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 Eine Wanderung in´s Höllenthal  
Von
Otto von Eisengrein,
Aus: Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland. Jahresheft 1884 und 1885


"Wie nah die Hölle grenzt ans Himmelreich
Im Dreisamthale kannst du leicht es schauen;
Ein Felsenthor versetzt dich zaubergleich
Vom Paradies in wilder Schluchten Grauen"

August Schnezler

Nicht mehr weit über Jahresfrist wird es gehen und die so lange Zeit schon heißgenährten Wünsche und Hoffnungen sind dann zur Thatsache geworden - durch diese lieblichen, diese wildromantischen Thäler des Himmelreichs und der Hölle, die wir in seliger Wonne und von immer neuen Reizen überrascht so oft durchwanderten, schnaubt, dem Schwarzwalde neuen Verkehrs zuführend, in ungestümer Hast das geflügelte Dampfross.
Dann freilich ist aber ein Stück jener so viele Reize bietenden Poesie des Fußwanderns auch für diese Gegend dahin, ein Stück jener guten alten Zeit, in der noch der Dichter singen konnte:
"Säng nicht das Vöglein mit munt´rem Schall,
Blühten nicht Blumen allüberall,
Glänzte nicht minder der Sonne Schein,
Möchte ich auf Erden kein Wanderer sein.“

Die bequemere und schnellere Art des Reisens hat dann die Fußwanderung auch in diesen Thälern zum großen Theil in den Hintergrund gedrängt und dies veranlasst uns, noch einmal, bevor die schrille Dampfpfeife durch diese Thäler tönt, sie per Pedes Apostolorum zu durchwandern und die Eindrücke dieser Wanderung in einem kleinen Bilde festzubannen.
Himmelreich, Hölle! Herrliche Gegend! Wer einmal dich erschauert, einmal deine köstliche Schwarzwaldluft genossen, deine Thäler durchwandert und deine Höhen erstiegen, ihn zieht's gewiss mit jedem neuen Frühjahre auch von Neuem mit Sehnsucht hinaus in den holden Zauber dieser wunderbaren Gottesnatur!
Doch beginnen wir mit unserer Tour! Durch die schön angelegte Kartäuserstraße mit ihren Gärten und stattlichen Fabrikgebäuden und vorüber am Johannisberg gelangen wir zu dem im Jahre 1346 gestifteten und 1783 aufgehobenen so schön am Moos- oder Muesbach gelegenen Kloster der Karthäuser, in dessen stillen Hallen so manche berühmten Männer ihre letzten Lebensjahren zubrachten und von dem schon Johann Pedius Thetinger in seiner in lateinischen Distichen geschriebenen Beschreibung der Stadt Freiburg und des Dorfes Herdern (1538) sagt:

„Von der Stadt nicht ferne ruhet in freundlicher Lage
Die Karthaus, gelehrt sind ihre Väter und fromm;
Früher besang sie schon des argentinischen Dichters
Goldener Mund, der Apoll's höherer Gunst sich erfreut.“

Rechts vor dem Kloster strömend:

„Längst der Mauern in schaumigen Wogen die Dreisam,
Durch die Gefilde hin windend die fischreiche Fluth.“

wie ein anderer Dichter, Philipp Eggebrecht Eugentinus in seiner Beschreibung: „Freiburg im Anfang des 16. Jahrhunderts (Basel 1519)“ sich ausdrückt.




Oberhalb der Karthause zieht sich der Waldweg hinauf nach dem so idyllisch gelegenen Wallfahrtsorte St.Ottilien, in gerader Richtung aber nach dem am Fuße des Roßkopfes gelegenen Ebnet, einem netten reinlichen Dörfchen, das nach seiner Lage viel an das gerade ebenso ein steilen Felswänden ruhenden Hotzenstädtchen Hauenstein erinnert. In früheren Jahrhunderten hatte Ebnet seinen eigenen Adel, kam dann an die Herren von Landeck, später an Friedrich von Sickingen und im Jahre 1809 durch Kauf an Baden von dem durch Kauf schon im Jahre darauf das Schloss in den Besitz der Freiherrn von Gayling gelangte.
Dasselbe ist geschmückt mit mythologischen Figuren und Freskomalereien von der Hand des Freiburger Architekten Christian Wenzinger (+1797) und in dem schönen Garten befinden sich einige gute Statuen aus der ersten Zeit gegenwärtigen Jahrhunderts, Arbeiten des ebenfalls von Freiburg gebürtigen Bildhauers Xaver Hauser.
Die auf einer kleinen Anhöhe stehende Kirche, der man ihr Alter ansieht, hat, wie man dies noch bei manchen alten Kirchen unserer nächsten Nähe wahrnimmt, einen hölzernen und rot bemalten Kuppelthurm. Schon in Ebnet findet sich, obwohl in neuerer Zeit zum Theil verdrängt, jene eigentümliche aber so gefällige Bauart der Häuser, wie wir sie auf dem Schwarzwald überhaupt finden. Unter dem weit vorspringenden Dache ziehen sich sogenannte Lauben oder Gallerien hin, während auf der Rückseite das bis zum Boden herabgehende Dach von einer in die Scheune führenden Brücke durchbrochen wird. Meist noch sind sie, wenigstens im oberen Stockwerke, von Holz erbaut, jedoch nur selten mehr mit Stroh bedeckt. Diese Strohdächer haben dem Dörfchen bei dem großen Brande am 26. September 1874, der auch zwei Menschenleben kostete, großen Schaden gebracht. Es zeigen diese Gebäude, an denen oft ein Christus oder Heiligenbild angebracht ist und vor denen sich meist ein sogenannter Pump- oder manchmal ein Rhörbrunnen befindet, auch in ihrem Innern jenes praktische und charakteristische, das den, jeder Neuerung abholden Bauernstand von altem Schrot und Korn kennzeichnet. Die holzgetäfelte Stube, der mächtige grüne Kachelofen, der runde Tisch von Eichenholz mit seinen ebenso massiven Bänken und daneben die große Schwarzwälderuhr, in einer Ecknische das flitterbehangen „Känsterle“ oder Hausaltärchen, der altertümliche Kasten mit allerlei bemalten irdenen Essgeschirren, die breiten Gesimse der Fenster mit ihren Goldlack und Nelkentöpfchen, alles heimelt uns sehr traulich an. Treffliche Wirtshäuser sind der „Hirschen“ und „Löwe“. In diesem letzteren, dem „Laien“, wie der Dorfbewohner sagt, residierte der wegen seiner derben Witze weit und breit bekannte, anfangs der Sechzigerjahre verstorbene „Schenkelwirth“ Zipfel, dessen Portrait mit der Umschrift „Suffet wi bigott“ ehemals vielfach auf Trinkgläsern und Tabakspäckchen prangte. Hatte doch auch Berthold Auerbach (+ im März 1882), der Verfasser der Schwarzwälder Dorfgeschichten, der oft für Wochen im Sommer in Ebnet seine Wohnung nahm, den originellen Mann in seiner Erzählung „Stadt und Land” als Vorbild seines „Wädeliwirths" genommen und dadurch verewigt!
Etwa 5 Minuten oberhalb Ebnet befinden sich auf den sogenannten Rehmatten die Sammelkanäle für die in den Jahren 1873-1876 erstellte neue Wasserleitung der Stadt Freiburg.



Durch das weite freundliche Thal, vorüber an den Mündungen vieler Seitenthäler-Welchen-, Atten-, Wittenthal und anderen-, aus denen hervor krystallhelle Bächlein munter dahin fließen, gelangen wir nach dem so lieblich an der Dreisam und zwei Stunden von Freiburg entfernt gelegenen Dörfchen Zarten. Der Ort, bei dem auch eine eiserne Bogenbrücke über die Dreisam führt, ist ziemlich wohlhabend und uralt, wovon auch die unansehnliche kleine Kirche Zeugnis gibt; dieselbe hatte einen niederen Holzthurm, welcher im Jahre 1878, als dem Zerfalle drohend, durch einen neuen aus Schmiedeisen ersetzt wurde. Im Dorf sind auch noch einige Gebäude zu sehen im Stile des 16. Jahrhunderts, darunter der vormals Sankt Märgen´sche Dinghof der Gotteshausleute im Thal. Im Baumgarten vor demselben, unter freiem Himmel nach altgermanischer Weise, hielt vor Zeiten der Abt von Sankt Märgen im Kreise seiner Hofbauern und Lehensleute dreimal im Jahr habe das Dinggericht ab, wie uns der Rodel von Zarten vom Jahre 1397 unter Angabe aller damit verbunden gewesenen Formalitäten des Ausführlichsten belehrt. Das Dorf Zarten, in kirchlicher Beziehung ein Filial von Kirchzarten, ist sehr alt; es verdankt seinen Ursprung höchstwahrscheinlich der keltisch – römischen Niederlassungen Tarodonum, deren Spuren man noch heutzutage oberhalb des Dorfes wahrnimmt. Über diese Ringburg haben wir bereits im siebenten Jahrgang des Vereinsblattes für 1881 – ”Ein Ausflug ins Kirchzarten Tag” – eingehender gesprochen und sei uns hier nur noch eine Bemerkung erlaubt. Julius Leichtlen in seinen” Forschungen im Gebiete der Geschichte, Alterthums – und Schriftenkunde Deutschlands, Freiburg 1818” , sagt nämlich: ”Man liest, dass im Jahre 765 ein gewisser Trudbert in dem Dorfe Zarduna und in der Zardunenschen Mark selbst Feld und Wald dem Kloster St.Gallen schenkte und das diesem Kloster im Mai 816 ein Theil der Kirche in Zarduna, am 2. April 848 aber ein Erbtheil bei dem Dorf Zarduna vermacht worden war. Nun wird man auch den Ort erkennen wo Tarodunum lag” . Auch Clüver und Mannert verweisen hinsichtlich dieses alten Kriegsplatzes auf die Gegend bei Freiburg und zwar auf eine ”höher gelegene” Gegend des Breisgaues hin, wie schon die keltische Bezeichnung „dunum” deutlich zeigt. In einer Vergabungsurkunde vom Jahre 852, in welcher unter Graf Alberich, der zehn Jahre lang die Verwaltung des Breisgaues führte, ein gewisser Tuoro seine Besitzungen in Zarten dem Kloster St.Gallen vergab, ist besagt, dass diese Vergabung zunächst bei dem Berge ”Staufen” liege. Da unmöglich hiermit Staufen im Oberlander gemeint sein konnte, so liegt die Vermuthung sehr nahe, dass in jener altersgrauen Vorzeit einer der vielen Berge und Hügel des Kirchzarter Thales den Namen „Staufen“ führte. Die Mark Zarten war aber groß, denn sie umfasste Vorder– und Mittelzarten, Kirchzarten, Hinter– und Oberzarten.
Es ist ein herrlicher Strich Landes – dieses Zarter Thal, durch welches ehemals in der Richtung der heutigen Landstraße die Heerstraße über die Wagensteige, den Turner und hohlen Graben nach Schwaben zog. Uhralt bewohnt und bebaut ist die Gegend durch ächt germanische Bevölkerung, die noch heutzutage Gebräuche und Volksfeste aus jenen in frühen Zeiten treue bewahrt hat, unter denen wir hier nur das in diesen Thälern am Sonntag nach Fastnacht übliche Scheibenschlagen erwähnen wollen. Zwischen Zarten und Kirchzarten lagerten sich im Jahre 1524 die aus aufrührerischen Bauern, als sie in großen Haufen von Schwarzwalde herab gegen Freiburg gezogen. Es waren jene Tage, von welchen der Dichter schreibt:

”Wer hat das Recht, uns zu befehlen?
Frei im Tannenwald haust der Bauer,
Über ihm steht nur die Sonne:
Also ist's in unsern Rodeln,
Ist's im Einungsbuch zu lesen,
s´steht nichts drin von Zins und Frohnden
Und Leibeigener Dienstbarkeit.”

eine Zeit, die über den gesegneten Landstrich des Breisgaues viel Unheil brachte!
Oberhalb des Dorfes Zarten zweigen sich zwei Wege von der Hauptstraße ab. Der eine zieht sich rechts hinüber nach Kirchzarten, Oberried und Todtnau, der andere nördlich nach Stegen und von dort hinauf zur Höhe von St.Peter. Welch prächtige Rundschau zu beiden Seiten des Thales! Hier nach dem Lindenberg mit seiner Kapelle und dem 1243 m hohen Kandel, dort nach dem Kapplerthal, nach dem Kipfelsen und dem Schauinsland, ein liebliches und wechselreiches Bild von Berg und Thal.


In dreiviertel Stunden von Zarten gelangen wir zu einem rechts an der Straße gelegenen Wirtshause; es führt den Schild ”zur Brandenburg” und ist zugleich Poststation. Es deutet dieser Schild auf die Sage von einer hier untergegangenen alten Heidenstadt. Die Bezeichnung Brandenburg aber mag wohl durch die Zusammenziehung zweier alten Gemarkungsnamen entstanden sein, denn es befinden sich noch heutzutage im Umfang des sogenannten Heidengrabens, welcher durch den Aufwurf des Walles zum schon erwähnten Tarodunum gebildet wurde, die beiden Höfe ”Brand” und” Burg”.
In der Nähe von Burg und unterhalb den Trümmern des Schlosses Wieseneck vereinigt sich der von der Wagensteige herabkommende, durch den Ort Buchenbach und an erwähnter Burg vorbeifließende Bach mit dem aus dem idyllischen Unteribenthal hervorhervorbrechenden Ibenbach; in dieser Vereinigung eilen die Beiden munter Freiburg zu und verbinden sich unweit oberhalb Zarten mit einem dritten Brüderlein, das seinen Weg aus dem Höllenthal hervor nimmt und sich Höllenbach oder Rotbach nennt. Jetzt sind die drei Bächlein ein wasserreiches Flüsschen geworden und nun macht, wie Doktor Biecheler in seiner Festidylle:” Freiburgs Genius an die im September 1838 in seinen Mauern versammelten Naturforscher und Aerzte” sagt, der Höllenbach seinen beiden Kameraden den Vorschlag zur Annahme eines gemeinschaftlichen Namens.
Bekanntlich befindet sich am Wasserfall bei Alleegarten zu Freiburg eine Gruppe von drei niedlichen Kindergestalten, welche allegorisch die drei kleinen Bäche darstellen.
Von Burg kommen wir, nachdem vorher noch die Gasthäuser ”zum wilden Mann” und ”zur Birke” – letzteres hat eine schöne Hauskapelle – passiert worden sind, in einer halben Stunde zum Wirtshause „auf dem Rain”, das links am Wege liegt. Dieser Rainhof, schon im 16. Jahrhundert das angesehenste und besuchteste Wirtshaus der ganzen Umgegend, war im vorigen Jahrhundert Eigentum der Freiherrlich Pfirdt´schen Familie, der auch ein großer Theil der Thalstraße gehörte. Links beim Rainhof zweit ein Weg nach Buchenbach und durch die Wagensteige nach St.Märgen ab. An diesem Scheideweg befindet sich ein steinernes Kruzifix, das nach der Inschrift im Jahre 1688 von dem Hofbauer Jakob Rappeneckher gestiftet und 1851 durch Peter Hausen renoviert wurde. Ganz in der Nähe oberhalb Buchenbach sieht man auf einem steilen Felsen, von dem aus man eine herrliche Fernsicht in die Rheinebene hat, die romantisch aussehenden Trümmern der Burg Wiseneck. Es sind nur noch wenige Überbleibsel, denn auch diese Burg hatte das Los vieler andern; sie wurde am 14. Mai 1525 von den Bauern unter Hans Müller vom Bulgenbach in Asche gelegt. Es war ein stattlicher Bau, über dessen Schicksale wir im Vereinspblatte, vierter Jahrgang für 1877,”Die Burg Wieseneck” von J. Bader, Ausführliches lesen. Noch einmal war die Burg, die ehemals dem Eingang in das Ibenthal und in die Wagensteige beherrschte, aufgebaut, von den Schweden aber im Jahre 1644 von Neuem zerstört worden. Seitdem ist, wo ehemals Pracht und Becherklang, nur öde Stille in den zerfallenden Gewölben und wohin man die Schritte lenkt, vom Unkraut Alles verwachsen. Auch das angesehene Geschlecht der Schnewlin von Wisneck, das da oben hauste, ist längst zu Grabe gegangen. Wir können mit dem Dichter Jakobi sagen:
„Ihr Werk zerstäubte längst die Zeit in raschen Flug,
Weg nahm der Sturm den Boden, der sie trug,
Selbst Ihre Gräber sind verschwunden.“

Nur die Sage rankt sich auch an diese Ruinen

„Und um Mitternacht, wenn kein´Aug´mehr wacht,
Wenn vom Thurm schallt die Stunde,
Dann ist´snicht geheuer
In dem alten Gemäuer.“

Die ganze sich an den Vorbergen des Schwarzwaldes hinziehende Gegend zwischen Kirchzarten und Wieseneck führt wegen ihrer ungemeinen Lieblichkeit den ihr von Alters her vom Volke gegebenen Namen ”das Himmelreich”. Nun aber nimmt das Thal in seiner weiteren Ausdehnung verschiedene Bezeichnungen an. So führt die Gegend bis zum Hirschsprung und ebenso das aus zerstreuten Bauernhöfen bestehende Dorf vor der in der Nähe befindlichen Burg Falkenstein den Namen ”die Falkensteig”. Nach und nach wird das Thal enger, tiefer beugen sich die dunklen Schatten des Tannenwaldes über den tosend dahinstürztenden Bach, immer mächtiger steigen links und rechts die zackigen und oft wunderbar gestalteten Felsenkolosse in die Höhe. Bald auch sehen wir aus hohen rußigen Kaminen mächtige Rauchwolken in die Lüfte steigen und vor uns liegen, rechts am Eingang in´s Höllenthal, die aus vielen Gebäulichkeiten bestehenden Eisenwerke des Herrn Fauler. Oberhalb derselben haben wir einen prachtvollen Fernblick nach dem Dreisamthal und traulich winken uns entgegen der Thurm des Freiburger Münsters und der Pavillon des Schloßberges. Wir gelangen zum Wirtshaus ”zum Himmelreich”, das gerade so hoch wie der Freiburger Münsterthurm liegt. Es ist ein zwar von Holz gebautes, aber durch seine großen Oekonomiegebäude stattliches Haus und mag, wie auch das gegenüber gelegene in Stein erbaute mit seinen dreiteiligen Fenstern aus der Mitte des 16. Jahrhunderts stammen. Bald auch befinden wir uns vor dem so lieblich gelegenen Wirtshause, vor dem Wilhelm Jensen in seinem Gedichte: ” Eine Himmelreichfahrt” siebenter Jahrgang des Breisgau Schauinsland-Vereinsblattes) so schön sagt:
”Da nickt ein gastlich Schild im Wind,
Zwei Tauben drauf als Zeichen.”

Drei Stunden von Freiburg entfernt, ladet dieses Wirtshaus in der Falkensteig gerne zur Rast ein, der Nudelsuppe, „Bache Mocke“ (”Kratzete“), Bachforellen, Bier und Wein, Alles ist ausgezeichnet, nicht minder ist es aber auch nach längerer Tour der Appetit.

„Da nickt im Wind der Maienzweig,
Grüß´Gott Euch ihr beiden Tauben!
Die alte Taube mit nickendem Schopf
Stand behäbig am Treppensteine,
Der jungen Taube braunflatternder Zopf
Flog schon über´m goldigen Weine.“
Gegenüber vom Wirtshause, in dem man auch eine gute Spieluhr hören kann, befinden sich ein Sommer eine Sommerwirtschaft mit Lauben, sowie ein Tanzsaal.




Nur wenige Schritte oberhalb der ”zwei Tauben” zieht sich ein jedoch in sehr schlimmen Zustande befindlicher Fußweg seitwärts durch den sogenannten Schulterdobel auf die Höhe der „Schwarzeck”. Der Weg durch dieses wildromantische Seitenthälchen führt uns vorüber an steilen Felswänden und dann einigen wenigen malerisch gelegenen Bauernhäusern und besonders ein kleiner, aber interessanter Wasserfall ist es, was den Wanderer zu entzücken vermag. Sind endlich nach etwa fünfviertelstündigem Fußmarsch die Strapazen des gähen Aufsteigers überwunden, welch´ herrliche Fernsicht nun nach dem Kirchzarter Thal und einem Theil der Rheinebene! Wir stehen hier auf eine Höhe von 2600 Fuß oder 780 Meter. Versteckt im Dunkeln des Waldes, befinden sich noch in etwas über Manneshöhe die Umfassungsmauern einer alten Kapelle, deren inneres jetzt Bäume und Sträucher überwuchert haben. Es sind dies die Überreste der einst aus Nah und Fern sehr besuchten Wallfahrtkapelle Schwarzeck, die vor ungefähr 40 Jahren einging und nun im Laufe dieser Zeit zerfallen ist. Über ihre Gründung berichtet die Sage, wie wir sie aus dem Volksmunde vernahmen: ”Vor hunderten von Jahren verirrte sich das Kind eines Falkensteiner Hofbauern auf diese Höhe und konnte aus der düsteren Waldungen nicht wieder den Weg ins Elternhaus finden. Drei Tage und drei Nächte hindurch verbarg sich das arme Kind unter einem großen Felsen und jeden Morgen brachte ihm eine weiß gekleidete Frau für seine Ernährung ein Brödchen. Endlich nach langem Suchen wurde das Kind unversehrt aufgefunden und zum Andenken an die glückliche Errettung des Kindes eine Kapelle gestiftet.” Dieselbe soll, wie uns von Thalbewohnern versichert wurde, wieder aufgebaut werden. Doch kehren wir nach diesem kurzen Abstecher wieder zurück zu den ”zwei Tauben”.
Ganz in der Nähe derselben stoßen wir abermals auf eine Kapelle. Es ist dies die sogenannte „Klauskapelle“. Außerhalb derselben befindet sich über dem Eingangsthörlein die Jahreszahl 1606, im Innern aber sind über demselben drei Wappen, das eine von Badenweiler, die anderen beiden sickingisch, angebracht, darunter aber eine lateinische Inschrift vom Jahre 1607, welche besagt, dass diese Kapelle dem heiligen Nikolaus als Schutzpatron gewidmet und in derselben von den Freiherrn von Sickingen, denen damals ein Theil des Thales gehörte, der Gottesdienst eingerichtet worden sei. Am Altarbild, das den erwähnten Schutzpatron des Kirchleins darstellt, befindet sich die Inschrift: ”Dieses Altarbild hat malen lassen Hans Wischte in der Falkensteig 1723” . Der gegenwärtige Altar selbst wurde nach der Inschrift von den Herren von Sickingen im Jahre 1710 aufgerichtet.
Der Kapelle gegenüber erhebt sich auf einem steilen und beinahe unzugänglichen Felsen, 618 Meter über dem Meeresfläche, ein hoher viereckiger Thurm, dem aber, da von Jahr zu Jahr immer mehr von dem alten Gemäuer abbröckelt, auch immer mehr der völlige Zerfall droht. Es ist der als Burg Neu-Falkenstein urkundlich schon 1266 genannte und unter dem Namen „Bubenstein“ bekannte Wartthurm, der die Wohnung der knappen und gleichsam eine Art Vorwerk der etwas mehr hinten im Thal und auch viel höher gelegenen Burg Alt-Falkenstein bildet. Noch ragen die mit Moos und niederem Gesträuche überwachsenen Wände des zwischen 2 und 3 Meter dicken Gemäuers, dessen innerer Raum 6 Meter lang und 7 Meter breit ist, über das zweite Stockwerke hinaus, die wenigen Kreuzstöcke sind ausgebrochen und um den Thurm selbst, dessen Eingang auf der Westseite sich befand, zieht sich auf drei Seiten ein nicht gar tiefer Graben. Schauerlich erhebt sich die Ruine über den dunklen Tannenwipfeln, ein finsterer Zeuge einst hier verübter rohester Gräuelthaten. Wie oft schon weilten wir in solch alten Gemäuer! Sind uns doch solche Ruinen die lautsprechenden Zeugen längst vergangener Zeiten, die uns wieder im Geiste zurückführen in den Kreis unserer Vorfahren, die uns erinnern an vieles Gute, freilich aber auch an gar manches Schlimme, das im Schooße jener Jahrhunderte lag!
„Da, wo die stolze Burg, verehret,
auf kahl gewordenen Felsen steht,
der Wind durch offene zerfallene Säle im weht,
den Eingang Dorngebüsch verhüllt
und auf zerbrochener Zinne, wild,
der Geier seinen Raub verzehret,
da kehren einst die Freuden häuslich ein.“

So schreibt unser Dichter Jacobi. Und was war so vieler Burgen los? In so mancher Sage, die sich an sie knüpft, liegt die Wahrheit des erschütternden Wortes: „Was der Mensch säet, das wird er ernten.“
Von jetzt ab wird das Thal immer düsterer, die einsamen Hütten hören allmählich auf und nur mühsam windet sich die Straße, längst welcher unter wildem Getöse schäumend der Waldbach dahinstürzt, an dem hohen und oft beinahe überhängenden Felswänden hindurch. Wir kommen vorüber an den Wirtshäusern „zum Löwen“ und „zum Kreuz“ und nun sind wir eingetreten in die eigentliche Hölle, deren Thore beim sogenannten Hirschsprung zwei mächtige, gegen die Wolken thürmende Felsen bilden. Wohl der großartigste Theil des Thales, eine imposante Waldnatur, von welcher auch der weitgereiste Wanderer, selbst wenn er die gigantischen Felsmassen der schweizerischen Hochgebirge gesehen, mit Staunen und Bewunderung steht!
Den Namen „Hirschsprung“ sollen diese zwei, von Fichten und düsterem Wachholder umgrünten Felsen erhalten haben, weil von einem zum anderen hinüber ein verfolgter Hirsch gesprungen sei; der Hirsch habe sich gerettet, doch den Jäger habe mein zerschmettert am Fuße des Felsen gefunden. Auf ihm steht jetzt, täuschend ähnlich, ein aus Holz gearbeiteter Hirsch; es wurde derselbe aufgestellt im September 1874, heißt die Teilnehmer der damals in Freiburg stattgehabten „Dritten Versammlung der deutschen Forstmänner“ auch das Höllenthal zum Ziel einer Exkursion gemacht hatten.
Über dieser Höhlenschlucht stund, fast auf jedem Punkte durch die Natur unzugänglich gemacht und auf ihrer nordöstlichen Seite, woselbst, wie es scheint, sich der Eingang befand, überdies noch durch eine über 3 Meter dicke Mauer geschützt, die Burg Alt-Falkenstein, von deren beträchtlichen Gebäulichkeiten aber heutzutage kaum noch die Grundmauern zu erkennen sind. Terrassenförmig steigen die beträchtlichen Gebäude, zu denen auch eine Kapelle, zum hl. Nikolaus genannt, gehörte, zur Höhe hinauf. Die noch vorhandenen Trümmer dieser eigentlichen Burg liegen aber mehr rückwärts auf einer Felswand, von der sie nicht mehr leicht zu unterscheiden sind und daher kommt es auch, dass sehr oft schon die erwähnten Vorwarte Neu-Falkenstein für die eigentliche Burg gehalten wurde. Es war ursprünglich ein edles Geschlecht, diese Ritter von Falkenstein, die mehrfach verbunden und blutsverwandt mit den Schnewlin´schen Familie, zum ältesten und angesehensten Hausadel der Zähringer gehören, in deren Hausmannschaft sie als sogenannte „Ministeriales“ dienten. Die Ausdehnung des Falkenstein´schen Gebietes war eine sehr große und zog sich über die alte Bergvogtei Hinterstraß (Hinterzarten ect), die Gemeinden von Vorderstra? (Steige, Breitnau etc) über die Thalvogtei Kirchzarten, Birkenreuthe etc. bis zur fürstenbergischen Grenze. Jahrhunderte schon, bevor Neu-Falkentein erbaut worden, mögen diese Ritter auf Alt-Falkenstein gehaust haben, denn es heißt bereits im Rotulus Sankt Petrinus unterm 29. Oktober 1200: „Dominus Chuono de Valchinstein - curtem aput Gundelvingen (ein Kammergut zu Gundelfingen) San Petro tradidit.“ Auch ein Kuno wird als Erbauer der Burg genannt und berichtet die in Prosa und Poesie so vielfach bearbeitete Sage folgendes:
„Ritter Kuno, der trotz mehrjähriger Ehe mit schmerzvollem Gefühle seinen Stamm dem Erlöschen nahe sah, zog um die Mitte des 12. Jahrhunderts mit anderen Kreuzfahrern nach Palästina und beim Abschiede reichte er seiner geliebten Gattin Ida die Hälfte seines Ringes mit den Worten: „Wenn ich nach sieben Jahren nicht wiederkehre so denke, ich sei gefallen."
„Der Ring mit seiner Hälfte sei
die Probe unserer Ehetreu;
versprich der Jahre sieben
als Gattin mich zu lieben“

so schreibt der leider schon früh verstorbene Doktor Hermann von Rotteck in seinem Gedichte „Kuno von Falkenstein“ (Poetische Versuche, Freiburg 1838)
Ritter Kuno geriet aber in die Gefangenschaft des Sultans, der ihm später die Freiheit und seine Tochter als Gemahlin anbot. Doch er blieb standhaft und endlich – es war bereits im siebten Jahre – gelangt es ihm zu entfliehen. Unterdessen war seine Gattin von habgierigen Freiern umschwärmt worden. Müde, des Weges unkundig und noch weit von der Heimat entfernt, wollte er verzweifeln, denn das letzte der sieben Jahre ging dem Ablaufe zu. Das schien ihm in Gesthalt eines Jägers der Böse und versprach ihm die Rettung, wenn er ihn für den Fall, dass er während der Fahrt einschliefe seine Seele verschreibe. Freilich sieht er am Verführer den Pferdefuß, doch hofft er ihn zu überlisten und willigt ein. Aus dem sich öffnenden Boden steigt ein Löwe, der den Ritter auf seinen Rücken nimmt und mit ihm hoch über Land und Meer fliegt. Der Weg ist weit und der Schlaf will den Ritter überwältigen. Da steigt aus der Luft herab ein Falke und hält ihn, auf seinem Kopfe sitzend, mit dem Schlage der Flügel wach. Schon ist der Münsterthurm von Freiburg sichtbar und in der Falkensteig vor dem inmitten des Dorfes gelegenen Wirtshause, das von da an den Schild „zum Pferdefuß“ erhielt, setzte der über die Überlistung ergrimmte Löwe brüllend den Ritter ab und verschwand. Unerkannt mit langem Bart und zerrissener Kleidung, gleich einem Bettler, langte Kuno auf seine Burg, auf der soeben seine Ida Hochzeit halten wollte, an und verlangte einen Trunk, den er ausleerte und dann den Becher, indem er die Hälfte des Ringes gelegt, der Herrin zustellen lässt. Voll Ahnung wirft sie auch ihre Ringhälfte hinein und, welch ein Wunder, die beiden Hälften vereinigen sich zum Ganzen. Gott preisend wirft sich Ida an die Brust des wiedergefundenen Gatten.
„Jetzt bis zum Tode bist du mein,
das spricht der fromme Falkenstein;
verschwunden ist der Gäste Schaar
und auch der Freier. Manches Jahr
lebt Kuno hochbeglücket,
von Liebe jung entzückend.“

Fortan gab er den Armen viel und nahm sich auch der dürftigen Wanderer an, die er verpflegen ließ, wie auch die Kirchen reichlich bedachte. Das Bild des rettenden Falken aber nahm, wie noch alter Pergamentbriefe aus Wien ausweisen, der Ritter Kuno „vom Stein“ dessen Glück auch durch einen reichen Kindersegen erhöht wurde, in sein Rittersiegel auf und nannte die Burg: „Falkenstein“.
Noch heutzutage erscheint er nach der Sage da und dort als „freundlicher Alter“ der für den einsamen Wanderer, wenn er, vielleicht getäuscht durch ein Irrlicht oder geneckt von Kobolden, auf höchster Heide oder im wild verwachsenen Walde des Weges Spur verlor, auf den rechten Pfad zurück. Fortan war es auch der Taufname Kuno, welcher die eigentlichen Stammherren dieses Geschlechts auszeichnete. Aber als die eiserne Faust des Fehderechts, die so viele Burgen in Raubschlösser umwandelte, dem Ritterthum seine Blüthen abstreifte, da erstarb auch das ursprüngliche Leben des Ritters nämlich die Tapferkeit und jene ritterliche Ehre, die einst von den Augen des edlen Burgherrn Alles galt und der auch er treu geblieben war bis zum letzten Athemzug. Auch von der Falkenstein-Burg gelten des Dichters Worte:
„Könntet ihr erzählen,
Mauern, was die Trümmer eurer Macht
tief in ihrem Schooß verhehlen,
jene Scenen aus der Vorzeit Nacht!

Auch gegen diese Ritter von Falkenstein liefen im Laufe des 14. Jahrhunderts beim Stadtrat in Freiburg viele Klagen ein, denn auch sie trieben das unter dem Landadel häufige Gewerbe der Wegelagerer, und von der Warte Ihre Burg herab lauerten sie mit ihren Knechten auf die Kaufleute und andere Reisende, die sie dann ausplünderten und sogar vor dem Morde nicht zurückscheuten. In jenen Zeiten bildete ja der Handel das eigentliche Lebenselement in den Städten und so stund auch Villingen, das eine bedeutende Tuchindustrie hatte und mit seinen Erzeugnissen der Markt von Freiburg beschickte, mit dieser Schwesterstadt, die ebenfalls durch ihre Tuchindustrie, nicht minder aber auch durch ihre zahlreichen Webereien, Walken und Granatschleifereien in Blüthe sich befand, in regem Handelsverkehr und somit war die Burg, da der Weg durch das Höllenthal über den Schwarzwald nur durch Saumthiere begangen werden konnte, für solche Räubereien ganz günstig gelegen.
Endlich führte ein Vorfall den Sturz der Burg herbei. Zu Ende der achtziger Jahre des 14. Jahrhunderts hatte an dem Stammschloss Alt-Falkenstein eine zahlreiche, mehrfach verzweigte Familie Antheil, von der auf der Burg selbst die Ritter Hans und Künlin, Herrn Künlins seligen Sohn, nebst seinen drei Söhnen, dem Ritter Dietrich und den Edelknechten Werner und Kleinkünlin, lebten.
Ein Mädchen aus dem Kirchzarter Thale, die Tochter des Kunin Henselers, eines Leibeigenen des Dietrich von Falkenstein, hatte gegen den Willen ihres Vaters Hans Schneider, einen armen Hintersaßen von Freiburg, zum Manne genommen und ihr Vater suchte nun nach Rache. Im Einverständnis mit seinem Herrn ließ er durch Schlupf von Kappel, Künin Weinmann sowie die beiden Brüder Hennin und Clewien Hase seinen Schwiegersohn auflauern, der auch bei Freiburg ob der Kapelle am oberen Werde gefangen genommen und auf Falkenstein gebracht wurde. Dort, wohin sie ihren Manne in die Gefangenschaft erfolgt war, kam das arme Weib mit einem todten Kind nieder, begrubt dasselbe, als sie freigelassen, zu Kirchzarten, ihr Mann aber wurde von höchsten Punkt der Burg in den Abgrund gestürzt. Als nun das Weib des Gemordeten – es war am achten Tage, seitdem sie die Burg verlassen – es erfuhr, do gieng sie - wie die Untersuchungakten sagen - mit ihrem kranken lip von Freiburg wieder gen Falkenstein unter die Burg an die Halde und suchte da iren man und fand ihn zerschlagen und modrig und zuog ihn herab an den weg und schafft das er ward begraben im Falkensteinerthale zu St.Oswald „Kilchen“. Dann aber trat sie vor Schmerz vor den Rat der Stadt Freiburg, der nun nicht mehr länger zögerte, und am 15. Januar 1390 vom Hofgericht zu Rothweil über Falkenstein die Acht erwirkte und hierauf durch die Stadtmannschaft, im Verein mit ihren Verbündeten, das Raub- und Mordnest, dass noch heutzutage im Volksmund das „Räuberschloß“ genannt wird, verbrennen und bis auf den Grund niederreißen ließ. Es war dies die erste Burg, die in unserem Lande der Zerstörung anheim fiel, wie dies in Dr. Schreiber´s „Urkundenbuch der Stadt Freiburg“ (Freiburg 1829 bei Herder) Bd.2, Seite 59/83 – Zerstörung der Burg Falkenstein – ausführlich dargestellt ist.



Noch heutzutage läßt der Volksglaube die Raubritter von Falkenstein, die mit dem Namen „Buschklepper“ und „Heckenfischer“ bezeichnet werden, um Mitternacht als feurige Männer auf dem Schauplatz ihrer Verbrechen umherziehen und sucht hier ein verwegener nach verborgenen Schätzen, so findet er vielleicht statt deren moderne Gebeine.
„Ihre Zinnen sind zerfallen
und der Wind streicht durch die Hallen“.
Heißt es auch von dieser Burg, in der jetzt nur Unkraut wuchert; denn nie wieder wurde die Burg aufgebaut. Dietrich und Kuno von Falkenstein waren bis zur geleisteten Genugtuung ins Gefängnis geworfen und erst durch Vermittlung der beiden Ritter Heinrich und Hans von Blumeck mit der Stadt Freiburg ausgelöst worden; und am 23. Januar 1391 stellte Künlin von Falkenstein die Sühneurkunde aus und am 4. Juli schon wurde auch mit den Rittern Hans und Dietrich, sowie mit den Edelknechten Werner und Kleinkünlin die Sühne zu Stande gebracht. Von den Helfern an der Gefangennahme und dem Tode Schneider´s wurden Schlupf und die Brüder Hase gerädert, Künin Henseler sowie Weinmann in langer Haft gehalten. Im Rathe der Stadt Freiburg bekleideten aber die Ritter von Falkenstein schon wenige Jahre später Ehrenämter, ja sogar öfters die Stelle des Bürgermeisters. Als aber am 6. Juni 1414 in ( Urkundenbuch Bd. 2, Seite 83) Kaspar, Hans Jakob und Heinrich von Falkenstein in Freiburg vor den Rath traten und für sich und ihre Verwandten erklärten, dass sie die Absicht hätten die Burg im Höllenthal wieder aufzubauen, da „erkannten die alten und neuen Räthe der Stadt, dass man die Veste nie wieder baue nach den bösen räuberischen und schädlichen Thaten, so da geschehen sind“.
Als die Straße durch die Wagensteige, seit den Römerzeiten die zweite bestehende Verbindungen zwischen dem Breisgau und Schwaben, eingehen, musste auch an die Erweiterungen der Höllenthalstraße gedacht werden und wurde im Jahre 1755 durch die frohnenden den Bauern die Höllenthalstraße bis auf die Steige für die Reisenden fahrbar gemacht. Die letzten großartigen Felsensprengungen dort wurden im Jahre 1770 gelegentlich der Durchreise der Braut des französischen Dauphins, Maria Antoinette von Österreich, bewerkstelligt und noch viele Jahre sah man die in der Farbe der Stadt Freiburg – roth und weiß – angestrichenen Geländer, die an den gefährlichsten Stellen der Schlucht angebracht waren, denn gemeinschaftlich mit der Sickingischen, Stürtzel´schen und Pfründ´schen Gemeinden hatte damals die Stadt die Höllenthalstraße zu unterhalten. Wie im Jahre 1713 die Straße durch die Wagensteige durch den Zug des französischen Marschalls Thallard, ebenso ist auch das Höllenthal durch Marschall Moreau bekannt geworden, der mit seiner Armee vom 13. bis 15. Oktober 1796 durch diese Schlucht zog.
Hier wird auch die Zahnradbahn ihren Anfang nehmen und, durch acht Tunnels (die bedeutendsten sind der Falkenstein, untere und obere Hirschsprung, Ravenna-, Finsterrank- und Löffelthal-Tunnel) mit einer Gesamtlänge von 811 Metern führend, erst in Hinterzarten die Ende haben.
Unweit vom Hirschsprung, wo beim sogenannten Jägerhaus ein Weg in romantische Nebenthäler abzweigt, bietet sich ein überraschendes und fesselndes Schauspiel. Es sind dies die im Schwarzwald üblichen sogenannten Holzriesen. Auf künstlich angelegten hölzernen Bahnen, die oft eine Länge von 600 Meter haben, wird das Holz in staunenerregende Schnelligkeit aus den rechts über der Straße gelegenen Domänenwaldungen über den Thalbach geschleudert, um so dasselbe von den unwegsamen Höhen herab auf die fahrbare Straße zu bringen. Mit weithin vernehmbarem Donnergetöse fällt das Holz auf einen großen Haufen und hoch wirbeln die Stücke in der Luft umher, den des Weges Ziehenden zur Vorsicht mahnend.
Bald hinter dem Hirschsprung lichten sich rechts und links die Zweige, die Thalwände mit ihren düsteren Tannen rücken wieder mehr auseinander und das Thal, dessen Straße nun allmählich steigt, wird wieder freundlicher. Welch´ reicher Wechsel an Interessantem! Hoch oben an den schroffen Felswänden weiden Kühe und Geisen, weithin ertönt das Glockengeläute der Leitthiere. Immer neu gefesselt ist das Auge. Bald ist's eine malerisch gelegene Sägmühle, bald eine Kohlenbrennerei, ein einsam gelegenes Gehöft oder eine von Alter und Rauch geschwärzte der Hütte. Hier steigt aus den Klüften eine Tanne hoch in die Lüfte oder es ist ein Felsstück, das dem Einsturze droht, dort wieder ist's ein auf den Felsen oder am Wege stehendes Kreuz, oft auch ein einfacher Bildstock, Zeugnis gebend von einem Unglück, das an dieser Stelle geschehen. Bald begegnet uns ein leichtes Bernerwägelchen, bald wieder der Postwagen oder auch eine schwer beladene Kohlen- oder Holzfuhre. Überall ein kräftiger und gesunder Menschenschlag! Stolz auf die althergebrachte Tracht, ohne Unzufriedenheit und Hang nach Genußsucht, sind sie glücklich, die Bewohner dieser stillen und friedlichen Thäler, religiöse, fleißig und einfach in allem ihrem Thun. So Manches im Leben dieser biederen Bewohner gibt Zeugnis von dem streng-katholischen Charakter derselben, von der althergebrachten Pietät, wie dies meist nur in diesen einsamen Thälern noch vorkommt. Freilich wird es vielleicht auch hier in Manchem anders werden, wenn einmal unsere eisenbahndurchsauste Gegenwart sich in diese Thäler drängt! Möge aber nie das Wort zur Wahrheit werden:
„Oh unglückselge Stunde, da das Fremde
in diese stillbeglückten Thäler kam,
der Sitten forme Unschuld zu zerstören.“

Endlich sind wir – eine Stunde vom Hirschsprung entfernt – an der „alten Post“ in der Höllsteig angekommen. Es ist ein umfangreiches Hofgut mit vielen Waldungen, liegt links am Wege und hat einen schönen Garten; in diesem Wirtshause „zum Adler“, das, wie auch das „Himmelreich“, eine Eisenbahnstation erhalten wird, ist auch eine kleine Seltenheit zu sehen, nämlich ein ausgestopfter Gemsbock, welches Thier sich in unser Schwarzwald verirrte und im Winter 1882 auf 1883 im Höllenthal erlegt wurde. Oberhalb dieses Wirtshaus ist, bei dem sich links ein Fußweg nach Breitnau abzweigt, erblicken wir mächtige Felsmassen mit herrlichen Tannenwaldungen. Auf festen Stützmauern erbaut, führt die neue und schöne Straße, Höllsteige genannt, auf die Hochebene des Schwarzwaldes. Wir kommen nach einer weiteren Viertelstunde zu der so malerisch auf kleiner Anhöhe gelegenen St.Oswaldkapelle. Dieselbe, nach Hinterzarten eingepfarrt, hat ein mit Schindeln gedecktes und mit einer Sonnenuhr versehenes Türmchen, dem man – er stammt aus dem Ende des 13. Jahrhunderts – sein hohes Alter ansieht.
In diesem Türmchen ist in der Nische ein englischer Gruß und die Anbetung der Könige angemalt; an dem gotischen Flügelaltar der Kapelle aber sind, als sehr beachtenswerthe Bilder aus dem 15. Jahrhundert, der heilige Oswald und Georg, auf der Außenseite aber der heilige Sebastian und Michael angebracht. Am Eingang befindet sich die rätselhafte Inschrift 1719 T. H. A. T. F. K. P. C. H. H. K. P. L. H. T., wahrscheinlich die Anfangsbuchstaben Derjenigen, denen die im obigen Jahre stattgefundenen Renovation der Kapelle zu verdanken ist. Den Maler bezeichnet ein Rabe mit einem Ring und der Namenszug O. W. Aus einer im erzbischöflichen Archiv zu Freiburg befindlichen und von Bischof Heinrich von Constanz und am 18. Oktober 1462 ausgestellten Urkunde geht hervor, dass das Kirchlein, welches seinen Namen zu Ehren des Heiligen Oswald erhielt, im Jahre 1148 durch Bischof Hermann von Constanz geweiht, im Jahre 1315 aber von dem Constanzer Weihbischof Berthold und im Jahre 1462 vom Bischof Heinrich mit Ablässen bedacht wurde; um das Kirchlein herum lag ein kleiner Gottesacker, der, wie aus einer Urkunde vom 21. Dezember 1566 zu ersehen, in jenem Jahre erweitert wurde.



Nur etwa 10 Minuten von der Oswaldkapelle liegt 2214 Fuß oder 664 Meter über dem Meeresspiegel und 5 Stunden von Freiburg entfernt, das bekannte Post- und Wirtshaus „zum Sternen“. Welch´ herrliche Lage inmitten einer kleinen kesselartigen Mattenbucht hart an dem schäumenden Rotbach! Beim Gasthaus befinden sich schöne Gärten und große Sthallungen, davon gegenüber eine im gotischen Stil erstellten Hauskapelle mit hübschen Gemälden; ebenso gehört zum Anwesen ein mehr oben im Thal gelegenes und im geschmackvollen Schweizerstil erbautes Bad- und Pensionshaus.
Unfern vom „Sternen“ windet sich die Poststraße die Steige hinauf Neustadt zu; links vom Wirtshaus aber zeigt ein Wegweiser „nach dem Ravennathal“. Zwischen steilen und ergstehenden Felswänden hindurch, hinwegschreitend über mächtige Felsblöcke, immer entlang dem Ravennabach – weil er vom Thurner oder Fahrenberg herunterkommt, auch „Fahrenbach“ genannt – gelangen wir, nachdem wir mehrere Brücken überschritten, zu einem äußerst interessanten Wasserfall, der tosend über sein Felsenbett stürzt. Noch vor wenigen Jahren ging es oft zur Höhe hinauf an senkrecht an den Felsen angebrachten Leitern, überaus malerisch und großartig zu erschauen. Statt dieser Leitern ist jetzt eine Stiege angebracht. Bald deutet ein Wegweiser „Nach dem Ravennafelsen“, wir haben wieder die Fahrstraße erreicht und vor unserem Blicke erhebt sich ein imposanter Felskoloss auf und auf ihm ein Kreuz, die „Fahne des Lichts“. Wie lieblich ist hier das Gemälde der Landschaft, wie entzückend der Ausblick ins Thal hinab nach dem „Sternen“ und der Oswaldskapelle! Von der Tiefe herauf und hart neben der alten Straße, die aber ungemein steil und gefährlich war, führt in vielen Windungen die neue Straße um den Ravennafelsen herum zur Höhe. Von hier aus führt die Straße den Namen „ob der Steig“. Hier kommen wir vorüber an den Überresten jener Verschanzungen, die im Frühjahr 1814 von den Alliirten angelegt, nach dem Pariser Frieden aber wieder zerstört wurden. Es zogen sich dieselben oberhalb Breitnau über die sogenannte Allmend, Thurner und hohlen Graben und scheinen mit jenen Verschanzungen zwischen Neustadt und Röthenbach in Verbindung gestanden zu sein.
Beim Wirtshause „zum Rößle“ – im vorigen Jahrhundert „zum weißen Pferd“ genannt – haben wir bei 879 Meter die Höhe der Höllsteige und zugleich auch den Abschluss der Hölle erreicht. Dort nahm in älteren Zeiten das Fürstenbergische Gebiet oder die sogenannte „Bertoldesbara“ ihren Anfangen.
Welch´ entzückender Blick auf die umliegenden Berge und dann wieder hinab in das uralte Seebecken der Winterhalde! So soll doch die ganze Gegend vom Feldberg bis zur Kirchsteig unterhalb Neustadt, ebenso von den steilen Bergen bei Breitnau und dem Hochberg bis zum Seesteig ein großer See gewesen sein, von welchem der durch die Gutach mit dem Feldsee in Verbindung stehenden Titisee, sowie die vielen durch die Thäler fließenden Bächlein wohl noch ein Überreste sind. Als die Strömung in weiten Thale anlangte, entstand dadurch, dass sich die Gerölle absetzten, jener in das Kirchzartener Thal vorgeschobene Geröllwall, auf dem die jetzige Landstraße von Birchen – einzeln gelegenes Wirtshaus in der Pfarrgemeinde Kirchzarten - an aufwärts gebaut ist. Welche gewaltigen Veränderungen mögen da vor sich gegangen sein, bis im Laufe langer Jahrhunderte dieser See ausgetrocknet, für Waldungen und und Kultur empfänglich geworden ist!
Beim „Rößle“, in dessen Nähe sich auch das Wirtshaus „zur Lafette“ (Geschützgestell), befindet, zweigt sich links ein Weg nach Breitnau ab, ein anderer rechts hinüber nachdem in neuerer Zeit, ebenso wie Breitnau, als Luftkurort berühmt gewordenes Dörfchen Hinterzarten, von dessen Kirche man schon oben auf der Höhe die rothe Kuppel des Thurmes vertraulich entgegenwinken sieht. Nach einer Stunde, vom „Rößle“ weg, sind wir, beinahe immer an Moor und Torflagern vorüberwandernd, beim „schwarzen Bären“ in Altenweg angelangt. Ein stattliches und schon auf weithin sichtbares Gasthaus mit gegenüber gelegener Hauskapelle, wo sich wieder die Straße theilt, die eine Weile durch das Thal der Gutach oder Wutach, welchen Namen dieses Flüsschen bei seinem Austritt aus dem Titisee annimmt, nach Neustadt und Donaueschingen, die andere seitwärts nach Lenzkirch, Bonndorf und Schaffhausen führt. „Im untern alter Weg“ heißt noch heutzutage die Strecke vom Höllenthal zur Wutach, ein Name den im 14. Jahrhundert die ganze Straße nach Neustadt, im Gegensatz zum „neuen Weg“ – durch die Wagensteige – führte.


Den Weg nach Lenzkirch wählend, stehen wir nach kaum zehn Minuten am Ufer des fischreichen, etwa dreiviertel Stunden langen und eine halbe Stunde breiten, so lieblich an einem Abhange des Feldberges gelegenen Titisees. Stille ist's um das von Tannendunkel umschlossen der Gewässer und eingewiegt in wonnige Träume gedenken wir der Undinen und Seejungfern, die singend im Mondesschein sich – gleich der Seerose – auf den Fluthen schaukeln oder auf dem grünen Rasen neben dem See den Reigen tanzen. Manche Sage kommt uns da in den Sinn.
„Mein Sohn, mein Sohn, geh´ nimmer zur See,
dort lockt und verführt dich die Nixe, die Fee;
dann bleibt dir im Herz ein unendliches Weh.“

An der Stelle diese Sees, der sich nach der Sage nicht messen lässt, in Wirklichkeit aber eine Tiefe von 39 Metern hat, soll in uralten Zeiten ein reiches Kloster gestanden haben, das aber wegen der Sündhaftigkeit seine Bewohnerinnen von dem plötzlich hereingebrochenen Wasser verschlungen worden sei und

„Noch immer geht die Sag´,

im See sei's nicht geheuer.
den zieht es hinab,
der keck hinein sich wag."

Hart an der Straße nach Lenzkirch, am unteren Ende des Sees, befindet sich das schöne, im Jahre 1872 von F. Eigler erbaute und im vorigen Jahre bedeutend erweiterte Pensionshotel (849 Meter). Auch befinden sich am See zwei Badhäuser und stehen ebenso Boote für Seefahrten zur Verfügung. Die Eisenbahnstation wird zwischen der See und den Hirschbühl zu stehen kommen.
Von hier aus kann der Rückweg nach Freiburg an der Bruderhalde und am Erlebuck vorüber nach Hinterzarten und von dort durch die wildromantische Schlucht des sogenannten Löffelschmiedenthales wieder zum „Sternen“, von wo man die Abendpost benutzt, oder, wenn man die Fußtour weiter ausdehnen will, von Hinterzarten aus in südlicher Richtung über die Höfe von Oberzarten durch das Bärenthal auf den Feldberg (in etwa zwei Stunden zu machen) angetreten werden oder man nimmt den Weg vom „Rößle“ im Höllenthal aus entweder über Breitnau und Buchenbach oder über den Thurner und über Sankt Märgen und von da durch die Wagensteige ins Kirchzarter Thal zurück. Wir können, da der uns zugemessene Raum des Blattes mehr nicht gestattet, diese Touren nur andeuten und müssen auf die nähere Ausführungen verzichten. Welchen Weg aber man auch immer wählen mag, überall in diesen stillen Thälern finden wir einen reichen Wechsel an landschaftlichen Schönheiten, ein heiteres einfaches Leben der Bewohner, wodurch das Sprichwort „Ländlich – sittlich“ zur vollen Wahrheit wird. Ewig jung bleibt die Natur und der einzelne Mensch nur altert, der aber gleichwohl in dieser herrlichen Gottesnatur sich wieder verjüngt und neu gekräftigt fühlt!