Die Römerstraße Breisach – Zarten - Rottweil
Von Hermann Wirth, Freiburg i. B. Aus: Mein Heimatland, 14. Jahrgang, Heft 1/2, Januar 1927, Seiten 53-58
Daß wir in der Hochfläche östlich von Zarten und Kirchzarten im
Dreisamtal an der Bahnlinie tatsächlich die Stätte einer alten
keltisch-helvetischen oder keltisch-gallischen Befestigungsanlage vor
uns haben, ist nachgewiesen worden anläßlich der Untersuchungen von
Fabricius und Leonhard im Jahre 1901 (auf Kosten der Stadt Freiburg)
wobei es sich herausstellte, daß die Bauweise des am Rande jenes
Plateaus teilweise noch erkennbaren
Walles keltisch ist (entsprechend der Angabe Cäsars im ,,gallischen
Krieg«); zudem fanden sich im sog. ,,Heidengraben« am Ostrande des
keltischen Oppidums, der »Fliehburg«, einige Tonscherben aus der späten
La-Tène-Zeit (um 100 v. Chr.), die jetzt zusammen mit den im Innern der
Umwallung vorgefunden, zum Zusammenhalt des Stützgebälkes dienenden
eisernen Nägeln und Klammern im städtischen Augustinermuseum in
Freiburg aufbewahrt werden. Man könnte an eine Kolonie der Rauraker
denken, die bei Basel rheinaufwärts wohnten, - eine Niederlassung wurde
vor einigen Jahren bei der Gasfabrik Basel entdeckt -, vielleicht aber
waren es Tulinger aus dem südlichen Baden oder Sequaner aus dem
Oberelsaß, die im Dreisamtal ansässig blieben, bis sie von den Germanen
Ariovists um das Jahr 70 v. Chr. über den Rhein zurückgedrängt wurden.
(Vgl. K. Christ in »Mein Heimatland« 12, 1 1925 S. 18 f» Fabricius, die
Besitznahme Badens durch die Römer, Neujahrsblätter der bad. histor
Kommission 1905, S. 14 f., Wagner, Fundstätten und Funde in Baden I 221
f.)
Die Frage nach dem keltisch-römischen Tarodunum kann nur beantwortet
werden in Verbindung mit der Erforschung des vorrömischen und des
römischen Straßennetzes, es muß festgestellt werden, ob die ausgedehnte
Landstraße, die ohne Zweifel schon in der Urzeit in Form von
zusammenhängenden Einzelwegen unser Land rheinabwärts durchzog, auch
von Querstraßen gekreuzt wurde, die den Schwarzwald zugänglich machten
- als einzige derartige Straße kennen wir aus Oberbaden bis jetzt mit
Bestimmtheit nur die Verbindung Straßburg –Offenburg - Kinzigtal
-Villingen nach Rottweil und Hüfingen. Gab es außerdem noch eine
direkte Wegverbindung zwischen dem von Kelten und Römern besiedelten
Breisgau und der ebenfalls von ihnen bevölkerten Baar?
Zwischen dem Breisgau und dem Elsaß bestand zur Römerzeit jedenfalls
ein ziemlich reger Verkehr, vermittelt durch die Rheinübergänge bei
Neuenburg (ex antiquo passsgium Rheni im Mittelalter genannt), Breisach
(damals linksrheinisch), Limburg am Kaiserstuhl und andere. Von
Breisach aus führte eine Römerstraße in östlicher Richtung über
Ihringen (Fundort römischer Münzen) nach Gottenheim, wo 1923 die Reste
eines römischen Gutshofes,
s. Gutmann, Mitteilungen des bad. Landesvereins für Naturkunde und
Naturschutz 1924, 14/15, 33l; von Gutmann wurde auch die Römerstraße
ostwärts von Breisach aufgedeckt.
wohl einer kleinen Ziegelei, entdeckt wurden, von hier nach Lehen, von
wo römische Spuren schon längst bekannt sind, (s. Wagner I 218)
weiterhin nach Freiburg, wo im Jahre 1819 am Abhange des Schloßberges
Teile eines römischen Mosaikfußbodens aufgefunden wurden, südlich der
Stadt bei Merzhausen wurde erst vor kurzem ein römischer Mühlstein
ausgegraben, (Jahresbericht über ur- und frühgeschichtliche Funde in
Baden, »Mein Heimatland" 1925, Heft 5, über Oberbaden, von Fr.
Leonhard.) vielleicht wurde der Sandsteinbruch am Lorettoberg zwischen
Freiburg und Merzhausen wie auch die dortige Ziegelei schon im Altertum
ausgebeutet. Eine sehr alte Lehmgrube mit Ziegelei befindet sich in der
Vorstadt Herdern. Aus Gottenheim sind erst kürzlich zwei römische
Münzen bekannt geworden, aus dem Gebiet von Freiburg kennt man solche
(auch keltische) schon länger, ferner aus St.Märgen, Reiselfingen und
Löffingen (s.Bissinger, Funde röm. Münzen in Baden I 1889, 9; II 1906,
5, über Ihringen und Freiburg II 8 f. ) sie lassen auf Handelsverkehr
schließen, der sich vom Breisgau aus über die Paßhöhe des Schwarzwaldes
bei St.Märgen in östlicher Richtung nach der Baar und umgekehrt, wenn
auch nicht gerade lebhaft, abwickelte: die Ergebnisse der Jagd, der
Fischerei, die Erzeugnisse des Bodens, der Schmiedekunst, der Töpferei
usw· wurden von reisenden Händlern aufgekauft und verkauft, Erzeuger
oder Abnehmer waren abenteuerlustige Gallier und ausgediente römische
Soldaten (veterani), die sich allenthalben im römischen Zehntland, im
größten Teile von Baden, Württemberg, Bayern niederließen und ihre
Gutshöfe (villae rusticae) bewirtschafteten. Diese legte man gerne an
bereits vorhandenen Wegen an, auch die Anlage neuer Wegverbindungen
wird da und dort erforderlich gewesen sein.
Dem Wanderer, der vom Breisgau oder vom benachbarten Elsaß aus die Baar
und die alte Straße Windisch - Hüfingen erreichen wollte, stand der Weg
über Offenburg durch das Kinzigtal zur Verfügungs (s. Fabricius a. a.
O. 37 ff.) - von Breisach aus etwa 160 Kilometer, gut 5 Tagemärsche - ,
die direkte Verbindung durch das Dreisamtal über den Schwarzwald und
die Baar hätte dagegen nur 100 Kilometer, 3 starke Tagmärsche betragen;
die Straße, die ohne Zweifel durch das Elztal, wo römische Kulturreste
und Münzen aufgefunden wurden, ins Kinzigtal führte, kann als Abkürzung
hier außer Betracht bleiben. Es ist nicht einzusehen, weshalb die
Römer, vielleicht schon ihre Vorgänger, Germanen, Kelten und andere,
sich die weit kürzere Wegverbindung in direkt östlicher Richtung hätten
entgehen lassen sollen.
Aus dem Mittelalter ist die ,,Hochstraße“ von Zarten durch das
Wagensteigtal hinauf nach St.Märgen tatsächlich bekannt, die
Untersuchung ihres weiteren Verlaufs zur Römerzeit in der Richtung
Neustadt wurde bereits in Angriff genommen, diese Strecke zog sich wohl
über Reiselfingen und Löffingen nach der Baar, der Hauptzweig führte
über den hohlen Graben nach Villingen und Rottweil. Die beiden in
St.Märgen aufgefundenen römischen Münzen aus der ersten Hälfte des
zweiten Jahrhunderts beweisen im Verein mit den Münzfunden von
Löffingen und Reiselfingen die Richtigkeit der Vermutung, daß eine
Reiseverbindung durch das Dreisamtal über den Schwarzwald in der
Richtung aus die Römerstraße bei Hüfingen schon im Altertum bestanden
hat. In der Umgebung dieses Ortes, wo durch die Ausgrabungen von
Leonhard und Revellio ein römisches Kastell von claudischer Zeit (um 50
n. Chr.) an nachgewiesen wurde (s. Wagner I 89 ff.) sind Funde aus der
Römerzeit häufig. Eine einzelne Münze erklärt den Handelsverkehr, das
Vorkommen mehrerer läßt auf eine Wohnstätte schließen, deren Spuren
allerdings, wie in St.Märgen, durch die Bodenkultur völlig verwischt
sind, während z. B. in Gottenheim und Niederrottweil mit je zwei
römischen Münzen auch die entsprechende Niederlassung festgestellt
wurde.
Die römischen Straßen waren häufig mit einem Steinpflaster versehen,
wenn auch manchmal Schotter- oder Kiesunterlagen genügen mußten. Im
Frühjahr 1926 kam nun anläßlich der Anlage eines Sportplatzes im
Dreisamtal ein alter gepflasterter Straßenkörper zum Vorschein, und
zwar oberhalb Freiburgs südlich der Kartause, etwa 60 Meter nördlich
der heutigen Schwarzwaldstraße, in einer Breite von 4-5 Meter und einer
Stärke von 30 Zentimeter waren gleichmäßig die Steine geschichtet und
mit Erde verbunden, die Abnutzung des Pflasters war auch an der grauen
Färbung noch deutlich zu erkennen. Darüber lag in 40 Zentimeter Tiefe
die Ackererde. Es scheint sich tatsächlich um die uralte Straße zu
handeln, die Tarodunum mit dem Rheintal verband und die auch in der
Legende von der hl. Ottilia aus dem frühen Mittelalter erwähnt wird. 2
Kilometer oberhalb liegt der uralte Wallfahrtsort St.Ottilien, wo die
hl. Ottilia Zuflucht gefunden haben soll, als sie aus dem Elsas; über
den Rhein geflohen war. Das Straßenpflaster wurde nicht mehr erneuert,
so geriet die Straße allmählich in Verfall; eine neue Straße wurde dann
eine kurze Strecke südlich davon in Gebrauch genommen, während die alte
noch im 18. Jahrhundert nach einem Plan von Freiburg als Banngrenze
diente (nach Feststellung von Prof. Gisinger in Freiburg). Ein unweit
oberhalb sich ausdehnendes Gewann heißt heute bezeichnenderweise
»Steinacker« oder ,,Kreuzsteinacker«, eine Benennung, über die unten
noch zu reden sein wird (Die Abbildung des Pflasters einer Römerstraße
s. z. B. in dem Bilderatlas Germania Romana Tafel 24, 3; weiteres bei
Paret. Urgesch. Württembergs 1921, 97, 208 f., über Hoheneck wo die
Römerstraße heute stellenweise die Gewanngrenze bildet. Die Römerstraße
im Dreisamtal bedarf in ihrem weiteren Verlauf noch der Untersuchung,
erst dann ist das endgültige Urteil möglich.).
Für die Überwachung und Instandhaltung der Straßen hatten die Insassen
der Einzelhöfe zu sorgen, solche mußten schon zu diesem Zwecke in
gewissen Abständen an den Straßen angelegt werden, sie wurden bewohnt
und bewirtschaftet von alten Soldaten, beneficiarii, wie diese
Straßenposten benannt wurden. Sie müssen auch für die Römerstraße durch
das Dreisamtal über Tarodunum vorausgesetzt werden, diese alte
Keltenstadt war für eine Wiederbesiedelung als Wege- und Reisestation
wie geschaffen, die Straße nach der Wagensteige durchschnitt daselbst
alten keltischen Kulturboden, der gallisch-römische
Einwanderer anlocken mußte. Unmittelbar dahinter erhoben sich die
unwirtlichen Schwarzwaldberge, bald begann der Anstieg, der Reisende,
der, sei es zu Fuß oder zu Roß, mit Saumtier oder Wagen vom Rhein bei
Breisach (dem römischen mons Brisiacus,) herkam, hatte eine recht hohe
Tagesleistung von 35 Kilometer = 16 gallischen Leugen hinter sich, er
bedurfte der Rast, dazu einer Unterkunft einer mansio (daraus franz.
maison), wohl auch eines Gebäudes zur Unterbringung oder Auswechslung
seines Pferdes, einer mutatio. Bei St.Märgen hatte der Reisende die
Steigung in der Hauptsache überwunden, hier hatte er vielleicht wieder
Gelegenheit zu rasten, ebenso weiter östlich in der Baar, bis er die
Gegend von Villingen oder Hüfingen, beides römische Siedlungen an der
Hauptstraße, erreichte. Die Wegstrecke über den Schwarzwald war wohl
nicht durchgängig eine ausgebaute Straße, sondern stellenweise ein
Saumpfad oder Feldweg, der allerdings von Zeit zu Zeit auch
ausgebessert und erneuert werden mußte.
Das alte keltische Tarodunum lebte also zur Römerzeit wieder auf als
Durchgangsstation für Reisende, mögen es nun Kaufleute oder Handwerker,
Bauern oder Jäger gewesen sein, die den Schwarzwald überquerten. Wer
umgekehrt vom Schwarzwald herabkam, konnte von dort aus in einem Tage
den Rhein erreichen. Daß der keltisch-römische Ortsname Tarodunum ganz
gesetzmäßig in „Zarten“ weitergebildet wurde (im 8. Jahrhundert marca
Zardunensis vgl; Kempten - Cambodunum, Murten - Moredunum), wird von
der Wissenschaft allgemein anerkannt, obwohl der Name nur in dem Werke
des Geographen Ptolemäus überliefert ist, der im 2. Jahrhundert nach
Chr. in Alexandria gelebt hat. Er hat für seine Erdbeschreibung in
erster Linie Reisekarten und Reiseberichte benützt, eine Weltkarte hat
z. B. Agrippa unter Augustus zusammenstellen lassen, die in der noch
erhaltenen tabula Peutingeriana nachwirkt, auf ihr sind auch die
Stationen der erwähnten Straße Windisch - Rottweil angegeben. Der
alexandrinische Geograph muß nun noch eine vollständige Straßenkarte
des Zehntlandes gekannt haben, auf der wohl auch die bereits
vorrömische Straße Breisach – Zarten - Rottweil, Brisiacum –
Tarodunum-Arae Flaviae eingezeichnet war. Eine Straße an Breisach
vorbei, auf der linken Rheinseite abwärts, ist in dem ltinerarium
Antonini aus dem 3. Jahrhundert nach Chr. angegeben. Bei der
Besitzergreifung des Zehntlandes durch die Römer müssen solche Karten
von den neuen Herren des Landes in vergrößertem Maßstab angefertigt
worden sein, nicht nur um die Zugangswege und Reisestationen
festzulegen, sondern auch zum Zwecke der Vermessung und Verteilung der
Ländereien, die in Form von kaiserlichen Domänen erfolgte.
Ortsbezeichnungen aus der Keltenzeit, die im Munde von stellenweise
noch vorhandenen Anwohnern oder von Reisenden weiterlebten und auch
jenseits des Rheines noch bekannt waren, werden dabei den gallischen
Einwanderern besonders willkommen gewesen sein. Diese fanden so leicht
Anhaltspunkte für den Verkehr, für die Wiederbesiedelung und für die
Landausweisung auf Grund der vorhandenen Reisekarten. Einwohner aus
vorrömischer Zeit waren freilich im Breisgau nur noch verschwindend
wenige vorhanden, aber die Erinnerung lebte, weiter, die keltischen
Ortsangaben wurden wieder aufgenommen und fortgepflanzt, wie es später
die Alemannen mit den keltisch-römischen Ortsbezeichnungen machten
(Riegel, Breisach; Kandel, Elz, Neumagen sind solche keltisch-römische
Namen aus dem Breisgau). Überall, wo diese mündliche Tradition
erfolgte, müssen Römer seßhaft gewesen sein, sonst wären die früheren
topographischen Namen untergegangen. Bei der Fortpflanzung des
Ortsnamens Tarodunum stimmt die mündliche mit der schriftlichen
Überlieferung überein, beide werden bestätigt durch die
frühgeschichtliche Forschung, wie dies z. B. auch bei dem Namen des
benachbarten Breisach der Fall ist. Die Abweichungen der Länge- und
Breitegrade bei den Ortsangaben des Ptolemäus sind belanglos,
keinesfalls darf man, um die Übereinstimmung eher zu ermöglichen, bei
den genannten Geographen Schreibfehler in den Ortsbezeichnungen
konstruieren (Über das Verhältnis von Gradnetz und Städten bei
Ptolemäus s. Mehlis, geogr. Anzeiger 22, 1921, 200 ff. Tarodunum ist
nach Mehlis, philol. Wochenschrift 1926, April Sp. 394 ff. = Zarten im
Höllental! Über die Römerorte und Kastelle an der Donau und in Bayern
s. Wagner, Die Römer in Bayern l924, S.9ff. )
Bei der Nähe der Rheingrenze war der Breisgau wohl eine der ersten
Landschaften, die die Römer, vermutlich von Breisach aus, besetzten,
das vielleicht schon von Drusus (nach Florus´ Angabe über die 50
römischen Rheinkastelle) befestigt wurde. Riegel wurde, nach den Funden
von terra sigillata und sonstigen Töpferwaren zu schließen, zur Zeit
Vespasians besiedelt, also zwischen 70 und 79 nach Chr. Um diese Zeit
wurde daselbst auch ein Kastell errichtet, als Stützpunkt bei der
Okkupation und als äußeres Zeichen der römischen Landeshoheit (Vgl.
Barthel, Berichte der röm. germ. Kommission VI 1913, 130 f.; eine
römische villa rustica wurde erst wieder 1926 bei Endingen unweit
Riegel von Gutmann entdeckt). Die Blüte des Ortes dauerte allem
Anschein nach nur etwa 50 - 60 Jahre (75 - l30 nach Chr.), dann verlor
Riegel seine militärische Bedeutung wie auch die anderen Kastellplätze,
die bei Beginn der römischen Invasion vom linken auf das rechte
Rheinufer verlegt worden waren. Obschon bei dieser Gelegenheit von
Breisach aus auch die Stätte von Tarodunum aufs neue besetzt wurde, ist
sehr zweifelhaft. Eher könnte man an den Schloßberg bei Freiburg
denken, der anläßlich der Besitzergreifung des Breisgaus vielleicht mit
einem römischen Kastell und einem Militärposten versehen worden ist,
zur Beherrschung des Taleinganges und der alten Straße.
Signalverbindung (Rauch oder Feuerzeichen, war von der heutigen
,,Ludwigshöhe“ aus sowohl mit Breisach als auch mit Riegel möglich. Es
wäre wohl ein sog. „Straßenkastell" anzunehmen, doch genügte zur
Bewachung und Zustandhaltung der Straße auch eine villa rustica mit den
erwähnten beneficiarii als Insassen.
Der Breisgau war schon zur Römerzeit eine verwaltungstechnische
Einheit, civitas Brisiacensis genannt, eine Bezeichnung, die von
,,Breisach“ herzuleiten ist. Es wird auch landschaftliche
Unterabteilungen des Gebietes gegeben haben, vielleicht darf man einen
saltus oder pagus Tarodunensis annehmen neben einem pagus Rigolensis
usw., ein tractus oder saltus Sumelocennensis (Höhenzug oder Gebirgspaß
des Ortes Sumelocennea ist in Württemberg am älteren Limes
nachgewiesen. Der alte Name Tarodunum erhielte so einen erweiterten
Begriff, ähnlich wie die marca Zardunensis im Mittelalter; das heutige
Hinterzarten läßt noch auf die Ausdehnung des Ganzen schließen. Den
topographischen Mittelpunkt der römischen Bewirtschaftung des
Dreitamtales und der anschließenden Landschaft im Westen und Osten
bildeten die villae rusticae, die Unterkunftsgebäude von Tarodunum, das
mit seiner umfangreichen keltischen Umwallung, mit seinen weithin
sichtbaren Ziegeldächern noch zur Römerzeit auf den Beschauer den
Eindruck einer Stadt machen mußte, wenn es auch nach römischen
Begriffen keine Stadt mehr war. Es verirrte sich also unter die Zahl
der Römerstädte und wurde von dem Geographen Ptolemäus als solche
aufgeführt, auf Grund einer Reisekarte oder eines Reiseberichts.
Eine Neubefestigung des Ortes war nicht mehr erforderlich, seitdem die
Römer die Reichsgrenze, den Limes, etappenweise nach Osten vorgeschoben
hatten, wenn nicht etwa die bisherigen Herren des Zehntlandes nach
dessen Verlust an die Alemannen (um 260 n. Chr.) den Breisgau unter den
Schutz des Schwarzwaldes noch etwas länger behaupteten und das alte
Tarodunum zur Sperre des Talausganges neu befestigten. Doch liegen
hierfür keine Beweise vor. Die Versuche der Römer, das Zehntland wieder
zu gewinnen - Kaiser Probus soll um 280 n. Chr. bis zur rauhen Alb
vorgedrungen sein und das Land neu besiedelt haben - hatten nur
vorübergehenden Erfolg, über Kämpfe im Breisgau ist nichts überliefert.
Im großen ganzen bildete von jetzt an der Rhein die Grenze, mögen die
Römer auch gelegentlich, wie z.B. vom Kaiser Valentinian berichtet
wird, (um 369 nach Chr.) auf dem rechten Rheinufer Befestigungen
angelegt haben und das alemannische Gebiet etwas beschnitten haben.
Valentinians Erlaß, datiert von Breisach, 30. August 369, läßt
jedenfalls auf das Vorhandensein einer römischen Rheinbefestigung
schließen. Am rechten Rheinufer sind Kastelle nur für die Zeit der
Besitzergreifung des Zehntlandes und dann wieder anläßlich der
Alemanneneinbrüche wahrscheinlich, zu jenen gehört Riegel, vielleicht
der Schloßberg bei Freiburg, für Baden-Baden sind zwei frührömische
Kastelle nachgewiesen. Die Vorberge des Schwarzwaldes können auch
später gelegentlich befestigt worden sein, Kaiser Caracalla (um 215
nach Chr.) soll überall, wo er einen bewohnbaren Platz fand, auch den
Bau von Burgen angeordnet haben, er nannte Baden-Baden Aquae Aureliae
nach seinem Beinamen Aurelius, wohl zur besseren Unterscheidung von
Badenweiler, Aquae. Auf vorübergehende Besetzung rechtsrheinischen
Gebietes durch die Römer auch nach dem Verlust des Zehntlandes weist
der Lobredner Mamertin hin, der unter Kaiser Diokletian (284-305) sagt,
alles Gebiet jenseits des Rheines, soweit das Auge reiche, sei römisch:
,,Mag der Rhein auch austrocknen, von hier ist nichts zu befürchten«
Zweifelhaft bleibt freilich, ob diese Stelle sich auf den Mittel- oder
auf den Oberrhein bezieht.
Falls die römische civitas Brisiacensis, der Breisgau, noch
Unterabteilungen hatte, etwa den genannten saltus oder pagus
Tarodunensis, den Paß oder Gau, oder einen vicus Tarodunensis, eine
Gemeinde von Zarten, so dürfte dazu auch die weitere Umgebung, die
Gegend von Freiburg, zu rechnen sein. In diesem Sinne wäre dann auch
der Ortsname Zähringen aus dem keltisch-römischen Tarodunum abzuleiten,
und es wäre demnach die Bezeichnung eine römisch-germanische
Mischbildung, ähnlich wie Pforzheim aus lat. portus oder porta gebildet
ist. Holder hat im ,,altkeltischen Sprachschatz“ den Dorfnamen
Löffingen aus keltischem Lebiacum abgeleitet, (anders Krieger im
,,topograph. Wörterbuch von Baden“ unter ,,Löffingen“), was
zutreffendenfalls auf römische Wiederbesiedelung schließen ließe, eine
Vermutung, die auch bereits von anderer Seite ausgesprochen wurde. Daß
die milde fruchtbare Gegend zwischen Herdern und Zähringen auf der
Nordseite von Freiburg von den Römern angebaut wurde, ist an sich schon
wahrscheinlich, dafür spricht auch der sog. ,,steinin Weg“, der für die
Gegend vom Mittelalter bis in die neueste Zeit bezeugt ist, ferner der
Gewanname ,,Steinäcker“, eine Bezeichnung, die öfter für die Reste
römischer Steinbauten aufgekommen ist - die Alemannen kannten
ursprünglich nur Holzbauten - der Flurname ,,Steinäcker“ findet sich
auch anderwärts, so z. B. in Württemberg bei Albstatt, mit zahlreichen
Resten eines römischen Gutshofes (Weitere ähnliche Benennungen
(Steinheim, Steinhäuser, Steinloch, Steingrube, Steinbös, Steinmäurich,
Mäurach usw.) finden sich bei O. Paret, Urgeschichte Württembergs S.
197 ff., 202, 210. Vgl. auch den „Mauracher Hof“ bei Denzlingen
unterhalb Freiburg.) Daß die „Zähringer Burg“ auf ein römisches Kastell
zurückgehe, ist eine völlig haltlose Behauptung. Auch im Dorfe
Zähringen fehlen römische Spuren durchaus. Dagegen sind einige mit
,,Burg“ zusammengesetzte Ortsnamen in Baden sicher auf römische
Befestigungen zurückzuführen, so Osterburken, Neckarburken, Ladenburg,
Offenburg (an der obenerwähnten Römerstraße gelegen), Burkheim am
Kaiserstuhl vielleicht auch Neuenburg a. Rhein (gegenüber einer ,,alten
Burg“, einem römischen Brückenkopf, weiter oberhalb liegt
,,Steinenstadt“, auch »Altenburg“ am Oberrhein mit seinen römischen
Überresten wäre zu vergleichen). Auf dem Gebiete des alten Tarodunum
liegt heute an der durchziehenden Straße der Weiler Burg, wohl so
benannt nach der urspr. keltischen Befestigung des Platzes. Von diesem
sind Überbleibsel aus der Römerzeit bis heute nicht wieder aufgefunden
worden, wenn auch gelegentlich (so von dem Freiburger Historiker
Schreiber) solche erwähnt werden, z.B. Gebäudefundamente,
Leistenziegel, Münzen. In neuerer Zeit etwa noch vorhandene Überreste
scheinen sämtlich der Bodenkultur zum Opfer gefallen zu sein, wie auch
der sog. ,,Heidengraben“, der die keltische Befestigung des Platzes
nach Osten zu abschloss, heute nahezu spurlos verschwunden ist. Die
Bezeichnung „Heidengraben“ lebt jedoch im Volksmunde in der Gegend
weiter, wie auch der Name ,,Heidenschloß“, beide erinnern noch an die
Siedlungen der geschichtlich ältesten Bewohner. Die gleichen
Flurbezeichnungen finden sich auch sonst im badischen Lande unter
ähnlichen Umständen, so das »Heidenschloß« bei Geißlingen, im 18.
Jahrhundert noch eine römische Trümmerstätte, dann üerbaut mit einem
Bauernhof. Auch der Name des römischen Kastells Schloßau im Odenwald
verdient hier Erwähnung.