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Hexenverfolgung auch im Dreisamtal?
"Er bereits selbst alles für ein fabl haltet": Marx Denglers Hexensabbat 1637

Erst am 4. Mai 1637, in einer Zeit relativer Ruhe, kam es in Freiburg wieder zu einer gerichtlichen Untersuchung wegen Hexerei. Diese wurde erneut "von unten" ausgelöst: Marx Dengler"von Weüller" im Dreisamtal, in den Verhörprotokollen als "der Jung" bezeichnet, also noch jugendlichen Alters, behauptete, bei einem Hexensabbat gewesen zu sein. In der Schilderung seines nächtlichen Erlebnisses tauchen zahlreiche Elemente des gelehrten Hexenbildes auf. Er habe in einem halbzerstörten Haus in der Nähe der Stadtmauer übernachtet und sei mitten in der Nacht, als es im Haus "gar larm gethan und krumpplet" StAF: Cl Hexen-Criminalia, fol 98r., aufgewacht. Verursacher des Lärms sei eine große Gruppe von Menschen gewesen, die dann auf Besen und Geißböcken auf einen Berg geflogen sei, um hier zu tafeln, zu tanzen und Unzucht zu treiben. Auch einige ihm bekannte Personen aus dem Dreisamtal seien dabei gewesen. Die Anwesenheit einiger Teufel ließ Dengler sogar vermuten, er habe auch die Hölle gesehen. Ein Teilnehmer des Hexensabbats habe ihm seinen Rosenkranz durchgeschnitten, ein anderer "hab Ime ein ducaten in die Handt geben, undt wie er Jung ein wenig umbesehen sey nichts mehr in d Hand geweßen". StAF: Cl Hexen-Criminalia, fol 95r.

Dieser Bericht zeigt erneut, wie sehr die Hexenprozesse dazu beigetragen haben, das gelehrte Hexenbild in der Bevölkerung zu verbreiten. Es ist nicht verwunderlich, daß diese Schilderung eines Hexensabbats von einem Einwohner des Dreisamtals stammt, waren von hier doch auch während der gescheiterten Verfolgungswelle der Jahre 1630/31 zahlreiche Besagungen und Verdächtigungen gegen vermeintliche Hexen ausgegangen. Die Gerüchte, Beschuldigungen und Gegenbeschuldigungen und das öffentliche Verlesen der Urgicht Apollonia Freyins an ihrem Hinrichtungstag hatten die Bevölkerung 1631 dauernd mit dem Hexenbild konfrontiert und offenbar ihre Spuren hinterlassen.

Allerdings trat das gelehrte Hexenbild 1637, sechs Jahre nach dem Ende der letzten Prozesse, nur noch in Form eines an Kontur verlierenden Schattens auf. Wohl stimmen die Kernelemente des Berichts von Marx Dengler im wesentlichen mit dem gelehrten Hexenbild überein: Die nächtliche Luftfahrt, der für Freiburg typische relativ moderate Hexensabbat mit Gelage, Tanz und sexuellen Ausschweifungen, aber ohne Teufelsverehrung und schwarze Messe sowie die sich als wertlos erweisenden Geldgeschenke sind solche übereinstimmenden Elemente. Doch haben sich eine Reihe von “Fehlern" in die Aussagen Denglers eingeschlichen, die als Indiz dafür gewertet werden können, daß das gelehrte Hexenbild in der ländlichen Bevölkerung allmählich an Kontur verlor: Während die Nennung von "prafe [=brave, H.v.T. ] Reiter, haben statliche Pferd gehabt" StAF: Cl Hexen-Criminalia, fol 96r. - Reiter tauchen hiermit zum ersten Mal auf einem Freiburger Hexensabbat auf - noch mit der Erfahrungswelt des Dreißigjährigen Krieges erklärt werden kann, stimmen auch andere Details nicht mit den in der Hauptphase üblichen Aussagen überein. So wurde auf Marx Denglers Hexensabbat Brot angeboten StAF: Cl Hexen-Criminalia, fol 101r/v., während alle Hexen in der Hauptphase ausgesagt hatten, dieses habe gefehlt. Weiterhin fand das für den Hexensabbat vorher typische gemeinsame Kochen eines Unwetters bei Marx Dengler keine Erwähnung, wie das Element des Schadenzaubers überhaupt fehlt. Völlig neu ist auch die an seine Aussage angeschlossene Bemerkung, er "seg in d Höll gewesen" StAF: Cl Hexen-Criminalia, fol 96r.. Diese Äußerung illustriert aber wohl eher die bei Aussagen von Minderjährigen in Hexenprozessen mitunter ausufernde Phantasie. Auch die Urgicht der dreizehnjährigen Ursula Gatterin vom 22.8.1603 ist etwas farbiger und phantasievoller als die Geständnisse der Erwachsenen. Im Gegensatz zu Marx Dengler aber findet sich bei ihr nur eine Abweichung vom gelehrten Hexenbild: Sie sagt aus, der Beischlaf mit ihrem Buhlteufel sei "lieblich" gewesen, während in den Aussagen der erwachsenen Frauen die Buhlschaft als wenig angenehm beschrieben wird. Vgl. StAF: CI Hexen Criminalia, fol.444r.

Marx Dengler hatte seine Erlebnisse zunächst einigen Freiburgern geschildert - dem Schneider Hans Oberer, der der unteren Mittelschicht zuzurechnen ist, StAF:E1 AII Nr.120 Steuer-und Schatzungsbuch 1637. und dessen Frau Anna Regenspurgerin sowie dem Schmied Hans Köppel. Die Zeugenaussage der Anna Regenspurgerin verdeutlicht, daß sie Denglers Schilderung zwar als etwas ungeordnet beurteilte, aber prinzipiell für durchaus glaubhaft hielt. Sie erkundigte sich bei Dengler nach der Hölle und fragte, ob er sich nicht habe segnen können, um dem teuflischen Treiben ein Ende zu bereiten. StAF: Cl Hexen-Criminalia, fol.96r/v. Aus den Quellen geht nicht hervor, ob Dengler von diesen Zeugen beim Rat angezeigt worden war oder ob er - bei Minderjährigen in Hexenprozessen keine Ausnahme Zu Kinderhexenprozessen vgl.: Rainer Walz: Kinder in Hexenprozessen. Die Grafschaft Lippe 1654 1663. In: Gisela Wilbertz/Gerd Schwerhoff/Jürgen Scheffler (Hg.): Hexenverfolgung und Regionalgeschichte. Die Grafschaft Lippe im Vergleich. Bielefeld 1994, S.211 231.- selbst zum Rat gegangen war.

Die Ratsobrigkeit zeigte sich weitaus skeptischer als die Angehörigen der städtischen Mittelschicht. Die Ratsprotokolle geben am 4. Mai 1637 diese Skepsis wieder:
"Der Junge Mensch Marx Dengler genant von weiler, d außgeben alß weher Er bey einer zauberischen versamblung und zupers [=Zaubers, H.v.T.] kunsst gewest, weilen Er für was schwach und kranckh In haubt ahngesehen wirdt, soll nach abgeleßen und verstandener Inquisition Im Spithal auffgehalten und nach dem selbiger sich recolligiert, hernach ferner examiniert und nach befindend dariber weiter gethan werden." StAF: B5 XIIIa Ratsprotokolle Nr.69 (1636/37), fol.317r/v.

Zwei Tage später fand die angekündigte weitere Befragung durch den in Hexenprozessen erfahrenen Geheimen Rat Johann Hachenburger statt. Im Ergebnis dieses zweiten Verhörs war

"so vüll befunden worden, das Er [Marx Dengler, H.v.T.] bereits selbst alles für ein fabt haltet und bekent Er habe […] also getraumbt." StAF: B5 XIIIa Ratsprotokolle Nr.69 (1636/37), fol.320r.

Als Ursache seines ungewöhnlichen Traumes gab er an, zuviel Wein getrunken "und sich damit erhiziget" zu haben - er leide noch immer unter Kopfschmerzen. StAF: B5 XIIIa Ratsprotokolle Nr.69 (1636/37), fol.320v.

Der Rat hatte von vornherein eine sehr reservierte Haltung gegenüber der Schilderung Marx Denglers eingenommen. Vor allem das von Johann Hachenburger durchgeführte zweite Verhör läßt den Schluß zu, daß der Rat nicht gewillt war, der Schilderung Denglers Glauben zu schenken. So waren die Ratsherren nur allzu gerne bereit, der Interpretation des Hexensabbat - Erlebnisses als Traum zuzustimmen. Der Einsatz der Tortur wurde überhaupt nicht in Erwägung gezogen, und eine Befragung der von Dengler erwähnten Teilnehmer am Hexensabbat fand nicht statt. StAF: Cl Hexen-Criminalia, fol.95 ff.

Der Ratsherr Johann Hachenburger hatte in seiner Funktion als Geheimer Rat die Federführung in der Untersuchung über Denglers "Fabl" inne. Sowohl die Tatsache, daß er bereits in den Prozessen der Jahre 1630/31, welche zum vorläufigen Ende der Hexenverfolgung geführt hatten, eine führende Rolle gespielt hatte, als auch die Art, wie er die Untersuchung über Marx Denglers Behauptungen leitete, läßt den Schluß zu, daß er eine generelle Skepsis gegenüber Hexenprozessen walten ließ. Hachenburger blieb Geheimer Rat, bis er 1644 in die Stellung eines "Hauptes" der Stadt aufstieg und hierin bis zu seinem Tod 1657 verblieb. StAF: B5 Ib Nr.2 Richterbücher 1494 1653; B5 la Nr.5 Ratsbesatzungsbuch 16541683. Siehe auch: Dammert, S.61. In diesem Zeitraum, in dem er großen Einfluß auf die Gerichtspraxis der Stadt hatte, ging vom Rat keinerlei Initiative gegen das bis 1631 als so gefährlich empfundene "Hochsträfliche Laster" der Hexerei aus.

Die Bezeichnung Marx Denglers als"schwach und krankh In haubt" StAF:B5X1lIa RatsprotokolleNr.69 (1636/37), fol.317r/v. weist auf eine weitere Erklärung für das Verhalten des Rates hin: Er hielt Dengler für geisteskrank. Diese Annahme ist insofem erstaunlich, als man im 16. Jahrhundert und in den ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts der Ansicht war, Geistesgestörtheit und Melancholie seien vom Teufel verursacht.Vgl. hierzu Roeck: Christlicher Idealstaat, S.388. Roeck macht nicht die Härten des Dreißigjährigen Krieges, sondern den medizinischen Fortschritt für die Neubewertung der Geistesgestörtheit verantwortlich. Außerdem: Eva. Labouvie: Absage an den Teufel. Zum Ende dörflicher Hexeninquisition im Saarrauin. In: Sönke Lorenz7Dieter R. Bauer (Hg.): Das Ende der Hexenverfolgung. Stuttgart 1995, S.55 76, hier S.69.
Marx Dengler wurden jedoch keine geistlichen Mittel zur Heilung gegeben, sondern er sollte sich im Spital "recolligieren" StAF: B5 XIIIa Ratsprotokolle Nr.69 (1636/37), fol.317v. In Freiburg hatte aber der Dreißigjährige Krieg den im 17. Jahrhundert generell feststellbaren Wandel der Anschauungen gegenüber Geistesgestörtheit, die nun als Krankheit mit natürlicher Ursache uminterpretiert wurde, katalysiert. Unterernährung, Plünderungen und die Seuchenzüge, die dem Krieg folgten, hatten, wie Thomas Mallinger 1633 in sein Tagebuch notierte, in Freiburg unter anderem zur Folge, daß die Menschen "angefangen heftig zuo bekümmern, melancolisch zuo werden, vil sinnloß worden und in grose, schwäre Krankheit gefallen” Mallinger, S.545. Mallinger machte eben nicht mehr den Teufel für diese Krankheitsbilder verantwortlich, sondern die Härten des Krieges. Es liegt nahe, daß die psychologische Einsicht, die der Rat gegenüber Marx Dengler an den Tag legte, durch das Einwirken des Dreißigjährigen Krieges, der hier als Katalysator einer schleichenden Entzauberung der Welt erscheint, begünstigt worden ist. In der Hauptphase der Hexenverfolgung hingegen hatte der Rat eine Geisteskranke, die in den Verdacht der Hexerei geraten war, als Hexe zum Tode verurteilt. Am 30.Januar 1599 wurde Magdalena Karrerin, der der Rat"an ihren menschlichen Sinnen Schaden und Blödigkeit" bescheinigte, als Hexe verbrannt. Vgl. Roecken/Brauckmann, S.203.

"Letschlich lebendig verbrennt worden": Hans Scherers Hinrichtung 1639

Die Phase der Erholung von den Kriegsfolgen währte in Freiburg nur sehr kurz. Seit August 1637 operierten die Truppen Bernhard von Weimars, eines Verbündeten der Schweden, im Oberrheingebiet. Am 11. April 1638 fiel Freiburg nach gut einwöchiger Belagerung durch schwedisch-weimarische Truppen. Erneut war die Stadt von Plünderungen, Konfiskationen, Einquartierungen und Hungersnot betroffen. Lebensmittel waren infolge der Verwüstungen auf dem Land einer enormen Teuerung unterworfen, die besonders in den Jahren 1638 und 1639 ein dramatisches Ausmaß erreichte Volker Press: Das Jahrhundert der Kriege. In: Reiner Rinker/Wilfried Setzler (Hg.): Die Geschichte Baden Württembergs. Stuttgart 1986, S.149 158, hier S.153; Schreiber: Geschichte der Stadt IV, S.77. Thomas Mallinger schrieb 1638 in sein Tagebuch:

"Desgleichen seind auch vil Ratten und Meiß gefressen und umb ein ungläublich Gelt verkauft worden.[ ... ] Und seind fast alle Hund und Katzen in der gantzen Statt aufgefressen und verspeist worden, daß derselben wenig mehr uberbliben.” Mallinger, S.588. Mallinger notiert im Dezember 1638 sogar, daß Kinder und Leichen gegessen worden seien (ebenfalls S.588). Inwieweit diese Schilderungen auf der Realität beruhen oder nur als Topoi oder Gerüchte zu werten sind, muß offen bleiben.

Wie bereits in den Krisenjahren 1633/34 ging unter derartigen Umständen von der Bevölkerung kein Druck aus, Hexen zu verfolgen. Dennoch fand 1639 noch eine - die letzte - Hexenverbrennung in Freiburg statt. Sie ging zurück auf die Initiative des Vertreters der Besatzungsobrigkeit, des Stadtkommandanten Friedrich Ludwig Kanoffski von Langendorf, Sohn eines markgräflich-badischen Oberforstmeisters. Kanoffski war bereits während der ersten beiden Besatzungszeiten 1632/33 und 1634 Stadtkommandant gewesen und hatte sich mit den Freiburgern verhältnisraäßig gut arrangiert: 1633 hatte er sogar die Tochter eines in Freiburg wohnenden Adligen geheiratet. Buszelle/Schadek, S.126. Die dritte Besatzungszeit war jedoch durch Spannungen zwischen den Besatzem und den Besetzten gekennzeichnet. Einerseits sorgte die katastrophale Versorgungslage immer wieder für Unruhen und ließ die Aufrechterhaltung der Ordnung immer schwieriger erscheinen. Wiederholt kam es seitens der Soldateska zu spontanen Plünderungen in der Stadt oder zu Plünderungszügen in die Freiburger Umgebung. Nur hin und wieder wurden solche Übertretungen geahndet. Da auch häufig kaiserliche Truppen vor der Stadt erschienen, befand sich der Kommandant in steter Sorge vor Verrat: "Kanoffski war sich der Freiburger nicht sicher.“ Buszelle/Schadek, S.144. In dieser gespannten Situation lag die Ursache für die drakonischen Strafen, die gegen vermeintliche Verräter und - selten - gegen Plünderer verhängt wurden. Verräter, z.B. Bauern, denen man vorwarf, kaiserliche Truppen versorgt oder vor die Stadt geführt zu haben, wurden mit glühenden Zangen "gezwickt” auf das Rad geflochten und - sofern der Tod nicht schon eingetreten war - lebendig verbrannt. Mallinger nennt zwei Fälle in den Jahren 1638 und 1640.Vgl. Mallinger, S.587 und S.590. Zumindest in einem Fall ist auch ein Soldat derart justifiziert worden. Vgl. Mallinger, S.590. Infolge dieser allgemeinen Brutalisierung der Strafjustiz wurden Bestrafungsformen in Freiburg eingeführt, die es hier vorher nicht gegeben hatte. Das “Zwicken" mit glühenden Zangen, welches strafverschärfenden Charakter besaß, ist in Freiburg außer während der dritten Besatzungszeit nie - oder sehr selten durchgeführt worden. Schindler, S.59.
Im Oktober 1639 wurde wiederum ein Bauer aus dem Dreisamtal, Hans Scherer, gefangengesetzt, weil man ihm vorwarf, eine größere kaiserliche Streitmacht vor die Stadt geführt zu haben. Dieser Vorwurf erwies sich als unrichtig. Schreiber: Geschichte der Stadt IV, S.95. Die Quellenbasis für die Vorgeschichte der Verbrennung Hans Scherers ist sehr dünn. Es bleibt unklar, woher Schreiber die Information hat, daß Hans Scherer zunächst wegen des Vorwurfs, er habe kaiserliche Truppen vor die Stadt geführt, verhaftet worden war. In jedem Fall ist diese Rekonstruktion des Prozesses gegen Scherer aber sehr plausibel, zumal er genauso drastisch bestraft wurde, wie andere "Verräter" auch. Kanoffski war jedoch nicht bereit, einen einmal gefangenen vermeintlichen Verräter wieder freizulassen und wollte vermutlich ein Exempel statuieren. Er ließ daher den Rat am 11. Oktober 1639 wissen, daß er"d Hexerey halber In [=ihn, also Hans Scherer, H.v.T.] mecht hab". StAF:B5X1I1aRatsprotokolleNr.72(1638/39),fol.878. Der Rat sollte gegen Hans Scherer also nun wegen Hexerei ermitteln, damit dieser noch verurteilt werden konnte. Wie diese Ermittlungen aussahen, kann nicht mehr rekonstruiert werden, da die Gerichtsprotokolle des Jahres 1639 verlorengegangen sind. Ob Hans Scherer schon einmal als Hexenmeister besagt worden war - er lebte im Dreisamtal, in dem ja 1630/31 zahlreiche Personen als Hexen bzw. Hexenmeister verdächtigt worden waren - und diese Vorwürfe wieder aufgegriffen wurden, muß offen bleiben. Der Vollzug des Urteils ist jedoch überliefert: Hans Scherer ist am 3. Dezember 1639

"erstlich mit glieenten Zangen gegriffen, alsdann auf das Rad gelegt und, weil er ein Mörder und Hächsenmeister gewesen, letschlich lebendig verbrennt worden. Mallinger, S.590. Der Vorwurf, Scherer sei ein Mörder, wird nur bei Mallinger, nicht aber in den Ratsprotokollen erwähnt.

So wenig über den Prozeß gegen Hans Scherer aufgrund der schlechten Quellenlage bekannt ist, so deutlich wird doch, daß der Rat und sein Blutgericht hier nur als ausführende Organe des Kommandanten Kanoffski handelten, der diesen Hexenprozeß als Mittel benutzte, Hans Scherer justifizieren zu können. Auch die drakonische Strafe ist ein Hinweis auf den Einfluß der Besatzungsmacht. Damit ist die Hexenverbrennung des Jahres 1639 nicht als Abweichen des Rates von seiner skeptischen und zurückhaltenden Linie zu werten. Vielmehr ist dieser Prozeß ein weiterer Hinweis darauf, daß die bereits erwähnte umstrittene These, der schwedische Vormarsch habe deshalb die Hexenverfolgung im Reich beendet, weil die Schweden diese prinzipiell ablehnten bzw. ihnen Hexenprozesse schlichtweg unbekannt waren, Vgl.Schormann:Hexenprozesse, S.54 und Trevor- Roper, S.87. in der Tat einer Revision bedarf. Vor allem ist zu beachten, daß die deutschen Verbündeten Schwedens natürlich Hexenprozesse kannten. Das Argument, daß die Kriegsereignisse einen viel größeren Einfluß auf das Abflauen der Prozesse hatten als die Haltung der schwedischen Truppen und ihrer Verbündeten, ist zumindest für Freiburg überzeugender. Nach der Verbrennung Hans Scherers ist es in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges zu keinen weiteren Hexenprozessen in Freiburg gekommen.

Hillard von Thiessen
Das Verschwinden der Hexen aus Freiburg. Die Endphase ihrer
Verfolgung in Freiburg i.Br. 1632-1677

J. Haug Verlag Freiburg i.Br. 1997

erschienen als Band 8 der
 Publikationsreihe Alltag & Provinz,
(Hrsg.)
Arbeitskreis Regionalgeschichte Freiburg e. V. 

Auszug aus dem Kapitel:
Die Endphase der Hexenverfolgung in Freiburg i.Br. 1932-1677
Seiten 72-78