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Der Kibfelsen und das Kibbad
von A. Mezger



Einer der angenehmsten und lohnendsten Ausflüge in die Umgebung Freiburgs ist wohl der auf den Kibfelsen. Der Weg besonders anstrengend, auch in 4-4 1/2 Stunden hin und zurück zu machen, und doch bietet er ein großartiges Gebirgspanorama.

Wenn man auf der Güntersthalstraße an der Waldecke des Sternwaldes anlangt, zeigt links ein Wegweiser nach dem Kibfelsen. Der Weg führt großentheils durch Hochwald, theils von Buchen, theils von gemischtem Holze: er schlängelt sich im Zickzack auf die Höhe des Bromberges (eigentlich Bronnberg, wegen der vielen Quellen) und dann fast immer auf dem Kamm des Gebirges fort, bis man in 2-2 1/2, Stunden den Kibfelsen erreicht. Wo Wegtheilungen sind, befinden sich jedesmal Wegweiser, so daß man den Weg ganz allein und sicher finden kann. An sehr vielen Punkten, besonders in Waldlichtungen sind Sitzbänke angebracht, theils zum Ausruhen nach weiterer Steigung, theils und vorzüglich, um die prachtvolle Aussicht bequem genießen zu können; denn vom ersten Bänkchen an bis zur Höhe des Kibfelsens bietet der Weg, der sich von der Höhe des Bromberges an bald mehr westlich, bald mehr östlich am Kamme hinzieht, viele und herrliche Ausblicke, theils nach Westen und Süden, theils nach Osten und Norden, theils nach Westen und Osten zugleich; jeder Ausblick gewährt ein reitzendes, theilweise großartiges Bild. Einerseits das Thal von Güntersthal und Bohrer, die Höhen des Lorettobergs, Kreuzkopfs und Illenbergs (eigentlich Uelenberg, von Uele - Eule), des Gersthalms und Schauinslands, zwischen denen auch einmal der Belchen hervorblickt; das Hexenthal mit dem Schönberg, Oelberg, mit der Staufenburg und Rödelsburg, mit dem Kastelberg und Blauen; die Rheinebene mit dem Kaiserstuhl, dem Tuniberg und den Vogesen; anderseits Freiburg mit dem Schloßberg, Roßkopf, Hornbühl, Flaunser, Kandel, Kapfenberg, Turner, den Breitnauer Höhen, welche das Dreisamthal und seine Nebenthäler einrahmen, zeichnen die wechselnden Bilder, welche uns dieser anmuthige Waldweg vorführt. Auf der Höhe des Kibfelsens endlich hat man eine vollständige Rundsicht: außer Freiburg, das durch den Bromberg verdeckt ist, treten alle diese genannten Punkte, zu denen noch der Feldberg, Kirchzarten, das Kapplerthal und Horben hinzu kommen, dem Beschauer mit einenmal vor die Augen, so daß man sich fast nicht satt sehen kann. Jede Wendung des Blickes bietet ein anderes, noch prachtvolleres Bild von Thal und Höhen.

Kibburg-73.jpg Parthie am
              Kibfelsen
Kibfelsen
Parthie am Kipfelsen


Der Kibfelsen (auch Kybfelsen oder Küpfelsen), 2759 Fuß oder 828 Meter über der Meeresfläche, bildet einen hervorragenden Theil des Höhenzuges vom Bromberg zum Schauinsland und beherrscht die Thäler von Kapvel und Güntersthal; er ist ziemlich steil und ganz bewaldet bis auf die graue Steinmasse, welche die Spitze, den eigentlichen Felsen bildet. Davon hat auch die ganze Höhe den Namen; denn dieser hängt zusammen mit dem Stammworte Kap (auch Kop und Kuv), welches das Höchste oder Aeußerste, also die Spitze eines Gegenstandes bedeutet und sich in den Namen Kapf, Kappe, Kobel, Koppe, und Kupfe, Kuppe, Kuppel findet. Darnach würde also Kibfelsen einen „zugespitzten Felsen", bedeuten.

Vor achtzehnhundert Jahren stand auf diesem Felsen wohl ein römischer Wartthurm. Denn als die Römer diesen Theil von Südwestdeutschland den Kelten abgenommen und römische Niederlassungen, theilweise auf früheren keltischen, gegründet hatten, verbanden sie dieselben durch gut gebaute Heerstraßen, zu deren Schutze sie gelegene Höhen des westlichen Abhangs des Schwarzwaldes mit Wartthürmen und Kastellen versahen, so daß von dem einen zum andern Signale gegeben und so die Verbindung ununterbrochen erhalten werden konnte. Das große römische Heerlager bei Tarodunum oder Zarten (bei der Brandenburg noch erkennbar), das die Stelle des großartigen keltischen Heerlagers eingenommen hatte und die Ebene des Breisgaues gegen feindliche Einfälle und Verheerungen der Alemannen schützen sollte, hatte als Vorposten gegen dieselben die Thürme der Wisneck und des Falkensteins, während das Kastell auf dem Schloßberge bei Freiburg und der Thurm auf dem Kibfelsen die Verbindung mit Breisach und Neuenburg, den Hauptwaffenplätzen der Römer am Rheine zwischen Straßburg und Augst (bei Basel) und mit den andern im Breisgau sich befindenden Kastellen: Zähringen, Kastelberg, bei Waldkirch, aufwärts Staufenberg, Rödelsberg, Kastelberg bei Sulzburg, Scharfenstein, Badenweiler und Isteiner Klotz zu vermitteln und zu unterhalten hatten. Während Ausgrabungen auf dem Schloßberge bei Freiburg unzweifelhaft ergeben haben, daß dort ein römisches Kastell stand, läßt sich dies bei unserm Kibfelsen nicht durch solche sichtbare Spuren beweisen; denn es konnten bis jetzt keine Nachgrabungen veranstaltet werden. Wohl aber läßt sich dies daraus schließen, daß das einzige Kastel bei Freiburg den Römern nicht genügen konnte, um die Verbindung mit Zarten und Breisach und dem oberen Breisgau zu unterhalten, und daß keine Höhe für einen Wartthurm geeigneter war, als eben der Kibfelsen, der gerade wegen seiner Lage und Höhe am passendsten war, um die Verbindung zwischen Zarten und dem obern Breisgau herzustellen,

Als die Alemannen endlich mit unwiderstehlicher Gewalt in die Rheinebene herunterstiegen und der Römerherrschaft ein (Ende machten, da theilte auch der Thurm auf dem Kibfelsen das Schicksal der übrigen Römerbauten: die Sieger zerstörten alles, was an die verhaßte Römerherrschaft erinnerte. Aber bald entstanden auf den Trümmern neue Niederlassungen und auf den Grundmauern der römischen Kastelle und Wartthürme bauten sich die alemannischen Edelinge ihre Burgen, von wo aus sie die Umgegend beherrschen konnten. So entstand auch auf unserm Kibfelsen bald eine Burg, die wohl ziemlich ansehnlich gewesen sein muß, da sie aus einer obern (auf der Spitze des Felsens) und einer untern Burg bestand, was aus dem alten Güntersthaler Klosterurbar (von 1344) hervorgeht, das von Klostergütern am obern und untern Burggraben spricht. Ebenso stellt eine Zeichnung der Klostergemarkung von 1770 die Ruinen noch als sehr ansehnlich dar. Jetzt freilich ist von diesem Umfange wenig mehr bemerklich, da die Ruinen theils überwachsen, theils vollständig an dem steilen Abhange zerstreut sind.

Wer diese Kibburg (Kyburg), deren Gebiet zuerst über die Höhen des Brombergs und Kibfelsens bis zum Schauinsland und die beiden Thäler von Kappel und Güntersthal umfaßte, besessen, welche ritterliche Familie darauf gehaust, ist unbekannt. Im ganzen Bereiche des Schwarzwaldes und Breisgaus ist nicht ein einziger „Herr von Kibburg“ urkundlich nachzuweisen. Eine alte Chronik, die des Albert von Straßburg, erzählt zwar von einem Herrn von Kibburg, der ein Schwager des benachbarten Herzogs von Zähringen gewesen sein soll. Was er aber erzählt, ist geschichtlich unhaltbar, ist Sage. Diese Erzählung lautet: „Es war auch vordem ein altes Schloß Kyburg im Breisgau, dem Freiburger Schlosse nun gegenüber. Da ertheilte der Graf von Kyburg seinem Schwager, dem Herzoge von Zähringen, auf dessen Bitten die Erlaubniß, über dem jetzigen Schloßberge zu Freiburg ein Jagdhaus aufzuführen. Des Grafen Frau aber, als sie solches hörte, rief voll Schrecken ihrem Manne zu: „„Wohl sagt mein Bruder, daß er hier ein Jagdhaus bauen will, denn er wird jagen und durch dieses Haus Euch aus dem Lande treiben und Eurer Ehren berauben;““ was auch kurz darauf erfolgt ist.“ Daraus
haben dann die andern Geschichtsschreiber gefabelt, die Kibburger seien von diesem Gründer des Schlosses oberhalb Freiburg, Berthold I., vertrieben worden und hätten ihren Stamm nach der Schweiz verpflanzt. Möglich ist, daß die Herren von Kibburg auch noch auf dem rechten Dreisamufer einen Theil des Bergwaldes besaßen und denselben an die Besißer der Burg Zähringen zu Eigenthum verkauften, so daß dieselben dann auf eigenem Grund und Boden das Schloß auf dem Schloßberge erbauten, wie es die Verfassungsurkunde der Stadt Freiburg erwähnt. Jene Sage von dem Schwager auf Kibburg beruht jedenfalls auf einer Verwechslung mit dem Grafen Ulrich von Kyburg (in der Schweiz), dem Schwager Herzogs Berthold V. von Zähringen. Daß die Herren auf Kibburg einen Theil ihres Eigenthums auch die Zähringer verkauften, erscheint um so glaubwürdiger, da sie in jener Zeit schon etwas heruntergekommen waren und ihr Besitz auch noch anderweit verkleinert wurde, indem das vordere Güntersthal mit den Gütern in der benachbarten Gemarkung Adelhausen an das alte Edelgeschlecht von Wolfenweiler kam und durch dasselbe Verkaufs- und Schenkungsweise dem neugegründeten Kloster St. Peter übergeben wurde. Später gedieh dieser Dinghof (jetzige Villa Lasker) mit den zugehörigen Leuten und Gütern durch Tausch gegen einen Hof in Scherzingen und eine Geldsumme von 20 Mark Silbers an das Kloster Güntersthal (etwa 1244). Das Kapplerthal dagegen kam wahrscheinlich erbweise an die Herren von Röteln, welche die Edlen von Falkenstein damit belehnten und später, nach einer Urkunde von 1272, ihre Lehenshoheit über diese Falkenstein´schen Güter im Kapplerthal den Deutschherren zu Freiburg übertrugen.


Kibbad
Das kleine
              Kapplerthal und das Kibbad
Kibbad
Das kleine Kapplerthal und das Kibbad

Am Anfange des 13. Jahrhunderts besaß also die Ritterfamilie auf Kibburg nur noch das hintere Güntersthal bis Horben. Der damalige Besitzer, der einzige uns namhaft gemachte „Herr Günter“ war ohne männliche Nachkommen; er besaß nur zwei Töchter, Adelheid und Bertha. Dies und der Umstand, daß damals auch das benachbarte, weit mächtigere Herzogsgeschleht der Zähringer mit Berthold V. (1218) zu Grabe ging, erweckten in ihm vielleicht den Gedanken an die Hinfälligkeit der irdischen Dinge, und brachte in ihm den Entschluß zur Reife, mit dem Reste des Familiengutes für seine beiden Töchter, nach der Sitte jener Zeit, ein Kloster zu gründen, und zwar im hintern geschützten Theile des Güntersthales, der väterlichen Burg gerade im Angesichte. Im Jahre 1221 ließ der sohnlose Greis tief unten am Ufer des Thalbachs ein Haus und ein Kirchlein errichten und übergab es mit seinem Segen seinen Töchtern, die nach seinem bald darauf erfolgten Tode die väterliche Burg verließen und die stille, in traulicher Abgeschiedenheit gelegene Klause bezogen. Die unbewohnte Burg aber gerieth von da an in Verfall.

Welche Familie aber die Kibburg besessen, ist urkundlich bis jetzt nicht festgestellt. Mehrfache Gründe sprechen aber dafür, daß die Ritter von Horben, von denen ein gewisser Kuno bei der Gründung des Klosters Thennenbachh 1151 sein dortiges Besitzthum an das neue Gotteschaus abtrat, die Besitzer dieser Burg waren. Einmal mußte sich der Besitz dieser Edlen thalabwärts gegen Güntersthal erstrecken,denn blos auf die unwirthliche Höhe hinter Horben konnte sich ihr Gebiet wohl nicht beschränken. Auf der andern Seite aber im Katzenthale begann das Gebiet der Herren von Au. Ferner ist weder in Horben selbst, noch auf der Höhe gegen Langackern eine Stätte nachzuweisen, wo einst Edle gehaust. Wahrscheinlich ist vielmehr, daß sie auf dieser Höhe des Kibfelsens gehaust, wo sie nicht nur Horben, sondern auch Güntersthal und Kapplerthal beherrschten und die Aussicht in das Dreisamthal und auf die Höhen des Schwarzwaldes, wie über die Rheinebene hatten. Dabei fällt besonders noch in die Waagschale, daß zu derselben Zeit, wo dieser sohnlose Herr von Kibburg verstarb, auch das Geschlecht der Herren von Horben erlosch.

Doch verlassen wir die todten Ruinen und wenden wir uns wieder dem Leben, der Gegenwart zu! Ein steiler, mitunter nicht für Zeugstiefelchen geeigneter Weg führt uns auf der östlichen Seite den Bergabhang hinunter in das Klein-Kapplerthal, wo am Fuße des Kibfelsens das „Kibbad“ liegt, das wir schon von oben erblickt haben. Es ist ein nettes, einladendes Wirthschaftsgebäude mit einem neugebauten Badehause und einem großen Oekonomiegebäude (sog. Bauernhof.) Hier erhält man Erfrischungen und trift meistens auch Gesellschaft, da während der Sommermonate sich immer Badgäste hier befinden, die in ländlicher Abgeschiedenheit sich von den Mühen ihres Berufes erholen. Vielfach wird das Bad auch von den Landleuten der Umgegend besucht, die für verschiedene Gebrechen hier Heilung suchen oder sich einmal einer gründlichen Waschung unterziehen wollen.

Das Bad ist schon vor mehr als 300 Jahren im Gebrauch gewesen. Ein Gutachten des Doktors der Medizin, Martin Ruland von Freisingen, aus dem Jahre 1568 lautet: „Auf Ein Meil wegs von der Stadt Freyburg gegen Lüttenweiler zu, lieget das Kybbadt, helt Kupfer und wenig Schwefel, Hilft für Kalten Leib und Glider, Böse Augen, Grieß, Beinbruch, Rauden (Räude, Krätze).“ Fast mit denselben Worten spricht sich 1571 in seinem Badlibell (Schrift über Bäder) Gallus Etschenreuther, der Arznei Doktor zu Straßburg, über unser Bad aus, und auch Dr. Johann Georg von Grafenberg, (Erzfürstlich bestellter Archiater (etwa = Medizinalrath) der vorderösterreichischen Lande, hebt in ähnlicher Weise in seinem Badlibell vom Jahre 1619 die Wirkungen des Kibbades hervor. Daß das Bad stark besucht wurde, sowohl aus der Nachbarschaft, als von Fremden, auch von solchen, die „nicht des Badens halber“ kamen, geht aus der Badeordnung hervor, welche Prior und Konvent des Wilhelmitenklosters zu Oberried, zu dessen Gebiet das Kibbad damals gehörte, am 1. Mai 1659 erließen, nachdem das Bad „wieder repariert und von den Medicis nach allem Fleiß und Kunst von Neuem probiert und für ein Heilbronnen approbiert worden.“ Diese Badordnung ist in mehr als einer Beziehung, namentlich aber zur Kennzeichnung der Kultur- und Sittenzustände jener Zeit sehr interessant, weßhalb einzelne Bestimmungen derselben hier mitgetheilt werden.

Der Kibbfelsen
              von der Kappler Seite
Der Kibbfelsen von der Kappler Seite
Die Badeordnung wurde erlassen, „damit nichts wider Gottes Ehre, des Nächsten Nachtheil, sondern alle Zucht, Erbarkeit, Fridt und Eynigkeit erhalten und den Badgästen auch umb die gebühr und Billichen preyß Lösament, Speiß und Trank gereuht werden möchte.“ Der Wirth sollte in seiner Familie und bei seinem Gesinde auf Gottesfurcht und Zucht halten, bescheiden und dienstwillig sein. Ferner wurde ihm eingeschärft: Haus und Mobiliar in gutem Stande zu erhalten, auf Feuer und Licht wohl Acht zu haben, „den Rauch aus den Stubenöfen durch ein Kamin über sich hinaus zu führen, damit die Gebäu und Gäst darob gesichert werden.“ Vor Beginn der Badezeit sollten alle Gemächer und Badeinrichtungen erst gereinigt werden, „damit sich die Gäst keines geschmats, noch Unreinigkeit, weder im Bad noch in Gemachen und Stuben mit Fug zu beklagen haben.“ Für die Gäste mußten gute Speisen und Getränke besorgt sein: „Der Wirth solle allezeit mit gutem weißen und Rotten, ohngefälscht, und nit zu sehr geschwebleten Wein versehen seyn und denselben nit höher, als er von den Umgeltern geschäzt, auszäpffen, bey vorbehaltener Straff.“ Ebenso sollte auch für alle Lebensmittel und für Futter wohl gesorgt und die Zubereitung der Speisen reinlich sein, und „so etwas von einem Imbiß zum andern übrig bleibt, dasselbig alsobalden behalten und bewahrt werden, das es von den Muggen oder anderm geschmeiß nit verderbt werde.“ Der Badeknechi hatte alle Abend die Kästen und Bütten zu reinigen. Zank und Streit durfte nicht unter den Badgästen geduldet werden; dieselben sollten überhaupt, wessen Standes oder Geschlechtes sie waren, „sich aller Leichtfertigkeiten, Ergernußen, Unzucht und Ueppigkeiten, desgleihen Schwerens, Fluchens, Gotteslästerung, unordentlichen Geseüfs, schwermens, schreyens, Jauchzens, ungebührlichen Ehrabschneidenden Worten und dergleichen bei vorbehaltener Straff zu messigen und zu enthalten, zumahlen auch alle Sonn- und Feiertäg den Gottesdienst fleißig besuchen.“

Im spanischen Erbfolgekriege (1701 - 1714) wurde das Kibbad von den Franzosen zerstört. Bei der Eröffnung des Feldzuges von 1704 nämlich erhielt der französische Marschall Tallard den Auftrag, dem mit Frankreich verbündeten Kurfürsten von Baiern und dem Marschall Marsin, der in Baiern und Schwaben überwintert hatte, 13000 Rekruten und 4000 Wagen mit Vorräthen aller Art zuzuführen. Am 13. Mai ging er mit 23,000 Mann und 30 Geschützen bei Breisach über den Rhein, lagerte sich am Mittage des 14. zwischen St. Georgen und Freiburg, theilweise hinter dem Lorettoberg, als ob er eine Belagerung Freiburgs beabsichtige. Statt dessen ließ er durch seine Pioniere und eine große Anzahl Landleute den Hohlweg über die Bodlesau (zwischen dem Lorettoberg und Kreuzkopf) ausbessern und im Walde oberhalb Günthersthal bei St. Valentin, wo bisher nur ein Fußpfad war, über die Wasserscheide des Günters- und Kapplerthales am Kibbad vorbei (um nah Kappel und ins Dreisamthal zu gelangen) einen für Fußvolk und Reiterei gangbaren neuen Weg anlegen. Am Morgen des 15. Mai schon konnte er die Vorhut von 7000 Mann (mit Umgehung Freiburgs) auf diesem Wege nach Kirchzarten und Buchenbach vorausschicken, denen dann an den beiden folgenden Tagen der übrige Theil des Heeres folgte. Durch diesen Zug hatte das Breisgau, besonders die Umgegend von Freiburg viel zu leiden; alles um Freiburg wurde verheert; Littenweiler, viele Höfe der Umgegend, welche die Franzosen auf ihrem Wege berührten, so auch das Kibbad, gingen in Flammen auf; die Bewohner hatten sich tiefer in das Gebirge geflüchtet, um den Mißhandlungen von Seiten der Franzosen zu entgehen.

Bald jedoch wurde von dem bisherigen Besitzer des Kibbades ein Wohnhaus wieder aufgebaut: es ist das schon genannte Bauernhaus oberhalb des jetzigen Bades; das Bad selbst wurde aber nicht wieder benützt. Erst 1835 baute der Großvater des jetzigen jungen Besitzers das gegenwärtige Wirthschafisgebäude mit Badeinrichtung, welch letztere in jüngster Zeit in das eigens erbaute Badhaus verlegt wurde. Das alte Bad war größer gewesen und stand etwas weiter oben am Bergabhange, da wo jetzt das Bauernhaus steht. Reste der Grundmauern sind dort noch deutlich sichtbar und ziehen sich herüber bis in den umheckten Garten und lassen den ursprünglichen Umfang erkennen. Ein weiterer Ueberrest ist ein Stein bei der Brunnenstube, der die Jahreszahl 1621 trägt.

In dem jetzigen Zustande ist das Kibbad schon seiner Lage wegen, in der Nähe Freiburgs und doch in ländlicher Abgeschiedenheit, wohl geeignet, zu kürzerem oder längerem Aufenthalte zu veranlassen.
A. Mezger.

aus: Schauinsland - Blätter für Geschichte, Sagen, Kunst und Naturschönheiten des Breisgaus. Band 3, 1876