Unbekanntes aus der Frühgeschichte der Schwarzwälder Uhr
Von Karl Motsch, Freiburg i. Br.
aus: Mein Heimatland Heft 1/1939, Seiten 42-46
Die
leidvolle Zeit des 30jährigen Krieges war auch in die Berge und Täler
des Schwarzwaldes eingekehrt, hatte Bauern von Haus und Hof
verscheucht, ihre Wohnungen geplündert und gebrandschatzt und die
Felder verwüstet. Waren auch manche entlegenere Zinken weniger den
Gefahren ausgesetzt, so bekamen die Handels- und Heerstraßen über den
Wald destomehr ungelegene Besuche von feindlichen und freundlichen
Truppen, die dort mitnahmen was sie brauchen konnten. Auch die alte
Handelsstraße durch das Wagensteig- und Herrenbachtal über die Spirzen
nach dem Turner hatte dauernd unter plündernden Durchzügen zu leiden.
Bekannt ist jene Soldatenmetzelei aufrührerischer Bauern an der
sogenannten Letze in der Wagensteig Wo die Straße auf den Spitzen die
Höhe erreicht, soll an einer engen Stelle ein Tor gestanden haben, das
von den Bauern der ganzen Umgebung bewacht wurde und durch das niemand
ohne besondere Erlaubnis hindurchkam. Als einmal ein Trupp Soldaten mit
Gewalt einen Durchlaß verlangte, wurden sie von der Wache so lange
aufgehalten, bis die Bauern aus der Umgebung sich versammelt hatten,
von denen dann die Soldaten er- schlagen wurden. Zur Benachrichtigung
der Bauern auf den einzelnen Höfen hatte man einen eigenen
Nachrichtendienst ersonnen und angewandt. (Schreiber, Die Letze an der
Wagensteige, Freiburg i. Br., 1845.) Dagegen scheint der eigentliche
Spitzendobel, der beim Rombacher Hof feinen Anfang nimmt und gegen den
Turner zieht, weniger von durchziehenden Truppen belästigt worden zu
sein. Eine Anzahl großer Bauerngüter mit ihren Nebenhäuschen und
Taglöhnergütchen bevölkern den Spirzendobel, die alle zur Vogtei
St.Märgen gehörten und damit zur Talvogtei in Kirchzarten einer
Besitzung der Stadt Freiburg. Hier in einem kleinen Taglöhnerhäuschen
wohnte einige Zeit nach dem 30jährigen Kriege ein Lorenz Frei, von dem
man erzählt, er habe als einer der ersten Schwarzwälder Uhren
hergestellt. Leider geben die Kirchenbücher der Pfarrei St.Märgen
keinen Aufschluß über ihn. Das Geschlecht Frei war um St.Märgen herum
ansässig, auch im Spirzendobel gab es Frei, im Jahre 1690, am 2.
Dezember, starb ein »Casparus Frei in der Spirtzen ungefähr 76 Jahre
alt«; von einem Lorenz findet sich keine Nachricht. Seines Zeichens war
er Schreiner und fertigte in seinen vielleicht zahlreichen Mußestunden
Musikinstrumente, sog. Hackbretter, für die musikliebenden
Schwarzwälder Bauern an. Weiss der Himmel, woher ihm plötzlich der
Einfall kam, eine Holzuhr herzustellen und wie mag er daran
herumgebästelt haben, bis das Ding lief und die Zeit angeben konnte.
Man lachte wohl den einfältigen Schreiner aus, der nichts Wichtigeres
zu tun hatte, als solch unnötiges Zeug zu machen, das man ja doch nicht
brauchen konnte, wo schließlich alle Augenblicke plündernde Soldaten
kommen konnten, um dem Bauern den Hof über dem Kopfe anzuzünden Aber er
ließ nicht nach mit seinen Versuchen, zuguterletzt glückte ihm doch
eine Uhr, und er begann damit einen Handel zu treiben, den er aber bald
wegen Absatzmangel wieder aufgab.
Dies soll sich gegen Ende des 17.
Jahrhunderts zugetragen haben, nachdem aber schon vorher da und dort
mit Uhrenbästeleien begonnen worden war. Im Jahre 1679 hatten die
Franzosen die Stadt Freiburg erobert, und die neuen Herren besuchten
natürlich auch die städtischen Besitzungen im Schwarzwald, plünderten
gelegentlich einen Bauernhof und nahmen es mit diesem und jenem auch
nicht sehr genau. Der Hackbretterlenz hatte deswegen mit seiner neuen
,,Erfindung« wenig Glück, und bald war seine Uhrmacherei wieder
vergessen. Ein Zeitgenosse Von ihm, der Kübler Simon Henninger im
Stockwald bei St. Georgen, machte ebenfalls Uhren. In jener Gegend
scheinen die Bauern etwas aufgeschlossener gewesen zu sein, er konnte
hier und da eine Uhr verkaufen und damit wenigstens seinen dürftigen
Lebensunterhalt verdienen. Erst dem nächsten Geschlechte nach dem Jahre
1700 blieb es vorbehalten, größere Erfolge mit den Uhren zu erreichen,
von da ab beginnt die eigentliche Geschichte der Schwarzwälder Uhr, die
Erinnerungen an die Ereignisse vor dem Jahre 1700 sind aber
größtenteils verschollen.
Nun geben aber die Akten der
Talvogtei in Freiburg und die Kirchenbücher der Pfarrei Kirchzarten
Nachricht von einem Uhrenmacher vor dem Jahre 1700, also noch aus jener
ersten Periode der Geschichte der Schwarzwälder Uhr. Es soll versucht
werden, ihn in die Geschichte der Schwarzwälder Uhr einzureihen,
allerdings sind, da Einzelheiten fehlen, mancherorts nur Vermutungen
möglich. Eine Stelle in dem Protokoll der Talvogtei besagt folgendes:
,,Des Christen Rauffers sel. Witwe Rosina verkauft am 18. April 1662 an
Jacob Cuonle, den Uhrmacher in Kirchzartem eine Behausung samt der
Schmiede in Zarten um 323 Gulden«. Nach diesem kurzen Bericht gab es
also längst vor dem Hackbretterlenz schon in Kirchzarten Uhrmacher als
Handwerker. Die Kirchenbücher in Kirchzarten geben noch etwas nähere
Auskunft: dieser Jacob Kuonlin, »der alt Uhrenmacher zu Zarten«, stirbt
am 4. April 1672; und seine Frau Maria Kammerin, ,,des Jacob Kuonlins,
gewesten Uhrenmachers zu Zarten« hinterlassene Witwe folgt ihm am 11.
Juni 1677 im Tode. Im gleichen Jahre, am 13. Juli, hatte der Sohn
Barthle Cuonlin von den Erben seiner verstorbenen Mutter, Maria
Cammerey die Behausung Hofstatt und Garten zu Zarten um 325 Gulden
erhalten. Dieser Sohn, Barthle Cuonle, hatte am 20. Oktober 1647 eine
Ursula Heitzler aus Geroldstal geheiratet und war damals noch in
Kirchzarten. Zum zweiten Male heiratete er eine 44 Marsch, Unbekanntes
aus der Frühgeschichte der Schwarzwälder Uhr Catharina Dengler,
die Tochter des Lorenz Dengler aus Kirchzartem am 19· April 1660, und
als auch diese Frau starb, heiratete er zum dritten Male eine Anna
Meyer, die Tochter des Simon Meyer aus dem Zastler, am 13. Juli 1670.
Der Ehe mit Catharina Dengler entsproß ein Sohn namens Franz, der am
28. September 1664 getauft wurde. Bei der Ausstellung eines
Geburtsscheines auf der Talvogtei wird ihm dieses Datum bestätigt, und
er ist ausdrücklich als »des Uhrmachers Sohn aus Zotten« bezeichnet.
Danach ist also Barthle seinem Vater Jacob im Handwerk als Uhrmacher
nachgefolgt Mit der dritten Ehefrau hat er am 17. Juni 1670 eine
Heiratsabrede geschlossen, darin wird allerdings als sein Beruf
Schlosser angegeben. Dieser Ehe entstammen zwei weitere Kinder: Maria
und Catharina.
Im Jahre 1683 starb nun dieser
Barthle Cuonle, ein Todesdatum ließ sich allerdings im Kirchenbuch
nicht auffinden. Dagegen können wir aus seiner
Verlassenschaftsaufstellung interessante Rückschlüsse auf sein
Uhrenhandwerk ziehen. Diesmal ist wieder sein Handwerk genau angegeben:
,,Verlassenschaftsrechnung Barthlin Kuonles, des Uhrenmachers von
Zarten vom 9. August 1683«. Zuerst folgt die Aufstellung des Vermögens,
an barem Gelde fanden sich 247 Gulden vor. Darunter waren nun 4
doppelte Dukaten zu je 8 Gulden, und 13 einfache zu je 4 Gulden, 41Xz
Dublonen zu je 7 Gulden, 9374 verschiedenerlei Taler, mehrere halbe und
ganze Reichstaler und 2 Straßburger Taler. Also immerhin trotz der
schlechten Zeiten ein recht schönes Barvermögen! Woher hatte er nun die
verschiedenartigen Geldsorten? Da Barthlin Kuonle, wie noch gezeigt
wird, auch Schmied war, so ist es das nächstliegende, daß er das Geld
von dieser Kundschaft erhalten hatte. Zarten lag an einer
verkehrsreichen Durchgangsstraße die allerlei Volk durch das Tal ziehen
sah. Zu Kriegszeiten waren es wohl nur Soldaten, denen das Bezahlen den
wenigsten Kummer machte. Dagegen fand sich auch gelegentlich eine
höhere Standesperson ein, die bares Geld zurückließ. Der Schmied hatte
da genug zu arbeiten, denn bevor es in das steinige und unwegsame
Gebirge ging mit den Pferden, mußten ihre Hufeisen nachgesehen und
meistens neu beschlagen werden, auch größere und kleinere Reparaturen
an den Wagen konnte man hier vornehmen. Bei jeder Niederlassung im
Kirchzartener Tale findet sich deswegen eine Schmiede, die meistens
neben einer Wirtschaft lag oder mit ihr verbunden war. Die Behauptung,
er habe schon Uhrenhandel getrieben und das Geld aus der Fremde
mitgebracht wie seine späteren Kollegen, wäre wohl über: trieben, und
da er ja noch das Schmiedehandwerk ausübte, sogar sehr
unwahrscheinlich. Dagegen liegt die Vermutung nahe, daß Barthle oder
sein Vater Jacob in Kirchzarten einen kleinen Uhrenhandel betrieb. Das
große Dorf mitten im Tale war ein bedeutender Handelsplatz und vor
allem am Sonntag kamen die Bauern aus allen Tälern und holten die
notwendigen Dinge für ihr Hauswesen Vor und nach dem Gottesdienst waren
Kramläden aufgeschlagen, wo man alle diese Dinge kaufen konnte. Es gab
auch eine eigene Krämerordnung nach der es z. B. verboten war, während
des Gottesdienstes zu verkaufen. Hier auf diesem Krammarkt haben nun
die beiden Uhrenhändler aus Zarten ihre Ware feilgeboren, wie man
vielleicht annehmen kann, und von hier aus fanden sie den Weg in den
Schwarzwald. Die Wahrscheinlichkeit hat immerhin etwas für sich, das;
der Hackbretterlenz aus der Spitzen oder einer der Gebrüder Kreutz
gelegentlich bei einem Kirchgang nach Kirchzarten eine solche Uhr sah
und sie daheim nachahmte Daß die Möglichkeit des sonntäglichen
Verkaufens tatsächlich vorhanden war, beweist eine Notiz in« einer
ähnlicher Angelegenheit. Der Schmied Jacob Schlemmer hatte am 26. März
1669 von seinem Schwiegervater Jacob Rappenecker die Schmiede, die bei
dem großen Hofgute im Himmelreiche lag, mit Haus und Garten in Pacht
erhalten. Er bezahlt ihm dafür jährlich 45 Gulden Zins und hat ihm
außerdem noch seine vier Pferde zu beschlagen. Neben dem gewöhnlichen
Schmiedehandwerk betreibt dieser Jacob Schlemmer noch eine
Waffenschmiede Um nun diese Erzeugnisse zu verkaufen, erhält er am 29.
März 1670 vom Talamt die Erlaubnis, an Sonn- und Feiertagen nach dem
Gottesdienst in Kirchzarten seine Waffen öffentlich feilzuhalten, und
er bezahlt dafür ein Standgeld von 8 Batzen. Es geht also aus dieser
Bemerkung hervor, daß man in jeder Beziehung den Bedürfnissen des
kaufenden Volkes Rechnung trug, und es ist deswegen nicht
ausgeschlossen, daß um jene Zeit auf dem Krammarkt in Kirchzarten auch
ein Uhrenhändler seinen Stand schon aufgeschlagen hatte.
Nach der Aufstellung des
Geldvermögens folgt die Benennung der Liegenschaften und des Inventars.
Er besitzt in Zarten ein Haus und eine danebenstehende Schmiede mit
einem Garten. Bei der Aufzählung des Hausrates finden sich folgende
Stücke: ,,Betten, Tröge, Pfülben, Leinlachen, irdene Häfen, 2
Zinnblattem Kannen, Schoppenkäntli, 1 zinnen Güßfaß« usw. In der
Werkstatt find folgende Werkzeuge: ein großer und ein kleiner Amboß,
ein ,,bloßbalkh«, ein großer und ein kleiner Hornamboß, 15 große und
kleine Schmied- und Anschlaghämmer, 15 allerhand große und kleine
Zangen, dazu 7 Spannringe, 3 kleine Hornambößle, 23 allerhand Schrots
und Durchschlaghämmer, 8 große und kleine Nageleisem 3 große und 2
kleine Schraubstöcke samt dazu gehörige Schlüssel, 65 große und kleine
Zeilen, 48 Meißel, 4 Stück Schmiedeeisen und dazu noch ein »Trögle«
voll altes Eisen. Das angeführte Werkzeug ist wohl größtenteils für die
Schmiede berechnet, wenn auch einige kleinere Arten wohl auf eine
feinere Arbeit, wie die des Uhrenmachers schließen lassen, es ist also
immerhin möglich, daß Kuonle auch Uhren herstellte. Daß keine
Spezialwerkzeuge dabei sind, ist weiter nicht verwunderlich, die
meisten wurden erst um die Mitte des 18. Jahrhunderts erfunden. Das
Haus und das gesamte Inventar erhält sein Tochtermann Christen
Fritschi, der aber kein Uhrmacher ist. Die Behausung ist ziemlich
baufällig, der Kaufpreis betrug 280 Gulden. Von dem Sohne Franz ist
nichts erwähnt, er scheint gestorben oder aus-gewandert zu sein.
Von da ab verstummen die Nachrichten
von den Zartener und Kirchzartener Uhrenmachern ihr Geschlecht war bei
den späteren Schwarzwäldern nicht vertreten. Nach 1700 verzog sich die
Uhrmacherei aus der St.Märger, Waldauer Gegend mehr in das Gebiet von
Furtwangen und ist dort bis heute geblieben. Trotzdem finden sich auch
in dem alten Uhrmachergebiet genügend Hinweise für eine rege Tätigkeit,
wenn sie auch nicht diese Ausmaße erreichte wie um Furtwangen herum.
Jedenfalls scheinen recht bald Uhrenhändler hierher zu den Bauern
gekommen zu sein, die ihre Holzuhren besser an den Mann brachten als
bei dem ersten Versuch. Schon im Jahre 1709 findet sich unter dem
Inventar der Verlassenschaft des Michel Laubi in Burg eine Uhr. Er war
der Besitzer des Laubischen Hofes in Burg, einer großen Wirtschaft mit
Herberge an der alten Handelsstraße von Freiburg über den Turner nach
Furtwangen und Villingen, die an seinem Hofe vorbeiführte Er war gegen
Ende des Jahres 1708 gestorben, hatte aber nur zwei Töchter
hinterlassen von denen die Barbara den Hof erhält, die sich dann mit
einem Christa Thoma verheiratet Obwohl Michel Laubi den Hof am 15.
April 1679 mit Schulden übernommen hatte - er war kurz vorher
abgebrannt - hinterließ er bei seinem Tode doch wieder eine schöne
Summe Bargeld, hatte sich noch den Luxus einer Schwarzwälder Uhr
leisten können, die sicher in der großen Wirtsstube hing, um auch
seinen Gästen zu zeigen, daß der Wirt zu Burg Sinn für einen
zeitgemäßen Fremdenverkehr habe. Hat er die Uhr bei einem
durchreisenden Uhrenhändler erstanden oder vielleicht gar bei den
Uhrenhändlern in Kirchzarten gekauft? Selbst drüben im Attental, einem
kleinen Tälchen, das sich gegen den Roßkopf hinaufzieht, gibt es kurze
Zeit nachher schon Uhren. Attental weist nur wenige größere Bauernhöfe
auf, dagegen um so mehr kleine Taglöhner- gütchen, deren Besitzer bei
den Bauern arbeiten und selber noch eine kleine Landwirtschaft haben.
Am 6. April 1745 wird die Verlassenschaft einer Ottilie Sayer, die mit
einem Jörg Hettich verheiratet war, unter vier Erben geteilt. Das Erbe
is: recht gering, es besteht aus einem Häuschen mit Garten, dazu drei
Geißen und etwas Futter. Der Kaufpreis für die gesamte
Hinterlassenschaft beträgt 139 Gulden. Unter dem wenigen Inventar
befindet sich aber eigentümlicherweise »eine Uhren an der Wand«. Wie
mag die in das arme Taglöhnerhäuschen gekommen sein? Jedenfalls beweist
dies die Tatsache, daß schon um die Mitte des 18. Jahrhunderts auch bei
weniger wohlhabenden Bauern sich die Schwarzwälder Uhr eingebürgert und
ihren Platz ,,an der Wand« der großen Stube eingenommen hatte. Dieser
Ausdruck kommt etwa vom Jahre 1720 fast regelmäßig in den
Verlassenschaftsaufstellungen der Schwarzwälder Hofbauern vor und die
meisten großen Bauern hatten sich um jene Seit schon Uhren
angeschafft.
Aber auch die eigentliche Uhrmacherei
war in dem alten Uhrmachergebiet noch nicht ganz ausgestorben, und da
und dort finden sich kleinere Uhrmacherhandwerken. In der Schürhalde
bei St.Märgen war es ein Martin Wehrle, der sich sogar mit der
Herstellung von Spieluhren (Kistner a. a. O. S. 16) und von
Kuckucksuhren (Kistner, a. a. O. S. 41) befaßte. Dieser hatte am Z.
März 1792 den Schürhaldenhof um 3317 Gulden von Josef Schwörer
abgekauft, er gilt allgemein als Uhrenmacher, und am 4. Juli 1797 tritt
er im Kirchenbuch der Pfarrei Kirchzarten als Trauzeuge auf und wird
als »Bauer und Uhrmacher« bezeichnet. Vielleicht ein Vorfahre von ihm,
Caspar Wehrle, der in einem Nebenhäuslein bei der Schürhalde wohnte,
hatte im Jahre 1730 bei der Verlassenschaftsaufstellung seiner
verstorbenen Frau Ursula Andres eine »hölt3erne Uhr« angegeben. Martin
Wehrle scheint also schon in seiner Familie Uhrenliebhaber gehabt zu
haben. Ein weiterer Spieluhrenmacher in St.Märgen war Philipp Schwär.
Er bittet am 22. August 1803 das Talamt um einen Entlassungsschein nach
Villingen. In den Jahren um 1800 scheint gerade in der Gegend von
St.Märgen die Uhrmacherei wieder einen Auftrieb erhalten zu haben, in
den Protokollen finden sich reichlich Hinweise dafür. Vor allem sind es
Gesuche um Auswanderungen zwecks Uhrenhandel Da bittet ein Dominik
Lickert um einen Paß nach Frankreich, ein Georg Hettich um einen
solchen nach Marseille die Uhrenmacher Mathis und Josef Schwer wollen
nach dem Elsaß und Georg Willmann nach Preußen und Polen. Auch Pässe
allgemeiner Art, nur mit der Bezeichnung »ins Ausland«, werden
verlangt. So bittet Johann Löffler von St.Märgen um die Erlaubnis »mit
hölzernen Uhren handlen zu dürfen«, und er erhält sie am 12. September
1801. Dagegen wird das »Wanderungsgesuch« mit hölzernen Uhren des Paul
Zipfel aus Wagensteig am ZU. November 1801 aus nicht genannten Gründen
abgeschlagen. Ein Georg Frey, Uhrenhändler aus der Wagensteig, der vor
10 Jahren bis nach Rußland gekommen war, bittet am s. Oktober 1786
wieder um einen Aus: wanderungsschein Von einem eigentlichen Uhrmacher,
der im Gebiet von St.Märgen wohnte, haben wir noch eine interessante
Aufstellung seines Inventars. Er hieß Johann Pfändler und wohnte in
einem kleinen Häuschen am Turnen Als nach seinem Tode auch seine Frau,
die wieder einen Josef Meier geheiratet hatte, starb, wurde am 12. Mai
1785 die Verlassenschaft aufgestellt. Es fanden sich darunter auch
einige Gegenstände aus der Werkstatt: »Hölzerne Uhrenräder für 4Gulden,
messingene Uhrenräder für 1 Gulden und Eisendraht für 1 Gulden«. Der
Sohn Johann, dem man den Namen ,,Uhrenhändler« gegeben hatte, führte
die Uhrenmacherwerkstatt seines Vaters weiter.
Von der Mitte des vorigen
Jahrhunderts ab verschwand allmählich die Uhrmacherei als
Handwerksbetrieb, die großen Fabriken um Furtwangen herum erdrückten
die kleinen Handwerksmeister. Eisenbahn und Technik schufen andere
Möglichkeiten, und die alten Uhrenmacher und Uhrenhändler starben aus.
Nur das Volk weiß noch in einigen Geschichten sich die Erlebnisse
solcher Händler zu erzählen und in den Erinnerungen alter Bauern leben
diese Gestalten noch fort.
Quellen: Urkunden und Akten der Talvogtei im Stadtarchiv Freiburg i. Br., Kirchenbücher der Pfarreien Kirchzarten und St.Märgen. Literatur: Die grundlegende Schrift
verfaßte Adolf Kistner, Die Schwarzwälder Uhr. Mit 113 Bildern.
Heimatblätter vom »Bodensee zum Maus« Nr. 31. Herausgegeben von Hermann
Eris Busse, Freiburg i. Br.