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ATTENTAL
Das Wegkreuz am Guckenbühl - ein Gedächtniskreuz ?

von Dr. Gundula Herrgesell und Oskar Steinhart aus Stegen


Das aus Eichenholz bestehende braun gestrichene Kreuz mit einem Korpus Christi unter einem großen Wetterschutzdach steht auf dem Gelände des Breitehofs unmittelbar nördlich des Feld- und Fahrradwegs Ebnet – Attental am Hangfuß des Guckenbühls, fest verankert, mit einem Betonsockel und darüber mit Bandeisen fixiert. Im Inschriftenfeld steht: „HERR GOTT HILF UNS WEITER“, oberhalb der Christusfigur befindet sich die Inschrift „INRI“. Eine schriftliche Aufzeichnung des Stifters und das Baujahr des Kreuzes sind nicht bekannt.


Foto: Oskar Steinhart, Mai 2013

Hinweise auf das Kreuz und seine Umgebung geben u.a. die vorliegenden Karten dieses Gebiets: die topographische Karte 1 : 25000 (TK 25) Blatt 8013 Freiburg von 1878, 1909 und 1919 sowie der Gemarkungsplan Ebnet – Wittental von 1893. Auf dem Guckenbühl befand sich ehemals der Weinberg des Breitehofs, den Breitebauer Johann Frei in den 1840er Jahren in dem Spitz zwischen dem genannten Feldweg und dem Waldweg, der von Osten her auf den Guckenbühl führt. Für den Rebberg wurde eine Fläche von 1 Morgen 1 Viertel 26 Ruthen Wald gerodet. 1878 war der Rebberg noch vollständig vorhanden, 1893 war der östliche Teil des Rebbergs bereits aufgegeben und wurde beackert. 1909 bestand die gleiche verkleinerte Rebfläche, der östliche Teil ist auf der Karte als Feld oder Weideland dargestellt. 1919 war der gesamte Bereich schon wieder mit Bäumen bewachsen. Zu dem Rebberg gehörte früher ein Rebhäuschen, das 1853 genannt ist.
Auf der TK 25 von 1878 und dem Gemarkungsplan Ebnet – Wittental von 1893 ist das Wegkreuz vom Guckenbühl nicht vorhanden, dagegen findet es sich auf der TK 25 von 1909 am Feldweg an der Grenze zwischen dem Rebberg und dem östlich gelegenen Acker, auf der TK 25 von 1919 ist es etwas weiter östlich dargestellt.
Wilhelm Steinhart, der Altbauer auf dem Breitehof, erzählte mir, dass das heutige Kreuz einen Vorgänger hatte, von dem in den 1950er Jahren nur noch verfaulte Holzreste vorhanden waren. Ob sich an dem alten Kreuz eine Gedenkschrift befand, ist der Familie Steinhart und mir nicht bekannt. Das alte Kreuz wurde von dem Breitehofbauer Gustav Steinhart und seiner Ehefrau Stefanie geb. Steinhart durch das oben beschriebene Kreuz ersetzt. Der Korpus Christi wurde von Franz Spiegelhalter, einem bekannten Holzbildhauer von Freiburg- Herdern, geschnitzt. Aufgestellt wurde das Kreuz vom Wagner Alfons Schwer in Zarten. Das Kupferdach hat Blechnermeister Theodor Rombach von Kirchzarten gefertigt. Um der Verwitterung vorzubeugen, ließen Wilhelm Steinhart und seine Ehefrau Klara geb. Schwär das Kreuz in den folgenden Jahren von Malermeister Hermann Ganter aus Zarten neu streichen.
Die Pflege der Anlage mit dem Blumenschmuck hat seit den 1950er Jahren Andreas Hog, Straßenwart von Freiburg-Ebnet, übernommen und bis ins hohe Alter von 90 Jahren ausgeführt. Seine Söhne und Enkel haben ihn dabei begleitet und unterstützt. Ein Enkel pflegt heute noch in seiner Freizeit die Anlage. Das Foto zeigt neben dem Kreuz einen Buchsbaum und verschiedene Blumenpflanzen. Somit ist die Anlage in einem guten Zustand. Pfarrer Josef  Hog von Eschbach war ein Neffe von Andreas Hog.
Die Inschrift „HERR GOTT HILF UNS WEITER“ lädt den Wanderer zur inneren Einkehr und zum Gebet ein, was sicher die Absicht des Stifters war. Zeitpunkt und Grund der Stiftung sind nicht bekannt. Als Hintergrund lässt sich  ein Todesfall im Jahr 1853 vermuten, über den im Sterbebuch der Pfarrei Kirchzarten vom 21. März 1853 und in dem unten stehenden Bericht aus der Freiburger Zeitung vom 30. März 1853 Näheres zu erfahren ist:    
Ein herzlicher Dank gilt Wilhelm Steinhart vom Breitehof, der mich bei meiner Recherche unterstützt hat, sowie Hermann Hog in Freiburg-Ebnet, dem Sohn von Andreas Hog, und dessen Enkel, der hier nicht genannt werden möchte.

       
Sterbeurkunde Pfarramt Kirchzarten Nr. 18 Seite 366 - vom 21. 03. 1853 (Internet: www.landesarchiv-bw.de/web/49484)
Transkription:  

" Im Jahre tausend achthundert fünfzig und drei den zwanzigsten Merz abends vier Uhr wurde von zwei Knaben von Ebnet im Rebhäuschen    
des Rebgutes des Breitebauern Johann Frei von Zarten ein männlicher Leichnam von einem Alter von ungefähr vier und vierzig Jahren erhängt und schon von den Mäusen angefressen gefunden, und sodann nach vorgenommener Legalinspection von der zustehenden amtlichen Behörde, ohne daß jedoch bis jetz durch dieselben Namen, Stand und Geburtsort des Erhängten ermittelt werden konnte, den Ein und zwanzigsten des selben Monats Merz Abends halb sieben Uhr auf dem Gottesacker aber hier von dem Vicar des Unterzeichnetem J. Thoma nach Vorschrift beerdigt.    
Zeugen des Todes und der Beerdigung sind: der hiesige Bürger und Leichenschauer Martin Schirk und Anton Krieg Meßmer hier".   
                
Kirchzarten den 21ten Merz 1853.  J. Bilharz Pfarrer
          

Freiburger Zeitung vom 30. März 1853 (
UB Freiburg, Digitalisierte Bestände)

"(893)  Aufforderung.

Nr. 11,582 Am 20.d.M. wurde in dem zum Breitehof – Gemeinde Zarten – gehörigen  einsamen  Rebhäuschen ein männlicher Leichnam erhängt gefunden, welcher nach seinem äußeren Zustande schon 2 – 3 Wochen in der genannten Lage sich befunden haben muß.
Eine Spur davon, wer der Erhängte gewesen, konnte nicht ermittelt werden.
Derselbe ist  6 Fuß groß, hat schwarze und lange Haupthaare, dunkelbraunen Bart, stark hervorstehende Augenbrauen von gleicher Farbe, stumpfe Nase, großen Mund und aufgeworfene Lippen.
Die Kleidungsstücke bestanden: in einer grauwollenen tuchenen Jacke, gleichen Beinkleidern und Weste, einem noch neuen Hemde von Schirting und einer halbseidenen Halsbinde.
Nach diesen äußern Erhebungen scheint der Erhängte ein italienischer Arbeiter im Alter von 30 bis 35 Jahren gewesen zu sein, wie dieselben bei unserem Straßenbau verwendet zu werden pflegen.
Wir bringen dies mit der Bitte um geeignete Nachforschung und Ertheilung etwa sich ergebende Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des getöteten zur öffentlichen Kenntniß.
Freiburg, den 22. März 1853. 
Großherz. Landamt. Hägelin"


Anmerkung:
1 Fuß = 30 cm
Schirting =  Hemd mit leichtem Baumwollgewebe