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Die Memoiren des letzten Abts von St. Peter
Ignaz Speckle
Ein Beitrag zur vaterländischen Geschichte.

 

IV.

Federzeichnungen breisgauischer Zustände während
der französischen Occupation.

  1. Nachdem ich noch Einiges angeordnet und besonders dem Fr. Placidus aufgetragen, den Fr. Ignaz und den Joseph Schmidlin in der griechischen Sprache zu unterrichten; ferner, daß der Candidat Joseph zu einer andern Stunde im Zeichnen von Fr. Ignaz, und wieder zu einer andern im Klavierschlagen von P. Maurus unterrichtet werde, auch die, während ich in Freiburg war, entstandenen Zwistigkeiten beigelegt hatte, kehrte ich am 3. August mit P. Basil nach Freiburg zurück. - In Eschbach war die Gemeinde versammelt in der Absicht, ihren durch die Franzosen erlittenen Schaden zu berechnen und dafür Entschädigung, was weiß ich wo, zu fordern. Die Herren bilden sich ein sie sollten gar nichts zu leiden haben, aller Nachtheil solle nur allein auf Herrschaft und Kloster fallen. Sie äußern hin und wieder, nur um das Kloster zu schonen, wären Soldaten ins Thal gelegt worden; sie machen Vorwürfe gegen mich, daß ich ihnen gerathen hätte bei ihren Gütern und Häusern zu bleiben; es wäre besser gewesen, wenn sie davon geflohen wären. Die Unzufriedenen auf jeden Fall bedenken nicht, daß ihnen nach der Flucht ihre Häuser und Güter wären ruinirt worden, daß, ihnen die Franzosen überall würden nachgefolgt sein, daß sie nirgends hin hätten fliehen können. Dies ist nun einmal der Lauf der Dinge. Genug, seine Pflicht gethan und Dank verdient zu haben, wenn man am Ende gleichwohl Undank dafür erhält. Die St.Petrinischen Unterthanen betragen sich bisher noch besser; hatten aber auch weniger gelitten, und auch der Schaden der Eschbacher scheint nicht so groß als sie ihn machen, ist bei keinem Einzelnen so groß als beim Pfarrer, der von seiner Pfarrei gar nichts bezieht und ganz und gar nebst der Kirche muß erhalten werden. Abends kam ich nach Freiburg, wo unterdessen nebst dem schon in unserm Hof gelegenen Salz- und Branntweinmagazin noch drei Chirurgen einquartirt worden und noch zwei Adjutanten einquartirt werden wollen. So will sich nun Jedermann an den Klöstern reiben; allein qui hubitat in coelis irridebit eos et Dominus subsannabis eos. Will der Herr uns erhalten und ferner als Werkzeuge zum Guten brauchen, so wird er uns bessern und alle Anschläge unserer Feinde werden nichts gegen uns vermögen; sind wir nicht zu bessern, so verdienen wir wie der unfruchtbare Baum ins Feuer geworfen zu werden.

2. In der Conferenz am 4. August wurde beschlossen: 1) um den Credit zu erhalten, seien die Zinsen richtig zu bezahlen und deswegen a) die Exstanzen einzutreiben; b) die Einkünfte flüssig zu erhalten; c) die Revenüen der Kammer gegen Quittung hereinzuziehen. 2) Es seien provisorische Verwalter der Kammergefälle zu bestellen und dem Hofe davon Nachricht zu geben. 3) An General Moreau solle eine Vorstellung erlassen werden wegen der häufigen großen und kleinen Requisitionen. Dergleichen kamen heute mehrere vor. Die Stadt Freiburg sucht auch Alles auf das Landhaus zu verweisen. So kamen heute Requisitionen von zwei Paar Stiefeln, vier Halftern für Pferde, vier Maas Honig ec. vor. Auch der Conto über Bewirthung des Generals Ferino, der über 100 Louisd´or betrug und worin sich die Köche täglich 5-6 Gulden Lohnes zugeschrieben. Dieser wurde mit dem Bemerken zurückgegeben: die Stadt möchte einstweilen diesen Conto moderiren, derlei Requisitionen liefern, erst nach dem Frieden könnte an Ausgleichung gedacht werden. Am 4. August kamen die Frankfurter Zeitungen wieder an. Zugleich traf ein Schreiben ein von Hrn. Bouche, Schwager unsers P. Clemens Rößler, worin er mich tröstet und meldet der jetzige hier ankommende General und dessen Aide de Camp wären seine speciellen Freunde, man solle ihnen gut aufwarten, sie würden uns alle Sicherheit leisten. Nun hatten diese Herren Quartier im Petershofe gesucht, da aber dieser schon besetzt war, wurden sie abgewiesen, ich war eben in St.Peter. Daher beschloß ich diesen Herren einen Besuch zu machen. Einer dieser Adjutanten wird die Nichte des P. Clemens, die Tochter des Hrn. Bouche heirathen. Sie empfingen mich sehr höflich, versprachen mir und dem Kloster alle Assistenz, besonders eine Sauvegarde gegen die Marodeurs, sowie auch Schutz gegen die übertriebene Einquartirung.

3. Seitdem wir wieder Zeitungen haben, erfahren wir einerseits die schnellen Fortschritte der Franzosen, anderseits die mit ihnen von Württemberg, Baden und dem ganzen schwäbischen Kreise geschlossenen Waffenstillstände und diesen angesetzten Contributionen. Die Division unter Ferino avancirte von hier schnell über Villingen, Donaueschingen, Stockach bis Ulm, wie es heißt, der rechte Flügel über die Waldstädte nach Constanz; das Centrum unter General Moreau durch das Württembergische ebenfalls nach Ulm. General Jourdan durch den fränkischen Kreis. Die Oesterreicher eilen überall davon. Prinz Karl soll einige blutige Schlachten geliefert haben. Württemberg soll er beinahe feindselig behandelt, im Ganzen immer verloren, seine Magazine eingebüßt haben. Ein Theil der französischen Armee besetzte die Gegend von Göppingen, Kirchheim, Weilheim und Bissingen. Die Contributionen sind folgende:
An Geld wurde verlangt von dem Schwäbischen Kreis (ohne Württ, und Baden) 12 Millionen Livres; ferner 8000 Pferde, 5000 Ochsen jeden zu 5 Zentner, 150,000 Centner Schweinefleisch, 100,000 Säcke Haber, 100,000 Paar Schuhe; die Abteien allein sollten liefern, 7 Millionen Livres Geld und 400 auserlesene Pferde. Württemberg war eine Contribution von 4 Millionen Livres auferlegt; Baden sollte entrichten 2 Mill. Liv., 1000 Pferde, 500 Ochsen, 25000 Cent. Schweinefleisch, 12,000 Säcke Haber und 25,000 Paar Schuhe. Ueberdies wurden vom Schwäbischen Kreis 150,000 und vom Markgrafen 50,000 Centner Heu verlangt. Der Werth der Naturallieferungen wurde 5,542,000 Gulden gleichgestellt, wobei ein Pferd zu 200 fl., ein Ochse zu 120 fl., 1 Zentner Schweinefleisch zu 6 fl., ein Sack Haber zu 1 fl., ein Paar Schuhe zu 1 fl. 40 kr, und ein Cent. Heu zu 2 fl. berechnet wurde.
Am 5. August Abends kam Hr. Prälat von Thennenbach von seiner Flucht wieder hierher zurück. Er hatte sich in der Schweiz aufgehalten, wo er eine Menge Flüchtiger, besonders Geistlicher, Klosterfrauen und anderer Frauenspersonen angetroffen; er rühmte die Menschlichkeit der Schweitzer in Aufnahme der Flüchtigen, besonders soll der Stadtpfarrer von Schaffhausen mehrmals mit Nachdruck von dieser Aufnahme gepredigt haben. - Das Wichtigste was in der Conferenz am 6. August vorkam, waren verschiedene Schritte des Markgrafen als Arrest auf die Zehnten und Gefälle, welche Stifter und Herrschaften des Breisgaus im markgräflichen Lande haben, wobei zwar Rückzahlung oder Abrechnung in Geld versprochen wird; ferner eigenmächtiges Verfahren des Amtes Lörrach, welches die französische Requisition ohne Rücksprache auf diesseitige Unterthanen repartirt. Wegen Ersterem ward beschlossen eine anfragende Vorstellung an die Regierung in Carlsruhe abgehen zu lassen; auf das Zweite: Beschwerde gegen das Amt Lörrach und ferner Anzeige und Vorstellung der Sache an die Commandanten in Kehl und Hüfingen. Ferner ward decretirt: durch ein Circular das von den Ständen eröffnete Anlehen zu 5 % zu erneuern und zu betreiben. Uebrigens gehen die Sachen immer zu langsam; der Geschäfte sind zu viel und der Arbeiter zu wenig. Die markgräfliche Unternehmung und überhaupt die Requisition der Zehnten muß den Ruin der Klöster nach sich ziehen. Es wäre nothwendig dagegen Schritte zu thun. Ich sprach hierüber mit dem Hrn. Prälat von Thennenbach. Dieser ist consilii expers. Die Universität hat für sich eine Ausnahme erhalten, für den Clerus ist nichts geschehen, als daß ich in die erste Erklärung an P.   etwas einrücken ließ, worauf noch keine Antwort erfolgte. Die Lage der Sache, der Gang der Geschäfte, wo voraus zu sehen, daß nichts Ersprießliches geschehen kann und wird, machten mich heute sehr maßleidig. Zum Glücke kam Hr. Landschreiber von St.Blasien, da ich gerade mich sehr nach ihm sehnte und von ihm sprach, ein tauglicher Mann, wieder hierher mit einem Schreiben vom dortigen Fürstabt aus Klingnau. Das Schreiben enthielt zwar meist nur Jammer über unser Elend, die Nachricht, daß kein Geld für uns zu bekommen, daß man sich beim schwäbischen Kreis für uns verwendet, ohne Erfolg; einige Wünsche. Also von keiner Seite Hilfe, von keiner Seite Rettung.

4. Am 7. August. 12. Sonntag nach Pfingsten, fuhr ich mit Fr. Joseph nach Sölden. Schon einigemal hatten dasige Bürger die Verwegenheit dem P. Propst Wein abzupressen. Er war zu gut und gab, verabreichte auch den Nachtwächtern alle Abend zwei Maas. Vorigen Sonntag kamen Nachts um 11 Uhr junge Pursche; er mußte aufstehen und ihnen Wein geben. Hievon gab er mir Nachricht. Ich klagte bei Hrn. von Badischen Amte; ließ den Vogt und einen Richter zu mir kommen, denen ich über dieses Betragen die nöthige Erinnerung gab, auch den Purschen verwies ich ihr Benehmen und wies sie übrigens ans Amt, wohin sie citirt waren. Aehnliche Excesse werden von verschiedenen Orten her vernommen. Zu Krotzingen verweigern die Taglöhner die Herrschaftliche Frohne. Zu Wipperskirch brachen die Einwohner dasigem Propst, der einige Tage abwesend war, in den Keller und führten noch den besten Wein weg. Zu Umkirch soffen die Bauern des geflüchteten Pfarrers Wein; anderorts fahren sie mit ihrem Vieh in die Herrschaftliche Waldung. Sie lernen von den Franzosen den Geist der Ungebundenheit, der ihnen behagen will und deswegen ist eben strenge Anforderung und Subordination zu halten. - Abends cousultirte ich noch Hrn. von Greiffeneck wegen der ZehntSache. Es ist schwer etwas Wirksames ausfindig zu machen. -

5. P. Clemens von St.Ulrich reiste mit mir nach Freiburg, um den Adjutanten Divoux, seinen künftigen Verwandten, zu besuchen, von welchem er alle gute Versicherung erhielt. Nachmittags kam der commandirende General selbst in Begleitung des genannten Adjutanten nebst Schwester und Braut in den Petershof, mir eine Visite zu machen und auf morgen eine Fahrt nach St.Peter zu veranstalten, welches auch geschah. Von St.Peter kam P. Karl und brachte Nachricht von seiner Reise nach St.Gallen, wo es ihm gut und bös gegangen. Zu Nachts speiste ich nebst P. Clemens bei Hrn. General zu Gast. Derselbe war sehr herablassend, höflich und munter. Er wünscht sehr, daß seine Nation bei den Deutschen in Achtung stehe und diese Achtung durch sein Betragen, durch menschliche Behandlung verdiene. Er gab einem Commissär die Weisung mit aller Schonung zu verfahren. Er trank die erste Gesundheit den Ständen Breisgaus, worauf ich verbunden war der französischen Republik das Compliment zu machen. Er rühmte die Einigkeit der Stände, die Bereitwilligkeit, womit man die Requisition beförderte. Da er den Wunsch äußerte nach St.Peter zu reisen, lud ich ihn ein und die Reise wurde auf den folgenden Tag bestimmt. Die Gesellschaft war in St.Peter vergnügt, es ward Tafelmusik gemacht, die Gäste wurden in die Kirche und in die Bibliothek geführt; Abends um 5 Uhr reisten sie wieder zurück. Ich blieb in St.Peter. Mit Erlaubniß des Generals ließ ich am folgenden Tag mit den kleinen Glocken Zeichen zum öffentlichen Gottesdienst geben. - Die Vögte kamen und brachten Einiges vor wegen Bezahlung der gehabten Unkosten. Ich befahl die einzelnen erlittenen Nachtheile einstweilen noch nicht zu bezahlen, sondern das Verzeichniß zuerst zur Revision zu geben. Nur Brod, Fleisch und Wein durfte vorläufig bezahlt werden. Die Leute waren so gescheid und meinten für den Wein sollte gar nichts bezahlt werden. Sie selbst aber wollen sich jeden erlittenen Schaden ersetzen lassen. - Gestern und heute passiren Stücke und Belagerungsgeschütz hier durch. Die Zeitungen erzählen die fast nie unterbrochenen Fortschritte der Franzosen. Sie sollen sich bald Regensburg nähern, obschon die Oesterreicher sich auch hin und wieder halten, und ihnen einige Nachtheile zufügen. Aus Italien kommt die Nachricht einer gänzlichen Niederlage und großen Verlustes der Oesterreicher. Fachsen verwehrt seine Gränzen und will sich gegen Jedermann defendiren.

6. In der Conferenz am 11. August lag ein Schreiben von St.Blasien vor, es könne weder Geld noch Credit verschaffen. Also wieder die Frage nach Geld. Man beschloß die Einziehung der ganzen Steuer 1797 auf einmal binnen 14 Tagen. Da aber an der Steuer kein Papier angenommen werden kann, so werden fernerhin auch die Restscheine oder Empfangscheine vom heutigen Tage an zu 4 % verzinslich, um jene, welche unverzinsliche Scheine haben nicht zu verkürzen. Es war darauf angetragen eine doppelte Steuer zu beziehen. Die Drittständler widersprachen, weil sie hiezu von ihren Committenten keine Vollmacht hätten. Nun war doch von den Franzosen die Landesverfassung einmal garantirt; vermöge dieser ist eine landständische Versammlung im Steuerwesen nicht beschränkt; da sie also Einschränkung machen, so fangen sie auch an von der Landesverfassung abzuweichen - und es scheint die Herren vom dritten Stand möchten die Contribution auf die beiden andern schieben. Deswegen ward heute geäußert von Hrn. Syndicus Fehrenbach: Eines müßte sich kein Opfer machen für das Ganze, deswegen ward angetragen, die Dominien sollten doppelt zahlen, welches aber den Städtlern auch nicht behagen wollte; deswegen ward so sorgfältig gefragt, in welchem Verhältnisse die zwei ersten Stände Contribution gehabt hätten in voriger Zeit. Dr. Engelberger erklärte den Herren vom dritten Stand die Sache auf eine Art, die ihnen nicht gefiel. Ehedessen wären alle Contributionen auf die Unterthanen verlegt worden. Jeder Stand habe sich erklärt, was er übernehmen wollte, dieses unter sich repartirt. Die Unterthanen der Prälaten, Ritter und Städte werden nur repräsentirt durch ihre Herrschaften. Die Unterthanen selbst hätten für sich keine andere Repräsentation. Jetzt aber wäre das Steuerwesen auf einem ganz andern Fuß durch Unterscheidung der Dominical- und Rusticalsteuer. Die Herren Syndici waren durch diese Erklärung etwas verlegen und gaben zu erkennen, daß sie die Sache gar nie verstanden hatten. - Der Herr General kam auf das Landhaus, den Ständen eine Visite zu machen. Von Seiten der Stände wurde ihm ein Präsent decretirt; zugleich wurde eine Vorstellung zur Abschaffung mancher Unordnungen und vieler Klagen gegen die durchmarschirenden Truppen übergeben; auch wegen Frohnwesen, Verpflegung und Requisitionen. Es kamen wieder neue Requisitionen für das Spital vor, worüber beschlossen wurde; namentlich solle man das Leinetuch nicht von hiesigen Kaufleuten, sondern von Landleuten einkaufen.

7. Abends kam P. Columban von St.Trudpert und erzählte: Gestern wäre der Hr. General mit seiner Suite, dem Major Steinmetz und allen übrigen die in St.Peter waren, auch zu St.Trudpert gewesen, vergnügt und wohl. Beim Abgehen hätte man zu verstehen gegeben, daß man dem Hrn. General mit schönen Flinten ein Präsent machen könnte. Da man sich geäußert, der Prälat habe alle Flinten geflüchtet, man wüßte nicht, wo sie wären, so sei man zwar für jetzt ruhig abgegangen. Allein heute früh um 5 Uhr sei der Flügeladjutant Divoux mit 30 Mann gekommen, habe das ganze Kloster, die Abtei, Alles ausgesucht; man habe alle Flinten der Jäger zusammengetragen und abgegeben, welche auch nach Freiburg abgeführt worden. Aber die 30 Mann Execution blieben auf Kosten des Klosters. Ein ganz sonderbares, unerwartetes Benehmen, das am Ende Geldschneiderei zum Zweck haben wird. P. Columban wollte deswegen den General sprechen. Divoux versprach seine Verwendung, schrieb aber andern Tags früh, er müsse mit dem General verreisen. P. Columban ging nun zu Steinmetz; dieser entschuldigte sich, daß der General verreist sei, und versprach wieder seine Verwendung, nachdem er 5 Louisd´or erhalten; doch müßten, fügte er noch bei, einige Flinten vom Prälaten geliefert werden. Endlich am Sonntag ward die Execution aufgehoben. Ein Paar Flinten, in einem Bauernhaus verborgen, wurden durch einen Franzosen angezeigt und abgegeben. Es wurden auch noch 20 Saum Wein abgefordert und schon abgeholt, mußten aber auf Befehl des Generals wieder zurückgeführt werden. Die Ursache des ganzen Hergangs war ein gewisser Officier Montfort, der eine Rache an dem Kloster nehmen wollte, und den General mit Unwahrheiten hintergangen hatte. Am 12. August wurde in der Stadt durch Ausrufen bekannt gemacht, daß der Postcurs wieder eröffnet und hergestellt sei. - Ich schrieb an Oberamtmann Lempp und schickte durch Bürger Orsinger in Straßburg 2 Louisd´or für meinen Bruder, der in französische Gefangenschaft zu Kehl gerathen war.

8. Am 13. August war wieder Conferenz, wobei ich aber nicht erschien. Je länger je mehr sehe ich ein, wie ganz und gar ohne System und Ordnung die Sachen auf dem Landhause verhandelt werden, so daß am Ende nichts als Sottisen herauskommen, die einer oder wenige bei diesem Gang der Dinge doch nicht hindern können, und am Ende nichtsdestoweniger dafür verantwortlich sein müssen. Ich entschloß mich also bis zu einer bessern Elnrlchtung mich zurückzuziehen. Auf einer Seite suchen die Herren vom dritten Stand die Lasten allein auf die Klöster zu schieben und diese zum Opfer zu machen; die Herren vom Prälatenstande merken es zum Theil nicht einmal und wenn sie es merken, so haben und treffen sie keine vernünftige Anstalt dagegen. Auf der andern Seite ist die Einigkeit noch nicht so ganz fest. Der dritte Stand ist nicht ganz frei von Neid gegen die zwei andern, der Adel zu gehaßt und verachtet, der Prälatenstand vielleicht etwas weniger verachtet, als der Adel, aber desto mehr beneidet und der dritte Stand scheint glauben zu wollen sein Glück auf den Sturz der beiden andern gründen zu können, ferner: der dritte Stand wird repräsentirt durch die Syndiker der Städte und zwar werden nicht einmal alle Städte und Landschaften repräsentirt. Diese Syndiker sind eigentlich doch nur vorzüglich für ihre Städte interessirt und so ist im Ganzen doch nur Privatinteresse die Triebfeder und nicht das allgemeine Beste. Die Versammlung selbst, die jetzt auf dem Landhause zusammenkömmt, ist eigentlich noch zu nichts qualificirt. Der dritte Stand allein hat eine gemeinsame Conferenz gehalten und Deputirte ernannt. Vom Ritterstand sind nur die Confessualen da. Vom Prälatenstand ist auch keine eigentlich ernannte und ausgestellte Deputation gegenwärtig. Ich kam zwar quasi per acidens dazu, erbeten vom Präsidenten Summerau, weil ich gerade allein im Lande blieb; Hr. Rector der Universität auf mein Ansuchen; Propst von Waldkirch als Confessual, und endlich kam vor einigen Tagen auch Prälat von Thennenbach wieder. Nun wollen die Herren Confessualen diese Conferenz blos als einen ordinären Confeß ansehen, vermuthlich weil bei einem Ausschuß Hr. von Baden, nicht dirigiren darf und die übrigen ohnehin zu keinem Ausschuß taugen. Als Confeß hat diese Versammlung weder Vollmacht noch Ansehen. Im Ganzen ist in den Geschäften gar keine Ordnung, kein Zusammenhang; Tagesgeschwätz oder Gezänk, zuletzt Jasagen ist Alles. Man kann sich den Mangel an Anstalten, an Einsicht, an Betriebsamkeit gar nicht vorstellen. Derlei Betrachtungen veranlassen mich, einstweilen abzuziehen, noch einmal an den Hrn. Fürsten in St.Blasien zu schreiben, ihm die Sachen vorzustellen und dringend auf Zusammenberufung einer prälatenständischen, etwa auch ritterständischen Conferenz anzutragen, damit sodann Deputirte gewählt, mit Instruction und Vollmachten versehen, und eine genugsam repräsentirende Deputation für gegenwärtige Zeiten formirt, bei dieser ein ordentlicher Geschäftsgang introducirt und sodann durch diese für das Ganze gesorgt würde. Ich reiste also heute nach St.Peter zurück; mit mir P. Beda, den ich in Eschbach ließ, um dem P. Franz am Feste Mariä Himmelfahrt auszuhelfen.

9. An erwähntem Feste (15. August) hielt ich Pontificalamt und Vesper. - Heute mußten 95 Schanzfrohner aus unsern Vogteien nach Kehl auf zehn Tage abgegeben werden. Dazu wurden die Taglöhner bestimmt, da die Bauern, welche Züge haben, ohnehin viele Frohnfuhren zu leisten haben. Die Franzosen suchen Kehl zu befestigen und für sich zu behalten. Auch bei Hüningen wird eine fahrende Brücke über den Rhein geschlagen und die Franzosen streben auf diese Weise sich den Paß über den Rhein stets offen zu halten. Die Breisgauischen Unterthanen, sowohl Oesterreicher als Markgräfler sind überhaupt sehr mit Frohnen geplagt. Es müssen Schanzer nach Kehl und Hüningen abgegeben, und Vorspanne in's Elsaß, nach Kehl, und in Schwaben bis Stockach, Stuttgart ec. in großer Menge geleistet werden; Pferde und Leute bleiben oft über acht Tage auf der Straße und nicht selten lassen sie die Wägen im Stich und entfernen sich heimlich mit den Pferden, wie es vorige Woche mehrere, und auch einige aus unserer Pfarrei gemacht haben. Am 16. Aug. schickte ich einen Expressen an den Fürsten von St.Blasien mit einem Schreiben über landständische und besonders prälatenständische Angelegenheiten. Ich stellte die mißliche Lage, den elenden Geschäftsgang, den Mangel an Thätigkeit und Gemeingeist vor, und machte den Vorschlag Deputationen von allen Ständen mit den nöthigen Instructionen und Vollmachten zu ernennen. Dixi et salvavi animam meam. Auf Mittag kam ein Französischer Commissär von Lano, Kriegscommissär in Freiburg bevollmächtigt, die Vorräthe an Früchten und Wein in den Magazinen der Oesterreicher in den Kellern und Speichern der Communautés und der Emigré´s aufzusuchen. Wir wollten unter den Communautés die Klöster und Convente nicht verstanden haben, mußten aber seine Auslegung gelten lassen. Er ward in den Abteikeller und auf die Schütte geführt, verwunderte sich über den geringen Vorrath und wollte noch mehrere Keller vermuthen. Wir gestanden, daß wir noch einen Keller in Freiburg hätten. Es war auf Requisitionen für das Spital in Schlettstadt abgesehen, doch äußerte er, daß man nicht allen Vorrath, sondern nur den entbehrlichen requiriren werde.

10. In Freiburg hörte ich am 17. August die Nachricht, daß Regierungsrath Greiffeneck arretirt sei und nach Pfalzburg sollte gebracht werden. Die Ursache ist unbekannt. Man vermuthet, es sei, wegen entdeckter Correspondenz geschehen. Ich sprach mit Major Adjutant Steinmez, da der General verreist war, wegen einer etwa nöthigen Execution. Er versprach mir Alles. Zugleich entdeckte sich nun die Wahrheit folgender Geschichte. Christian Spiegelhalder, ein von jeher strittiger Bauer in Waldau hatte eine Militärfrohne schlechterdings unterlassen. Ich ließ lhm deswegen zur Strafe eine doppelte ansetzen. Da er schimpfte, mich der Ungerechtigkeit beschuldigte, wollte ich ihn zur Abbitte anhalten; als er sich hiezu nicht verstand, ließ ich ihn einthurmen nur von früh 8 Uhr bis Abends 4 Uhr. Seine Söhne und Töchtermänner Uhrenmacher, die ehedessen während der Revolution in Frankreich waren, gingen nun zum General mich zu verklagen. Stolz auf ihre Kenntniß der französischen Sprache, glaubten sie Alles ausrichten zu können, um so mehr als sie auch eine Uhr versprachen. Herr General und Major waren zu gerecht um auf dieses Ansinnen einzugehen; sie erklärten ihnen gerade, sie wären dazu hier Ordnung und Obrigkeit zu unterstützen und nichts in der Verfassung zu ändern. Einer der Purschen sagte: Ob er nicht mit dem Prälaten patriotisch sprechen dürfte ? worüber ihm der General noch größere Verweise ertheilte; doch gab er demselben ein Empfehlungsschreiben an mich, ich möchte den Vater loslassen, damit es nicht etwa einen Tumult absetzte, wie mir der Adjutant Major sagte. Die Pursche kamen mißvergnügt von Freiburg zurück, schimpften das ganze Thal her und begingen beim Kloster unverschämte Sottisen. Ich schrieb nun an Hrn. Oberamtmann mit dem Auftrage die Pursche vor die Kanzlei zu citiren, ihnen besonders darüber einen Vorhalt zu machen, daß sie das Schreiben des Generals nicht abgegeben und denselben mit Unwahrheiten berichtet hätten, da der alte Spiegelhalder schon los war, als sie zum General kamen; ferner solle er wegen ihrer Schimpfereien ihnen Abbitte zu leisten auferlegen und sie verwarnen.

11. Auf meinen Vorschlag wurde in der Conferenz am 18. August ein Circular an das ganze Land erlassen, worin die Unterthanen erinnert wurden, daß die Landesverfassung bleibe, jede Herrschaft und Obrigkeit in ihrem Ansehen und in ihren Rechten geschützt werde, selbst durch Französische Truppen, folglich die Unterthanen zur Ordnung und Subordination angewiesen werden. Aus Anlaß einiger in Todtnau zwischen Bauern und Soldaten entstandener Raufereien und gefährlicher Verwundungen erging ein anderes Circular, wie man sich gegen excedirende Soldaten zu betragen habe. Die Unterthanen dürfen sich ihrer bemächtigen und selbe zum Generalcommando abliefern, wenn sie Excesse machen. Wegen fernerer Klagen ward zum dritten mal decretirt sich an den General zu wenden wegen eines Reglement über Verpflegung der durchpassirenden Truppen. Auf meinen Vorschlag wurden sodann als „Verehrung“ decretirt und von Bürgermeister Eyter besonders empfohlen: Dem General 100 Louisd´or, dem Commandanten 12, dem Adjutanten Steinmez 20, dem bisherigen Commissär Lano aus Anlaß seiner morgigen Abreise 12 Louisd'or. In derselben Sitzung wurde ein Strafurtheil vom Amte Elzach zu 25 Stockschlägen rectificirt, und mehrere andere Angelegenheiten erledigt. Zuletzt kam wieder die Frage wegen Geld zur Verhandlung. Man fällt wieder auf die Klöster. Ich trage wieder auf eine dreiSache Dominicalsteuer und eine zweiSache Rusticalsteuer an. Prälaten und Ritter confentiren, der dritte Stand noch nicht . . . . .

12. Eine Zehntverweigerung von Seiten eines widerspänstigen Bauern, gibt dem Abte zu folgenden Bemerkungen Anlaß: Seit Jahren her hatte man von der Regierung keine Hilfe, keine Unterstützung, alle Unterthanen waren gewohnt zu thun, was sie wollten. Die Regierung hatte keine Energie als gegen die Herrschaften. Würde man jetzt das ewige Nachgiebigkeitssystem befolgen, so müßte man in Bälde immer leer abziehen. Es lautet schön in der Theorie, man müsse die Leute überzeugen; aber in praxi ist wahr: „Wenn der Bauer nicht muß, bewegt er weder Hand noch Fuß. Und Niemanden etwas geben, ist ihm lieber als ewiges Leben.“

13. Am 19. August Abends erhielt ich vom Fürsten von St.Blasien die Antwort auf mein letztes Schreiben, sammt einem Circular, worin darauf angetragen wird 1) daß in Freiburg eine prälatenständische Deputation gegenwärtig sei, welche die Angelegenheiten des Standes besorge; 2) daß Dr. Frey dieser Deputation als Syndik beiwohne; 3) daß wenigstens vier Assessoren davon dem landständischen Confesse beiwohnen, die besondern Angelegenheiten des Standes vortragen und wieder referiren; 4) daß die Syndici aller drei Stände beim öffentlichen Confeß zugegen sein und mitarbeiten sollen. Mir trägt der . . . Präfes in seinem Namen das Präsidium auf, welches ich aber aus dem Grunde mir verbeten werde, weil ich als der jüngste Prälat mir dadurch den Neid einiger Collegen und im Collisionsfalle den Haß anderer Stände zuziehen würde; der gnädigste Fürst verspricht den nunmehrigen Hofrath und vorigen Landschreiber Duttlinger mir zum Gehilfen zu schicken, was mich freut, da letzterer ein Mann von Einsicht und Rechtschaffenheit ist. Ich trug dem Dr. Frey die Absicht des gnädigsten Fürsten vor, der darüber sehr erfreut war. Das Circular schickte ich an Hrn. Syndicus von Gleichenstein, damit derselbe es nebst einer Begleitung circuliren lasse und die Gesinnung der Standesglieder einhole.

14. In der Sitzung vom 20. August wurde außer der Erledigung von minder bedeutenden Angelegenheit beschlossen, die geflüchteten Acten zurück kommen zu lassen. Es wurde deshalb ein eigener Bote nach Bregenz geschickt, wo sie sein sollen. Man hatte sie nach Constanz versendet, um dort zugleich mit den Acten der Regierung gesichtet zu werden. - Baron Reichenstein legt das Ansinnen seines Lehensherrn, des Markgrafen vor, der ihn als Vasallen in den Waffenstillstand einschließt, aber auch in die Contribution, und gleichsam die Territorialhoheit über dessen Herrschaft anspricht, während diese immer zum österreichischen Breisgau gezählt wurde. - Um für den Moment wieder Geld zu erhalten, wird beschlossen 10,000 fl. Salzgelder zu erheben, und deswegen dem Salzverwalter Krebs ein Decret zugeschickt.

15. Vom Gange des Krieges erfahren wir wenig Bestimmtes. Bregenz soll mit allen dahin geflüchteten Magazinen erobert sein. General Jourdan soll wirklich in Regensburg sein und seinem Adjutanten in Erfurt geschrieben haben, wenn er nicht bald komme, so werde er ihn nirgends anderswo mehr antreffen als in Wien. In Italien sollen die Oesterreicher sehr geschlagen worden sein. In Wien soll das Volk tumultuiren und Frieden begehren. Vom eigentlichen Stand der Franzosen weiß man doch nichts Gewisses. - Von Anstalten zum Frieden hört man nichts. Indessen wird das arme Land erbärmlich hergenommen. Der Requisitionen ist kein Ende. Die Verpflegung der wenigen Truppen und Officiere ist äußerst kostbar, da sie nicht mit gewöhnlicher Militärverpflegung vorlieb nehmen, gar nichts bezahlen, indem sie keinen Sold haben, im Gegentheil sich noch im Lande bereichern wollen. Die Hand- und, Frohndlenste sind für den Landmann fast unerschwinglich; wer einmal mit Wagen bestellt ist, muß meistens 10 Tage und darüber unabgelöst ausdauern, die Schanzer werden in ungeheurer Menge gefordert. Und über Alles das gibt es Leute, welche das allgemeine Elend benützen. Auch der Markgraf von B, ergreift jede Gelegenheit zu Unternehmungen und scheint wie der König von P.   im Trüben fischen zu wollen. - Gestern kam Hr. Parcus, commissaire administratuer - hier an, und gab schon heute einige unangenehme, bedenkliche Befehle aus, wovon später die Rede sein wird. Doch trägt man auch gute Nachrichten herum und will eine schonliche Behandlung hoffen. Heute Nachmittag kam Commissär Silvester aus der Gegend von Augsburg hierher zurück und reiste sogleich nach Straßburg ab. Derselbe erzählte, daß unweit Memmingen eine beträchtliche Schlacht mit Condeern vorgefallen, sehr viele getödtet worden; ein ähnliches Treffen soll auch bei Bregenz geschehen sein. Es wurden 18 Wagen voll Blessirte hierher ins Spital gebracht. Silvester war in Ochsenhausen und sagte, der Prälat und die Herren seien alle zu Hause geblieben. Auch erzählte er, es wäre ein kaiserlicher Commissär gefangen worden, welcher der Beschreibung nach Hr. Sprenger von Freiburg ist.

16 . Am 22, wurde, da der Hofrath Duttlinger von St.Blasien schon die meisten Vota der Standesglieder in seinem Cirenlar hatte, die erste Conferenz gehalten, und es geschah nun doch, was freilich Früher hätte geschehen sollen. Der Gegenstand der heutigen Conferenz war eigentlich die Organisirung der Deputationen. Zuerst wurden die Vollmachten abgenommen, der Rang und die Ordnung im Sitzen bestimmt. Wegen der Direction machte ich keinen Gebrauch von der mir vom gnädigsten Fürsten gegebenen Vollmacht, wie ich schon gestern an denselben geschrieben hatte; ich dirigirte als das erste anwesende Standesglied, und dieser Grundsatz ward angenommen, ohne von einem Präsidenten zu reden, und so wird der Gang der Geschäfte gar nicht gehindert. Es wurde hernach alles Uebrige in ziemlicher Ordnung vorgenommen; Hr. Dr. Frey als substituirter Syndicus bevollmächtigt und durch Handtreue, die er mir ablegte, in Pflicht genommen. - Von St.Peter kam P. Großkeller, um die Steuer pro 1797 vorauszubezahlen, wozu ich und mehrere uns anheischig gemacht hatten, um etwas Geld in die Kasse zu erhalten. - Aus Bissingen erhielt ich die Nachricht, daß unter allen Ortschaften des Kirchheimer Oberamts Bissingen am wenigsten gelitten, der Pfleghof keinen Franzosen gesehen, P. Landolin zwar viele Angst ausgestanden habe, aber doch auf seinem Posten geblieben sei; daß unsere Früchte in Requisition genommen worden, d. H, daß bis zur Bezahlung der Contribution nichts verkauft werden dürfe, und was davon muß abgegeben werden, in einem von den Landständen bestimmten Preis werde bezahlt werden. - Commissär Parcus hat an die Stände die Aufforderung ergehen lassen, ihm ein Verzeichniß der Cameralgefälle, wie auch aller Gefälle der Klöster, Stifte ec. zu übergeben. - Nun fangen in den Zeitungen wieder die Friedensgerüchte an; auch England soll geneigt sein. Von Oesterreich hört man gar nichts.

17. Um wegen der badischen Zehntarretirung etwas Bestimmtes zu erfahren, entschloß ich mich den Geheimen Rath Groß im Müllheim selbst zu sprechen. Ich fuhr also am 23. Abends mit Hrn. Oberamtmann noch nach Krotzingen, wo ich bei Hrn. Probst Alois wieder übernachtete. Hr. Probst, obwohl 80 Jahre alt, ist noch sehr munter und veget. Die Absicht meiner Reise betreffend konnte ich von ihm keine bestimmte Auskunft erfahren. Ich besuchte dessen schönen Garten, worin besonders zwei Aloen merkwürdig sind, wovon eine zwei Jahre nach einander geblüht, nun abgestanden; die andere blüht heuer zum drittenmal. Beide ließ er abmalen, dieselben wurden in Basel in Kupfer gestochen und nach der Natur illuminirt und wird darüber eine Beschreibung verfaßt werden. Man glaubte sonst, jede Aloe stehe ab, sobald sie einmal geblüht hätte. Die Probstei hatte viel Quartier von Franzosen, namentlich den General Rousseau und viele andere mit deren Betragen der Probst zufrieden war; nicht ebenso war dies mit dem Adjutanten des Ferino Sorbiet der Fall.- Des nächsten Tages, nachdem ich die hl. Messe gelesen, fuhr ich nach Müllheim wo wir gegen 9 Uhr ankamen. Ich besuchte sogleich Geh. Rath Groß, ein edler, ehrwürdiger und rechtschaffener Mann. Ich präoecupirte gleich, daß ich heute wieder nach Freiburg müßte, um mich wegen des Mittagsmahls entschuldigen zu können. Auf die Hauptfrage wegen des Arrestes gab er uns die beruhigende Auskunft, daß zwar im Anfang die Absicht auf Naturalien könnte gegangen sein. Nun hätte sich die Sache überhaupt gewendet, da man keine Naturalien aus dem Lande abliefern dürfte, sondern Accorde darüber getroffen worden. Die Absicht des Beschlags sei also nun keine andere mehr, als wegen der zu leistenden Contribution sicher zu sein und es werde gar keinen Anstand haben, wenn man andere Sicherheit leiste, zu Naturalien zu beziehen, ebenso werde nach erhaltener Repartition und geleistetem Betreffnis wieder kein Anstand sein die Naturalien zu erhalten. Sollte die Repartition vor dem Herbste nicht geschehen, so hätte man sich nur zu melden und Sicherheit zu versprechen. Es werde dann kein Hindernis sein, den Wein abführen zu lassen. Hofrath Walz, der nicht so edel und wohlgesinnt ist wie Groß, meinte, man sollte einen freiwilligen Antrag machen, mit der Aeusserung: wenn wir zu wenig antrügen, würde man´s uns ganz offen sagen, was wir noch darauf zu legen hätten. Credo sane. Wir werden dem guten Rathe wohl nicht folgen *) Randbemerkung des Manuscripts: Diese Urtheile über die Herren Walz und Groß waren zu voreilig. In der Folge lernte ich dieselben besser kennen. Walz ward unser guter Freund, wie sich´s in der Folge oft zeigen wird. - Bei Hrn. Geheimrath Groß erhielt ich eine Tabelle der Verhältnisses der Höhen in Pariserfußen von verschiedenen Orten über dem Rheinpfahl zu Zienken, wovon ich einige hier ansetze. Der Rheinpfahl = 0 gesetzt, so liegt Müllheim, Oberamtshaus, über demselben 178´. Der Bolchenberg (Belchen) 3682, St.Blasien 1766, Bürgeln 1428, Schloß Staufen 534, der Kandelberg 3239, St.Peter 1592. Addirt man zur Rheinpfahlhöhe noch 657 Fuß, so findet man die Höhe des Ortes über dem mittelländischen Meere.

18. In der Landständischen Conferenz zu Freiburg am 25. August gibt Syndicus Dr. Ile ( ?) Relation von der Villinger drittständischen Viertelsconferenz zu Furtwangen, worin jene Deputirten über die schon im Confeß abgeschlossenen Puncte sich erklären: 1) wegen Bezahlung der Zinse und neuen Anlehen: sie hätten keinen Theil an der Contrahirung der Schulden gehabt und wollten keinen an deren Verzinsung und Bezahlung haben; 2) man sollte vom Landhaus aus nichts bezahlen und nichts borgen. 3) Die Stadt Villingen wolle und werde für sich allein sorgen, sie wollten keinen Antheil an landständischen Berathschlagungen haben und nähmen die Vollmacht von ihren Repräsentanten zurück, Syndicus H., der Urheber dieser Unordnung, vermochte auch das Städtchen Tryberg dieser Erklärung beizutreten. - Man beschloß hierauf diesem Viertel zu erklären, daß es nicht von ihnen abhänge, sich zu trennen, man nehme ihre Erklärung nicht an. Die französischen Commissäre hätten wiederholt die Verfassung des Landes bestätigt; würden sie dieselbe umstoßen wollen, so wäre man genöthigt die Sache bei dem Generaldirector anzuzeigen und unangenehme Mittel vorzukehren. - Es ward auch heute durch eine Note der Entschluß des Prälatenstandes angezeigt und gebilligt; besonders erklärte ich hernach noch mündlich dem Hrn. von Baden unsere Absicht, die Syndicos aller drei Stände zu Mitarbeitern und Referenten zu machen, was er begriff und billigte. - Bezüglich des Verlangens des Generaldirectors nach einer Consignation aller Revenüen des Hofes, der Herrschaften, Abteien und Klöster ward ihm die Steuerrepartition übergeben. Ferner verlangt Generaldirector Parcus die Namen aller Emigranten und fordert alle auf ihre hinterlegten Meubles ec. anzugeben. Alle werden zurückgerufen, und die Pässe müssen von dem Generaldirector unterzeichnet sein. Nachmittags machten wir in corpore demselben die Aufwartung. Wir erhielten eine Menge guter Zusicherungen einer gelinden Behandlung; besonders werde er alle Requisitionen und Contributionen an die Stände übergeben und ihnen die Repartition überlassen. Wegen der Emigranten äußerte er wieder, sie sollten zurückkehren, besonders Prälaten, sonst werde er ihr Vermögen in Administration setzen. - Die Nachricht verbreitet sich immer mehr, daß in Schwaben und bei Bregenz wichtige Affairen vorgefallen, und die Franzosen sehr gelitten hätten; bis hinter Ulm und Stockach seien sie zurückgetrieben worden. Man sagt auch, Briefe über Ulm und Stockach blieben zurück.

19. Am 26. August war prälatenständische Conferenz; worin wegen Zuziehung der Bevollmächtigten zu den Landständen, wegen Confeß und Deputationen zwar lange deliberirt, aber keine ersprießlichen Mittel die Formalitäten bei den Landständen zu beseitigen ausfindig gemacht wurden. - Der Kriegscommissär Giraudot requirirte von St.Peter drei Wartpferde; da ich ihm aber durch den landständischen Secretair melden ließ, er möchte alle derartigen Requisitionen der bisherigen Ordnung nach vom Landhause fordern, welches selbe sodann repartiren werde, bedankte er sich für diese Erklärung mit der Aeußerung: man hätte ihm gemeldet, es wären viele Klöster in der Nachbarschaft, die keine Pferde stellten; er sei ausgefordert worden selbst bei diesem zu requiriren. - Heute überbrachte ich auch dem Generaladjutauten Steinmez das Präsent der Landstände nach dem mir gewordenen Auftrag mit 20 Louisd'or nebst Bezeugung unseres Dankes für dessen gutes Benehmen und Betragen gegen uns, daß dieses angenehm gewesen, auch derselbe viele Verbindlichkeit geäußert, versteht sich. - Ich war eben auf dem Landhause, als von Hrn. Parcus die Contribution angesagt wurde. Er fordert per Abschlag: Vom Prälatenstand (mit Ausnahme der Universität, welche nichts bezahlen soll) 600,000 Livres; vom Ritterstand: 350,000 Livres; vom dritten Stand: 200,000 Livres; von Klöstern, die nicht Stände sind und andern Corporationen (Spitäler ausgenommen) 150,000 Livres: Summa: 1 Million und 300,000 Livres. - Das Magazin du sel et de liquid, welches in unserm Hofe lag, wird heute rückwärts abgeführt, ein Zeichen einer bevorstehenden großen Aenderung.

20. Beim heutigen Confeße (27. August) ward vorerst die Proclamation des Hrn. Parcus an das Volk, die Abgabe ihrer bisherigen Schuldigkeiten betreffend, sodann die durch Hrn. Parcus zugleich publicirten Ordinationen des Hrn. Commissärs Ordonnateur Hausmann, den Beschlag aller Gefälle des Hofes, der Klöster, Herrschaften ec. belangend vorgelegt, mit dessen Befehl, dieselben aller Orts zu publiciren. Sodann kam man auf die oben angezeigte Contribution, welche vorgelesen wurde, worauf sogleich ein Nachtrag kam, daß die Cameralherrschaften fernere 200,000 Livres erlegen sollten, Alles binnen 8 Tagen. Wie zufrieden der dritte Stand bei diesem Hergange, und wie traurig die übrigen zwei gewesen, ist begreiflich, und nun sollte deliberirt werden: 1) Ob bei dieser Repartition zu bleiben ? oder ob die ganze Summe auf das Dominicale und Rusticale verlegt werden soll ? Daß der dritte Stand sich hierzu nicht verstehen wollte, läßt sich leicht begreifen. Die Deputirten des dritten Standes erklärten: daß es der Wille der französischen Nation sei, die zwei ersten Stände strenger zu behandeln und dabei müsse geblieben werden. Vorher äußerten sie immer, wenn nur eine gesammte Steuer auf das ganze Land gelegt würde, damit keine Trennung entstehe. Jetzt äußern sie sich ganz anders. 2) Es wurde ferner angefragt: ob es nicht thunlich wäre, wenn die zwei ersten Stände eine Aversalsumme voraus erlegten, sodann der Ueberrest ins Dominicale und Rusticale repartirt würde ? Auch hierzu wollten die Herren vom dritten Stand nicht einwilligen. Endlich 3) Wozu jene Steuer-Subjecte zu ziehen, welche im vorigen dritten Stande nicht begriffen: als a. Rentenbesitzer und Edelleute, die keine Stände seien, b. Kirchen und Kapellen c. Clerus saecularis d, quartum genus hominium e. Auswärtige Güterbesitzer in Oesterreich ? die vom dritten Stande waren hier sehr geneigt, diese den zwei andern Ständen beizuziehen, allein es konnte nichts entschieden werden. 4) Auf die Frage: Wohin die prälaten- und ritterständischen Unterthanen zu ziehen, beharrten die vom dritten Stande darauf, auch diese, überhaupt alle Bürger und Bauern gehören zum dritten Stande. 5) Endlich wollen sie auch das Dominicale der Städte zum 3. Stande gezogen haben. Beschlossen ward über diese Puncte gar nichts und konnte nichts beschlossen werden, als: 1) Man sollte nun für einmal sich bemühen eine Summe abzuzahlen; 2) um Verlängerung des Termins bitten; 3) jeder Stand sollte für sich selbst sorgen die Summe zu vermindern. 4) insgemein aber eine Vorstellung an das Directoire gemacht werden. Alle stimmten mir bei, da ich ihnen Zeit zum Bedenken vorschlug: ob es dem Lande besser sein werde, wenn Klöster und Adel zu Grunde gingen ? - Keiner behauptete es, sondern vielmehr alle das Gegentheil; auch consentirten alle, als ich verlangte, daß in der gesammten Vorstellung der Klöster in specie gedacht, ihr wahres Verhältniß, ihre Medioerität und ihre Verdienste um das Publicum vorgestellt werden sollten. Rector magnificus. Hr. Weissegger übernahm die Vorstellung, und las mir heute Abends das Concept noch vor. Ich muß ihm das Zeugniß geben, daß er von den Klöstern redlich gesprochen. - Während dieser Session schickte Hr. Generaldirector einen neuen Befehl: da der landständische Syndicus schändlich entflohen so erinnere er die Stände zur Beförderung der Geschäfte einen neuen tauglichen Mann zu wählen und ihm die Wahl zur Ratification zuzuschicken. Hierüber konnte nicht deliberirt werden. Nachmittags hielten wir eine prälatenständische Conferenz worin wir Zweifel und Fragen den obigen ähnlich entwarfen, um auf eine allgemeine landständische Deputation anzutrage, in welcher sie erörtert werden sollten. Auch beschlossen wir dem Hrn. Parcus in corpore auszuwarten, was auch sogleich geschah. Auf meine Vorstellung daß bei der Contributionsvertheilung der Prälatenstand sehr hart bedacht, unser bisheriges Steuersystem nach dem Rusticale und Dominicale durch Besteuerung einzelner Stände lädirt, der Termin zu kurz wäre ec., äußerte Hr. Generaldirector auf die verbindlichste Art: wir möchten unsern Anstand schriftlich abgeben aber zuerst eine Summe erlegen; den Termin werde er sodann unschwer verlängern. Er werde uns menschenfreundlich behandeln ec. Zugleich gab er die Versicherung, daß wir nun unsere Revenüen selbst administriren sollten, indem die angesetzte Summe statt unserer jährlichen Revenüen angesetzt wäre. Doch verlangte er einen Etat derselben. 

21. Seit dem Einmarsche der Franzosen lebte ich in großer Anstrengung, Thätigkeit und Verwirrung. Ich wünschte einige Tage im Kloster auszuruhen und fuhr deshalb am 28. August nach St.Peter zurück. Allem Anschein nach wird sie kurz sein diese Ruhe. Die Lage unseres Vaterlandes, unseres Klosters, meine eigene wird immer kritischer. Die Franzosen sind nun unsere Herren, lassen uns zwar leben, mißhandeln Niemanden, äußerlich ist Ruhe. Allein unser Land ist erschöpft, wird immer mehr, am Ende ganz und gar entkräftet und ruinirt. Der Requisitionen aller Art ist kein Ende. Und nun seitdem die Commission angekommen, folgen erst auch unerschwingliche Geldrequisitionen. In Freiburg wird ein eigenes Administrations(bureau) errichtet. Der Generaldirector Parcus, Rechtsgelehrtem einst Advokat im Oesterreichischen, äußerlich höflich und freundschaftlich, von einer guten Pyhsiognomie, verspricht Schonung und alles Gute; allein es scheint, unsere größten Feinde seien unsere Landsleute: inimici hominis domestici ejus. Wenn es nicht Absicht der Franzosen selbst ist, die Geistlichkeit und den Adel zu ruiniren, so wird es ihnen zur Absicht gemacht, sie werden durch Inländer selbst dazu verleitet. Unter den Ständen ist nicht die wahre Einigkeit, der dritte Stand sucht Alles auf die zwei ersten zu schieben, und die Franzosen schonen den dritten Stand aus Politik weil dieser furchtbar ist und die Uebermacht besitzt. Ich handelte bisher in Freiburg nach meinen besten Kräften und Einsichten, aber ohne großen Erfolg. Ich brachte es dahin, daß die prälatenständische Deputation zusammentrat, die eben auch nicht viel wird wirken können. Ich für mich werde dabei aus der Verantwortlichkeit gezogen. Die Unterthanen im ganzen Land erwarteten und wünschten nichts weniger als daß die Franzosen eine andere Verfassung einführen werden, wobei sie Niemanden mehr etwas zahlen dürften; da dieses nun freilich nicht geschah, noch geschehen konnte, so glauben sie es doch noch erreichen zu können und versuchen es hin und wieder. Unsere eigenen Unterthanen insbesondere Betreffend, lobten sie Anfangs meinen Entschluß hier zu bleiben ! In der Folge schien es, daß es ihnen eben nicht mehr so angenehm wäre, weil sie glaubten sie würden eher in einigen ihrer Absichten reussirt haben. Es scheint, Manche hätten es gerne gesehen, wenn das Kloster ruinirt worden wäre. Die Eschbacher fingen zuerst an laut gegen mich zu murren, als hätte ich nicht für sie gesorgt, weil ein Bataillon in Eschbach gelegen, und ihnen einigen Schaden nebst vieler Unruhe verurFachte: als wenn ich Alles hätte hindern können ! Die übrigen lobten meinen Entschluß mehr und einige waren auch dankbar. Ebenso urtheilten unsere Leute, auch angesehenere, über meinen Entschluß. Einige nannten ihn Verwegenheit, Andere billigten ihn. Wir hatten die Sache überlegt. Ich glaubte und glaube es noch meinem Kloster so am besten gedient zu haben. Undank und Neid werden mein Lohn von den Menschen sein. Allein Du, o Herr, kennest meine redliche Absicht, und das ist mir genügend. Du hast mir vielleicht noch einen größern Theil größerer Leiden bestimmt. Ich bin bereit: Du wirst auch Gnade geben auszuhalten. Traurig und gefährlich ist jetzt unsere Lage. Wenn wir nur dadurch gebessert werden. Schlimmer war die Lage unseres Klosters schon in voriger Zeit: der Herr hat es gerettet und kann es auch wieder retten. Das Vertrauen auf die Vorsehung verlasse uns nie. Rettest du uns jetzt, o Herr, gibst du uns fernere Fortdauer an diesem Orte, so sei es nun mein fester Vorsatz Alles anzuwenden, daß dir hier nach allen Kräften gedienet werde. Alles werde ich dann anwenden Disciplin und Ordnung zu erhalten und noch zu verbessern, brauchbare und tugendhafte Leute zu erziehen. Mäßigkeit, Arbeitsamkeit, Ordnung, Moralität zu befördern, alle gute und nützliche Kenntnisse und Wissenschaften zu Pflegen. Gott und Menschen zu dienen nach unsern Kräften, allen Ueberfluß einzuschränken. Auch die Welt soll es erfahren, daß wir unsere Erhaltung Gott allein verdanken, und daß wir dafür wollen dankbar sein durch das Bestreben tugendhaft und uns und Jedermann nützlich zu leben. Deiner Vorsehung überlasse ich vertrauensvoll mich und mein Kloster, guter Vater, was auch mein Loos sein mag. Ich werde vielleicht bald als Geisel weggeführt. Doch du, o Gott, bist überall, du hast mich bisher väterlich geleitet, du wirst auch in Zukunft mich nicht verlassen. Auf dich vertraue ich allein. 

22. Ueber die Lage der öffentlichen Angelegenheiten, brachte Hr. Rector Weissegger, welcher mit Frau und Kinder auf einige Tage Vacanz hierher kam, keine tröstenden Nachrichten. Immer mehr scheint Alles zum Ruin der Klöster zu conspiriren, immer größer die Trennung unter den Ständen zu werden, immer mehr der Stolz Einiger sich zu erheben und auf Aenderung der Dinge anzutragen. Dagegen läßt sich wenig oder nichts thun. Das Klügste dürfte noch sein zu laviren, zuzusehen, bis sich die Umstände ändern. Die Vorsehung lebt und regiert noch.- Vielleicht wären Einzelne eher zu gewinnen, als in Gemeinschaft. Mit P. Karlmann und Hrn. Oberamtmann sprach ich heute über diese Angelegenheit. Guter Rath ist überall theuer. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß ich als Geisel dürfte entführt werden. Soll ich fliehen ? Ich würde als Emigré angesehen werden, und für mein Kloster könnten größere Nachtheile entstehen. Also in Gottes Namen ausharren auf dem Platze, wohin Gott mich gestellt hat und auf ihn vertrauen. Es fällt kein Haar vom Haupte ohne den Vater im Himmel. Jesus hat es uns gesagt, und hierin allein finde ich Trost und Beruhigung. Ich werfe meine Kümmernisse hin vor dir mein Gott, und überlasse mich und mein Kloster dir. Bisher hast du ausgeholfen, hast uns vor Jahren gerettet, da es noch schlimmer aussah, kannst auch jetzt uns retten. Und nun endet sich ein harter Monat. Groß waren die Sorgen und Aengsten in diesen dreißig Tagen. Sie sind nun auch vorüber, wir leben noch. Gott hat uns bis hierher erhalten. Auch im nächsten Monate wirst du ferner sorgen. Dank für die bisherige Vaterliebe ! Sei du ferner unser Gott und Vater; laß uns besser werden, damit wir deine guten Kinder seien !

23. Erster September oder 16 Fructidor. Nachdem es bekannt geworden, daß wir Geld bedürfen, so fanden sich doch mehrere hiesige Taglöhner, welche uns Geld zu 4 % anboten, mehr oder weniger nach ihrem Vermögen; aber von den Bauern ist wenigstens dieser Tage noch keiner gewesen, der uns einiges gebracht hätte. Um halb acht Uhr hielt ich Capitel und erzählte den Capitularen die gegenwärtige Lage der Dinge; ich trug vor, man müßte Geld entlehnen und verkaufen, was Geld gibt: Wein, Services mit dem Küchensilber, wozu alle consentirten. Ich stellte ihnen den möglichen Fall vor, daß ich als Geisel würde, und ermahnte sie auf diesen Fall, denen, die ich an meiner Statt aufstellen würde, gehorsam zu sein, bei der Ordnung zu bleiben, da ihr eigenes Wohl es forderte. Ich ermahnte sie überhaupt durch Tugend der Hilfe Gottes und der Rettung sich werth zu machen. Nachmittags 3 Uhr reiste ich mit Hrn. Rector Weissegger nach Freiburg; dessen Frau, zwei Kinder und Hr. Prof. Martens blieben hier. Ich nahm an Geld mit mir 8860 Gulden. Unterwegs begegnete mir Hr. Hofrath Duttlinger von St.Blasien, der eben auch mit der Contributionsquote zurückkam, nebst Hrn. Appellationsrath Schwander. Das Geld wurde besonders von zwei Pferden geführt. In Freiburg hatten unterdessen die Ritter auch einen Deputationstag gehalten. Sie decretirten ebenfalls mehrere Mitglieder nebst dem Syndicus zum Confesse abzuschicken. Beim Confesse fand der Antrag, die Syndicos der drei Stände beizuziehen, abermals Aufstand; eine allgemeine ständische Deputation wollten die Herren vom dritten Staude gar nicht gestattet. - Zum clerus minor wurden auch die Pfarrer gezogen, und um jene dem erstern ausgelegten 150,000 Livres zu erhalten, sollte jeder Gulden einzelner Steuern einen Louisd'or bezahlen. Ueberhaupt ist die Lage und der Gang immer der nämliche. Der dritte Stand verfolgt nun alle übrigen Stände. Beim Prälatenstande wird einstweilen eine Vorstellung an Parcus ausgearbeitet, welche, wenn sie eine reelle Begleitung erhält, vielleicht etwas wirken kann. - Am 2. Septbr, sollte die dem Prälatenstande aufgelegte Contribution zusammengebracht und ein Theil davon abgeliefert werden, und nun hatte der Commungeist ein Ende. St.Blasien war noch in specie mit 500,000 Livres allein von Parcus belegt worden und wollte zuerst gesichert sein, daß jenes, was es zum Prälatenstand beitragen sollte, an diesem abgerechnet würde, wofür wir nicht stehen konnten; wir versprachen ihm eine besondere Quittung zu verschaffen. Allem Anschein nach will St.Blasien für sich allein agiren . Die Commendur Beuggen, Schuttern und Wonnenthal hatten gar kein Geld geliefert - die übrigen wollten nicht dafür bezahlen. Endlich nach vieler Mühe und Plauderei ward man wenigstens einig für einmal 150,000 Livres abzugeben und zu diesem Ende sollte jeder die fürs erstemal repartirte Quota abliefern, welches auch geschah, allein es brauchte alle Mühe, um heute Abends noch etwas abliefern zu können. Hr. Parcus verlangte auch die Repartition über das dem Kaiser versprochene Anlehen, worauf ihm geantwortet wurde, daß nie eine Repartition darüber gemacht worden sei.

24. Aus Zeitungen und andern Nachrichten verlautet, daß Erzherzog Karl große Verstärkung erhalten, einen Theil dem General Wartensleben zugeschickt und dieser die französische Sambre-Maasarmee unter Jourdan bis Erlangen zurückgeschlagen habe; daß die Kaiserlichen wirklich wieder in Nürnberg seien, und die Franzosen l0,000 Mann verloren haben. Der rechte Flügel der Franzosen unter Moreau aber ist wirklich in Bayern eingerückt, man sagt in München. Beides erzählte mündlich Hr. Silvestre. Commissär über das Branntwein- und Salzmagazin, welches in unserm Hause gelegen. Silvestre war gestern von Straßburg hierher zurückgekehrt, und reiste in der Nacht wieder ab nach Augsburg, und diesmal zwar mit seinen Leuten, nur ließ er noch etwas Gepäck hier. Er führte eine Weibsperson in Mannskleidern mit sich - beide sind so verdorben als jung. Der gute Silvestre ist zu bedauern. Er hat große Anlagen und ein zum Guten fähiges Herz; aber er läßt sich von der Sinnlichkeit ganz hinreißen, lebt ohne Sorge in Wollust, ruinirt Körper und Seele. Herr, bekehre ihn !

25. Der Gang der öffentlichen Angelegenheiten wird immer bedenklicher. Der Gemeingeist verschwindet nun ganz. Alle Stände sind getrennt von einander, nicht einig unter sich; entweder suchen die Franzosen selbst diese Trennung, oder die Landeseinwohner sind blind genug zu glauben in der Trennung mehr Glück als in der Einigkeit zu finden. Egoismus ist eine Haupttriebseder aller Dinge. Dazu kömmt Mangel an Religion, Jeder denkt auf sich allein, schaut nicht aus die Zukunft, berechnet keine folgen. Niemand nimmt Rücklicht auf die Vorsehung, und so muß am Ende Alles zu Grunde gehen. Dies ist vermuthlich die Absicht unserer Sieger und man ist blind genug diese Absicht zu mißkennen. Mein Theil bist Du, o Herr, meine Hoffnung Du ! Du regierest mit Weisheit und mit Stärke, und erbarmst Dich Deiner Werke. -

26. Heute (3. Aug.)(Sept, sic) hatten die Deputirten des Prälatenstandes den ganzen Tag wieder nur mit Geldzählen und Abliefern zu thun. Es ward nun die Quote der angesetzten Contribution geliefert, nämlich 150,000 Livres oder 68.750 Gulden, die Hälfte an den für einmal repartirten 137500 fl. Daran traf es unser Kloster nach der, jedoch ohne Präjudiz angenommenen Repartition 8808 fl. Die ganze Repartition war folgende:

St.Blasien

43,735 fl.

Stift Säckingen

12,725 fl.

Schuttern

8,561 fl.

Olsperg

3,103 fl.

St.Trudpert

14,037 fl.

Wonnenthal

4,347 fl.

St.Peter

8,808 fl.

Stift Waldkirch

4,475 fl.

Thennenbach

3,958 fl.

Stift Rheinfelden

3,064 fl.

Commende Beuggen

20,119 fl.

St.Märgen

1,334 fl.

Commende Freiburg

11,224 fl.

Summa

137,490 fl.


Nachmittags machte ich dem Hrn. Generaldirector Parcus eine Visite, der mir, wie alle Franzosen Jedermann, außerordentlich höflich begegnete, mir bei seiner Ehre zusicherte, daß ich außer aller Gefahr wäre als Geisel ausführt zu werden; auch allen übrigen Geistlichen solle ich dieses sagen. Er versicherte ferner, daß er dem geistlichen Stande alle Achtung beweisen werde; daß er gewiß zeigen wolle, daß er menschlich sei, so daß er nach dem Frieden wieder mit Ehren bei uns werde erscheinen dürfen. Meine weitern Absichten waren geheim, und wurden nicht verworfen. Parcus äußerte auch, man sollte die Remoustration oder Supplik in Bälde eingeben. In der That wird mit der Vorstellung sehr gezaudert. Der Ritterstand fürchtet sein Spiel zu verderben, wenn er sich dem Prälatenstande nähere. Nicht einmal gaben die zwei andern Stände noch der Confeß dem Prälatenstande eine Antwort auf dessen Antrag eine allgemeine ständische Deputation zu versammeln.

27. Nachdem gestern die Zahlung mit 150,000 Livres vollendet, auch die Vorstellung ins Reine gebracht worden, so wurde heute dem Hrn. Parcus durch eine Deputation, bestehend aus den Prälaten von St.Peter und St.Märgen und Hrn. Hofrath von St.Blasien, die Quittung nebst der Vorstellung überbracht. Derselbe gab uns die Versicherung, wir würden eine Antwort erhalten, womit wir gewiß zufrieden sein würden, ferner versicherte er uns, wir würden wegen ausländischen Gefällen nichts an Durlach und Württemberg bezahlen dürfen. - - - Es geschah, was verabredet war - gestern schon auf heute. (Randbewertung: Parcus hatte förmlich durch Hrn. Camuzzi unterhandeln lassen um den Nachlaß und 2000 Louisd'or gefordert, damit uns die Hälfte nachgelassen würde. Er erhielt diesesmal 1000 Louisd'ors. In der Folge erhielt er auch das übrige, und Haupt, sein Secretär erpreßte auch noch 200 Louisd'or.) Hr. Prälat von St.Märgen ward zum Speisen eingeladen; derselbe hatte den Auftrag noch eine Vorstellung zu übergeben wegen Zuziehung der den Klöstern eigenthümlichen Rusticalgüter und excorporirten Pfarreien zur Rustical- und Pfarrcontribution, wodurch alle Klöster doppelt besteuerte würden. Es steht nun zu erwarten, was erfolgen wird. - So sehr mich Hr. Parcus versicherte, daß er keine Geiseln nehmen würde, so erzählte man mir doch heute, daß er Jemanden gesagt: Baron Harsch und ich würden als Geisel genommen werden, wenn es nöthig sei welche zu nehmen, ferner wurde mir heute angezeigt, daß man mich gar nicht gerne beim Confeß habe, weil ich ein Kritiker sei und bei allen Sachen Bedenklichkeiten und Zweifel finde. Man muß nur ja sagen, dann ist man werth, und am Ende, da doch nichts gut zu machen, wird das Beste sein zusehen und schweigen und denken - das doch nicht kann verboten werden.

28. Am 4. Sept. Abends fuhr ich mit Hrn. Rector Weissegger und Dr. Spenner nach St.Peter. Unsere Unterredung unterwegs betraf meist die Religionsgeschichte. - In Freiburg hatte ich vernommen, daß ein Club sich bemühe, die Unterthanen aufzuwiegeln bei den Franzosen eine andere Verfassung zu suchen; man äußerte dabei, daß nächstens auch die St.Petrinischen Gemeinden deswegen auftreten werden. Ich stellte deshalb heute den Vogt Euseb Wehrle und den Bürgermeister Jakob Beniz zur Rede. Beide versicherten aufrichtig, daß ihnen gar nichts davon bekannt wäre; im Gegentheil bezeugten sie, daß man wirklich mit der Herrschaft sehr wohl zufrieden sei. In der Folge sagten sie noch, wenn ich als Geisel sollte weggenommen werden, würden sie alles anwenden, mich zu retten.
Zeitungen und andere Nachrichten melden, daß in Franken und Baiern den Franzosen nicht nur starker Widerstand geleistet werde, sondern auch daß die Oesterreicher in Franken Progresse machen und Prinz Karl wirklich wieder über Nürnberg vorgerückt sei. Nach Briefen von Bissingen sind die Württemberger noch gar nicht sicher noch ruhig; auch darf der innern Ruhe des Landes nicht getraut werden. Von Fürstenberg hört man ähnliche Gerüchte. Ueberhaupt ist das Schauspiel seinem Ende noch nicht nahe. Zum Frieden scheint geringe Hoffnung, hin und wieder spuckt es im Innern. Es ist immer noch zu fürchten, daß eine Art Revolution in Deutschland ausbreche und ganz Europa involvire. Die Vorsehung wacht indessen über uns; sie wird ihren guten Zweck gewiß erreichen.

29. In der am 7. Sept, gehaltenen Session kamen folgende Puncte zur Sprache: Hr. Parcus bestellte einen Bedienten, der seine Besoldung (täglich 1 fl.) von den Landständen fordert. Beschlossen: es solle mit ihm accordirt werden. - Parcus soll mündlich genehmigt haben, daß die Salzgelder von den Landständen bezogen werden, als Zinsen für das dem Hof angeliehene Capital. Wegen künftiger Anschaffung des Salzes wurden verschiedene Vorschläge des Hrn. Camuzzi berathen. Einstweilen wird der Antrag gemacht eine Provision Salz von Basel zu bestellen. Auf eine Vorstellung und Anfrage bei Parcus wegen den 150,000 Livres Contribution, die dem Clero minori auserlegt worden, antwortet derselbe, diese Summe sei zu repartiren a, auf das quartum genus hominum, b, auf die Pfarrer und Seelsorger, welche aber doch schonlich sollten behandelt werden, c, auf die Klöster, welche keine Stände sind, namentlich Villingen und Adelhausen. Nun ward lang und breit darüber deliberirt, wer dazu solle beigezogen werden und wie. Ich erklärte mich, nachdem ich dem Streit eine Weile zugehört: unser Gerede sei eine blos arbitrarische Sache; wir hätten ja gar keine Grundsätze, nach welchen wir hierüber urtheilen und abschließen sollten oder könnten. Auch habe der Confeß keine Vollmacht einen Theil mehr oder weniger anzulegen. Ich schlug vor, allererst sich zu verwenden, daß die Summe auf 1/3 herabgesetzt würde und dann dem Parcus einen gutachtlichen Vorschlag zu machen, wie diese verminderte Summe zu repartiren wäre. Nach langem Gerede schien es, man habe beschlossen (denn es scheint immer nur, es werde etwas beschlossen), man wolle dem Hrn. Parcus den Steuerbetrag der dahin zu ziehenden Corpora oder Privaten vorlegen und seiner Gerechtigkeitsliebe anheimstellen die Repartition zu machen. Wegen Ettenheim, welches der Prälatenstand beiziehen wollte, excipirte der Ritterstand. Auch soll Ettenheim schon bezahlt haben. Im obern Rheinviertel waren 5 Franzosen ermordet und in den Rhein geworfen worden. Der General kam auf das Landhaus und beklagte sich deswegen. Man versprach eine neue Warnung an das Landvolk ergehen zu lassen, womit derselbe sich begnügte. Aus demselben obern Rheinviertel kamen Beschwerden wegen der daselbst aufgestellten Forstcommission, welche ungeheure Holzquantitäten in Beschlag nimmt. Syndicus Fehrenbach soll eine Vorstellung deswegen machen. Bei dieser Veranlassung äußerte Bürgermeister von Rheinfelden, daß es nöthig wäre dem Hrn. Syndic mehrere Mitarbeiter zu geben. Ich machte hierauf die Bemerkung, der Prälatenstand habe in dieser Absicht längst den Antrag gestellt, die Syndicos aller drei Stände beizuziehen, habe sein Gutachten schriftlich eingereicht, aber keine Antwort erhalten. Hr. von Baden erklärte, der Ritterstand sei der gleichen Meinung. Auf meinen Antrag, man sollte über diese Proposition förmlich votiren und abschließen, geschah zwar von Hrn. v. Baden etwas dergleichen: die beiden ersten Stände beharren darauf. Bürgermeister Eiter von Freiburg protestirt dagegen und behauptet, es wäre schon in einer Session abgeschlossen worden, daß die Syndici nicht sollten beigezogen werden, - derselbe brachte noch andere similia vor, so daß ich nun bloß verlangte, man möchte dem Prälatenstande von Seiten der übrigen Stände und des Confesses hierüber eine schriftliche Antwort geben, ferner machte ich noch eine Bemerkung: es wäre mehr Einigkeit unter den Ständen zu wünschen. Hr. Bürgermeister erklärte, nur einmal wären die Stände durch die Contributionsvertheilung von den Franzosen getrennt worden, fernerhin werde gewiß wieder stetes Einverständniß herrschen, i, e, wenn die zwei andern Stände allemal den Syndicis des dritten Standes nachgeben, worauf Alles abzielt. (Folgt eine abermalige Klage über den untauglichen Zustand des Confesses und den unordentlichen elenden Geschäftsgang.) Schließlich kam noch eine Supplik des Localcaplans zu Olsberg vor, welcher aus dem Religionsfond besoldet worden. Man wollte im Anfang ihn an die Generaldirector verweisen mit der Anzeige, daß er seine Besoldung zuvor aus dem Religionsfond bezogen habe. Ich erinnerte, daß dies gefährlich sein könnte und dem Director möglicherweise Veranlassung gäbe die Religionssteuer zu erheben. Man schien es zu begreifen; was man thun wird, weiß ich nicht.

30, Heute (7. Sept.) heißt es, die Kaiserlichen seien wieder in Frankfurt. Die Mainzer Besatzung vermehre sich dadurch, daß sie bei Streifereien in's Württembergische alle Diensttauglichen Leute wegnehme. Man redet von einem Rückzug. Parcus soll erklärt haben, wir würden kaiserlich bleiben, er wisse es officiell. Der Beschlag der Gefälle will noch nicht aufgehoben werden. Im Gegentheil betreiben der Director und dessen Agenten die Einziehung des Zehnten sehr. Die Agenten kommen in alle Klöster, fordern den Ertrag an Früchten, und nehmen selbe in Beschlag. Man sagt, es werde jedem Corpus ein Quantum ausgeworfen, das Uebrige aber werde man requiriren. - Wegen der schon mehrmal bemerkten Motion die Syndicos der drei Stände ad consessum zu ziehen erfuhr ich heute folgende Aeußerung des provisorischen Syndicus Dr. Engelberger: Er selbst wünschte es si verum est - allein er glaubte doch, die zwei ersten Stände sollten nicht darauf beharren, weil sie dadurch sich herabsetzten und eingestehen würden, daß aus den Standesgliedern selbst keines im Stande sei die Geschäfte zu führen, und so würde der dritte Stand sich über die übrigen hinanssetzen. Gut raisonnirt. Scil. Man will die Syndicos beiziehen als Mitarbeiter für die gemeinständischen Syndici - ergo sind die Stände selbst Esel und Dummköpfe ! Kann man fordern, daß ein Prälat, ein Ritter selbst Concipist sei, daß er Vorstellungen und Aufsätze mache, und hat er nicht andere Geschäfte ? - Allein darum ist es nicht zu thun. Die Absicht des Prälatenstandes war, durch Zuziehung der Syndici Ordnung in den Gang der Geschäfte zu bringen. Es sollten die Geschäfte durch den Präsidenten angewiesen, ordentliche Referate gefertigt und darüber in der Ordnung abgestimmt und beschlossen werden; allein man will gar keine Ordnung haben. Der dritte Stand hat nun Syndicos als Deputirte der Städte zugezogen. Ritter und Prälaten sind freilich meist die Männer nicht, die diesen Syndicis gewachsen wären, ihre Kniffe und die Absichten des dritten Standes einsehen könnten. Nun sollen diese Deputirten des dritten Standes allein mitarbeiten, diese werden sich also fürderhin zu Herren des Confesses machen, wie es zuvor Syndicus Baumann gewesen; die beiden ersten Stände werden unterdrückt werden und werden selbst daran Schuld sein, weil sie nicht Energie genug haben ihre Entschlüsse durchzusetzen. Ich that meine Pflicht.

31. Herr Euler, Agent der Republik, fängt nun seine Verrichtung an und so sind auch in den übrigen Viertel Agenten. Ihre Aufgabe ist alle Zehnten und Herrschaftlichen Gefälle zu beziehen. Heute wurden mehrere Beamte von ihm berufen welche ihm diese Gefälle taxiren sollten. Man stellte ihm vor, es wäre das Beste alle Beamten auf einen Tag zu bestellen und die Sache mit ihm zu verabreden, damit Gleichförmigkeit erzielt werde. Er ließ sich diesen Vorschlag gefallen. Indessen veranstaltete ich, daß die Angelegenheit beim nächsten Confeß vorgetragen werde, wo sodann hierüber eine Vorstellung an den Parcus oder wohl gar an den Commisssaire ordonnateur zu erlassen sein wird. Die Herren Franzosen verlangen Alles, nur wollen sie es nicht geradezu rauben, wollen das Ansehen haben als respectirten sie das Eigenthum. Sie erdenken alle mögliche Titel. Sie requiriren zuerst alles Nöthige für die Armee und für Einzelne. Man muß die Officiere und alle Soldaten kleiden. Pferde und Wagengeschirr anschaffen, die Spitäler mit Medicin und Möbel fourniren. Soldaten und Officiere verpflegen, alle möglichen Hand- und Fuhrfrohnen prästiren. Die Officiere fordern Brandschatzung, der gemeine Soldat erpreßt oder raubt. Dann kommen die Commissäre, fordern zuerst ihre Reisekosten, ihre Verköstigung und Bedienung wie die Officiere; leben dabei splendid. Alle versprechen gute, menschenfreundliche, edle Behandlung, Schonung des Eigenthums und der Person. Sobald ihre Geschäfte anfangen, fängt auch das Requiriren an. Ungeheure Geldsummen werden angesetzt, als Auslösung der in Beschlag genommenen Gefälle, sind diese aufgelöst, so beziehen sie erst noch die Gefälle, und wenn ihnen dies gelingt, so folgt das Evacuationsgeschäft. Man denkt nicht mehr an das Versprechen der Nation: Eigenthum und Personen zu schonen. Man spricht immer nur von den Rechten des Siegers, ohne einen bestimmten Begriff von diesen Rechten zu geben oder zu haben; als ob ein Sieger je das Recht haben könnte gegen unbewaffnete, friedliche Bewohner eines Landes, welche dem Sieger gutwillig gehorchen und alles Mögliche leisten, feindselig zu verfahren. Allein von Recht und Billigkeit kann die Rede schon gar nicht sein. Es wird auch bei uns wahr werden, was von der Pfalz gesagt wurde: Nichts als die Augen, um unser Elend zu beweinen, wird man und lassen, wenn nicht der Herr uns Rettung schickt.

32. Am 9. September speiste ich bei Hrn. General Mengaud zu Mittag. Dieser ist nun wiederabgerufen, an seine Stelle kommt Tholmé. Man vermuthet Parcus habe den Mengaud denuncirt. Letzterer verlangte ein Attest von den Ständen über sein Betragen, welches ihm auch ausgefertigt worden, so wie auch die Stände von ihm eines verlangt hatten. Mengaud hielt Ruhe und Ordnung, war fern von Erpressung und betrug sich freundschaftlich gegen die Stände und edel gegen Jedermann. Er machte mehrere kleine Reisen in benachbarte Klöster und auf Jagden; schaffte sich Vergnügungen durch Jagen und in Gesellschaft. Sein Adjutant Steinmetz zeigte sich sehr thätig und dienstfertig und sorgte für Ordnung. - Abends erfuhr ich, daß morgen der Forstinspector Parcus (Bruder des Generaldirectors) ) nach St.Peter reisen werde. Ich fertigte sogleich ein Schreiben ab um den P. GroßkelIer davon zu unterrichten und ihm die nöthigen Notizen zu geben. Parcus wird als ein Beutelschneider ausgegeben, doch muß man dessen Bruder, dem Generaldirector, die Gerechtigkeit widerfahren lassen, daß er streng dagegen ist, sobald er nur von Weitem etwas dergleichen erfährt.

33. In der landständischen Sitzung am 10. September wurde unter Andrem von Hrn. Gaeß ein Conto für den an Ferino´s Truppen innerhalb 10 Tagen verabreichten Wein vorgelegt. Er hatte 101 Saum 10 Viertel 7 Maß abgegeben und forderte, den Saum zu 32 fl. gerechnet 3288 fl. 6 kr. Man fand die Forderung zu hoch und beschloß zuerst mit ihm übereinzukommen.- Eine für die Caserne geforderte Requisition von 400 Leintüchern und 100 Couverten soll auf die Orte repartirt werden, welche noch wenig gelitten. Gegen die weitere Requisition ein ganzes Bataillon zu montiren wurde eine Vorstellung wegen Unmöglichkeit beschlossen. - Ein Officier, der in Simonswald die Bauern betrogen, Requisitionen gemacht und eine große Summe Geldes erhoben, wurde heute öffentlich gestraft. Derselbe wurde vom Scharfrichter auf dem Münsterplatz an einen Pahl gebunden, mit angehefteter Schrift zu Schau hingestellt und soll nun noch 6 Jahre auf die Galeeren kommen.

34. Einige am 12. September erschienene neue Proclamationen hatten den Zweck die Bauern zu beruhigen durch Milderung der Frondienste und Bestrafung derjenigen, welche die Pressungen, Frohnen ec. übertreiben. Hr. Parcus hat freilich durch Minderung der Schanzarbeiten dem Landmann einen Dienst gethan, allein die Ursache die er deswegen in dem Schreiben an den Commandanten von Kehl angab, und wovon er selbst eine Copie auf das Landhaus schickte, ist nicht tröstlich: er motivirt nämlich seine Anordnung damit: weil er Leute brauche das Holz zu fällen und Früchte und Weine zu transportiren. Ueberhaupt haben die Franzosen die Politik dem Volke zu schmeicheln, weil sie einen Aufstand fürchten, um so mehr, da wenige Truppen im Lande sind, auch in Frankreich neue und große Unruhen sein sollen. - Heute früh kam P. Karl und Hr. Oberamtmann von St.Peter hierher, wie ich bestellt hatte, aber mit der Nachricht, daß Agent Euler schon in St.Peter gewesen und einen ganz genauen Etat, Rechnung- und Kassen-Einsicht, Keller- und Kastenvisitation, Angabe aller auch ausländischen Revenüen auch den Ertrag eigenthümlicher Güter verlangt; auch gegen alle Gewohnheit seiner Consorten eine angebotene Geldrolle nicht angenommen habe. Ich ging hierauf zu Parcus, um deshalb Anfrage zu machen. Derselbe gab mir sogleich eine schriftliche Weisung, daß diese besondere Aufnahme des Etats einzustellen sei, daß die Landstände durch gemeinschaftliche Veranstaltung solche Etats aufstellen sollten. Die Inventarvisitation müßte fortgesetzt, aber so viel belassen werden als zur Subsistenz nöthig sei. Ich theilte Copien hievon an alle Mitglieder des Prälatenstandes aus und schickte P. Karl mit dem Original sogleich wieder nach St.Peter. Mehrere Visite: Alle Augenblicke entstehen neue Anstände und Bedenklichkeiten, welche Rennen und Hin- und Herlaufen verurSachen. Mit all dem wird sehr wenig gut gemacht. Man erhält zwar immer viele schöne Worte und Vertröstungen; Parcus war auch heute sehr obligeant, allein es hat noch gar, das Ansehen nicht, daß uns etwas übrig bleiben werde. Um so weniger, da immer noch der Neid und Pfaffenhaß bei einer Klasse nicht erstickt ist, die ihr Glück darin zu finden thöricht glauben, wenn nur die Geistlichkeit auf alle Weise gedrückt wird. Und doch hören wir nicht auf, auf den Herrn zu Hoffen. - Die Frau des Forstagenten Parcus, Bruders des Generaldirectors, deren Vater aus dem Heidenschloß von St.Peter gebürtig war, kömmt nach St.Peter ihre Freunde zu besuchen; dieselbe wird ins Kloster eingeladen und bewirthet.

35. Alle Nachrichten bestätigen, daß die Kaiserlichen nahe seien und vielleicht bald vom Unterrhein heraufrücken dürften. Dies mag die Ursache sein, warum Hr. Parcus so sehr auf die Abführung der ausgelegten Contribution dringt und deswegen gestern ein urgens unter Bedrohung mit Execution an die Landstände gab. Die Ritter sollen ein paar tausend Gulden ferner erlegt haben. Der Prälatenstand aber mußte die Hälfte des Ansatzes vollends erlegen, jedoch mit Abzug dessen, was die Commanderei Heitersheim betraf, auch was das Stift Schuttern noch restirte. Der Nachlaß von den übrigen 300,000 Livres mußte freilich auch mit 2200 Louisd'or = 52.800 Fr, besonders erkauft werden. Die Negotiation um den Nachlaß ging durch Hrn. v. Camuzzi, welcher freilich nicht sehr sparsam mit Versprechungen war. P. Thaddä Rinderle war seit einigen Tagen in St.Peter, weil wir den Forstmeister Parcus erwarteten, der unsere Wälder visitiren und Holzrequisition machen sollte. Parcus hatte ehemals bei P. Thaddä studirt und wir hofften, daß er etwas vermitteln könnte. Parcus hatte schon, wie erwähnt, am 10. Sept, seine Frau mit drei Kindern hierher geschickt. Sie wurde mit ihren Kindern ins Kloster aufgenommen und hielt sich seither hier aus.

36. Generaldirector Parcus hatte an die Agenten erlassen, daß sie den prälatenständischen Mitgliedern nichts versiegeln, nichts abführen sollten, indem sie mit Bezahlung der Contribution beschäftigt seien, die Nation aber gar nicht die Absicht habe diese Klöster zu ruiniren. Doch wollte Parcus die angedrohte Administration nicht aufheben, sondern forderte ferner 150,000 Livres. Man versprach 100,000 wenn die Administration abgenommen, die Gefälle im Ausland contributionsfrei von dem Markgrafen abgelassen und fernerhin keine Contribution mehr besonders auf den Prälatenstand gelegt würde. Hierüber wird nun die Erklärung abgewartet. Davon trifft es unser Kloster 2936 fl. Nun weigert sich aber St.Blasien hiezu beizutragen, indem es diese Freiheit schon durch privative Unterhandlungen erhalten hatte. Dieses ist der unsterbliche Geist St.Blasiens. Es spricht immer von Gemeingeist, will immer alle zugezogen haben, zu gemeinsamen Lasten, sucht aber allemal sich allein aus der Schlinge zu ziehen, handelt in der Stille für sich und wenn es seinen Zweck erreicht hat, verläßt es die übrigen. - Hr. Prälat von St.Märgen wartete den Ausgang nicht ab, sondern nachdem er gestern Abends gewarnt worden, daß im Fall eines Rückzuges Geiseln würden gesucht werden, eilte er nach Hause und brachte auch mir diese Warnung. Zu gleicher Zeit erhielt ich von meinem Freunde Fischer, Pfarrer in Urach, die Nachricht, daß die Rheinarmee aus Baiern im Rückzug sei. Andere Nachrichten aus Freiburg bestätigten dies: es wurden strengere Wachen beobachtet, die Kanonen vor die Kasernen gestellt, die Franzosen zeigten allerorts Furcht und Mißtrauen. Dies veranlaßte meinen Entschluß, wozu auch Schwender und Petzeck mir gerathen, mich auf einige Tage zu retiriren. Ich ritt also nach Waldau, während die Herren Schwender und Petzeck nach Freiburg zurückkehrten und uns schleunige Nachricht zu geben versprachen. Die Anzeige hievon wurde auch den Vögten gemacht, um auf ihrer Hut zu sein. Ebenso gab ich den Vögten zu Waldau und Glashütte Weisung alle Vorsicht zur Erhaltung der Sicherheit gegen Streifpartieen zu brauchen. Ich schickte einen Boten nach Neustadt, der mit der Nachricht zurückkam, daß die Franzosen allerorts sich zurückziehen. Zu Waldau erhielt ich Briefe aus Freiburg, daß überall Anstalten zum Rückzug getroffen werden, daß die Kaiserlichen Kehl besetzt, ihre Vorposten schon in Kenzingen seien; daß die Franzosen in Freiburg gedroht die Kasernen, das Heumagazin im Predigerkloster und die Feldbäckerei anzuzünden, daß die Bürger deshalb sehr wachsam seien. Auch erhielt ich von Parcus eine Proklamation an die Agenten von Versiegelung in prälatenständischen Häusern abzustehen, und eine Copie der dem Prälatenstand ertheilten Ouittung für erlegte 300,000 Livres mit der Versicherung, daß man keine Gewaltthätigkeiten mehr zu fürchten habe. In Neukirch, wohin ich am 19. Sept, mich begeben hatte, vernahm ich, daß bereits 2600 Franzosen theils Cavallerie, theils Infanterie in Furtwangen eingerückt seien, welch' letztere aus der Nachbarschaft Reitpferde requirirten, um ihren Marsch zu Pferd zu machen. Von Furtwangen aus mußten sie verproviantirt werden. Die Bauern waren doch so klug, daß sie ihnen wenige Pferde zubrachten. Man erfuhr in der Folge, daß dieses ein flüchtiger Trupp war, welcher durch, das Kinzigthal retiriren sollte; da sie aber hörten, daß die Kaiserlichen schon in Offenburg seien, zogen sie sich in die Waldgegend und nahmen den Marsch über Abwege. Sie gaben vor ihr Marsch gehe nach Simonswald; sie brachen aber Nachts um 2 Uhr auf und zogen über die Höhen weg, ohne daß man bestimmt weiß wohin. - Aus einem Schreiben von P. Basil aus Freiburg erfuhr ich, daß die Franzosen noch in Freiburg seien; man vermuthe, sie würden erst beim vollen Anrücken der Oesterreicher abziehen. Es sollen jetzt gegen 800 Mann dort sein, nichts desto weniger herrsche Ordnung und Ruhe. Es bestätige sich, daß Kehl mit Sturm erobert worden (Randbemerkung: es wurden nur einige Schanzen erobert, konnten aber nicht behauptet werden); es wurden von den Oesterreichern schon Schanzen aufgeboten, die Arbeit der Franzosen zu vernichten und Batterien gegen den Rhein aufzuwerfen. Ferinos Bagage soll von österreichischen Husaren erbeutet worden sein. Im Unterlande verstärken die Landleute die kaiserliche Armee und gesellen sich zu den Rothmänteln, welche nun auch wieder zum Vorschein kommen. Auch im Breisgau soll beim Einrücken der Oesterreicher der Landsturm aufgeboten werden. In Waldau traf ich neuerdings die Anordnung, daß alle Nächte Wachen patrouilliren sollen. Am 20., Sept. Mittags kamen Berichte von Freiburg; Alles bestätigt die guten Progresse der Oesterreicher und den Rückzug der Franzosen. Von Hrn. Professor Petzeck erhielt ich die Nachricht, daß der Geld- und der Holz-Parcus, d, i, der Generaldirector der Revenüen am rechten Rheinufer und dessen Bruder, der Forstmeister, von Freiburg abgezogen seien und ich folglich sicher zurückkehren könne, Forstmeister Parcus hatte schon vor zehn Tagen seine Frau oder Concubine mit drei Kindern nach St.Peter geschickt, wo sie seither im Kloster beherbergt worden. Nun ließ ich ihr ankünden, daß es für sie nicht sicher wäre länger hier zu verweilen, und da sie endlich von ihrem Manne Briefe erhalten, so reiste sie am 22. September ab. Sie ist die Tochter eines St.Petrinischen Unterthanen aus dem Heidenschloß der ehemals Kutscher bei Hrn. Kageneck in Freiburg war, eine schlechte Dirne, welcher man aber doch mit aller Höflichkeit begegnete.

37. Am 22. September Nachmittag ritt ich wieder nach St.Peter zurück. Während meiner Abwesenheit und noch jetzt wird mit Säuberung des Klosters und Ausbesserung der durchs Militärspital verurFachten Beschädigungen des Gebäudes fortgefahren. Man hatte den ganzen Sommer mit dieser Arbeit zu thun, daß dieselbe viele Unkosten und Mühe verurFachte, versteht sich. Die gütige Vorsehung wolle uns nun Ruhe schenken, wozu sie uns nun so schöne Hoffnung gibt. Möchten nur auch Alle das Werk der Vorsehung im ganzen Hergange erkennen ! Vielleicht ist nun auch das Maß der Freiheitsprediger voll. Binnen acht Wochen machten die Franken unglaubliche Progresse bis an Oesterreichs und Bohemiens Grenzen; und in wenigen Tagen ist eine Armee wieder bis an den Rhein zurückgeschlagen, die andere abgeschnitten und fast ganz eingeschlossen. Deutschland behauptet seinen Ruhm, die Franzosen machen abermals kein Glück darin. Der Landmann, der von Vielen so oft gewünschten, von Manchen eingeladenen Franzosen müde, gesellt sich zu den Soldaten, und beide arbeiten sich dieser Plage loszumachen. Von allen Seiten hört man, daß die Bauern den Franzosen großen Schaden zufügen. Bei Röthenbach ( ?) schossen sie auf einen General, der tödtlich blessirt wurde. Im Breisgau werden ihnen alle Frohnen versagt; in Krotzingen hielten sie den Holz-Parcus an und prügelten ihn derb ab. Obgleich die Franzosen sich in der That besser betrugen, als man erwartete, so waren doch die Plagen dieser Invasion sehr groß. Dem Allmächtigen, Allgütigen und Allweisen sei ewig Lob und Dank ! Er hat Alles weislich gethan und wird ferner helfen. Wer denken kann muß den Finger Gottes erkennen, und das was wirklich geschieht, belebt unsere Hoffnung für die Zukunft. - Ich lebte schon so lange außer mir. Möchte ich doch nun wieder für mich und mein Kloster leben können, und in den Stand gesetzt werden Einrichtungen für Verbesserungen der klösterlichen Ordnung und Disciplin zu treffen, welche während dieser kriegerischen Unruhen, bei dem hohen Alter meines Vorfahrers, besonders durch das Militärspital freilich nicht wenig gelitten hat. - P. Großkeller, der wegen Geschäften am 25. September in Freiburg war, kam Abends mit der Nachricht zurück, die Oesterreicher hätten zwar aus Mangel groben Geschützes von Kehl abstehen müssen, übrigens machten sie noch immer Progresse. Die Franzosen seien furchtsam und rühmten nun selbst den Herzog Karl von Oesterreich. Die gestern hier verbreitete Nachricht von einer österreichischen Patrouille, die nach Donaueschingen gestreift und von den Franzosen viele Beute gemacht, bestätigt sich. Die Oesterreicher sollen nun zu Hornberg, Schönberg, unweit Tryberg und im Spaichinger Thale stehen, den Kniebis besetzt und auch Württemberg inne haben. Die österreichische Post bleibt aus. Prinz Karl soll den General Jourdan wieder bei Neuwied sehr geschlagen haben. - Vom Prälatenstande ist Niemand mehr in Freiburg; es werden keine Conferenzen mehr gehalten; die Requisitionen hören auf; auch auf dem Landhause soll nichts Wichtiges mehr vorkommen.

38. Zum neuen Beweise, daß die Herren Commissäre der Franzosen nimmer satt werden, dient das Betragen des Hrn. Parcus gegen uns. Derselbe hatte 2200 Louisd'ors zum Geschenke von dem Prälatenstande angenommen und versprochen, die Hälfte der 600,000 Livres a compte sur nos revenues nachzulassen und die freie Administration zugesagt; auch hatte er die Versicherung gegeben, wir dürften weder an den Markgrafen noch an Württemberg ferner etwas an der Contribution bezahlen. Die noch restirenden Glieder als Heitersheim, Schuttern, Wonnenthal waren in solutum angenommen. Nun er sieht, daß die Franzosen sich nicht halten können, und doch noch Zeit zu haben glaubt etwas zu erpressen, verlangt er ferner für die freie Administration noch 200,000 Livres; fordert, wir sollten für die noch restirenden salvo regressu zahlen und verspricht seine Verwendung bei dem Markgrafen um Aufhebung des Arrests, auf welche letzterer wenig Rücksicht nehmen wird. Jene 200,000 Livres fordert er binnen drei Tagen vom 21. September an und heute am 27. September erhielt ich die Abschrift. Es muß hierüber nächstens Conferenz gehalten werden. Vielleicht schickt Gott unterdessen Rettung. - Erzherzog Karl ist bis an die Sieg vorgerückt. Der General Jourdan ist abgerufen vom Convent, und ein anderer General an dessen Stelle zum Commandanten der Sambre-Maas-Armee ernannt. Die hervorragendsten österreichischen Generale sind: Wartensleben, Petrasch, Nauendorf, Latour, Hotze, Starray, Fröhlich. Moreau´s Hauptquartier ist zu Ulm, gegen sich hat er Latour, auf der linken Flanke Nauendorf, auf der rechten Condé mit Fröhlich. Condés Corps soll sich sehr vermehrt haben durch die desarmirten Reichstruppen, denen er Dienste gegeben mit dem Zeugnis: die Gemeinen seien brav und tapfer, nur die Officiere Schurken.

39. Wegen der soeben erwähnten Forderung des Hrn. Parcus wurde eine Conferenz auf den 30. Sept, in Freiburg angesagt. Am 29, fuhr ich nach St.Märgen, dem dortigen Prälaten die Anzeige davon zu machen. Um Mittag erhielten wir Nachricht von Freiburg, daß die beiden Parcus (der Geld- und der Holz-Parcus) wieder in Freiburg seien, um die rückständigen Contributionen einzutreiben oder Geisel zu erhaschen. Auf diese Nachricht schrieb ich an Hrn. Frey, der in Oberried war, er möchte die Anstalt treffen, daß die Conferenz in St.Peter gehalten werden könnte. Der Prälat von St.Märgen kam auch wirklich nach St.Peter; aber von Oberried lief ein Schreiben ein, daß der Brief den Dr. Frey nicht mehr daselbst angeroffen, folglich erschien von den übrigen Niemand. Die Umstände riethen eine Entfernung. Ich ritt also am 30, wieder nach Waldau, wo ich von Hrn. Frey die Nachricht erhielt, daß der Agent Euler und der Holzparcus, welche mit den breisgauischen Gliedern hätten tractirn sollen, schon wieder abgezogen seien wegen der mißlichen Nachrichten. Die bei der Conferenz Anwesenden hätten also beschlossen dem Hrn. Parcus auf seine entworfene Contribution gar keine Antwort zu geben, indem die nächste Hoffnung wäre, daß uns die Oesterreicher bald retten würden. Inzwischen war es doch dem Hrn. Parcus gelungen mit den Standesgliedern des obern Rheinviertels, als mit den Stiften Säckingen, Olsperg, Rheinfelden, den Commendereien Beuggen und Freiburg eine besondere Convention zu schließen des Inhalts: 1, daß die fünf Standesglieder in drei Tagen 44000 Livres erlegen, wofür ihnen freier Genuß und Administration ihrer Güter, und Einkünfte aller Art auf ein Jahr gelassen, gelassen werde; 2, an einer ferneren außerordentlichen Kriegssteuer oder Requisition sollten sie nur nach dem bisherigen Steuerfuß beizutragen schuldig sein; 3. Parcus werde sich verwenden, daß in Bezug auf diese fünf der markgräfliche Arrest aufgehoben werde. Obige Glieder waren der Gefahr näher und mußten diese Convention annehmen. Der Commandeur von Freiburg war gerade in Basel und wurde von Hrn. Parcus durch die Drohung, Wein und Früchte in Freiburg zu verlieren dahin gebracht, daß er dieser Convention beitrat. Wenn Gott die österreichischen Waffen ferner segnet, so werden die übrigen Erpressungen der Franzosen ein Ende nehmen. - Heute besuchte mich mein Bruder Michael Speckle, der als Grenadier bei Fürstenberg zu Kehl gefangen worden, sich selbst ranzionirt und nun durch Verwendung des Hof- und Regierungsraths Elsässer wieder auf der Pfannenschmiede zu HauFach, wo mein Vater war, als Meister soll angenommen werden.

40. Am 29. September, Fest des hl. Michael, Namenstag des Hrn. Prälaten von St.Märgen, fuhr ich mit P. Conrad und Hrn. Oberamtmann dahin. Die verschiedenen anwesenden Gäste brachten verschiedene Nachrichten zusammen. Besonders erzählt man Vieles von den Bauern im Nellenburgischen und im Hegau, welche die Franzosen an verschiedenen Orten angegriffen, verjagt, ihnen reiche Beute abgenommen, auch Briefe an die Hauensteiner geschrieben und diese aufgefordert haben sollen, den Franzosen den Rückzug zu verhindern. Die Hauensteiner hätten auf den Straßen Stöcke errichtet mit der Aufschrift: Friede oder Tod  ! Friede für die, welche innoxie durchzögen, Tod für jeden, der die Straße verlassen und plündern würde.

41. Des folgenden Tags (30. Sept.) erhielt ich ein Schreiben aus Fehrenbach vom k, k. Hauptmann Quenaudon von Laudon mit der Nachricht die k, k. Truppen seien in der Nähe, man möchte den Bürger und Landmann zur Unterstützung auffordern und ihnen Nachricht von Freiburg, und Waldkirch, auch Langendenzlingen zuschicken. Ich gab zuerst nur eine allgemeine Antwort, schickte aber Boten an diese Orte, ließ die Vögte rufen und trug ihnen die Sache vor. Jedermann war erfreut die Annäherung der k, k. Truppen zu erfahren; jedermann zeigte alle Bereitwilligkeit. Man bestellte nun Wächter auf dem Lindle, Lindenberg und in Eschbach. Ich fuhr um 10 Uhr mit Hrn. Prälaten vom St.Märgen, der in der Absicht der oben bemerkten Conferenz beizuwohnen nach St.Peter gekommen war nach St.Märgen zurück und ritt von dort nach Waldau. Auf dem hohlen Graben traf ich zu meiner Freude unsere drei Fratres, welche zum Empfang der Diaconats- und Priesterweihe nach Constanz geschickt von dort zurückreisten. In Eile erzählten sie mir nur, daß die Franzosen allerorts in vollem Rückzug seien und besonders durch die Schweiz sehr häufig sich zurückzögen; sie legten zwar beim Rückzug durch die Schweiz ihre Waffen ab, diese würden ihnen aber sodann nachgeführt. Von Waldau aus schickte ich einen Expressen nach Fehrenbach an Herrn Hauptmann Quenaudon. Abends sah und sprach ich wieder den ersten kaiserlichen Soldaten einen Chevauxleger von Karacsay, welcher bei einem Streifcommando war. Dasselbe war heute früh über den Hohlengraben und Thurner gegen die Steig ausgeritten, hatte dort einen Haufen retirirender Franzosen zersprengt und 40 Mann gefangen mitgenommen. Er konnte mir den Ort nicht nennen, wo sein Regiment liegt, er sagte nur, in einem kleinen Städtchen. In der Nacht erhielt ich die Mittheilung, daß in Freiburg nur 600 Franzosen, in Waldkirch und Denzlingen gar keine mehr seien, sondern daß die in Waldkirch noch vorhanden gewesenen Husaren von Kaiserlichen, die von Elzach herkamen, aufgehoben worden seien. Gott sei unendlicher Dank, unsere Erlösung nahet heran.