..... Merkwürdiger sind die
          Ausflüge ostwärts von Freiburg, das Thal von Kirchzarten
          hinauf. Von hier aus läßt sich uns der Weg entweder nach den
          ehemaligen Klöstern St.Märgen und St.Peter einschlagen, oder
          gegenüber, das sogenannte Himmelreich hinauf, und durch die
          Schluchten der Hölle. Die großartigsten Naturscenen stellen
          sich hier dem Wanderer dar; Gemälde, wie er sie nur in der
          Schweiz anzutreffen und zu bewundern gewöhnt ist.
          
          Anfänglich trifft er auf frische, mit Heerden bedeckte
          Wiesengründe, und zerstreute von malerischen Baumgruppen halb
          versteckte Höfe, an denen ein schäumender Waldbach
          vorüberbraust. Nach und nach wird das Thal enger, der Bach
          wilder, von beiden Seiten drängen sich gewaltige Felsenmassen
          oder steile Abhänge hervor. Jetzt betritt der Wanderer die
          sogenannte Hölle, eine Schlucht., welche ihn mit Bewunderung
          und Schauer erfüllt. Auf keinen Punkt des Schwarzwaldes hat
          die Natur so viel Erhebendes und Schreckendes
          zusammengedrängt. Auch der Mensch blieb nicht zurück; er erhob
          auf den hier ganz unbesteigbaren Felsenwänden ein Raubschloß,
          den Falkenstein, deren Trümmer noch jetzt gewaltig und finster
          in die Schlucht herabdrohen. Allmählig erweitert sich das Thal
          wieder, und der Weg führt weiter zum Posthause oder dem
          Wirthshause unter der Steig. Gewöhnlich wird bei Letzterm Halt
          gemacht, wo man den übrigen Merkwürdigkeiten näher ist.
          Vorerst wird der unsern sich bildende sehenswerthe Wasserfall
          besucht; dann geht es die mühsam und kunstreich gewundene
          Schlangenlinie der Steige hinan auf die Hochfläche des
          Schwarzwaldes. Hier sind noch die Spuren der Verschanzungen
          sichtbar, welche im Jahre 1815 dazu bestimmt wurden, diesen
          Engpaß, bei einem etwa nöthigen Rückzuge der verbündeten Heere
          zu vertheidigen. Unverkennbar hat sich auf diesen Höhen
          (besonders in einer größern Entfernung von der Straße) noch
          das Leben der alten Deutschen erhalten, wie es schon von
          Tacitus geschildert wird. Wir finden hier noch die
          ursprüngliche patriarchalische Traulichkeit; den Urgroßvater
          in der Mitte seiner Enkel. Die Wohnungen sind von den Heerden
          umschwärmt, vereinzelt, wie da und dort den Erbauer ein
          schicklicher Platz, eine Quelle, oder ein Wiesengrund anzog.
          Die Bauart der Häuser selbst ist eigenthümlich, und überrascht
          denjenigen, welcher zum erstenmale damit bekannt wird.
          Gewöhnlich bestehen sie ganz aus aufeinanderliegenden
          Baumstämmen, sind in mehrere Stuben abgetheilt und sauber
          ausgetäfelt. Auf der Ost- und Südseite sind eine Menge
          nebeneinander stehender kleiner Fenster angebracht, welche die
          Licht- und Sonnenstrahlen, wie in ein Treibhaus auffangen, und
          dem Innern in hohem Grade Heiterkeit und Wärme mittheilen.
          Eine hölzerne Gallerie (Laube) läuft mitten um das Haus und
          die Fenster. Sie wird durch das weit hervorragende Dach von
          Stroh oder Schindeln gegen Wind und Regen, und gegen die
          ungeheure Last des Schnees geschützt, den die winterliche
          Jahreszeit in diesen Gebirgen niederwirft. Der Anblick eines
          Hauses mit seinen schimmernden Fenstern, seiner Gallerie, die
          oft mit Blumentöpfen und blühenden Pflanzen besetzt sind,
          sammt seinen Vordächern, gewährt ein einladendes Bild des
          Friedens und des Schutzes, nach welchem sich der müde Wanderer
          schon in der Ferne sehnt. Unter dem Vordache und auf der
          Gallerie findet er, nach Belieben, Schatten oder Sonnenschein,
          Luft oder Luftstille, je nachdem er seinen Sitz und Ruhepunkt
          wählt. Eine muntere Gruppe von Kindern umgiebt und begrüßt ihn
          bald mit traulichem Händeschütteln. (Mehreres in v, Ittners
            Naturgemälde des Breisgaues. Freib, Wochenbl, 1809, S. 98,
            u, ff.)
            
          Von der Steig führt ein Weg rechts nach dem sogenannten
          Titisee, dem gewöhnlichen Endpunkte von Ausflügen, welche nur
          auf einen Tag berechnet sind. - Doch wird auch bisweilen noch
          von hier aus die Wanderung auf den Feldberg ausgedehnt ,
          welcher seinen Rücken in einer ungeheuern Bogenlinie hieher
          absenkt. Auch hat der weitere Weg von hier aus besondere
          Reize, wenn es auch nur um der Felder willen wäre, auf welchen
          die mächtigsten Granitblöcke unordentlich, wie eine zufällige
          Saat aus Riesenhänden umhergestreut sind.
          
          Gewöhnlich wird der Feldberg von Oberried aus bestiegen. Ganze
          Gesellschaften fahren zu diesem Behufe an schönen
          Sommerabenden nach diesem 5 Stunden von Freiburg gelegenen
          Dorfe, und treten hierauf den Weg auf den Berg im Verlaufe der
          Nacht unter Fackelschein zu Fuße an. Gelangt man nach mühsamem
          Steigen, und mit dem frühesten Morgen zur Höhe, so verweilt
          man sich entweder noch in den zerstreuten Sennhütten, oder
          trägt einen Holzstoß zusammen, und labt sich um das lodernde
          Feuer gelagert. Begierig erwartet jeder den Aufgang der Sonne
          und das einzige Schauspiel, das sich bald vor ihm entfalten
          soll. Welche Feder vermöchte es aber auszumalen, wenn sie nun
          wirklich hervortritt, und der weite Schleier der Natur
          abrollt, fern von den Gebirgen des Voralbergs bis über die
          Vogesen hinaus; wenn der ferne Bodensee zuerst wie eine
          Silberfläche schimmert, und die Häupter der noch ferneren
          Gletscher wie Flammensäulen aufglühen! Ein unnennbares Gefühl
          bemächtiget sich eines jeden Zuschauers, die Gesellschaft
          verstummt, vertheilt sich, und entrichtet in Einsamkeit und
          heiliger Stille dem Allmächtigen ihr Morgenopfer.
          
          Noch sind uns die Ausflüge südwärts von Freiburg übrig....
          
        Reprint
            des Freiburger Echo Verlag 2000