Die Herrschaft Weiler-Stegen aus: KIRCHZARTEN - Geographie - Geschichte - Gegenwart
Festbuch zur Zwölfhundertjahrfeier
Hrsg. von Günther Haselier 1966
Die Meier von Weiler
Den Mittelpunkt dieser Herrschaft bildet das Schloß Weiler - heute hat
sich der Name Stegen durchgesetzt. Seine Vorläufer dürften bis in die
fränkische Zeit zurückreichen. Das geschlossene Gebiet umfaßt außer
Stegen Unteribental mit dem Lindenberg, 2 Höfe im Rechtenbach. Ober-
und Unterbirken ("12 Bircherhäuser") sowie die beiden Nadelhöfe; der
näher aru Berg gelegene besteht heute nicht mehr. Das ganze Gebiet
gehörte zur Pfarrei Kirchzartcn, bis 1781 die Pfarrei Eschbach und 1796
die Pfarrei Buchenbach errichtet wurden.
Den Inhabern des Meier-Gutes in Weiler glückte es frühzeitig, sich über den bäuerlichen Stand emporzuschwingen! (MAYER-EDENHAUSER: Zur Territorialbildung ZGO 91(1939) Seite 272)
und die ihnen zustehenden Rechte ähnlich auszubauen, wie dies die
Adeligen seit dem 12. Jahrhundert von ihren Burgen aus taten. Schon im
12. Jahrhundert erscheinen Reginhard und Manegold von Weiler (KRIEGER: Topog. Wört. II, 1382),
im 13. Jahrhundert leben sie schon, mindestens teilweise, in Freiburg,
1280 ist erstmals ein Mitglied der Familie im Rat der Stadt. Sie
erscheinen nun mit dem Doppelnamen Meier-Niessen. gehören zu den
führenden Patriziern und rücken in die Reihen des Adels auf, mit dem
sie sich vielfach versippen (KINDLER: Geschlechterbuch
III, 87. - 1459 steht Hans Ulrich Mayer von Wyler in Lehensgemeinschaft
mit Hans Jakob von Falkenstein; beide einigen sich mit Ritter Hans
Schnewelin von Landeck zu Wiesneck wegen des Wildbanns im Kirchzartener
TaL (GLA 21/266 vom 13. 2. 1459.) - Enge Beziehungen zum Kirchzartener
Tal hat Heinrich Meierniesse: Er stiftet 1325 einen Zins für die
Kirchenparamente, tritt als Bürge, Eigentümer und Zeuge in Kirchzartener Urkunden 1314-1319 auf
(HEFELE: Urk.-Buch III, 220, 263, 361, 374, 376. 1314 (EBD. 220 n. 297)
wird er Heinrich Meigerniessen der meiger von Willer genannt).
Immer wieder erscheinen sie mit Besitzungen im Kirchzartener Tal, auch
als Inhaber des "Meiertums Weiler", das vom Haus Osterreich zu Lehen
geht. Hans Ulrich Meyer von Wyler ist 1464 Bürgermeister von Freiburg,
er wird von Erzherzog Friedrich in die adelige Gesellschaft des
Georgsschildes aufgenommen. 1480 stirbt er als letzter seines
Namens. Seine Witwe heiratet Junker Hans von Reischach.
Die Freiherren von Reisebach und Junker Moser
Hans von Reischach (KINDLER: Geschlechterbuch III, 481. KRIEGER: Topog. Wörterb. 11, 1383)
wird 1486 mit der Herrschaft Weiler belehnt. Die aus dem Hegau vom
Neuenhöwen stammende Familie wird in Freiburg eine zeitlang seßhaft, wo
sie sich mit den Meierniessen und anderen adeligen Familien versippt (In Freiburg bekommt Junker
Hans das Haus "Zur Wolfsgrube« und zum "Ölberg", Herrenstraße 33, durch
seine Frau, die in erster Ehe mit Ulrich Meigerniessen verheiratet war.
(ALBERT und WINGENROTH: Häuserbuch Seite 50.).
Als Inhaber des Gerichts erscheint Hansens Sohn Jopp von Reischach in
einer Urkunde von 1552. In seinem Namen hielt der Vogt Hans Silber im
Dinghof auf dem Rain Gericht ab wegen 4 Morgen Acker der Brüder
Böglinspacher in Kirchzarten, für die sie hierher "dinghöfig" waren (GLA 21/266 vom 3.6.1552). Dieser
Jopp von Reischach hatte in Tübingen studiert (1510), sein Sohn
Eucharius besucht 1547 die Universität Freiburg. Noch liegen
Lehensbriefe (GLA 44/382 vom 22.2.1540
für Jopp von Reischach; dazu 14/17 vom 12.2.1555. Danach stand Jopps
Vater Hans in Lehensgemeinschaft mit den Falkenstein und Blumeneck.
44/362 vom 10.9.1567 für Euchanus von Reischach: dazu 14/17 vom
12.3.1597)
der Herren von Reischach über den Wildbann im Kirchzartener Tal vor.
Schon zu Lebzeiten des Eucharius von Reischach erhält Dr. Justinian
Moser, erzherzoglicher Sekretär zu Innsbruck, die Anwartschaft auf die
Belehnung mit Weiler. Eucharius hatte nämlich nur eine Tochter; deren
Mann, Hans von Schellenberg zu Hüfingen, wird mit Buchenbach belehnt
(1597).
Dr. jur. Justinian Moser von Weiler (KINDLER: Geschlechterbuch
III, 120. Dr. Moser stirbt in Freiburg 1633 lt. Totenbuch des
Franziskanerklosters. - Pfarrbuch von 1463 foL 24)
führt den Adelstitel erst aufgrund dieser Belehnung, formrichtig wurde
die Familie nie in den Adelsstand erhoben, sie ist aber mit
Adelsfamilien versippt und besitzt ein eigenes Wappen.
"Junker" Justinian Moser von Weiler besitzt 1622 in Freiburg das Haus "zum Arnold", Münsterplatz 25 (ALBERT und WINGENROTH:
Häuserbuch Seite 171. Da später die Wittenbach hier wohnen, die
gleichfalls mit Buchenbach belehnt wurden, möchte man an einen
verwandtschaftlichen Zusammenhang mit den Moser bzw. den Reischach
denken).
Das Anniversarbuch von Kirchzarten nennt Dr. Mosers Sohn, Mathias
Ulpian Moser, Rat des Erzherzogs Maximilian, und dessen Frau Appolonia
geb. von Wehingen aus Sigismundsried in Tirol, sowie Junker Franz Moser
von Weiler.
Die Grafen von Kageneck
Im Jahre 1700 wurde ein Kageneck mit Weiler belehnt. Damit kam diese
Herrschaft in die Hand einer Familie, die heute noch hier Besitzungen
hat (KOLB: Lexikon III, 360; CAST: Adelsbuch Seite 119; KINDLER: Geschlechterbuch II, 228).
Die Stammburg der Grafen von Kageneck liegt unweit Colmar. In Straßburg
spielten sie eine führende Rolle. Schon im 14. Jahrhundert erscheinen
einzelne Vertreter im Breisgau, wo sie die Familie von Pforr beerben;
so kommen sie auch nach Munzingen (Freiherr Johann Friedrich, der in Wien studiert hatte, Statthalter in Vorderösrerreich, erbaute 1672 hier das Schloß),
wo bis heute der Hauptsitz der Familie ist. 1671 wird Johann Friedrich
in den Freiherrenstand erhoben, 1771 dessen gleichnamiger Enkel in den
Grafenstand. Der Hofkammerpräsident, Staats- und Konferenzminister,
Regierungspräsident zu Innsbruck, kaiserlicher Oberstwachtmeister
Johann Heinrich Hermann erwirbt 1726 das prächtige Haus in Freiburg,
Salzstr. 5, wo 1754 sein 10. Kind Maria Beatrix das Licht der Welt
erblickt, die Mutter des berühmten Staatskanzlers Fürst Metternich (ALBERT-WINGENROTH:
Häuserbuch Seite 223. Hier wohnte auch Fürst Meerernich selbst 1813, am
4.5.1770 war Maria Anroinette hier abgestiegen).
So spielten die Grafen von Kageneck eine führende Rolle in der Stadt
wie im gesamten vorderösterreichischen Breisgau, bis der Preßburger
Friede 1805 den überkommenen Verhältnissen ein jähes Ende setzte und
ein neues Zeitalter für den bisher führenden Adel am Oberrhein
anbrechen ließ. Wer nicht wie die Freiherren von Sickingen wegziehen
wollte, konnte in dem ersten deutschen Verfassungsstaat, dem
Großherzogtum Baden, in der Ersten Kammer als "Standesherr" noch einen
wenn auch bescheidenen Anteil am Staats leben nehmen. Gerade den Grafen
von Kageneck gelang diese Umstellung auf die neue Zeit. Ihre
wesentliche Tätigkeit beschränkte sich jedoch auf die Verwaltung der
eigenen Cutswirtschaft. Wie eifrig ihre Beamten darauf bedacht waren,
noch die letzten Reste der einstigen Herrschaftsrechte zu wahren, führt
uns ein Jagdprozeß aus den ersten Jahren nach der Umstellung fast
dramatisch vor Augen.
Ein Jagdprozeß als letzter Nachklang uralter Hoheitsrechte
Ungestört hatte die Stadt Freiburg in dem ganzen ihr gehörigen
Talgebiet seit langer Zeit die Jagdhoheit ausgeübt, selbstverständlich
auch durch Verpachtungen. Im Jahr 1811, als anderwärts die sichersten
Adelsrechte erschüttert worden waren, beanspruchte nun plötzlich die
Gräflich Kagenecksche Verwaltung ein Mitjagerecht, und zwar in einer recht drastischen Weise. Sie
veranlaßte ihren Jäger Josef Heitzler in Weiler, mit einigen Männern im
Wald bei Bickenreute zu jagen. Es war am 22. September 1811, als abends
um 5 Uhr die städtischen Forstleute das Bellen der Hunde vernahmen und
herbeieilten. Es entspann sich ein Handgemenge, in welchem einer der
Freiburger Männer verletzt wurde. Aber schlimmer noch: Die
Kageneckschen Kämpen nahmen ihren Gegnern die Flinten weg. Alsbald
reicht Friedrich Keller, der Freiburger Forstverweser, an die Stadtverwaltung einen Bericht ein, und diese
wendet sich an das Landamt mit der Bitte, die Übeltäter zu bestrafen,
sie seien widerrechtlich in den Freiburger Forstbezirk eingebrochen (GLA 355/Zug. 1899/20 Heft 510).
Am 31. Oktober kommt es zum ersten Termin. Der gräfliche Beamte, Dr.
Ruf, deduziert als guter Jurist, wie die Kagenecksche Seite in vollem
Recht sei. Als Inhaber des Lehens Weiler ist der Graf auch Inhaber der
Jagd. Das stimmt für das kleine Gebiet seiner Herrschaft. Nun
enthielten die Lehensbriefe für diese Herrschaft bzw. die Jagd darin
eine uralte Formel, daß dem Lehensinhaber der Wildbann im Kirchzartener
Tal gebührt, so weit die "Wasserseigen und Schneeschleifen auf und ab
gehen, also von der einen Höhe des Gebirges bis wieder hinauf zur
anderen (Diese Formel findet sich
schon im ersten Kageneckschen Revers vom 28.7.1727, nicht 1741, aber
wieder 28.8.1761 und 15.11.1784, nicht 1791 und nicht 1794, 1805. (alle
GLA 44/443)).
Aus dieser Formel leitet der Amtmann nun seinen Anspruch ab für das
ganze Tal, von dem schon sehr lange Zeit niemand mehr gesprochen hatte.
Die Äußerung Dr. Rufs, man habe kürzlich schon erklärt, daß man
entschlossen sei, das Jagdrecht gegen jedermann zu wahren, beweist, daß
dieser Zwischenfall mit Absicht herbeigeführt worden war. Er war jedoch
so angelegt, daß jetzt der Amtmann die Freiburger Jäger als die
Angreifer bezeichnen konnte. Sie waren in der Tat den Eindringlingen in
ihr Forstgebiet entgegengetreten.
Beim nächsten Termin erhalten wir
nun durch den Vortrag des Freiburger Forstmeisters Wannenmacher einen
guten Überblick über die wirkliche Lage. Er geht zunächst auf den
Gedanken eines Mitjagerechts ein. Da dieses eine gemeinsame Ausübung
nach sich zieht, wären die Kageneckschen Jäger schon im Unrecht, da sie
ohne eine Vorbesprechung mit der Stadt in dem angeblich gemeinsamen
Gebiet gejagt hätten. Ihr zweiter Verstoß besteht darin, daß sie Bauern
mitbeteiligten, während nach den Jagdgesetzen nur die Jagdinhaber, nie
aber Bauern jagen dürfen. Diese Bauern mußten den städtischen
Angestellten von vornherein als Wilderer erscheinen; so ist das
Auftreten gegen sie schon unter diesem Gesichtspunkt gerechtfertigt.
Doch nun kommt der Hauptpunkt: Es besteht gar kein Mitjagerecht.
Gerade die neue Lehensurkunde, die diesen Punkt enthalten sollte, war
gar nicht ausgefertigt worden, weil die verschiedenen großherzoglichen
Ämter Bedenken dagegen gehabt hätten. Der neue Zeitgeist macht sich
auch hier fühlbar, wenn von den alten Formeln geringschätzig gesagt
wird, in solchen Reversen werde oft von Gerechtsamen gesprochen, die
weder Vasall noch Lehensherr kennten. Für ein Mitjagerecht, das sonst
keine Stütze finde, genüge eine solche alte Formel nicht. Denn Freiburg
gehöre der strittige Grund und Boden, hier habe die Stadt seit langem
die hohe und die niedere Jurisdiktion, mithin auch das volle Jagdrecht.
Der Verteidiger des Magistrats bittet daher das Landamt, die Ansprüche
der Grafen von Kageneck abzuweisen.
Der geschickte Vertreter der Stadt kann aber auch durch den
historischen Beweis den Gegner überwinden: Als 1769 alle städtischen
Jagden an den Freiherrn von Ulm verpachtet wurden, wurde von
Kageneckscher Seite mit keinem Wort ein Mitjagerecht geltend gemacht.
Als mit dem Tode dieses Pächters 1781 der Jagdaccord beendet war, gab
die Stadt die Jagd wieder in verschiedenen Teilen aus. Dabei übernahm
Heinrich Hermann Eusebius von Kageneck das Gebiet rechts der Dreisam,
ausschließlich St. Märgen, um jährlich 100 fl. Als Graf Heinrich 1790
starb und sein ältester Sohn erst 16 Jahre alt war, gab die Familie
diese Pacht zurück und wollte lediglich die an Weiler angrenzenden
Gebiete behalten. Der Stadtrat lehnte zunächst ab, ebenso als 3 Jahre
später nur die Sommerhalde im Wagensteigtal zur Frage stand; er wollte
die Jagd nicht so stark zerstückeln. Von einer Mitjagd war also hier
überhaupt nirgends die Rede. Ebenso wurde eine solche abgelehnt
gegenüber den Freiherren von Sickingen, und zwar von der
vorderösterreichischen Regierung im Jahr 1771.
Es dauerte bis 1816, bis wieder ein Termin stattfand. Diesesmal wurden
noch ältere Urkunden beigebracht, eine Lehensbeschreibung von 1748 und
ein Urteil der vorderösterreichischen Regierung in Ensisheim, und man
stellte fest, daß schon 1755 ähnliche Verhandlungen gepflogen worden
seien. Die Kagenecksche Seite scheint die Schwäche ihrer Stellung
einzusehen und ist zu einem Komprorniß bereit. Sogar der Hof scheint
sich eingemischt zu haben: eine Ministerialverfügung drängte darauf,
daß man zu einem Vergleich komme. So wurde am 11.Juli 1816 eine
Vergleichsmöglichkeit besprochen. Gegenseitig soll auf ein Mitjagdrecht
verzichtet werden, die Dreisam soll die Grenze bilden zwischen zwei
Gebieten, in welchem dann jeweils Stadt oder Graf das alleinige Recht
besitzt, und so wird ein Augenschein festgesetzt, an welchem Graf
Philipp selbst teilnimmt.
Am 16. Juli stieg also die Kommission auf den Giersberg, um eine gute
Übersicht zu bekommen. Damit die strittige Mitjagd endgültig aus der
Welt geschafft wird, erfolgt die Teilung jetzt doch entlang der
Dreisam. Auf dem linken Ufer bleibt Freiburgs Recht unangetastet, also
im Bereich von Bickenreute, wo der "Streit" ausgebrochen war, und
aufwärts bis zur Höfener Höhe. Aber auch die Sommerhalde des
Wagensteigtals bis auf die Höhe zur Gemarkung Ibental bleibt bei
Freiburg.
Die Grafen von Kageneck erhalten die rechte Dreisamseite
zugestanden, vom Ebneter Bann bei den Eichen an über Zarten, Burg und
Rain bis Himmelreich, also ein unbedeutendes Gebiet, wo kaum Wälder
stehen. Neu ist die Bestimmung, daß die Stadt gegen Zahlung von 100
Gulden das Attental abtritt. Graf Philipp schließt nun diesen Vertrag
ab, Graf Heinrich Hyazint genehmigt ihn als Majoratsherr.
Dieser Vergleich macht nun auch den Weg frei für die förmliche
Belehnung. Diese erfolgt durch eine Urkunde des Großherzogs Ludwig vom
7.4.1827 (GLA 44/443 vom 1.6.1827 (Datum des Reverses zum Lehensbrief))
für die zum Meyerthum Weiler gehörigen Wildbänne im Kircbzartener
Thale, welche von der Landgrafschaft Breisgau getragen worden (Die früheren Lehensträger
trugen diese Lehen als Landstände des vorderösterreichischen Breisgaus
von dessen Fürsten, den Habsburgern. So zuletzt noch Graf Heinrich
Hyazinth von Erzherzog Ferdinand Karl durch die Urkunde vom 13.8.1805
(GLA 44/443). In der genannten Urkunde von 1827 betont Großherzog
Ludwig, daß "in Gemäßheit des Preßburger Friedensschlusses die
Landgrafschaft Breisgau und die davon abhangenden Lehensherrlichkeiten
an Uns und Unser Großherzogtum gefallen (sind)). Der Großherzog verleiht "Unserem Vasallen Grafen Heinrich von Kageneck für sich und seine eheliche männliche Leibes-Erben (Für diese Erben wurde, als
Graf Heinrich am 24.5.1829 gestorben und 1830 Großherzog Leopold als
Lehensherr seinem Bruder gefolgt war, ein neuer Lehensrevers
ausgestellt für den nunmehrigen Majoratsherrn, Graf Philipp, worin
wiederum der Vertrag von 1816 angeführt ist. (GLA 44/443 vom
13.8.1830). Der letzte Lehensbrief, den das GLA besitzt, lautet für
Philipps Sohn, Graf Benedikt Philipp Maximilian vom 19.6.1861 (GLA
44/443))
als auch als nunmehriger Lehenträger seiner vier Brüder Ferdinand Carl,
Adam Friedrich, Anton Franz und Philipp" diese Wildbänne, wie sie diese
bisher besessen und sie in dem Vergleich vom 11.Juli 1816 mit der Stadt
Freiburg, "den Wir andurch salvo tamen jure tertii, genehmigen", näher
bestimmt worden sind, und »wie es Lehen- und Landrechtes ist". So
altmodisch uns diese Sätze und der übrige formelreich umständliche Teil
dieser Urkunde anmuten: Der Text ist doch "modern", indem er jenen
uralten, umstrittenen Satz vom Wildbann im ganzen Tal durch einen recht
bescheidenen Vergleich mit der Stadt Freiburg ersetzt hat.
Der ganze Vorgang, der seinen Ausgang auf Kirchzartener Gebiet
genommen hat, beleuchtet zwei Fragen beispielhaft. Er zeigt zunächst,
wie ungestört das Rechtsleben sich bei uns auf dem rechten Ufer des
Oberrheins abspielen konnte und sich organisch weiter entwickelte,
während jenseits des Stroms so vieles abgerissen und umgestürzt worden
war seit 1789 bis zu diesem Jahr 1811, was nie wieder in den alten
Bahnen organisch weiterwachsen konnte.
Die Lösung der Streitfrage zeigt aber auch, wie ein neues Denken uralte Vorstellungen abgelöst hat.
Die Formel von der Ausdehnung der Wildbänne den Wassern nach "hinauf
und hinab" tritt nämlich in diesem Streit noch einmal wie ein
versteinertes Relikt in Erscheinung. Im Mittelalter wurde ein Gebiet
oft nicht nach seinen Grenzen beschrieben; man ging vom Mittelpunkt
aus, von dem die Ausstrahlungen sich in einem Niemandsland verloren,
etwa "auf den Höhen des Schwarzwaldes". Häufig dient der Lauf eines
Flusses als Ausgang, dann wird sein ganzes Quellgebiet mit allen
Nebengewässern einbezogen, "so weit die Wasserseigen (Wasserseige =
Neigung des Bodens, der dem Abfluß des Wassers folgt (LEXER
mhd.Wörterbuch) auch Wasserscheide) auf und ab gehen".
Die gleiche Dreisam, welche früher in diesem Sinn als Kernstück für die
Mark Zarten diente, tritt in dem Vergleich zwischen v. Kageneck und
Freiburg als eindeutige, klare Grenzlinie der gegenseitigen Ansprüche
auf. Symbole für das Raumdenken in zwei Zeitaltern.
aus:
KIRCHZARTEN
Geographie - Geschichte - Gegenwart
Festbuch zur Zwölfhundertjahrfeier
im Auftrag der Gemeinde
unter Mitarbeit von
Franz Fresle, Max Weber und Ernst M. Wallner
herausgegeben von
Günther Haselier
Selbstverlag der Gemeinde Kirchzarten 1966