicken; nachdem er denselben geleert, läßt er seine Hälfte des Traurings hineinfallen und schickt so den Becher wieder hinein, Die Braut wirft ihre Hälfte dazu, die beiden Teile vereinigen sich, die Frau erkennt daran ihren längst totgeglaubten Gatten, Kuno tritt wieder in seine Eherechte ein, und es beginnt nun ein langes zweites Eheglück, dem auch die ersehnte Nachkommenschaft nicht versagt bleibt.


Neben dieser Version der Sage gibt es noch mehrere andere, die verschiedene charakteristische Einzelheiten haben. So z.B., daß der Sultan den tapferen gefangenen Kämpfer für sich zu gewinnen suchte und ihm die Hand seiner Tochter anbot. Als der Ritter dieses Ansinnen jedoch mit Abscheu zurückwies, zwang ihn der Sultan zu den niedrigsten Arbeiten, ließ ihn sogar wie ein Zugvieh vor den Pflug spannen und die Geißel das Sklaventreibers über ihn schwingen. Beim Vertrag mit dem Satan läßt dann dieser mit dem Blut aus einem Geschwür, das solche Peitschenhiebe beim Ritter hervorgebracht haben, diesen seine Unterschrift auf der Pergamenturkunde geben, mit dem eigenen Blut sich also seine Seele (bedingungsweise) verschreiben. Und als der Löwe den nicht Eingeschlafenen zornig und brüllend, weil die Seele ihm entgangen, vor seiner Burg niedersetzt, da fällt jenes Pergament zerrissen zu Boden.


Oder aber es wird erzählt, der Ritter habe beim Bösen den Pferdefuß erkannt, und da, wo der Löwe ihn niedersetzte habe ein Wirtshaus den Schild „zum Pferdefuß erhalten.


Auch wird erzählt, daß Kuno ursprünglich mit drei anderen Gefangenen geflohen sei und als sie an eine hohe Mauer gelangten, die ihnen den Weg versperrte, sei zuerst einer der Gefährten hinaufgestiegen, um nach der Fortsetzung des Weges zu schauen, aber oben höhnisch lachend verschwunden und so auch der zweite und dritte. Da sei es dem Ritter klar geworden, daß dies wohl die Mauer des Paradieses sein könne, vor der einst Alexander auf der Fahrt nach Indien gestanden; er habe. daher andächtig ein Kreuz geschlagen, worauf die Mauer verschwunden sei.


In wieder anderen Versionen der Sage werden zwei Falken genannt, von denen der eine mit dem Schnabel, der andere mit den Flügeln ihn wach gehalten. Auch wird mit besonderer Ausführlichkeit erzählt, wie seine Gattin von frechen, zudringlichen Freiern umlagert und bei längerem Widerstande kaum ihres Lebens und ihrer Güter sicher gewesen wäre. Endlich wird mitunter auch die Zeit näher zu fixieren gesucht, indem gesagt wird, er habe sich dem Kreuzzug Gottfrieds von Bouillon (1096- 1100) angeschlossen.


Es sind also verschiedene Motive, welche in dieser berühmten Sage eine Rolle spielen. Einmal das Faustmotiv der bedingungsweisen Verschreibung der Seele an den Bösen. Sodann das Motiv der Gattentreue. Kunos Gemahlin Ida eine zweite Penelope. Endlich die Wachsamkeit, die die glückliche Lösung herbeiführt, worauf das rettende Tier, der Falke, von dem geretteten Ritter in das Wappen aufgenommen wird, also eine wappenerklärende Sage.

Ein Ritter Kuno von Falkenstein mit einer Gemahlin namens Ida ist, übrigens urkundlich für das 12. Jahrhundert, also für die Zeit der Kreuzzüge bezeugt. Ueberhaupt kommt gerade dieser Name bei, unseren Falkensteinern sehr häufig vor und zwar unter den verschiedenen Formen: Kuno, Künlin, Klein Kuno, Lang Kuno usw. Auch wird erzählt, daß jener Kuno noch lange als „freundlicher Alter“ erschienen sei und verirrte Wanderer auf den rechten Weg gewiesen habe.


Nach einigen Erklärern soll die ganze Sage ihren Ursprung im altgermanischen Mythus haben, nach anderen ist sie orientalischer Herkunft. Nach Pfaff (Zeitschrift der Freiburger Gesellschaft. für Geschichtskunde VII. 1888 S.222.) ist die Sage in ähnlicher Form nicht nur in Deutschland, sondern auch in Frankreich, Italien, Spanien, Schottland, Böhmen, ja sogar in Rußland verbreitet. Hans Sachs hat sie benützt und Schiller hatte eine Bearbeitung ins ‘Auge gefaßt.


Zum Schluß sei erwähnt, daß auch bei der Zerstörung der Burg die Sage mitspielt. Man konnte sich eben die so rasche Einnahme und gründliche Vernichtung der einst so gefürchteten und uneinnehmbar scheinenden Feste auf gewöhnliche Weise gar nicht vorstellen und erklären. Und so wurde denn erzählt, eine auf Falkenstein gefangene Frau habe sich die Erlaubnis erbeten, auf dem Markt in Freiburg einiges einzukaufen. Sie benützte aber die Gelegenheit, um dem Rat in Freiburg Anzeige über die Schandtaten der Burginhaber zu erstatten und Fingerzeige zu geben zur Einnahme Falkensteins. Auf dem Heimweg streute sie aus ihrem Korb auf dem ganzen Weg bis zur versteckten Burg hin von den eingekauften Erbsen, auf deren Spur die Freiburger leicht zur Feste gelangen konnten. Ebenso gab sie durch das Aushängen eines großer weißen Tuches die Zeit an, in der Falkenstein leicht genommen werden konnte, während die Ritter betrunken bei Tisch saßen.


Einer weiteren Sage gehen noch heute die letzten Falkensteiner „Buschklepper“ als feurige Männer am Ort ihrer Taten oder ihrer Untaten nächtlicher Weile herum und können keine Ruhe finden.


Daß manche Sage sich um Falkenstein im Höllental gebildet hat, ist begreiflich. Denn allzuschnell und allzugründlich war, wie schon erwähnt, die einst so stolze und so gefürchtete Feste dem Untergang geweiht worden, anderseits aber auch neben dem Gedächtnis der schlimmen Raubritter das Andenken an die früheren Glanzzeiten. der ältesten, guten und ritterlichen Falkensteiner im Bewußtsein des Volkes noch nicht erloschen.