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Die "Kriegsberichte"
aus den Pfarreien des Erzbistums Freiburg.
Zustände und Entwicklungen am Kriegsende und in der ersten Nachkriegszeit
Dekanat Breisach

Von Jürgen Brüstle, Annemarie Ohler, Norbert Ohler und Christoph Schmider
aus: Freiburger Diözesan-Archiv Band 139, 2019, Seite 175 - 306



Buchenbach
Die Pfarrei Buchenbach war eine ausgedehnte Pfarrei und umfasste neben Buchenbach auch die Gemeinden Wagensteig, Falkensteig und Unteribental. Im Pfarrbezirk lebten 1939 1300 Katholiken, 72 Protestanten und 20 „Sonstige“. Vgl. Realschematismus 1939

Buchenbach, den 17. Mai 1945.
Erzbischöfl. Pfarramt Buchenbach,
Amt Freiburg.
Exzellenz!
Hochwürdigster Herr Erzbischof!
Aus meiner Pfarrei möchte ich Ihnen über das Verhalten französischer Soldaten gegen die Bevölkerung berichten:
Vom ersten Tag des Einmarsches französischer Truppen an bis heute wurden vor allem die Bauernhöfe heimgesucht von bewaffneten französischen Soldaten, vielfach in Begleitung von Zivilisten, früheren ausländischen Arbeitern aus dem Elsass, Frankreich, Polen, Russland. Ohne zu fragen wurden bald da, bald dort Hühner, Gänse, Enten abgeschossen, Schafe, Schweine, Kälber, selbst grössere Rinder weggenommen, Eier, Speck, Butter gefordert. Nur in wenigen Fällen gegen Bezahlung -, sondern auch Taschen-, Armbandund selbst Wanduhren, Rundfunkgeräte und Silberbestecke gestohlen, wie auch Schuhe, Kleider und Wäsche, gewöhnlich nur das Beste. In mehreren Fällen wurde ich von bedrängten Pfarrkindern zu Hilfe gerufen, konnte aber die Rückgabe der bereits entwendeten Dinge nie erreichen. Die Antwort auf meine gütlichen Vorstellungen war regelmässig: „Die Deutschen haben es bei uns noch viel schlimmer getrieben.“ Leider!

Die schlimmsten Fälle bisher sind folgende: 

1.) Am 1. Mai nachmittags plünderten etwa 10 Bewaffnete zum Teil angetrunkene Soldaten bei Kaufmann Ruf, hier, 2 Zentner Zucker, 1.000 Zigarren und sonstiges, zerschmetterten ein Literglas mit Apfelwein auf den Boden, bedrohten die Kinder und die hochschwangere Frau. Die Plünderer kamen mit dem franz. Lastwagen Nr. 460938. 


2.) 4./5. Mai nachts 2 Uhr wurde die Familie Förster Bockstaller in Falkensteig von 2 bewaffneten Franzosen und 2 Zivilisten aus dem Schlaf geweckt und beim Oeffnen der Haustür Herr Bockstaller sofort ins Gesicht geschlagen, angeblich wegen Nicht-Verdunkelung. Unter wüsten Beschimpfungen und Schlägen gegen Herrn Bockstaller durchsuchten sie die ganze Wohnung, nahmen das Radio weg und beschlagnahmten Silbergeschirr. Herr Bockstaller blutete aus mehreren Wunden und hatte noch 4 Tage danach blutunterlaufene Augen. Als sich Frau Bockstaller am anderen Tag nach den Namen der beiden Zivilisten erkundigte sie sollen Kiefer und Dörr heissen und seit einiger Zeit in Falkensteig wohnen kamen die 4 wieder und bedrohten die Familie mit Aufhängen am nächsten Morgen. Die ganze Familie verließ daher ihre Wohnung auf 8 Tage. Herr Bockstaller berichtete den Vorfall seinem Vorgesetzten, Herr Forstrat in Freiburg und beschwerte sich durch diesen beim franz. Kommandanten in Freiburg. Wie ich höre, ist jetzt das Radio wieder zurückgegeben worden und alles soll auf einer üblen Verleumdung beruhen. Familie Bockstaller ist treu katholisch und hat deshalb bisher schon viel leiden müssen. 


3.) 7. Mai wurde Frau Löffler beim Hitzehof von einem Polen Kasimir Spachnowski, gegenwärtig in der Schlageterkaserne in Freiburg, ein Radio mit Gewalt entwendet. Derselbe wollte ihr auch die Ohrenringe abreissen, was sie nur durch eine List verhindern konnte. 


4.) 25. April abends 1/2 10 - 1/2 11 wurde [eine junge Frau](Der Verfasser des Berichts erwähnt an dieser Stelle Namen. Gemäß der von der Kirchlichen Archivordnung KAO, $ 9 gesetzten Schutzfrist von 30 Jahren nach dem Tod bzw. 120 Jahren nach der Geburt werden sie hier nicht genannt.) in ihrem Schlafzimmer von 2 Franzosen vergewaltigt, während die beiden Eltern von 2 anderen französischen Soldaten in ein Zimmer eingeschlossen und bewacht wurden. Sie schossen dabei im Haus, zertrümmerten die Türe zum Schlafzimmer der Eltern und bedrohten alle, die ihnen in den Weg kamen, mit ihren Revolvern. 


5.) Von einer 2. Vergewaltigung an einem Dienstmädchen [...](Namen aufgrund der archivischen Schutzfrist nicht genannt) in Falkensteig konnte ich bis jetzt nur ungenaue Angaben erhalten.

Die Bevölkerung leidet schwer unter dem Terror, dem sie schutzlos preisgegeben ist.
Ew. Exzellenz ergebenster [hs.] Seifried Pfr. (Albert Seifried (* 14. 09. 1896 in Kappelwindeck, } 07. 10. 1948 in Buchenbach) kam 1938 nach Buchenbach und hatte zu dieser Zeit bereits erheblich unter den Nationalsozialisten gelitten, da er vorbehaltlos für die Sache der Kirche eintrat. Aus seiner vorherigen Pfarrei Schapbach war er aus diesem Grund polizeilich entfernt worden. Vgl. Necrologium Friburgense 1948, $. 226. Sein Vorgänger im Amt war Hermann Felder (* 16. 04. 1873 in Herbolzheim, f 19. 05. 1964 in Hüfingen), der die Pfarrei von 1921 bis 1937 betreute. Vgl. Necrologium Friburgense 1964, $. 545. Nach Felders Weggang versorgte Pfarrvikar Wilhelm Faller (* 09. 08. 1900 in Hinterstraß/St. Märgen, f 05. 10. 1973 in Schiltach) die Pfarrei. Vgl. Necrologium Friburgense 1973, S. 465)

Buchenbach den 29. Juli 1945
Erzbischöfl. Pfarramt
Buchenbach,
Amt Freiburg.

Kriegsereignisse in Buchenbach.
Auf Erlass des Erzbisch. Ordinariats vom 17. Mai ds Js senden wir folgenden Bericht ein:
1. Vor der Besetzung fielen im Verlauf des Krieges etwa 15 Fliegerbomben innerhalb der Pfarrgemeinde, aber ohne Menschen oder Wohnungen zu schädigen.
2. Die Besetzung durch französische Truppen erfolgte ohne Kampf am Montag, 23. April mittags durch Einrücken von 3 franz. Panzern in das Dorf bis zum Pfarrhaus. 1 Panzer fuhr mit MG feuernd hinter der Kirche vorbei. Der Unterzeichnete und die übrigen Hausbewohner, denen sich alsbald auch Nachbarn anschlossen, begab sich sofort zum nächsten Panzer, vor dem ein Soldat, vermutlich ein Offizier, auf das Pfarrhaus zuschritt, und machte der Besatzung klar, dass alle deutschen Soldaten mit ihren hier eingebaut gewesenen Geschützen und MG tags zuvor sich auf die Höhen zurückgezogen haben, und dass sicher niemand hier Widerstand leisten werde. Dabei wurde dem Unterzeichneten dessen Feldstecher von der Panzerbesatzung abgenommen.
Die Pfarrangehörigen waren am Tag zuvor von der Kanzel aus ermahnt worden: „Der Feind wird das Leben der Einwohner nicht bedrohen, wo er dazu nicht gereizt wird. Ängstliche Leute, besonders Kränkliche, Gebrechliche oder Kinder mögen im Gotteshaus beim Heiland Zuflucht suchen. So wenig wir übertrieben ängstlich sein brauchen, so wollen wir dem heranrückenden Feind aber auch mit männlichem Ernst begegnen, wie es sich für jeden Deutschen geziemt, der sein Vaterland auch im größten Unglück liebt.“
3. Alsbald nach der Besetzung wurde wohl in jedem Haus, besonders aber in den größeren Bauernhöfen von franz. Soldaten, polnischen und andern ausländischen Arbeitern von auswärts 2 geplündert: Lebensmittel, Vieh, Kleider, Wertsachen; in den letzten 14 Tagen wieder in vermehrtem Maß Schinken, Wein und Rauchwaren, unter Mithilfe von einigen Bekannten Männern aus Kappel i. T. Vergewaltigungen durch franz. Soldaten kamen sicher nachweisbar eine hier vor. Die führenden Parteileute sind alsbald ganz schweigsam geworden, vor allem seitdem der hier wohnhafte Kreisbauernführerstellvertr. Hog am 31. Mai verhaftet wurde. Bei einigen Parteileuten bedurfte es aber eines Drucks von seiten der Bewohner, bis sie ihre Gemeindeämter niederlegten.
4. Kirchliche Gebäude haben keinen Schaden erlitten.
5. Manche religiös abgestandene Parteianhänger bekunden jetzt wieder ein eifrigeres religiöses Leben. Alle Kinder besuchen nun auch wieder regelmässig den Religionsunterricht, den der Unterzeichnete nach bald 9jährigem Verbot nun wieder in der Schule erteilt. Die weibliche Jugend wurde im Mai dieses Jahres zu einer marianischen Jungfrauenkongregation zusammengeschlossen; 70 haben sich sofort angemeldet.
Durch die wieder zugenommenen Plünderungen, verbunden mit Drohung von Haussuchung und Verhaftung und besonders durch Verhaftung von Wirt Dold in Wagensteig und Wirt Blas in Buchenbach am 16. bzw. 19. Juli, angeblich wegen Verstecken von Wehrmachtslebensmitteln, ist große Unruhe und Beängstigung in die Pfarrei eingezogen. Beide Verhaftete waren keine Nazi, Blas ein überzeugt katholischer Mann. Über diese Plünderungen und Verhaftungen ergingen Berichte des Pfarramts an den Herrn Gouverneur! (Es ist unklar, wen der Verfasser des Berichtes meint. Es könnte sich um Oberstleutnant Montel oder General Jacques Schwartz handeln, der der Militärverwaltung bis zum Frühjahr 1946 vorstand. Vgl. Geschichte der Stadt Freiburg im Breisgau, hg. Im Auftrag der Stadt Freiburg i. Br. von Heiko Haumann et al., Bd. 3: Von der badischen Herrschaft bis zur Gegenwart, 2., erg. Aufl., Stuttgart 2001, S. 395) Freiburg-Land, den Herrn Landrat! (Landrat war zu dieser Zeit der Jurist Manfred Pfister. Vgl. Bernd Breitkopf: Die alten Landkreise und ihre Amtsvorsteher. Die Entstehung der Landkreise und Ämter im heutigen Landkreis Karlsruhe. Biographien der Oberamtmänner und Landräte von 1803 bis 1997, Ubstadt-Weiher 1997, S. 161) und das Erzb. Ordinariat. Außerdem sprach der Unterzeichnete zusammen mit dem Herrn Landrat beim Gouverneur am 28. 7. noch persönlich deswegen vor.

[hs.:] Seifried Pfr.

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Ebnet
Erzb. Pfarramt Ebnet bei Freiburg (Ebnet war 1939 noch stark landwirtschaftlich geprägt, aber durch zwei Fabriken am Ort und die Nähe zu Freiburg gab es auch zahlreiche Arbeiter. Die Pfarrei zählte 831 Katholiken, 70 Protestanten und 10 „Sonstige“. Vgl. Realschematismus 1939, S. 24f.)

Ebnet, den 10. Mai 1946
Kriegsereignisse
Da ich erst seit 2 Monaten in Ebnet wohnhaft und tätig bin, kann ich nicht als Augen- und Ohrenzeuge berichten. Meine Angaben stützen sich auf Mitteilungen des H.H. Geistlichen Rates Gustav Weber Ebnet. (Gustav Weber (* 10. 08. 1872 in Ettlingenweier, + 11. 08. 1951 in Ebnet) war von 1929 bis 1941 Pfarrer von Ebnet, resignierte und verbrachte seinen Ruhestand in Ebnet. Vgl. Necrologium Friburgense 1951, S. 189.)

Das Dorf wurde weder durch die Luftwaffe bombardiert noch durch die Artillerie beschossen.
Anfang des Krieges ist eine Person ums Leben gekommen.
Das Dorf wurde am 22. April 1945 von den Franzosen besetzt. Die Besetzung verlief ohne Zwischenfälle.
Plünderungen sind in geringem Umfang vorgekommen. Vergewaltigungen konnten nicht festgestellt werden. Ueber das Verhalten der Parteileute ist nichts Besonderes zu berichten.
Vor der Besetzung wurden die Eschbachbrücke und die Dreisambrücke gesprengt. Durch diese Sprengungen wurden die Häuser der Umgebung beschädigt. Kirche und Pfarrhaus und Schwesternhaus weisen kleine Schäden an Dach und Fenstern auf, die zum Teil gleich behoben worden sind.

[hs.:] L. Walter!®, Pfarrer.
(Leopold Walter (* 12. 03. 1899 in Sinzheim b. Bühl, 7 05. 10. 1963 in Paris) war erst im März 1946 als Pfarrverweser nach Ebnet gekommen und blieb nur bis November 1946. Vgl. Necrologium Friburgense 1963, S. 537f. Da, nachdem Gustav Weber in den Ruhestand getreten war, zunächst kein Pfarrer zur Verfügung stand, übernahm im November 1941 Pfarrvikar Leopold Krautheimer (* 05. 04. 1913 in Konstanz, 7 01. 07. 1997 ebd.) die seelsorgerliche Betreuung der Pfarrei. Er blieb bis 1946. Vgl. Necrologium Friburgense 1997, S. 149f.)

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Eschbach
(Zur weitverzweigten Pfarrei Eschbach gehörten große Teile der Filiale Stegen mit der Filialkapelle St. Sebastian im Schloss Stegen. Ferner befand sich im Schloss das Noviziatshaus der Herz-Jesu-Priester. Der Pfarrbezirk zählt 1939 708 Katholiken und elf Protestanten. Vgl. Realschematismus 1939, S. 26. )

Eschbach 6.5. 1946
Bericht über die Kriegsereignisse.
1.) 
Ereignisse vor der Besetzung: Nichts Besonderes.
2.) Bei der Besetzung: Nichts Besonderes; keine förmliche Übergabe. 

3.) Nach der Besetzung: Plünderungen und Erpressungen bis weit in den Winter 1945/46 hinein zahlreich und mannigfach durch Franzosen, Polen und unbekannte Täter, in einigen Fällen veranlasst durch Ausgebombte aus Freiburg, die den Winter 44/45 über als Gastfreunde mit den örtlichen Verhältnissen vertraut geworden waren. 


Objekte der Beraubung: Vorab Lebensmittel aller Art, Klein- und Großvieh, auch Gegenstände des Haushaltes und Wäsche. 

Versuchte Vergewaltigung (ein 13-jähriges Mädchen einer ausgebombten Freiburger Familie) konnte im letzten Augenblick verhindert werden. 

4.) Schäden an kirchlichen Gebäuden: keine! 

5.) Allgemeine Lage zur Zeit der Besetzung: Sie war sehr kritisch 

    a) Große Gefahr drohte dem Dorf dadurch, dass die Wehrmacht es verteidigen wollte, um den Durchgang durch das Tal, das nach Sperrung des Höllentales größere         Bedeutung erlangt hatte, zu verunmöglichen. Sonntag, 22. April, wurde das Dorf von St. Peter aus besetzt und zur Verteidigung hergerichtet. Es sollte aufs äußerste     Widerstand geleistet werden. Da kam noch rechtzeitig, kurz vor Mitternacht, der Befehl zum Rückzug. Es war der Sonntag in der Oktav des Schutzfestes des hl. Josef, unter dessen besonderen Schutz sich das Dorf gleich zu Beginn und wiederum am Morgen im feierlichen Gottesdienst gestellt hatte.
    
b) Weiter drohte Gefahr durch den Volkssturm bzw. durch Wehrwolfaktionen (Die „Werwölfe“ waren Teil einer geplanten Widerstandsbewegung, die in Deutschland die feindlichen Truppen bekämpfen sollte. Die Werwolf-Gruppen bestanden vorwiegend aus jungen Männern. Vgl. Enzyklopädie des Nationalsozialismus, S. 873-875.) Jugendlicher Volkssturm hatte sich in die Berge zurückgezogen, um nach Einmarsch des Feindes das Tal zu bedrohen. Die jungen Leute wurden durch die Gesamtentwicklung, wohl auch durch Vorstellungen einer Kommission aus dem Dorf (Pfarrer, Bürgermeister, Führer des älteren Volkssturmes) bewogen, sich zu verziehen und heimzugehen. Auch der Umstand half zweifellos mit, dass die Gemeinde ein in den Bergen untergebrachtes kleines Lebensmittellager aushob. Immerhin wurde in Auswirkung dieser Aktion ein an ihr beteiligter Bürger, der offenbar als die treibende Kraft angesehen wurde, vom Werwolf!16 bzw. der SS zum Tode verurteilt; und nur seine Geistesgegenwart rettete ihn, als das Urteil in der folgenden Nacht durch einen SS-Mann vollzogen werden sollte, das Leben. Doch kam bei einsetzender Schießerei zwischen Werwolf bzw. SS und Leuten aus dem Dorf ein elsässer Soldat, Angehöriger der deutschen Wehrmacht, der sich auf Urlaub im Dorf aufhielt, durch Schussverletzung am Oberarm zu Schaden.


[hs.:] A. Wiederkehr Pfr. (Seit Mai 1935 war Arnold Wiederkehr (* 20. 09. 1892 in Schwerzen, + 25. 07. 1958 in Singen) Pfarrer von Eschbach und er blieb bis 1947. Vgl. Necrologium Friburgense 1958, $. 474. Vor Pfarrer Wiederkehr wirkte Josef Mattes als Seelsorger von Eschbach. Bereits 1908 war er als Pfarrverweser gekommen, war 1915 auf die Pfarrei investiert worden und verbrachte ab 1935 seinen Ruhestand in Gengenbach. Vgl. Necrologium Friburgense 1938, S. 25)

 

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Hofsgrund
(Der Pfarrbezirk Hofsgrund zählte 1939 gerade einmal 302 Einwohner, 296 Katholiken und sechs Protestanten, die sich in der Landwirtschaft, als Holzarbeiter oder im Erzbergwerk ihr täglich Brot verdienten. Vgl. Realschematismus 1939, S.)



Kath. Pfarramt 
Hofsgrund, den 8. Mai 1946 

Hofsgrung Amt Freiburg (Baden) 
(Schauinsland) 



Bericht über die Kriegsereignisse im Bereich der Pfarrgemeinde Hofsgrund. 

1.) Ereignisse vor der Besetzung: 
Keine Bombardierungen durch die gegnerische Luftwaffe, kein Artilleriebeschuss. Wohl aber besonders gegen Ende des Krieges starke Beunruhigung durch die um Freiburg und über der Sonnen-Warte auf dem Schauinsland kreisenden feindlichen Flieger. In den letzten Tagen gehäufte Luftkämpfe. 
Keine Beschädigung von kirchlichen oder profanen Gebäuden. 



2.) Ereignisse während der Besetzung: 
Donnerstag, den 26. April, mittags gegen 12 3 Uhr Besetzung des Ortes. Diesem Ereignis war eine Reihe von aufregenden Tagen vorhergegangen.

Etwa sechs Wochen vor der Besetzung waren die ersten Truppen der deutschen Wehrmacht völlig abgekämpft und erschöpft aus dem Münstertal heraufkommend durch den Ort marschiert. Sie brachten die Nachricht, dass Freiburg verteidigt werden würde, und dass die Höhen des Schwarzwaldes, die Möglichkeit der Einsicht auf das gesamte Vorfeld bis zum Rhein hin gewährten, dabei eine wichtige Rolle zu spielen hätten. Ein Teil der Bevölkerung und der aufgenommenen Fremden von denen damals Hofsgrund überfüllt war, bereitete sich zur Evakuierung vor; der größere Teil aber wollte unter allen Umständen bleiben. Das Vieh und das Wertvollste des beweglichen Eigentums wollte man in den toten Gängen des Bergwerks oder in den zahlreichen Schluchten des Schwarzwaldes bergen, bis das Schlimmste vorüber sei. Auch die nur eben entbehrlichen und wertvolleren kirchlichen Utensilien wurden in Sicherheit gebracht: sie wurden des Nachts in einem auf Pfarrland schon vorher errichteten Notfriedhof „beigesetzt“. 



Acht Tage vor der Besetzung fanden die Gerüchte von der Verteidigung Freiburgs und des Schwarzwaldes sichere Bestätigung: Telephonleitungen wurden gelegt, Geschütze und Munition in Stellung gebracht und auf die sog. „trigonometrischen Orte“ zur Fernbeschießung eingestellt. 



Am Sonntag, den 22. April, waren die Gottesdienste so stark besucht wie nie zuvor. Besonders die Abendmesse gestaltete sich zu einer ergreifenden Feier. Die Stimmung war keineswegs die der stummen Resignation; man spürte, wenn man die Reihen der Betenden übersah und ihr Beten hörte: diese Gemeinde hat ihr ganzes Vertrauen auf Gott gestellt, und jeder ist bereit, sein unbedingtes Ja zu sagen zu allem, was er auch über ihn verhängt haben mag. An diesem Abend fanden schon lange bestehende Feindschaften zwischen Familien ihr Ende. 



Der Montag Morgen bot ein gegenüber dem Vortage völlig verändertes Bild. Die Truppen marschierten zum größten Teil ab, wichtige Apparaturen auf dem Schauinsland wurden entfernt oder zerstört. Ebenso teilweise auch die Geschütze und Munition. Soldaten, die noch aus dem Münstertal heraufkamen, waren völlig ohne Kampfeswillen und überdies ohne jede Verbindung mit der höheren Führung. Ein Bild der Auflösung! So traurig das alles war: man spürte allenthalben ein Aufatmen, weil man nunmehr zu wissen glaubte, daß nun die größte Gefahr vorüber sei. Da kamen am Montag Nachmittag vom Süden her SS-Abteilungen, Infanterie und Artillerie mit den modernsten Waffen und Geschützen. Wiederum wurden die Höhen besetzt und außerdem alle wichtigen Stellungen im Hintergelände, aber dieses Mal nicht mit dem Ziel, Freiburg zu verteidigen, sondern es zu zerstören, sobald es vom Feinde besetzt sei. Das Verhältnis dieser Truppe zur Bevölkerung war von Anfang an ein gespanntes: auf beiden Seiten gab es Zeichen einer verhaltenen Feindschaft. Der Ortsgeistliche ließ die Führung nicht in Unkenntnis über dieses Verhältnis und erklärte, daß es völlig unmöglich sei, zu dieser Jahreszeit und nach der langen Beherbergung so vieler Evakuierter die notwendigen Lebensmittel herauszuholen. In der Nacht zum Dienstag fand noch einmal eine Unterredung — dieses Mal auf dem Schauinsland selbst statt. Am anderen Morgen waren die Höhen frei. 



Danach war zwei Tage Ruhe. Freiburg war inzwischen besetzt worden, der weitere Vormarsch der besetzenden Truppen jedoch durch die umfangreichen Zerstörungen der Straßen zum Schauinsland vorläufig gehemmt. Der Gottesdienst wurde abgehalten wie sonst und war gut besucht. Die Gemeinde wurde in kurzen Ansprachen und durch Hausbesuche auf die kommenden Ereignisse vorbereitet.

Die ersten Truppen des Gegners, die das Dorf passierten, waren Marokkaner unter der Führung französischer Offiziere. In aufgelöster Marschordnung kamen sie die Wege zum Schauinsland herab. Ihr Verhalten zeigte, dass sie Widerstand erwartet hatten. Erst nachdem der ganze Ort durchzogen war, ging man in Quartiere. Der Ortsgeistliche machte dem Pfarrer (Gemeint ist hier der französische Militärgeistliche.) seinen Besuch und erreichte durch seine Vorstellung überraschend leicht eine Herabsetzung der ursprünglich sehr hohen Forderungen an Vieh und Lebensmitteln. Das Verhalten der Truppe war im allgemeinen korrekt, da die Führung auf strengste Disziplin hielt. Als dem Pfarrer im Verlaufe des Abends mehrmals gemeldet wurde, daß Gefahr für gewisse Ausschreitungen bestehe, wurde er von Franzosen in die betreffenden Häuser begleitet und überall Schlimmeres verhütet. Nur der schon vorher dezimierte Bestand an Schafen und Hühnern hat an diesem und den folgenden Tagen empfindlichen Schaden gelitten, wofür die Marokkaner allerdings teilweisen Ersatz durch die Überlassung von Konserven geleistet haben.



Die folgenden Tage ohne Besatzung waren insofern eigentlich die aufregendsten, als das Dorf, nachdem die Besatzung abgezogen war, unter immanenter Gefahr stand, dass die im Münstertal kämpfenden SS (Zur Schutzstaffel (SS) vgl. Enzyklopädie des Nationalsozialismus, S. 783-786. Ausführlicher: Bernd Wegner, Hitlers politische Soldaten: Die Waffen-SS 1933-1945: Leitbild, Struktur und Funktion einer nationalsozialistischen Elite, 7. Aufl. (unveränd. Nachdr. der 5., erw. Aufl. 1997) Paderborn [u.a.] 2006.) Abteilungen sich hierhin zurückziehen würden. Noch wochenlang hörte man von diesen selbständig kämpfenden Truppen u.a. von der bestialischen Ermordung des beliebten Pfarrers von Münstertal.(Die Rede ist von Willibald Strohmeyer (* 06. 07. 1877 in Mundelfingen, + 22. 04. 1945 im Münstertal). Pfarrer Strohmeyer war 22. April 1945 von Soldaten der SS verschleppt und ermordet worden. Erst Tage später fanden französische Soldaten seine Leiche im Wald. Vgl. Necrologium Friburgense 1945, S. 253f.; Ulrich von Hehl, Priester unter Hitlers Terror, Bd. I, 5.652) 



3.) Die Ereignisse nach der Besetzung: 

Da Hofsgrund weiterhin ohne Besetzung blieb, war es während des ganzen kommenden Sommers bis weit in den Herbst hinein den zügellosen Plünderungen der Ukrainer und Polen ausgesetzt. Zwanzig nächtliche Raubüberfälle größeren Stiles hat die Bevölkerung über sich ergehen lassen müssen, ein einziger Hof viermal. Wertvollstes Eigentum, vielfach das Letzte, was ihnen geblieben war, wurde den Evakuierten, die es in Hofsgrund in Sicherheit gewähnt hatten, geraubt. Ein Mann erlitt bei einem Überfall zwei Kopfschüsse. Schließlich wurde mit Erlaubnis der Franzosen ein Sicherheitsdienst eingerichtet, der auch heute noch „Streife geht“. Mehrere Mal stellten die Franzosen selbst bewaffnete Soldaten bei drohenden Überfällen. Seit dem vorigen Winter sind größere Überfälle nicht mehr vorgekommen.



4. Schäden an kirchlichen Gebäuden sind weder während der Kriegshandlungen noch während der Besatzungszeit vorgekommen. 



5. Überblick über die damalige Lage im Pfarrort: 

a) in sittlich-religiöser Beziehung: „überdurchschnittlich gut“ ist das Urteil, das hier der Seelsorger fällen darf, soweit es die Bewohner des Ortes selbst betrifft. Vier pflegten allerdings ihre Ostern nicht zu halten. Ein Mädchen hatte ein uneheliches Kind. 

b) in wirtschaftlicher Beziehung: sehr arme Bevölkerung, die besonders in trockenen Jahren der Not ausgesetzt ist. Das Erzbergwerk verschafft wohl vielen Verdienst, ist aber auch die Ursache von Krankheiten — besonders der gefürchteten „Staublunge“, der viele im besten Alter erliegen. 

c) in parteipolitischer Beziehung: die unsozialen Zustände im Bergwerk haben eine Reihe von Leuten den Umstürzlern in die Arme getrieben den Nationalwie den International-Sozialisten; doch sind die Beweggründe rein wirtschaftliche; und man kann wohl von allen sagen, dass sie sich um die eigentlichen Ideologien der Partei nie gekümmert haben.



[hs.:] Schumacher!35, Pfarrer. (In den Jahren von 1933 bis 1945 gab es gleich mehrere Wechsel in der Seelsorge in Hofsgrund. Im Jahre 1929 kam Adolf Müller (*20. 02. 1895 in Langenhart, f 01. 08. 1961 in Wangen) als Pfarrverweser nach Hofsgrund, wurde im Mai 1930 auf die Pfarrei investiert, musste sie aber bereits im Herbst 1934 wieder verlassen, da das Klima seiner Gesundheit zusetzte. Vgl. Necrologium Friburgense 1961, S. 458f. Auf Müller folgte Pfarrverweser Carl Robert Lehrmann (* 27. 12. 1887 in Straßburg, f 26. 10. 1956 in Griesheim), ein Elsässer, dem 1941 die Pfarrei Griesheim übertragen wurde. Vgl. Necrologium Friburgense 1956, S. 421f. Von 1941 bis 1943 war Ludwig Benz (* 13. 06. 1902 in Einbach b. Hausach, + 30. 12. 1989 in Gengenbach) Pfarrer von Hofsgrund. Vgl. Necrologium Friburgense 1989, S. 345, Schließlich kam 1943 als Vikar und später Pfarrverweser Dr. theol. Hermann Joseph Schumacher nach Hofsgrund, der Verfasser des Berichts. Ein Nekrolog liegt nicht vor, lediglich eine unvollständige Personalakte im EAF



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Kirchzarten
(Kirchzarten war ein weitläufiger Pfarrbezirk mit mehreren Zinken und Höfen, den Filialgemeinden Zarten, Burg, Wittental und Teilen von Stegen. 2696 Katholiken, 142 Protestanten und elf „Sonstige“ lebten in den ländlichen Gemeinden von der Landwirtschaft und in Kirchzarten auch von Handel, Gewerbe und einer Fabrik am Ort. Vgl. Realschematismus 1939, S. 31f.)

Kirchzarten o. D.(Der Inhalt des Berichtes lässt darauf schließen, dass er nach Januar 1946, vermutlich noch später verfasst wurde) 

Bericht über Kriegsereignisse in Kirchzarten. 



A) Vor der Besetzung.
Am 12. September 1944 wurden zum ersten Mal Bomben geworfen und dabei Verwüstungen auf den Feldern und Wiesen angerichtet. Am 8. Oktober 1944 wurden dann an profanen Gebäuden, Wohnhäusern und Scheunen große Schäden verursacht, zwei Wohnhäuser und zwei Scheunen teilweise zerstört. Damals wurde eine Frau getötet. Am 19. Februar 1945 (Vgl. den Bericht vom 5. März 1945, in: EAF, B2-35-117) wurde der Bahnhof angegriffen, wobei eine Anzahl Häuser so übel mitgenommen wurden, dass 25 Familien keine Wohnung mehr hatten; ganz zerstört wurden die Güterhalle des Bahnhofs, zwei Wohnhäuser und das Notariat; getötet wurden ein Soldat und eine Frau so schwer verletzt, dass sie an den Folgen gestorben ist. Damals wurde auch die Kirche bzw. fünf Kirchenfenster eingedrückt, welche wieder repariert wurden. 



B) Bei der Besetzung selbst fanden keine Kampfhandlungen statt; am 23. April 1945 fand die Übergabe statt; die Truppen waren zuvor abgezogen. 



C) Nach der Besatzung. Im Laufe des Jahres kamen viele Plünderungen vor. Zunächst wurden den Familien Bettwäsche und Kleidungsstücke, Lebensmittel, sodann Hühner, Schafe, Schweine weggenommen. Die Leute wurden wegen geringfügiger Dinge schwer bestraft mit Geldstrafen. Sodann wurden eine Anzahl Familien aus ihren Häusern vertrieben; Wohnungen mit 6-7 Zimmern wurden für eine einzelne Persönlichkeit in Anspruch genommen. Das Eigenartige daran war der Umstand, dass es meist alte Leutchen getroffen hat, die bekannt waren als Antinazis. Die Frauen der bekanntesten und schärfsten Nazibonzen verstanden es, sich bei den Gegnern einzuschmeicheln; es ist kaum einer solchen Familie etwas passiert; im Gegenteil, sie wurden offensichtlich mit Lebensmitteln unterstützt, namentlich solche Familien, deren Mädchen sich den Gegnern zur Verfügung stellten. Darum sind die sittlichen Zustände sehr zu beklagen. Alles Warnen und Mahnen fruchtete nichts; im Gegenteil, der Geistliche wurde bedroht und auch bestraft mit einer Geldbuße von 500 Mark. 



D) An den kirchlichen Gebäuden wurde außer dem verhältnismäßig geringen Schaden an den Fenstern der Kirche sonst kein Schaden angerichtet. 



E) Beim Gesamtüberblick über die Lage im Pfarrort ist zu sagen, dass der Schaden an geistigen Gütern hier bei weitem größer ist als der materielle, namentlich bei der Mädchenwelt. Es sind bisher schon etwa 10 illegitime Geburten. Die kirchlichen Feste konnten in altgewohnter Weise wieder begangen werden; auch der Sakramentenempfang war ein sehr reger. Die Begrüßung der heimgekehrten Soldaten am Christkönigsfest war ein Erlebnis für die Pfarrgemeinde; namentlich hat sich der Einkehrtag für die Soldaten sehr gut ausgewirkt, indem nahezu alle schon anwesenden Soldaten mitgemacht haben und die hl. Sakramente empfangen haben. Es hat sich auch bei den Soldaten ein gewisser Ärger über das Verhalten der Frauenwelt bemerkbar gemacht, indem sie solche öffentlich anprangerten. Hoffentlich werden all die Wunden wieder geheilt durch die intensive Pastoration unter der Jugend. Bereits hat sich eine katholische Aktion namentlich der männlichen Jugend kraftvoll eingesetzt. 

An mehreren Sonntagen wurden die Predigten über die katholische Aktion gehalten und Männer, Frauen, Jungfrauen und Jünglinge dazu aufgerufen. Das Männerwerk existiert schon seit zehn Jahren hier in der vorgezeichneten Weise.



[hs.:] Saur Pfr 

(Pfarrer Jakob Saur (* 27. 07. 1878 in Impfingen, + 18. 12. 1952 in Kirchzarten) war 1934 von Neckarelz nach Kirchzarten gekommen. Im Jahre 1939 wurde er Kammerer des Kapitels Breisach und im Jahre 1947 wurde er in Anerkennung seiner Dienste zum Geistlichen Rat ernannt. Kirchzarten ernannte ihn zum Ehrenbürger der Gemeinde. Vgl. Necrologium Friburgense 1952, $. 206. Vor Pfarrer Saur wirkte von 1920 bis 1934 Pfarrer Anton Schwarz (* 8.01.1870 in Ettenheim, + 21. 09. 1934 in Kirchzarten) in Kirchzarten. Vgl. Necrologium Friburgense 1934, 5. 44.)





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Oberried
(Der Pfarrbezirk Oberried umfasste die Pfarrei Oberried sowie die Filialen St. Wilhelm und Zastler; zur Pfarrei und den Filialen gehörten noch zahlreiche Höfe und mehrere Zinken. Im Pfarrbezirk lebten 1939 1290 Katholiken und 23 Protestanten, die ihr täglich Brot fast ausschließlich in der Landwirtschaft verdienten. Vgl. Realschematismus 1939, S. 37.)

Oberried 
16.5.1947, E.St. 20.5., E.hs. 22.5.47 hs.

Auf Erlaß vom 26. April 1947. 


Kriegsberichte

Die 4 Kirchspielsgemeinden der Pfarrei Oberried / Breisgau hatten, Gott sei Dank, nicht unter feindlichen Fliegerangriffen oder Artilleriebeschuß zu leiden. 



Die Besatzung durch französ. Truppen am 23. April 1945 verlief ruhig und ohne Zwischenfall. Vom 7. Juli bis 29. Sept. 1945 wurde eine Batterie afrikan. Artillerie hier einquartiert, aber nur im Pfarrort, nicht in den Filialgemeinden. Geplündert wurde tüchtig: Wertsachen, Betten, Kleider, Geschirr, Möbel etc. wurden fortgeschleppt, die Hühnerbestände ausgerottet. Daran beteiligten sich aber auch die verschleppten Polen und Ukrainer, die von Freiburg aus in kleinen Banden marodierten. 



Vergewaltigungen kamen keine vor. Dagegen kamen aus Freiburg zahlreiche Dirnen und ähnliches weibliches Gelichter hierher zu den Franzosen auf Besuch und trieben ihre Schamlosigkeiten in aller Öffentlichkeit. Während diese Orgien die Einheimischen abstießen, war das nicht der Fall gegenüber Angehörigen der deutschen Wehrmacht, die hier im Quartier lagen, den Krieg über (SS-Flieger, 1 Bataillon SS-Pioniere), die sich zügellos benahmen und junge Kriegerfrauen und Mädchen verführten.



Von noch verderblicherem Einfluß, namentlich auf die Schuljugend und Halbwüchsigen, waren die Arbeiterinnen und Mädchen, die von der Partei (NS-Frauenschaft, Kraft durch Freude, NS-Volkswohlfahrt) von Essen, Dortmund, Witten und anderen Städten des Ruhrgebietes während des Krieges hierhin zur Erholung geschickt worden waren. Dieses weibliche Gesindel mit ihrem zweifelhaften männlichen Anhang leistete sich das Unglaublichste unter dem Schutze der Partei und SS durch Nacktgehen, Gottlosenpropaganda, Denunziation etc. Diese Erlebnisse vergißt die hiesige Jugend nie! Dazu kam noch der zersetzende Einfluß der Simultanschule während der Nazizeit. Sämtl. Lehrkräfte (7.) (Gemeint ist die Anzahl der Lehrkräfte, nämlich sieben Lehrerinnen und Lehrer.) an den 4 Schulen waren protest. Lehrer und Lehrerinnen, die Jahre hindurch, das kathol. Pfarrleben, Gottesdienste, Sakramente vor den Kindern lächerlich machten. Gott wurde in der Schule verhöhnt, die Kruzifixe beseitigt (vom Pfarrer aber immer wieder in der Schule angebracht), die Kinder wegen Teilnahme am Gottesdienste bestraft. Der Religionsunterricht des Geistlichen sabotiert durch Veranstaltung an Sonntagen, Sport mit den Schulkindern, ausgerechnet immer an den Tagen, da Religionsunterricht sein sollte. 



Und diese höllische Unkrautsaat ist aufgegangen und treibt jetzt ihre Blüten u. Früchte. Die Jugend ist gründlich verdorben. Das zeigt sich in dem Cynismus, der Indolenz, dem Indifferentismus, der Spottsucht u. Ehrfurchtslosigkeit der Jugendlichen die heimgekehrten Soldaten inbegriffen gegen das Religiöse u. Überlieferte. 



Karl Arthur Schultheiß, Pfarrer.(Der Bericht wurde von Pfarrer Karl Artur Schultheiß (* 27. 03. 1881 in Gütenbach, + 16.06.1956 in Oberried) verfasst, der von 1929 bis 1949 Pfarrer des Pfarrbezirks war. Im Januar 1945 wurde ihm Wehrkraftzersetzung vorgeworfen und er kam in das Untersuchungsgefängnis in Freiburg, wo er erst von den Franzosen befreit wurde. Vgl. Necrologium Friburgense 1956, 424 f.




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St.Märgen
(Der Pfarrbezirk St. Märgen war sehr weitläufig. Neben der Gemeinde St. Märgen umfasste er auch die Gemeinde Wildgutach mit den Zinken Wildgutach und Zweribach, Teile der Pfarrei Buchenbach, namentlich Höfe in der Gemeinde Wagensteig sowie das Löwenwirtshaus, Teile der Gemeinde St. Peter, namentlich der Zinken Oberibental mit mehreren Höfen. Zwar lebte ein großer Teil der Menschen von der Landwirtschaft oder als Waldarbeiter, aber durch den Kurort St. Märgen gab es auch nennenswerten Handel und Gewerbe. Der Pfarrbezirk zählte 1769 Katholiken, 23 Protestanten und drei „Sonstige“. Vgl. Realschematismus 1939, S.39f.)




St. Märgen, 16. Mai 1946.

Kath. Pfarramt 

St. Märgen (Schwarzw) 


Bericht des Erzb. Pfarramtes St. Märgen über die Kriegsereignisse des Jahres 1945 in St. Märgen 



Vor der Besetzung. Ende Januar 1945. 

Nach dem Einbruch der alliierten Invasionstruppen fluten die Reste der deutschen Einheiten über den Rhein zurück. Die letzte Brücke bei Neuenburg wird gesprengt. Breisach wird in Brand geschossen, desgleichen verschiedene Orte am Kaiserstuhl. Die evakuierte Bevölkerung mit ihrem Viehbestand wird in die einzelnen Schwarzwaldorte verteilt. Jeder Bauernhof hat Vieh zu übernehmen und zu füttern. 



Wir bekommen militärische Einquartierung. Truppen und Sanitätsabteilungen kommen hierher. San.Feldwebel (Sanitätsfeldwebel.) Max Bengel von Endorf (Bayern/Chiemsee) Kaplan, zelebriert täglich in der Pfarrkirche die hl. Messe. Auch Feldgendarmen kommen hierher. Die Staatspolizei von Mülhausen kommt nach Freiburg. Bekleidungsabteilung teilweise hier untergebracht. In der Schule und in einzelnen Häusern. Im Schopf der Pfarrscheuer werden Motorräder (ohne Batterien) eingestellt. Am 20.2.45 wieder abgeholt.



Am 18.2.1945, morgens 11 Uhr: Militärgottesdienst in der Pfarrkirche, der sehr feierlich abgehalten wurde. Anschließend evang. Militärgottesdienst. 



Am 25.2.45, dem Heldengedenktag, veranstalteten wir, zum Gedächtnis der gefallenen Soldaten des I. Weltkrieges und des gegenwärtigen Krieges eine Kirchenmusikalische Gedächtnisfeier von 16,30 bis 17,30 Uhr in der Kirche, die sehr zahlreich von Seiten der Wehrmacht sowohl, wie der Bevölkerung besucht war. Mit Gebet für das Vaterland und dem Eucharistischen Segen wurde die erhebende Feier geschlossen. Ein wertvolles musikalisches Programm wurde geboten! 



März 45: Die Operationen längs des Rheines gehen ständig weiter. Die Einschließung des Ruhrgebietes bereitet sich vor.



1.4.45: Ostersonntag. Feier des hl. Osterfestes in gewohnter Weise. 

Des Morgens in der Frühe fanden wir Kirchenportale, Apotheke, Hotel zur Goldenen Krone und verschiedene Häuser verschmiert mit Werwolf-Zeichen und allerhand Sprüchen: Kirche: Wir kämpfen, Ihr betet! Schule: Tod den Feiglingen! Bei Dr. Leicher: Hüte Dich! Werwolf. - Auch die Krone war verschmiert, obwohl Standartenführer Krebs hier wohnte, der sich als Ortskommandant gerierte. Der Urheber war ein junger Leutnant, der die Schanzer zu befehlen hatte, ca. 200 Buben im Alter von etwa 16-18 Jahren aus dem Württembergischen. Bürgermeister Faller ließ die Sudeleien entfernen; der junge Leutnant widersetzte sich; da jedoch dieser junge Leutnant ohne Auftrag, eigenmächtig gehandelt hatte und die Bevölkerung gereizt hatte, wurde er auf Betreiben des Standartenführers Krebs und des Kreisleiters von seinem Posten sofort enthoben!



2.4.45: Ostermontag. Nach dem Pfarrgottesdienst um 9 Uhr findet um 10 Uhr Militärgottesdienst statt.



3.4.45 Bruchsal wird von den alliierten Truppen besetzt. 


8.4.45: Die Sanitätsabteilung (Stabsarzt Baumann?(Fragezeichen im Original) & Feldw. Max Bengel) zieht ab, Ulm a. d. Donau zu. 


10.4.45: Auch die übrigen Truppen, die hier so lange einquartiert gewesen, verlassen St. Märgen, darunter auch unser treuer Unteroffizier.Werner Jänicke, der uns so manche liebe Dienste geleistet. 


12.4.45: Die unter HJ-Führung stehenden Schanzer von Württemberg und Baden ziehen ab. Auf dem Turner sind noch SS-Jungen untergebracht, die zwangsmäßig in die SS gesteckt, dort ausgebildet werden sollten.


Die franz. Truppen kommen über das zerstörte Pforzheim von Norden her gegen Villingen/Donaueschingen; gleichzeitig wird der Rhein überschritten, und von Offenburg herkommend, desgleichen über Neuenburg/Müllheim nähern sich die Heere Freiburg, das nach schwachem Widerstand besetzt wird. 21. 4. 45.



Es schließt sich die Einkreisung der im Südschwarzwald befindlichen Truppen und SS-Formationen. Von Donaueschingen bis zur Schweizer Grenze (Kanton Schaffhausen) ist bereits abgeriegelt. Ein Entkommen ist nicht mehr möglich. Die deutschen Truppen hier in St. Märgen sind unschlüssig; man spricht von Verteidigung. Durch Befehl eines Generals in Kirchzarten wird die Ravennabrücke, die während 6 Jahren sorgsam gehütet worden war (durch Sperrballons), und der Hirschsprungtunnel gesprengt. Die Straße durch Sprengtrichter ungangbar gemacht. Am 23.4. Abends 5 Uhr wird auch die Wagensteigstraße bei der Linkskehre (Schaubrank) sowie die Straße nach St. Peter beim Luxhof gesprengt. Desgleichen die Wildgutacherstraße, sowie die Straße vom Sternen/Obersimonswald nach Gütenbach. Man will St. Märgen verteidigen! Langrohrgeschütze werden bei den Bunkern Oberibental, bei der Steige „Birkweghof“ rechts und links der Straße aufgestellt. Desgleichen beim Turner & auf den Höhen des Breitnauer Steigs. Alles ist in furchtbarer Aufregung. Viele SS-Truppen, Heeresverbände und Volkssturmleute sind hier zusammengezogen. St. Peter wurde bereits am 22.4.45 von den franz. Truppen erreicht. Alles steht auf letzter Entscheidung! Da endlich kommt die Einsicht, dass eine Verteidigung nutzlos wäre. Ein unbeschreiblicher Chaos entsteht. Die Truppen sind in voller Auflösung. Die Geschütze werden gesprengt. Detonation auf Detonation ertönt. Im Pfisterwald werden die Munitionskisten gesprengt. Heeresgut wird verbrannt. Geräte, Waffen, Munition, Decken und Uniformen, sogar die Regimentskasse wird ein Raub der Flammen. Alles Zerstörung und Vernichtung. Die Soldaten fliehen in die Wälder, führerlos, kopflos, ein Zusammenbruch, wie er noch nicht erlebt wurde. In den Wäldern der Umgebung liegen Waffen, Panzerfaust, Handgranaten, Munition. Alles durcheinander, zu Haufen! Und trotz Allem kein Entrinnen mehr möglich. Die Führung hat abgehauen, ist spurlos verschwunden, mit Autos abgefahren; die Soldaten sind sich selbst überlassen, und verstecken sich in den Wäldern, suchen Einzeln der Gefangenschaft zu entrinnen. Einige Wenige mögen sich durchgeschlagen haben, in Zivilkleider gesteckt, entronnen sein. Die andern Alle kamen in Gefangenschaft und zogen dann einige Tage später in endlosen Kolonnen wieder durch St. Märgen in die harte Gefangenschaft. Das war das Ende! --St. Märgen aber war vom Untergang gerettet! 



Die Besetzung. 

Am 24. April nachmittags 3 Uhr, Dienstag, fuhr ein kleines Auto mit Antenne ein; ein Offizier mit einigen Soldaten stieg aus. Er wurde vom Bürgermeister, Ratsschreiber, und auch vom Ortspfarrer und Pfarrvikar empfangen. Im Gefolge kam auch ein größerer Lastwagen mit Polen, die sämtlich in Uniformen steckten. Es waren unsere bisherigen polnischen Landarbeiter. Der Offizier erklärte: St. Märgen ist jetzt unter der Gewalt der franz. militärischen Regierung. Alle Waffen, Schieß-, Hieb-und Stichwaffen, samt Munition müssen sofort auf dem Rathaus abgegeben werden; desgleichen auch die Photoapparate. Die männlichen Einwohner vom 16. /13 Jahren bis 65 Jahre müssen sofort sich einfinden mit Schaufeln, Pikeln & anderen Grabwerkzeugen, um die Straßensprengungen im Wagensteig und beim Luxhof in Ordnung zu bringen. Bis zum anderen Morgen 6 Uhr muss eine passierbare Straßenbreite von 3 Metern geschaffen sein! Um 5 Uhr abends zogen die einzelnen Kommandos bereits ab. Sie hatten die ganze Nacht zu schanzen und auszufüllen, um nur notdürftig die Sprengtrichter zu schließen und die Straßen passierbar zu machen. Dass die Leute nicht in rosiger Stimmung waren, lässt sich denken. Sie holten auch den Ortsgruppenleiter & andere Parteiangehörigen, Volkssturmführer etc. herbei; dieselben bekamen wahrhaft keine Schmeichelworte zu hören. 



Mittwoch, den 25. April 45. 

Die auf diesen Tag fällige St. Markus-Prozession musste ausfallen, bzw. wurde in der Kirche abgehalten, Mit Allerheiligen-Litanei und Bittamt. Bald darauf, etwa um 9 Uhr, zogen die franz. Truppen ein. Es waren zum größten Teil Kolonialtruppen, ehemalige Maquis, Partisanen, die in das franz. Heer eingereiht waren. Die I. Armee! Große Panzerwagen rollen über den Kapfenberg und auf den Straßen von St. Peter & Wagensteig her. Der ganze Ort war im Nu überschwemmt mit franz. Militär. Gleich begann auch schon das Plündern. Die Hühner werden fast restlos abgeschossen, soweit sie nicht in sicherem Versteck waren. Auf Motor- und Fahrräder sind sie besonders scharf. Stallhasen, Kleinvieh wird abgeschlachtet; die Wohnungen durchsucht besonders haben sie es auf Goldschmuck & Uhren abgesehen. Manche Armbanduhr, Ringe etc. wurden als Siegespreis abgenommen. Es war gefährlich, irgendwelchen Schmuck zu tragen. Auch Weißzeug und Wäscheartikel wurden geraubt. Porzellan & Möbel zerschlagen. Die Mädchen und Frauen hielten sich am ersten Tage versteckt. Viele waren in der Kirche. Weiterhin wurde der ganze Wildbestand in den Wäldern, die Forellen in den Bächen, vielfach mit Handgranaten vernichtet. Manchen Leuten, bei denen die Soldaten einquartiert waren, wurden Möbel, Uhren und Geschirr sinnlos zerschlagen. Tagelang hörte man es schießen und knallen in den Wäldern. Alles Zerstörungsfimmel! Kein Vögelein war sicher im Wald, kein Häslein im Felde. Nur die Spatzen und Krappen sind am Leben geblieben — das Pfarrhaus wurde verschont. Dagegen drangen die Voleure (Diebe) in die Pfarrscheune ein. Zerstörten im Stall so manche Möbel & Geschirrkisten, die vom Pfarrer von Freiburger Flüchtlingen aufbewahrt wurden. Auch wertvolle Koffer derselben wurden erbrochen, und ihres Inhaltes teilweise beraubt. So ging es in den ersten Tagen zu. Doch kann man wenigstens sagen, dass Schändungen von Frauen und Mädchen kaum vorgekommen sind. Da scheint die Gottesmutter ihren besonderen Schutz uns gewährt zu haben. An Groß& Kleinvieh wurden nach amtlicher Feststellung, in der Gemeinde St. Märgen vom 24.5.45 bis zum 14.6.45 ohne Requisitionsschein geholt: 9 Stück Großvieh, 17 Rinder, 34 Kälber, 27 Schweine, 40 Schafe, 3 junge Ziegen, 16 Kaninchen, dazu 571 Hühner, 26 Enten und 6 Gänse. 



So spielten sich unsere Befreier auf, die uns von der Knechtschaft des Nazismus erlösen wollten. Wir hatten andere Erwartungen und Hoffnungen auf unsere Befreier gesetzt. Das hat die Sympathien, die wir für die Sieger hatten, die wir als Erlöser von der schrecklichen Gewaltherrschaft der „Nazis“ erwarteten, merklich abgekühlt! 



Am 6. Mai 45 war der Service Militaire morgens um 11 Uhr nach /14 dem Pfarrgottesdienst. Ich hatte nun einen feierlichen Gottesdienst erwartet, ähnlich unserem deutschen Militärgottesdienst am Heldengedenktag, wie am Ostermontag. Aber da sollte ich mich gründlich getäuscht haben. Ich erwartete den Aumönier in der Sakristei. Während die französischen Offiziere, die ich im Quartier hatte, und auch die Anderen, mit denen ich auf der Kommandantur zu tun hatte, sehr höflich waren, grüßte mich dieser Mitbruder in Christo kaum. Er ging dann an den Hochaltar, nachdem Alles gerichtet war, nahm sein französisches Evangelienbuch und las das Sonntagsevangelium vor & darauf hielt er die hl. Messe, ohne auch nur ein weiteres Wort an die Offiziere und Mannschaften zu richten!! Da begriff ich, warum von der ganzen Besatzung kaum 50 Leute mitsamt den Offizieren erschienen waren. Und dabei wäre eine Mahnung sehr nötig gewesen & eine Glaubensweckung, denn die ganze Besatzung bestand fast durchweg aus lauter südfranzösischen (Marseille, Lyon etc.) Kommunisten. Auf meine geäußerte Verwunderung über den schlechten Besuch erwiderte mir ein französischer Offizier: Das sind eben Südfranzosen! Ich bin der Meinung, der südfranzösische Bischof, der zum Gebetskreuzzug für die Deutschen aufforderte, sollte vor allem für seine eigenen Diözesanen beten lassen! 



Ende April und in dem Monat Mai zogen dann die deutschen Gefangenen täglich in endlosen Scharen über St. Märgen nach Freiburg in die Sammellager. Wir hatten vom Commandeur erreicht, dass wir eine Verpflegungsstation für die hungernden und dürstenden Gefangenen errichten durften. Die Einwohner unterstützten uns sehr bereitwillig bei unserem Caritaswerk! 



Nach langen Vorstellungen und Verhandlungen erreichten wir endlich von der Kommandantur, dass die Gemeindebehörde die Belieferung der 200 Mann Besatzung mit Vieh auf Grund von Lieferscheinen selbst in die Hand nehmen konnte, und so das eigenmächtige Requirieren durch einzelne Truppenteile aufhörte. Allerdings wurden die Höfe immer noch durch herumstreunende Russen & Polen, auch durch ehemalige deutsche Soldaten, die teilweise ebenfalls noch in Wäldern hausten & mit den anderen Räubern sich zusammentaten, belästigt und beraubt.194 Nach und nach wurde auch dieser Unfug abgestellt. Dafür kamen aber in Scharen die Notleidenden von Freiburg und Furtwangen, sowie Neustadt. Manche Bauern klagten, daß ihre Höfe täglich von 30-40 Personen heimgesucht würden, die Brot, Kartoffeln, Butter, Fett, Eier usw. heischten. Ein ganz unmöglicher Zustand! 



Ende Juni bis Anfang Juli verließen uns dann die Besatzungstruppen, um wie es hieß im Rheinland eingesetzt zu werden. Langsam trat wieder größere Ruhe und Ordnung ein. 



Nach der Besetzung. 

Einige Mann bleiben noch hier bei der Kommandantur. Im Sommer kommen französische Kinder, Knaben und Mädchen im Alter von ca. 9-14 Jahren mit ihren Fürsorgerinnen. Die Krone, Rößle, Löwen im Orte, Sonne und Turnergasthaus werden belegt. Es sind ca. 200 Kinder, mit etwa 20 französischen Rotkreuzhelferinnen, und Sanitätspersonal. Anfänglich verläuft alles in bester Ordnung; später hört man manche Klagen über unartiges Benehmen der Kinder. Im allgemeinen ging es zufriedenstellend. Ende September verließen uns die Kinder. Hier in St. Märgen nahmen die Kinder am Gottesdienst teil. Eine größere Anzahl ging auch mit ihren Helferinnen zur hl. Beicht & Kommunion. Es waren Kinder von Paris und Umgebung. Die Directrice machte dem Ortspfarrer Antritts- und Abschiedsbesuch & gab ihrer Freude über die gute Betreuung der Kinder Ausdruck. Zur Zeit ist nur noch die „Krone“ beschlagnahmt zur Aufnahme französischer Offiziere mit ihren Familien zur Wochenenderholung. Es kommen wöchentlich so etwa 50-100 Personen, die teilweise auch den Sonntagsgottesdienst besuchen. Einige kommen auch zur hl. Beicht, um ihrer Osterpflicht zu genügen. So lange Skisport möglich war, wurde derselbe fleißig geübt. Manche blieben 14 Tage bis zu drei Wochen. Jetzt ist der Besuch mäßiger geworden. Es heißt, es kämen jetzt bald die Ostflüchtlinge. Wir sollen ca. 120 Personen aufnehmen. Die Evakuierten aus den Großstädten des Rheinlandes & von Norddeutschland ziehen langsam ab. Manche wollen aber nicht gehen. Es wird verschiedene Schwierigkeiten geben! 



Unterdessen hat auch die „Säuberungsaktion“ eingesetzt, die vor allem von kommunistischer & sozialdemokratischer Seite in Szene gesetzt wurde. Unser verdienter Bürgermeister Faller, der während sieben Jahre unsere Gemeinde durch alle schwierigen Zeiten zur Zufriedenheit geleitet und auch von der Militärregierung anerkannt wurde, muß auf 1. Mai 1946 seinen Abschied nehmen. Nach langen Verhandlungen 194 Im Original folgt hier noch einmal „wurden“. erklärt sich Vogelbauer August Eckert bereit, das schwere Amt zu übernehmen, damit kein Fremder eingesetzt wird. Er war nicht Mitglied der Partei, und hat vor der Eingemeindung von Hinterstraß dort das Amt eines Bürgermeisters bekleidet. Es ist für ihn gewiß ein großes Opfer. Faller mußte 1939 der Partei beitreten; war aber in keiner Weise ein aktiver Nazi. Auch der französische Gouverneur in Neustadt, Monsieur Verseau wird versetzt, was sehr bedauert wurde, da er sehr gerecht und verständig war. An seine Stelle trat Colonel Vitcoq. Der Landrat Kohlhepp trat ebenfalls zurück, und an seine Stelle wurde der Herr Landrat Schwörer. ein Neffe des früheren Landeskommissärs Schwörer, Freiburg, gesetzt. Unser früherer Hauptlehrer Wilhelm Hug, der kommissarischer Ortsgruppenleiter seit 1939 war, seines Amtes enthoben wurde als Lehrer, aber bisher nicht weiter behelligt worden war, wird gegen Mitte April verhaftet & kommt nach Neustadt ins Gefängnis. Er kam Anfang Mai nach Freiburg in das Gefangenenlager für politische Häftlinge. Schritte beim Gouvernement de Bade in Freiburg sind zu seiner Entlassung eingeleitet. Hoffentlich gelingt es, den Mann seiner trauernden Familie bald wieder zurückzuführen. Denn er war gegen die Bevölkerung stets anständig und gegen die Religion nicht gehässig. Jetzt drängen sich eben allerhand unsaubere Elemente in den Vordergrund und suchen im Trüben zu fischen. Neid und Mißgunst, Angeberei und Verleumdung, traurige Untugenden unseres Volkes, spielen in diesen unruhigen Zeiten, wo die Einigkeit so dringend notwendig wäre, eine üble Rolle. Die Aussichten unseres armen Volkes sind so für die Zukunft recht trübe! Möge uns der barmherzige Gott, der uns bisher so sichtbar geschützt, auch durch diese Trübsale hindurchführen zu einer wenn auch langsamen Besserung.


[Siegel] Josef Julius Siebold, Pfarrer. Erzb. Geistl. Rat. (Josef Julius Siebold (* 08. 05. 1872 in Basel, + 19. 01. 1952 in St. Märgen) war von 1919 bis 1950 Pfarrer von St. Märgen, wo er auch seinen Ruhestand verbrachte und schließlich starb. Bereits 1940 hatte ihn Erzbischof Gröber in Anerkennung seiner Verdienste zum Geistlichen Rat ernannt, und die Gemeinden St. Märgen und Odenheim, wo Siebold von 1901 bis 1919 Pfarrer war, hatten ihm die Ehrenbürgerwürde verliehen. Vgl. Necrologium Friburgense 1952, S. 196.)


Anschließend in Abschrift amtl. Aufstellung der Gemeinde St. Märgen über die Requirierungen vom 24. April 45 bis zum 1. Oktober 1945, 







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St.Peter
o.D. (St. Peter war ein noch weitläufigerer Pfarrbezirk als der Nachbar St. Märgen. Neben der Gemeinde St. Peter zählte auch das Dorf Burgerschaft zum Pfarrbezirk, mehrere Zinken, die Teile Oberibentals, die nicht zum Pfarrbezirk St. Märgen gehörten, Teile der Gemeinden Unteribental, Eschbach, Föhrental, Oberglottertal, Untersimonswald und Obersimonswald. Ferner gehörte die Wallfahrtskirche Maria Lindenberg zur Pfarrei St. Peter. Durch das Priesterseminar am gehörte Ort gab es neben der Landwirtschaft Erwerbsmöglichkeiten im Gewerbe. Es lebten im Pfarrbezirk 1458 Katholiken und fünf Protestanten. Vgl. Realschematismus 1939, S. 40f.)



Kath. Pfarramt St. Peter im Schw. 

Dek. Breisach. 



Kriegsereignisse in der Pfarrei St. Peter im Schw. 



I. Ereignisse vor der Besetzung: 1945. Bombardierungen. 

1. Am 15.1. 1945 wurde das obere Glottertal bombardiert. Ein einzelner Flieger wandte sich gegen Nordosten und warf eine letzte Bombe auf den Kandelberg, unmittelbar oberhalb des Hofes Dold Josef. Durch die Bombe wurden 5 Personen getötet: Großvater, Vater und 3 Kinder. Ausführlicher Bericht: Totenbuch der Pfarrei, S.22. 

2. Im Februar fielen an einem Sonntag morgens kurz nach dem Hauptgottesdienste 11 leichtere Bomben östlich des Weisenhofes. Vielleicht Notwurf infolge des nebligen diesigen Wetters. Durchzug großer Bombengeschwader. Die Bomben fielen zwischen Weisenhof und östlich gelegenem Walde in kurzen Abständen. Beschädigungen im Hofe: Ziegel und Fenster nach der nördlichen und östlichen Seite. Die 1 Bombe fiel dicht hinter dem Hause, aber bereits auf weichem moorigen Boden.



II. Ereignisse bei der Besetzung. 

Sonntag, den 22. April: 

Rückzug der deutschen Truppen. Ausbau von Stellungen an den Berghängen gegen Eschbach und Ibental für Infanterie und leichte Flakstellungen 3,7 cm (Müllerberg). 

Schwere Geschütze bis 15 und 21 cm am Zwerisberg und auf der Höhe des obersten Ibentales. Nach Schließung des Kessels und Erreichung der Schweizer Grenze bei Schaffhausen: Aufgabe der Stellungen, Sprengung der Geschütze und Rückzug. Letzte Kämpfe bei Aasen.


Montag, den 23. April.
Jungen Burschen aus Freiburg. Morgens 11 Uhr Hissung der weißen Flagge auf dem Kirchturm auf Befehl der hiesigen Gemeindebehörde des stellvertretenden Bürgermeisters Schwähr (Elme) und Ratschreibers Ruf.

Einziehung der weißen Fahne wegen Drohung des Wehrwolfes, den Kern des Dorfes zu verteidigen. 

Abends 1/2 8 Uhr: Eintreffen der 1. französischen Panzerspähwagen von St. Märgen her: Fahrt in den Scheuerwald, teilweise Vernichtung der dort liegenden Munition.

Dienstag, den 24. April:
Mittags 1/2 3 Uhr: Eintreffen von mehreren französischen Panzerspähwagen auf dem Platz vor dem Hirschen. Ein junger Bursche in civil, Edmund Schreiber aus Burkheim, Mittelschüler in Freiburg (Wehrwolf), umkreist ziemlich auffällig die Panzerwagen, wird ergriffen und, da er Waffen und Munition bei sich trägt, nach kurzem Verhör in der Schule am Platz rechts des Hirschen, an der abschüssigen Stelle gegen die Matte zu, erschossen. 


Am Mittwoch auf Verlangen des französischen Ortskommandanten schnell begraben, wird die Leiche später von den Angehörigen heimgeholt und in Burkheim beigesetzt.


Mittwoch, den 25. April:
Französischen Soldaten: Lkw, leichte Ari, Infanterie auf Lastwagen, kleine Abteilungen Kavallerie durchziehen den ganzen Tag das Dorf. 


Mittags Rast einer Abteilung: Bevölkerung muss Mittagessen, Wein, Eier, Hühner, Speck geben.


Da und dort werden Wertgegenstände: Insbesondere Radio und ziemlich Geld mitgenommen. Sämtlich Fotos müssen auf dem Rathaus abgegeben werden, auf Nimmerwiedersehn.



III. Nach der Besetzung: 

Die Plünderungen geschahen im üblichen Rahmen des Krieges. Dort wo die Leute aus Unwissenheit oder Unverstand die Soldaten abwiesen, waren die Plünderungen stärker. Im Jägerhaus wurde vieles demoliert. 

Später geschahen häufige Plünderungen einzelner Bauernhöfe besonders des Nachts. Die Täter wurden nicht immer einwandfrei ermittelt, z.B. waren es Polen. z.B. Burlehof, Schuler Langecker, Fräßlehof. 


Vergewaltigungen:
Zahl: 3: Tochter des Stocksepp. [...] auf dem Hornhof, sowie [...], junge Frau aus der Ukraine, die auf dem Hornhof beschäftigt war. (immer in der Nacht) (Siehe ausführlicher Bericht in den Pfarrakten.) 


Aufstellung und Abzug unserer deutschen Kriegsgefangenen vor der Kirche in St. Peter. 


Parteileute: Baudendistel: Einsatzleiter der Vomi (Volksdeutsche Mittelstelle, eine NS-Behörde, die für die Betreuung und Umsiedlung der außerhalb Deutschlands lebenden ‚Volksdeutschen“ zuständig war. Vgl. https:// de.wikipedia.org/wiki/Volksdeutsche_Mittelstelle (abgerufen am 18. April 2020)), Bürgermeister, Stützpunktleiter, Ortsgruppenleiter, verlässt das Dorf einige Tage vor Eintreffen der französischen Truppe. Per Auto nach Maria Tann, von dort nach Tirol. Rückkehr im Sommer per Fahrrad. Ergreifung durch die Franzosen an der Unteren Mühle, Verhör in St. Märgen, Abtransport nach Freiburg. Jetzt im KZ Lehen bis heute. 


Ausgetreten aus der Kirche, in seinen Monatsberichten erweist er sich als starker Gegner der Kirche.
Richard Ruf: Stellvertretender Stützpunktleiter: wird zusammen mit Baudendistel inhaftiert und befindet sich noch in Haft in Freiburg.



IV. Schäden an kirchenlichen Gebäuden: Keine. 

Gasthaus zum Hirschen wird Kaserne: Französische Besatzung bis März 1946 (ca. 80-100 Mann). 



[Siegel] [hs.:] Dr. A. Baumeister, Pf.
(Dr. Ansgar Baumeister (* 18. 06. 1873 in Karlsruhe, } 20. 03. 1950 in St. Peter) befand sich seit 1903 am Priesterseminar in St. Peter, zunächst als Repetitor, ab 1921 als Professor, 1924 als Subregens und von 1932 bis 1945 als Regens. Von 1938 bis 1949 war er zugleich Pfarrer in St. Peter. Für seinen Einsatz und seine Verdienste erhielt Baumeister mehrere Ehrungen, wie die Ernennung zum Geistlichen Rat, zum Ehrendomherren und zum Päpstlichen Hausprälaten. Vgl. Necrologium Friburgense 1950, S. 247-249.)

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St.Peter, Priesterseminar o.D.(Herbst 1945) 

Das Priesterseminar St. Peter im Schwarzwald im Kriege. 

Der beim Kriegsausbruch hier weilende Kurs zählte 27 Herren. Sie erhielten am 17. Dezember 1939 die hl. Priesterweihe. Davon 3 gefallen, einige gestorben, einige noch vermißt oder gefangen. Der nächste Kurs wurde schon am 2. April 1940 geweiht. Es war der stärkste Kurs, der je in St. Peter war, 79 Herren, von denen 11 gefallen sind. 



Auf Allerheiligen 1940 wurde das Seminar durch die Volksdeutsche Mittelstelle beschlagnahmt. Es fanden zunächst Lehrgänge für die HJ statt. 



Seit dem Palmsonntag 1941 weilten Volksdeutsche aus Rumänien, seit Dezember 1941 Slovenen hier, durchschnittlich 350 Leute. 



Daß das Seminar dadurch baulich gelitten hat, liegt auf der Hand. Für die Aufgaben des Seminars blieb nur der Vorderflügel des Hauses. Der Jahrgang 1940/41 zählte nur noch 5 Herren; darnach kamen in den nächsten 2 Jahren keine Theologen aus unserer Diözese mehr hierher. Es waren ja fast alle Theologen der Diözese eingezogen. Dagegen konnten 1941-43 3 Kamillianer-Patres und 1 Theologe aus Oberschlesien ihre Studien bei uns vollenden. Im Herbst 1943 kamen 3 kriegsversehrte Theologen des eigenen Bistums zurück, sie bildeten den Jahrgang 1943/44. Von Herbst 1944 ab weilten wiederum einige vom Heeresdienst entlassene Theologen hier. 2 davon konnten am 5. August dieses Jahres die Hlg. Priesterweihe empfangen. — Das Kriegsende brachte nicht sofort die Rückgabe des Seminars.



Die Slovenier blieben noch hier bis zum 25. August. Auch die übrigen Slovenier aus der Umgegend wurden hier zusammengezogen und warteten auf ihre Heimkehr. Von Mai bis August konnten diese wieder frei die Gottesdienste besuchen, was früher nur sehr beschränkt geduldet worden war. Auch war es jetzt möglich, wöchentlich 2 Stunden Religionsunterricht den Kindern zu halten. Am 7. Juli war unter H[errn] Pfa]t[fer] Thimotheus feierliche Erstkommunion, feierlicher Gottesdienst und Sloveniertag. Bei der Räumung des Seminars war ein letzter Abendgottesdienst; die Leute wurden dann mit Autos nach Offenburg gebracht. Das Gepäck mußte von den hiesigen Bauern mit 50 Wagen nach Offenburg gefahren werden. Von dort brachte ein Sonderzug die Slovenier in ihre Heimat. 



Seit dieser Zeit begannen die Instandsetzungsarbeiten im Seminar. Am 6. Mai fand der 1. Exerzitienkurs der Priester hier statt, nachdem wenige Tage vorher die 10 Herren des Seminarkurses wieder das Hinterhaus bezogen hatten. 



Am 1. September 1945 übergab der bisherige Regens die Regentie (Leitung) des Hauses dem bisherigen Subregens Msgr. O. Schöllig (Dr. Otto Schöllig (* 20.03. 1884 in Scheringen, Pfarrei Waldhausen, + 13. 10. 1950 ebd.) wirkte von 1912 bis 1949 in verschiedenen Funktionen im Priesterseminar in St. Peter, wo er 1950 auch beerdigt wurde. Vgl. Necrologium Friburgense 1950, $. 257-259,). Prälat Baumeister (Dr. Ansgar Baumeister) blieb Pfarrer von St. Peter. Die Stelle des Subregens wurde dem Seminarprofessor Dr. E. Seiterich (Dr. Eugen Seiterich (* 09. 01. 1903 in Karlsruhe, + 03.03.1958 in Freiburg) wirkte elf
Jahre am Priesterseminar in St. Peter, ist jedoch vor allem bekannt als Erzbischof von Freiburg (1954 bis 1958). Vgl. Necrologium Friburgense 1955, S, 470-472. Vgl. auch Christoph Schmider, Die Freiburger Erzbischöfe. 175 Jahre Erzbistum Freiburg. Eine Geschichte in Lebensbildern, Freiburg 2002, S. 159-165. ) übertragen. Zum Dozenten wurde der bisherige Cooperator am Münster in Freiburg, Dr. Josef Hemlein ernannt. (Dr. Joseph Hemlein (* 14. 09. 1909 in Rinschheim, + 17.06.1955 in Freiburg) war seit 1945 Dozent in St. Peter und nach seiner Habilitation im Jahr 1951 zusätzlich Dozent in Freiburg. Im Jahr 1954 wurde er Professor für Pastoraltheologie an der Universität Freiburg. Vgl. Necrologium Friburgense 1955, S. 273.)

[Keine Unterschrift.]