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Die Memoiren des letzten Abts von St. Peter
Ignaz Speckle
Ein Beitrag zur vaterländischen Geschichte.

V.
Der französische Rückzug durch den Schwarzwald.

1. Drei Monate hatten wir nun in Furcht und Aengsten unter der räuberischen Freiheit und Gleichheit gelebt. Die gütige Vorsehung zeigte uns in den letzten Tagen des vorigen Monats die annähernde Rettung. Sie wolle doch dieselbe gütig vollenden und die Waffen der Oesterreicher ferner segnen. Am 1. October früh kam eine Ordonnanz aus Fehrenbach von Hrn. Hauptmann Quenaudon hierher, dem ich die erhaltenen Nachrichten mittheilte. Abends kam ein Reitender von St.Peter mit der Nachricht Freiburg sei in österreichischen Händen, allein diese Nachricht wurde durch eine andere Nachts um 11 Uhr widerlegt, inzwischen aber doch bestätigt, daß die Patrioten in Freiburg abziehen, daß der Kriegscommissär wirklich schon abgegangen, auch die Magazine entfernt werden, daß überhaupt Alles die nahe gänzliche Retirade ankünde; daß man in Freiburg glaube, der Paß durch die Hölle sei schon gesperrt, weil man die Nachricht von der aus Fehrenbach (Vöhrenbach) dahin gemachten Streiferei und von einigen dabei gefangenen Franzosen etwa erfahren habe. Auf die gestrige Mittheilung, daß 7000 Patrioten durch Neustadt marschiren werden, ließ ich auch in unserer Gemeinde Wachen bestellen, wie es in anderen geschah. Ein nach Neustadt geschickter Bote kam mit der Nachricht zurück, daß von Neustadt her nichts zu befürchten sei, indem 33 kaiserliche Reiter daselbst Posto gefaßt, die Franzosen schon vorige Nacht sich nicht getraut in dem Städtchen zu bleiben, sondern am Gebirg gegen Saig campirt hätten. Die in Fehrenbach gestandene Compagnie marschirt nach Neustadt; an ihre Stelle rückt eine andere nach. In Urach, wo ich am 3. October über Nacht blieb, erfuhr ich, daß in Villingen gegen 10.000, in Rottweil etwa 8000 Mann kaiserliche Truppen, auch in Neustadt einige tausend stehen sollen. An Michaelistag sei zwischen Geisingen und Donaueschingen wieder eine Affaire vorgefallen, wobei die Patrioten den Kürzeren gezogen. Es bestätigt sich, daß Moreau in der Gegend bei Engen sehr in die Enge getrieben und beinahe eingeschlossen sei. General Nauendorf ist in Villingen. Die kaiserlichen Soldaten sollen sehr viel Beute gemacht und Geld genug haben. Unterwegs wurde mir ein Schreiben von Hrn. Quenaudon gebracht mit der Versicherung, daß er mich am 4. October Mittags in Waldau besuchen werde. Er schrieb zugleich, da sie in Bälde in Freiburg sein würden, solle man dem Feinde nichts mehr ausfolgen lassen. Ich ritt also nach Waldau zurück. Um 10 Uhr kam Hr. Quenaudon zu mir. Er ist ein geborner Freiburger, seine Mutter eine geb, v. Bayer, verwandt mit der Gleichensteinischen Familie. Er sagte mir, daß wirklich zwei Compagnien von seinem Regiment zu St.Märgen einrücken; auch trug er mir auf zu St.Peter alle Posten gegen Freiburg mit Wachen zu besehen und Wegweiser zu bestellen. Der Plan sei die Besatzung in Freiburg aufzuheben und die Stadt von allen Seiten zu überfallen. Er selbst werde durch die Weingärten am Schloßberge einrücken; ich solle den landständischen Syndicus davon avisiren. Ich ritt also Nachmittags über St.Märgen nach St.Peter zurückf, rief die Vögte zusammen und traf die nöthigen Anstalten. Zu Boten wurden bestellt der Vogt in Eschbach, der sogenannte Felix, und Magnus Hauri von da. Die Zeit der Ankunft konnte mir nicht gewiß angezeigt werden. Die Bauern zeigten sich willig zu Allem, froh, daß sie den ausgeschriebenen Haber und das verlangte Heu nicht liefern durften. - Die Neuordinirten unseres Klosters, welche kürzlich über Schaffhausen, Bonndorf und Saig nach St.Peter zurückgereist waren, konnten mir nicht genug erzählen, wie aufgebracht die Landleute, besonders bei Bregenz gegen die Franzosen seien; sie lassen sich nicht einmal durch kaiserliche Soldaten abhalten sie anzugreifen. Von dem General Tarreau sagten sie, daß er als der ärgste Wütherich verabscheut werde, da er an jedem Orte fürchterliche Erpressungen begehe und überall mit Sengen, Brennen und Aufhängen drohe. Er soll selbst gesagt haben: Es reue ihn, daß er in Deutschland auch nur eine Stunde lang Mensch gewesen sei. - Bei der Gemeinde veranstaltete ich auf Morgen von 7 bis 8 Uhr eine Betstunde zur Danksagung und um ferneren Segen für die kaiserlichen Waffen.

2. Am 5. Oct. Abends um 4 Uhr kam endlich der erste kaiserliche Officier Hauptmann Quenaudon hier an, begleitet von dem Prälaten aus St.Märgen. Ersterer vernahm von unsern Vögten die Rapporte, bestellte Boten und Ausspäher nach Freiburg, Waldkirch und die Anhöhen, und erstattete sogleich Bericht an seinen Oberstlieutenant. Die Nachrichten aus Freiburg meldeten, daß Alles zum Abzug bereit sei. Alles ausgepackt, die Pferde parat. Die Bauern suchen überall mit ihren Vorspannpferden zu entfliehen und vielen gelingt es wirklich. - Nach dem Auftrag des Hrn. Hauptmanns gab ich gestern dem landständischen provisorischen Syndic Engelberger Nachricht von der Nähe der Kaiserlichen mit der Erbetung des Stillschweigens bis auf den ersten Schuß, nur um die nöthigen Anstalten in der Stille treffen zu können. Abends wußte schon die ganze Stadt, daß diese Nachricht durch mich gegeben worden. Schaarenweise ging man bis Ebnet, um die Kaiserlichen abzuholen. Die Franzosen beschleunigten voll Angst ihren Abzug. So werden Geheimnisse auf dem Landhause bewahrt.

3. Den 8. October Mittags kam die Nachricht von Hauptmann Merzin aus der Hölle vom Abzug der Franzosen. P. Basil gab Abends Nachricht davon. In der Nacht wurden die Kanonen abgeführt und Gepäck. Da aus Mangel an Pferden nicht Alles weggeführt werden konnte, bleiben 100 Mann bis Mittags 10 Uhr zurück und, folgten sodann den übrigen nach. Der Abzug war so friedsam und ruhig als man nur wünschen konnte. Er ging St.Georgen zu. Unser Inspector, der im Petershofe einquartirt war, nahm ganz verbindlich Abschied und hinterließ den Domestiken noch 4 fl. 12 kr. Geschenk. P. Basil gibt ihm das Zeugniß eines grundehrlichen Mannes. Die Ursache des Abzuges mag die Nachricht sein, daß General Hotze über den Rhein gesetzt, Weissenburg und Kaiserslautern weggenommen und sich den Rückzug gegen Landau gedeckt habe.

4. Der 8. October, der Tag unserer Rettung sei im Andenken ! Zwölf Wochen hatten die Franzosen Breisgau im Besitz. An einem Samstage kamen sie und an einem Samstag zogen sie ab. Das Evangelium am 9. Sonntag nach Pfingsten, dem 1. Tag der französischen Occupation, lautete: Videnis civitatem flevit und morgen, am 21. Sonntag nach Pfingsten heißt es in der Lesung der ersten Nocturn (1 Macc. 2, 36): Ecce contriti sunt inimici nostri, ascendamus nune mundare sancta et renovare. Das Betragen der Franzosen war im Ganzen besser, als man erwartet hatte. Sie zogen freilich aus dem Lande, was sie konnten, doch hielten sie nach dem Abzug des Corps von Ferino ziemlich die Ordnung aufrecht. Person und Religion hatten Sicherheit. Weit schlimmer wirthschafteten sie in Schwaben, weßwegen ihnen auch in Schwaben der Rückzug durch die Bauern so sehr erschwert wird, während sie aus dem Breisgau ganz im Frieden entlassen wurden. - Ein Officier, wie man sagt, (der württembergische Oberst M.) soll durch Geld und Ehrsucht geblendet den Uebergang über den Rhein veranlaßt haben. Welch´ ein Unheil entstand daraus ! Das Blut vieler Tausende, und die Armuth von wenigstens vielen hundert Familien. Aber die Vorsehung hat gewiß auch hier ihre guten Zwecke. Manche wünschten die Franzosen ehe sie da waren, aber nun, denke ich, ist auch der Schurke selten, der sie noch wünscht. Man kennt nun ihre edlen Grundsätze, ihre Freiheit und Gleichheit. Oesterreich hat seine Ehre erhalten und dadurch viel gewonnen. Prinz Karl ist als ein Held voll Muth und Vorsicht vor Europa erschienen. Die Reichsfürsten, die sich durch ihren Separatfrieden vom Reiche getrennt, ärndten nun Spott und Schande.

5. In verflossener Nacht (9. October) erhielten die drei Compagnien zu St.Märgen Befehl nach Neustadt zu marschiren, ein Zeichen, daß etwas vorfalle. Nachdem sie eine Stunde weit vorgerückt, kam die Orde in die Hölle sich zu ziehen. - Man hörte von Breisach her sehr stark canoniren, wo einige kaiserliche Truppen angekommen waren, um, wie man sagt, eine Demonstration zu machen, da indessen Kehl werde angegriffen werden. Die Aussichten sind wieder sehr kritisch. Es scheint Moreau wage Alles, um durchzubrechen und seinen Rückzug durch den Breisgau zu bewerkstelligen.

6. Am 10. October Abends 7 Uhr kam ein Eilbote von St.Märgen mit einem Ansuchen des dahin beorderten Officiers, so viel Bauern als möglich aufzubieten und mit Aexten, Hauen und Sägen versehen, nach St.Märgen zu schicken - der Feind werde diese Nacht noch auf Neustadt kommen, - um demselben in aller Eile noch die Wege zu verrammeln. Gerade waren die Vögte und andere noch im Wirthshause; eilends wurden also Boten ausgeschickt und alles aufgeboten, was konnte. Der Herr Amtsschreiber begleitete einen Zug und, wie es schien, belebte die nahe Gefahr und die Furcht vor Rauben und Brennen Alles. - Von der Hölle kam der dem Hrn. Hauptmann von Quenaudon zugegebene Bote zurück mit der Nachricht, der Feind habe sich Villingens bemächtigt; auch glaubte Hr. Hauptmann dieses dürfte für die hiesige Gegend keine schlimmen Folgen haben. Die Officiere, die in der Hölle standen, verlangten auf morgen einigen Proviant. Hr. Quenaudon schrieb, er habe den von hier mit sich genommenen Flaschenkeller dem Oberstlieutenant überlassen. Man schickte ihnen gekochtes und rohes Fleisch. Weiß und Gesindbrode, Wein, Branntwein und Mehl. Der Karren fuhr erst Nachts um 9 Uhr ab. Nun sind wir in der allerkritischesten Lage. Gott ! unser Schutz und Retter, stehe uns doch gnädig bei !

7. Den 11. October. Heutige Nachrichten geben an, die Kaiserlichen hätten Neustadt und Fehrenbach verlassen, vom erstern Orte sich nach der Steig, vom andern sich nach Triberg gezogen. So blieb also gerade der Paß durch's Josthal, Urach und Simonswald, der Hohlegraben, St.Märgen und St.Peter der ungehinderten Retirade überlassene was nicht etwa die Verhaue und schlimme Wege hindern. Man sagt auch, die Vorposten der Franzosen stehen zu Wolterdingen, zwischen Donaueschingen und dem Hammereisenbach, welches ein Zeichen wäre, daß wenigstens eine Colonne sich über den Hohlengrabe, retiriren werde. Nachmittags kamen einige der ausgebotenen Bauern zurück mit der Nachricht, daß gar keine Verhaue gemacht worden und sonst keine Anstalten getroffen werden. Die Franzosen patrouilliren bis Furtwangen und im Josthal gegen den Hohlengraben zu. Als hernach einige Anstalten zum Arbeiten unternommen wurden, wurden die Arbeiter bald durch eine französische Patrouille zerstreut, welche vom Josthal bis auf den Hohlengraben kam. Oesterreichische Chevauxlegers nahmen einen von jenen Reitern gefangen. P. Karl reiste heute ab nach Wolfenweiler in den Herbst, der morgen daselbst Anfangen sollte; allein es war schon zu spät. Er kam bis Zarten, und die Kaiserlichen waren schon retirirt. Aus Besorgniß, den Franzosen gerade in die Hände zu fallen, kehrte er um und kam Abends um 7 Uhr wieder an. - Hier folgte indeß eine Nachricht auf die andere. Schlag auf Schlag. Erst kamen die Fröhner zurück, mit der Nachricht, in St.Märgen seien die beiden Parteien hintereinander; dann Freiburger Freiwillige, welche gefangene Franzosen nach St.Märgen transportirt, die ihnen dort entflohen. Die Freiwilligen liefen davon, kamen voller Schrecken hierher und eilten über Glotterthal zurück. Bald darauf kam ein Trupp kaiserlicher Jäger mit einigen Reitern vom Schafhofe her. Sie nahmen hier Trunk und Brod und eilten dem Glotterthal zu. - Um 7 Uhr rückten die Franzosen an. Die Officiere forderten 3000 Livres und versprachen eine Sauvegarde . Sie drangen sehr auf schnelle Bezahlung. Das Geld ward erlegt, die Sauvegarde blieb hier, vier Mann mit einem Sergeanten. So ist nun der zweite Einmarsch der Franzosen geschehen und wieder eine Angst überstanden. Gott, der auch diesmal die Sache besser leitete, als wir uns zu erwarten getrauten, sei ferner unser Schuß. Er wolle die Gemüther unserer Sieger zur Menschlichkeit bewegen und uns, unser Kloster und Unterthanen vor Plünderung, Feuer und Verheerung schützen.

8. 12. October. Gestern, als die Franzosen anrückten, trafen sie noch einige Kaiserliche dahier im Rückzuge begriffen, welche sie zersprengten und einige davon gefangen nahmen. Es geschahen mehrere Schüsse, ohne daß wir's auch nur hörten, fünfmal marschirte der Trupp um's Kloster, pochte heftig am Thore, drohte einzubrechen, fragte nach Kaiserlichen. Unser Glück war, daß die Kaiserlichen sich hier gar nicht verweilten. Fr. Joseph sprach sodann unter dem Thore mit den Officieren, welche Geld verlangten, eine Sauvegarde dafür versprachen. Die Officiere waren übrigens in ihrem Betragen höflich, die Gemeinen sollen in einigen nahen Häusern gegripst haben. Heute früh wollte die Sauvegarde wieder abziehen. Auf wiederholtes Ansuchen schickte der Sergeant einen Reitenden nach St.Märgen. General Lecourbe accordirte die Sauvegarde mit dem Auftrag, Eigenthum und Person im Kloster und der Gegend zu schützen und die Religiosen in ihren Verrichtungen nicht stören zu lassen. Der gestern hier angekommene Trupp marschirte nach St.Märgen zurück, wo das Hauptquartier der Vorposten steht. - Um die Mittagszeit kam der Aide de Camp mit einem Trupp Reiter, die eine Patrouille in Eschbach machten und bald wieder zurückkehrten. Die Officiere speisten hier zu Mittag; den Reitern mußte man Wein geben, auch dem Piquet, das an der St.Märgener Steig stand. Indessen ward bei verschiedenen Bauern im Ibenthal geplündert. Eine Magd, die Essen tragen wollte, ward von einigen Herumstreifenden angefallen, die Speisen ihr abgenommen ec. Die Kaiserlichen retirirten sich aus der Hölle und Freiburg, wie auch die hier Durchgezogenen nach Gundelfingen, wo sie zusammentrafen und sich dann weiter hinunterzogen. Für Eschbach gab uns der Aide de Camp eine schriftliche Sauvegarde . Der erste Officier, dem diese Schrift vorgezeigt worden, zerriß sie. Von Waldau, Neukirch und Freiburg erfährt man gar nichts, und ebensowenig, was weiter hinauf bei den Armeen vorgeht. Einige unserer Sauvegarden liefen heute davon; dafür wurden sechs andere geschickt, so daß nun ihrer acht hier sind.

9. Der Aide de Camp, der ein Detachement hieher geführt hatte, welches in Eschbach patrouillirte, verlangte auf Befehl des Generals, der hiesige Oberamtmann sollte zu St.Märgen erscheinen, und versprach ihm zur Rückkehr eine Sauvegarde. Der Oberamtmann war kaum erschienen, so ward, er arretirt, weil er die Bauern zum Verhauen der Wege aufgeboten und bewaffnet hätte. Hr. Oberamtmann läugnete das Letztere, indem wir sie nicht zum Fechten geschickt; das Erstere gestand er ein, weil Befehl von kaiserlichen Officieren gegeben worden war; erklärte sich aber, man hätte den Bauern keinen Befehl gegeben, sondern ihnen blos den Ausruf des Officiers bekannt gemacht und sie wären freiwillig gegangen. Den Ausruf habe man bekannt machen müssen, weil man auf allen Seiten von kaiserlichen Truppen wäre umgeben gewesen. Der General Lecourbe beharrte darauf, die Klöster hätten die Bauern aufgewiegelt, drohte, er wollte sengen und brennen lassen, und erklärte dem Oberamtmann, er sei nun gefangen, müßte zu Moreau geschickt, nach Frankreich transportirt werden. Er ward nun in die Wachtstube verwiesen. Da kam der Kammerdiener des Generals und fragte, ob man dem General noch kein Geld gegeben habe. Die Antwort war: das Kloster hätte ihm eine große Summe bezahlt. Bald hernach sprachen die Adjntanten mit Herrn Oberamtmann und versprachen ihm Freiheit gegen Erlag von 50 Louisd'or. Er erklärte, daß er dieses nicht geben könne; das Kloster hätte schon zu viel gelitten; die Gemeinde werde nichts bezahlen. Man trug ihm an, nach Hause mit einer Wache zu reiten. Geld und die schriftlichen Beweise der Aufforderung zu holen oder zu schicken. Er that das Letztere und schrieb hieher. Hier ließ ich die Vögte rufen. Nur Einer erschien. Der Brief ward ihm vorgelesen. Er blieb kalt; es war der Vogt aus dem Rohr; derselbe sagte, er müßte Gemeinde darüber halten. Indeß schrieb P. Großkeller dem Oberamtmann, daß man Alles für seine Befreiung thun würde und morgen früh erscheinen werde. Es war schon Nacht, als die Briefe gewechselt worden. Der einzige Vogt aus dem Ibenthal entschloß sich, des folgenden Tages mit dem P. Großkeller nach St.Märgen zu gehen. Euseb Wehrle heißt dieser Ehrenmann. Er bezeugte die Aussage des Oberamtmanns; P. Großkeller erlegte das Geld und alle drei kamen mit einer Sauvegarde zurück. Hr. Oberamtmann hatte indeß Anlaß, dem General zu sagen, daß hiesiges Kloster schon so viele Contributionen bezahlt, und namentlich seinen Adjutanten 3000 Livres. Diese läugneten aber; der General versprach eine Sauvegarde ; da man ihm sagte, es wäre eine hier, wußte er garnichts davon. Er gab einige Versprechungen, trug jedem Bauer eine Sauvegarde an; allein diese wollten keine. Man sieht aus dem Ganzen, um was es zu thun war. Zu St.Märgen entschuldigte man sich von obiger Beschuldigung damit, daß man keine Herrschaft und keine Unterthanen hätte. Das Kloster mußte dennoch auch 40 Louisd´or bezahlen, und ungefähr 800 fl. wurden aus dem aufgebrochenen Pulte des Hrn. Prälaten geraubt. Der Vorfall mit Herrn Oberamtmann brachte mich nun auf den Entschluß, mich verborgen zu halten, da man ohnehin im ersten Anfalle angegeben hatte, ich wäre nach Freiburg gereist und hätte die Pferde bei mir. Ich ging also heute in's Convent und schloß mich ein in das Zimmer über der Sacristei. Dies war nun eine neue Art von Plage, unerträglicher noch als das erste Mal, da ich mitten im Tumulte hier und zu Freiburg war. Dort vergaß ich mich selbst; aber jetzt allein in einem Zimmer konnte ich nur auf mich und unser Elend denken. Eine Hiobspost wird mir nach der andern gebracht; ich lebte das Leben eines armen Sünders, der sein Todesurtheil alle Augenblicke erwartet. Wir erwarteten heute den Durchmarsch der Truppen und waren unseres Schicksals ungewiß; alles, was wir hörten, ließ uns das Schlimmste fürchten. Die Rückkunft des Oberamtmanns und P. Großkellers, die ich erst um 4 Uhr erfuhr, beruhigte mich in etwas; doch brachten sie nichts zur bessern Hoffnung. Bald nach ihnen kamen Reiter, requirirten 20 Säcke Haber und nahmen, was da war; dann kamen Officiere mit einem Detachement, requirirten Fleisch, Mehl, Geflügel und 700 Bouteillen Wein. Allen mußte zu essen und zu trinken gegeben und was sie verlangten, ausgefolgt werden. Was übrigens in der Gegend für Grausamkeiten verübt wurden, kann in der Folge, wenn man das Nähere ersieht, zum Andenken angemerkt werden. Der General braucht nun einmal den Vorwand, die Bauern hätten sich widersetzt, und die Soldaten erlauben sich Excesse aller Art. Von Freiburg erfahren wir nichts, als daß Moreau mit der Hauptarmee daselbst eingerückt sei und daß sich die Truppen gegen Kehl ziehen. Die Officiere, die requirirten, drohten der Stadt eine Contribution von 100,000 Livres anzusetzen.

10. Am 14. October. Gestern war ein trauriger Tag, ein Tag voller Augst, Schrecken und Grausamkeit. Auf den Abend wurden noch 3000 Pfd. Brod requirirt. Diese abzuholen, kamen bei 18 Grenadiere, welche alle in's Abteigebäude hereindrangen, aßen und tranken, bis sie berauscht waren; unterdessen ward es Nacht. Man konnte nicht wissen, was die Unmenschen für fernere Absichten hätten. Ich sagte also dem P. Prior, daß die ganze Nacht hindurch einige im Convente wechselweise wachen sollten. Den P. Placidus ließ ich in der Abtei auf dem Kanapee schlafen, um in der Nähe zu haben. Heute in der Frühe konnte mir P. Großkeller das gestrige Leben und den Tumult nicht genug beschreibeu. P. Großkeller Karlman, P. Oberschaffner Karl und Fr. Joseph, welche in der Abtei waren, um alles zu besorgen, konnten den Tumult kaum mehr aufhalten. Alle drei verdienen Lob und Dank. Und ich bin nun genöthigt, einsam auf dem Zimmer zu sitzen, das Elend anzusehen, ohne es zu erleichtern, ohne es mit Anderen als durch Mitleiden theilen zu können. Gestern hieß es zwar, die Franzosen würden heute abziehen; man sagte mir, ohne jedoch den Urheber angeben zu können, die Oesterreicher sollen in Löffingen sein. Möchtest du doch, gerechter Richter der Menschen, mit den bisherigen Plagen zufrieden sein und Hilfe senden und uns gnädig retten. Wir leiden nicht mehr, als wir verdient, aber deine Erbarmungen sind größer als unsere Schulden. Rette uns und lasse uns doch diese Prüfung zu unserer Besserung gedeihen. - Nachrichten von Plündernug, Brennen, Schand- und Mordthaten. Die Leute verlassen und lassen ihre Häuser ganz leer stehen. Hr. Oberamtmann macht dem General die Anzeige von diesem Elende, mit dem, daß, wenn nicht gesteuert werde, alle Häuser leer und verlassen werden, wobei er mit seinen Truppen selbst werde leiden müssen. Nachmittags wird unsere Sauvegarde abgelöst, statt deren kommt ein Hauptmann und zehn Grenadiere, gerade von denen, welche gestern so viel Unfug getrieben. Es wird heute erzählt, die Kaiserlichen sammeln sich stark im Simonswalde, hätten schon auf die Platten patrouillirt. Da unser Bote nach St.Märgen kam, war der General mit der Reiterei gegen den Hohlengraben ausgerückt, um zu recognosciren. Von Waldkirch her hört man wieder ein Gerücht, daß die Kaiserlichen in großer Anzahl dort seien und längst in zwei Tagen hier sein werden. Gott gebe, daß die Nachricht gegründet sei und die Aufführung gelinge. Des andern Tages ward diese Nachricht durch gewissere Berichte widerlegt. In Elzach soll kaiserliche Reiterei stehen, auch durch den Kilbach und etwas im Simonswald; ein Piqnet von Bauern auf dem Kandel. Man machte Hoffnung, daß in zwei Tagen ein Stoß soll vorgenommen werden. - Die abgelösten Sauvegarden bleiben noch hier übernacht. Heute. 15. October, früh kam ein Hauptmann von einem Piqnet mit 50 Mann und wollte geradezu in's Kloster eindringen. Der Hauptmann von der Sauvegarde wies ihn zwar ab, doch mußte seinen Leuten zu trinken gegeben werden, und einige davon raubten in der Eile in einigen Bürgershäusern. Unser Hauptmann versicherte, daß es der Gebrauch dieses Hauptmanns sei, von seinem Piquete aus Rauben auszugehen.

11. Um 10 Uhr kam die Nachricht, Lecourbe habe St.Märgen verlassen und General Jordis sei mit der Arrieregarde eingerückt, unsere Sauvegarde ward zum Abzug nach Freiburg beordert. General Jordis schickte zwei Jäger hieher, ließ um Zucker, Kaffee und Obst zu seinem Gebrauche ansuchen. Ich schickte Hrn. Oberamtmann mit Fr. Joseph dahin, um eine Sauvegarde anzusuchen und für mich die Erlaubniß, wiederzukommen, da ich mich beim ersten Ueberfalle retirirt hätte. Also doch nun wieder ein Grund zur Hoffnung. Gott ist gut und verläßt die nicht, die auf ihn bauen. Die ganze Zeit hindurch war die Witterung außerordentlich stürmisch; Sturmwinde und häufiger Regen, wie es beim ersten Einmarsche der Franzosen auch war. Heute ward der Hummelbauer, der vorgestern von den Franzosen todtgeschossen worden, begraben.

12. Auf morgen sollten Fr. Bernard und Fr. Placidus die erste Messe halten und hatten seit drei Tagen in dieser Absicht sich hiezu vorbereitet. Ich ließ ihnen heute die Wahl antragen, ob sie morgen Privatmessen lesen, oder bis St.Ursulatag oder nächsten Sonntag warten wollten. Heute sollte keine solenne Vesper gehalten werden. Obschon morgen Kirchweih, ist morgen nur ein Choralamt, oder doch eine kleine Musik auf dem untern Chor. Das Anniversarium Dedicationis sollte verschoben werden bis auf gelegenere Zeit. Die zwei Patres entschlossen sich, ferner zu warten mit der hl. Messe. Mittags um 2 Uhr kam Lieutenant Beausse ganz unversehens auf mein Zimmer. Dieser war zuvor unser Sauvegard bei dem ersten Einfall und Durchmarsch der Franzosen. Ein rechtschaffener, braver Mann. Meine Freude war sehr groß, ihn wieder zu sehen. Sein Bruder und seine Schwester waren zu Engen gefangen worden. Er gab uns die Nachricht, General Ferino sei in Freiburg, Abbatucci mit dem Colonel Tursa in Zarten. Er war mit einer Patrouille hieher gekommen und machte uns nur einen Besuch. Ich hielt mich nun für erlöst von meinem Arrest und erschien wieder öffentlich. Unsterblicher Dank sei nun Gott, unserm Retter.

13. General Jordis hatte heute früh Obst, Zucker, Kaffee von uns begehrt. Fr. Joseph ritt hin, selbes zu überbringen -Hr. Oberamtmann konnte nicht mit ihm reiten - und um eine Sauvegarde zu bitten. Den General traf er nicht an. Der Küchenmeister nahm die Sachen zu sich. Zum Beweis, daß auch diese Requisition auf Angeben unserer Nachbarn geschah, dient ferner: Vorgestern trug man unserm Hrn. Oberamtmann Kaffee an; da er sich's verbat, sagte man ihm, man hätte es lieber, wenn die Officiere Kaffee tränken, aber sie wollten immer nur Fleisch und Wein; und jetzt, da einer Kaffee trinken will, läßt man hier requiriren. Auch ist es sehr wahrscheinlich, daß man in St.Märgen unsere Unterthanen angegeben, daß sie die Wege verhauen hätten, um allen Haß und alle Verfolgung auf uns zu legen. Ich merke derlei Betragen an zur Kenntniß der Nachbarschaft. Gott bewahre uns vor aller Rachsucht, aber wissen darf man doch, wen man vor sich hat, um nicht leicht und nicht zu viel zu trauen.

14. Um 3 Uhr kam General Jordis aus einer Recognoscirung mit mehreren Officieren und einem Trupp Reiter selbst hieher. Ich ging ihm entgegen und bat um seinen Schutz. Er war sehr gnädig, versprach uns Alles, ließ sechs Mann Husaren zur Sauvegarde hier. Man gab ihm eine Erfrischung und seinen Reitern einen Trunk. Ich erzählte ihm, welche Ravagen, Mordthaten, Brandstiftungen ec. schon geschehen wären durch die vorigen Volontaires. Er hielt sich sehr darüber auf, gab uns bessere Versicherung, so lange er hier wäre. Ein Husar hatte sich gegen Subordination verfehlt und, wie man sagt, das Gewehr gegen seinen Kapitän gezogen. Auf der Stelle ließ er ihm das Gewehr nehmen und ihn zu Fuß als Gefangener mitgehen. Er gab hier ferner Ordre, wo die Piquete in der Gegend hingestellt werden sollten. - Leichter leben wir hier nun wieder, seit Jordis hier ist, dem Jedermann das Zeugnis gibt, daß er Zucht bei seinen Truppen habe. Außer aller Gefahr sind wir noch nicht. Doch der gute und mächtige Gott, der bisher geholfen, wird uns auch ferner nicht verlassen.

15. October. Wir feierten sonst dieses Fest noch am Sonntag nach dem Rosenkranzsonntag in choro und solenn. In foro aber mußten es wie in ganz Oesterreich heute gehalten werden. Ich änderte dies, und ließ es auch in choro zu gleicher Zeit halten. Heuer aber ward weder in choro eine Solennität gehalten, ja nicht einmal eine Predigt, weil heute die ersten Messen hätten sollen gehalten werden, die nun verschoben worden; - noch bei Tisch, weil die Umstände der Zeit keiner auch noch so unschuldigen Freude günstig sind. Im Gegentheil war der heutige Tag gerade für, die hiesigen Einwohner, einer der nicht zwar schädlichsten, doch schrecklichsten. Es hatte sich heute früh ein Gerücht verbreitet, die Franzosen wären von St.Märgen abgezogen; man hatte gerade angefangen sich darüber erholen zu wollen, als vier Compagnien von Zarten durch Eschbach hier einrückten und Alles in Bestürzung setzten. Die Compagnien waren von der Brigade des General Jordis, und folglich besser als die vorigen. Einige versuchten zwar auch im Vorbeigehen etwas zu erhaschen; doch verhüteten es theils unsere Garden, die man ausschickte, theils auch die eigenen Officiere. Der Commandant beorderte einen Capitän zum Kloster, bis die Truppen passirt wären, ein rechtschaffener Mann. Wohin die Truppen eigentlich bestimmt, wissen wir nicht, doch scheint es, es dürfe zwischen hier und Neustadt eine Affaire vorfallen. Gestern hörte man hier sehr stark aus der Gegend von Kenzingen oder Endingen her kanoniren. Der Erfolg davon ist nicht bekannt. P. Großkeller war nach Zarten geritten, um den dort stehenden Colonel Tursa zu complimentiren. Er konnte das Elend nicht genug beschreiben. Alle Häuser sind leer und verlassen und Alles mit Truppen angefüllt. Da sich die Truppen in der Gegend vermehren, und zu fürchten ist, sie möchten am Ende auch im Kloster einrücken, so machte ich Auftakt, daß unsere Leute und Habseligkeiten alle ins Convent gebracht werden können. Ich ließ die Confratres ins Dormitorium ziehen, und im Kreuzgang mehrere Zimmer leer stehen, damit im Nothfall die Domestiken und die noch übrigen Habseligkeiten dorthin gebracht werden könnten. Herr, unser Gott ! Deine Hilfe ist oft am nächsten, wenn die Noth am größten ist. Laß es uns doch auch jetzt erfahren. Laß uns aus Erfahrung lebhaft überzeugt werden, daß du gut und mächtig bist, und die nicht verlassest, die auf Dich vertrauen !

16. Abends kam eine Patrouille von 10 Dragonern, worunter einer unserer vormaligen Sauvegarden war. Man mußte ihnen nun wieder zu essen und zu trinken geben. Sie forderten noch 100 Bouteillen Wein für ihre ganze Eskadron. Man gab ihnen einige Krüge. So geht es nun den ganzen Tag hier im Kloster. In wenigen Tagen sind wir ausgezehrt. Von dem Elende, das um uns verbreitet wird, kann ich jetzt nicht reden, jetzt schon die Leute zu uns, und jammern um Brod. Beinahe alle Häuser, die im Rohr aufgenommen, sind geplündert, einige abgebrannt, aus vielen die Leute vertrieben. Erst in der Folge kann das überall verbreitete Unheil in Erfahrung gebracht und zum Bedenken für unsere Nachfolger aufgezeichnet werden. Von Freiburg, von unsern Exposituren wissen wir gar nichts und fürchten Alles. Von Zähringen kam heute der Gärtner, der Weib und Kinder und die Kühe auf den Hornhof geflüchtet hatte. Im dasigen Gartenschlößchen sagte er, wären mehrere Officiere, die ihm gerathen hätten, noch alles, was er könnte, in Sicherheit zu bringen. Alles sei mit Soldaten angefüllt, die markgräflichen Orte seien nicht besser gehalten als die österreichischen. Viele redliche Soldaten bedauern selbst das Ungemach; allein es ist nicht zu helfen. Wenn die Truppen länger sich hier aufhalten müssen, so ist alles erschöpft und ausgezehrt. Doch werde ich nicht müde auf den Herrn zu hoffen; vor ihm ist kein Zustand hoffnungslos.

17. Mit jedem Tage nimmt unsere Angst zu; jeder Tag bringt neue traurige Nachrichten und vermehrt unsere Angst vor der Zukunft. Gott, gerechter Richter ! wir sind schuldig vor dir ! Was du thust, ist gerecht und wir unterwerfen uns deinem hl. Willen. Aber du erlaubest uns doch, zu dir zu stehen und du erhörest auch das Geschrei reumüthiger Sünder. Laß uns Erbarmung finden vor deinem Angesicht, und rette uns ! Verschiedene Nachrichten von größter Bedenklichkeit. Die Französischen Piquete stehen rings am Hochwald gegen die Platten zu, Kaiserliche streifen bis auf die Platte. Der Bote Franz Braun von Rastatt kommt zurück. Alles sei voll kaiserlicher Truppen; Prinz Carl selbst in Offenburg. Lieutenant Beausse wird vom Colonel Tursa hierher geschickt, theils als Gast, theils auch zum Schutz hier zu sein. Von Freiburg die traurigsten Nachrichten. Unser Hof ist erschöpft und fast alles ausgezehrt. Es sollen meistens gegen 100 Mann drin liegen. Die Inwohner von Zähringen haben größtentheils den Ort verlassen; Viele sind aufs Lindle mit dem Vieh geflohen. Gott ! Gott ! allmächtiger Gott ! erbarme Dich unser !

18. Nachmittags um 2 Uhr ward Lieutenant Beausse schon wieder abgerufen. Die Pferde des Gen. Jordis waren hier bei der Schmiede. Eilends wurden sie durch Ordonnanz abgefordert. Aus allen Seiten soll ein Angriff geschehen sein; man hörte hier von mehreren Seiten her stark kanonieren. Vielleicht entscheidet der heutige Tag unser Loos. Gott sei uns gnädig ! Dem Hr. General Jordis schickte ich einiges Obst durch die hier gewesene Ordonnanz. Gegen 6 Uhr hörte man die Trommeln und Pfeifen. Es schien, die Franzosen fingen an zu retiriren. Alles war voller Angst und Sorge; der Maréchal des Logis von unsern Sauvegarden beruhigte uns; er verlangte die Patres im Convente zu sprechen. Ich führte ihn hinein, da gerade alle zum Tische zusammenkamen. Er beruhigte sie; sie sollten nichts fürchten; er werde uns nicht verlassen, bis alle Truppen vorbei defilirt seien; ja er würde sich eher von den Oesterreichern fangen lassen, als von seinem Posten weichen. Der edle Mann bewies es auch in der That mit seinen braven Kameraden. Während er im Convente redete, fuhr der Wagen des Generals hier vorbei nach Eschbach. Sechs Pferde wurden nachgeführt, und eine Eskorte von Reitern mit Officieren. Diese wollten mit Gewalt ins Kloster eindringen. Er stellte sich mit seinen Kameraden vor die Pforte, widersetzte sich der Gewalt mit gezücktem Säbel, und mit Lebensgefahr wies er die Truppen ab. - Es will uns nun wieder einige Hoffnung aufgehen. Nie werden wir Gott genug danken können, wenn wir diesmal gegen alle Wahrscheinlichkeit gerettet werden. Unsere Nachfolger sollens wissen und nach Jahrhunderten Gott noch danken. Die Gefahr war größer als ich sagen kann und wahrscheinlicher, als ich vor dem ganzen Convente mir zu sagen getraute. Das Wetter heitert sich auf. Man sieht wieder einigen Sonnenschein. Herr ! laß auch uns den Tag der Rettung aufgehen.

19. Bei eintretender Nacht, da wir schon glaubten, die Truppen könnten retirirt sein, sah man wieder die Wachtfeuer, wie in vorigen Tagen, am Hochwalde, gegen Hochrütti, im obern Ibenthal, und am Hugsberge, und eine ganze lange Reihe am Hohlengraben. Ich ermahnte die Patres, wechselweise zu wachen und zu beten, daß uns der gütige Gott doch noch ferner erhalten und retten wolle. Die bisher gewiß auf nur wunderähnliche Weise erhaltene Hilfe mahnt uns zur Hoffnung auf die Zukunft. Es war gerade die Zeit der Collation, da der größte Lärm wegen des Rückzuges entstand. Da Jedermann zu unruhig war, als daß man der Lektüre ausmerksam zuhören konnte, dispensirte ich von der Lesung und gestattete, daß man reden dürfe; welches vielleicht, so lange das Kloster steht, nicht geschehen. Die Umstände schienen es zu erheischen. Die Herzen waren zu voll. Die Lection wäre von Niemand ausmerksam gehört worden. Man wollte sich mittheilen.

20. Fest des hl. Lucas. 18. October. Wir hatten gestern gehofft, der Rückzug dürfte diese Nacht geschehen; allein heute früh brannten noch alle Wachtfeuer auf den Anhöhen. Die Gefahr ist also noch nicht vorüber aber auch unser Vertrauen auf Gott hört nicht auf. Bisher hat Gott geholfen; er wird es ferner thun, denn er ist gut, und seine Erbarmungen ohne Schranken. Der heutige Tag dürfte also wohl entscheidend sein; und wenn er glücklich für uns, wenn wir heute befreit werden, so soll dieser Tag durch eine immerdauernde Feierlichkeit empfohlen werden unsern Nachkommen, damit auch diese Gott noch preisen. Man seufzet mit Schmerzen nach Rettung, wenn man im Gedränge ist, aber man vergißt auch gar zu bald die Wohlthat der Rettung, wenn man nicht von Zeit zu Zeit daran erinnert wird. Unsere Gefahr war fürchterlich groß und lag uns auf dem Halse. Seit 8 Tagen in den Händen der Franzosen, die ganz erbittert anrückten, bei der allerschlimmsten Witterung und noch dazu an allen Lebensmitteln Mangel hatten. Rings um uns alles ausgeplündert, die Leute meist von Haus und Hof vertrieben, und wir bestehen noch, noch ist der Gottesdienst nicht unterbrochen worden. Wahrlich einem Wunder ähnlich ist unsere Rettung; man ist gezwungen, den Schutz Gottes hierin zu erkennen. Mehrmal wollten streifende Horden mit Gewalt eindringen; Gott gab uns redliche Sauvegarden, die jene abwiesen. Wenn je unser Kloster noch ferner dauert, und künftig einer meine Ephemeriden liest, so sei er überzeugt daß die Gefahr unsres Untergangs nahe, sehr nahe und sehr groß war und schrecklicher als ich sie beschreiben kann. Man wird sie noch aus den Protokollen der geschehenen Excesse, die ich werde aufnehmen lassen, besser einsehen. - Jeder unser Nachfolger sei auch überzeugt, daß nur Gott uns retten konnte, nur Gott uns gerettet hat; und er preise die allgütige Vorsehung, danke unserm Vater im Himmel, er erwecke dadurch sich selbst und andere zum Eifer in Erfüllung seiner Standespflichten. Gott bewahre alle unsere Nachfolger vor ähnlichen Gefahren. Glücklich, wer nie aus der Geschichte so eine Lage, in der wir lebten, kennen lernt, und glücklicher noch, wer sich durch historische Kenntnisse zur Dankbarkeit gegen Gott erwecken läßt, dem die gütige Obhut der Vorsehung, die ihm die Geschichte zeiget, und wovon die Geschichte unsers Klosters soviele Beispiele hat, zum lebhaften Beweggrund eines unerschütterlichen Vertrauens auf Gottes Macht und Güte, zum Beweggrund dankbarer Liebe gegen Gott, und unveränderlicher Treue in Erfüllung seiner Pflichten wird.

21. Am 18. Vormittags viel Regen. Alles ganz stille. Man hörte und erfuhr nichts. Nur der Wolfstieger Bauer kam und klagte, es wären ihm in der Nacht 4 Stiere gestohlen worden. Man konnte ihm nicht helfen und nicht rathen. - Auch kamen einige Männer von Zähringen, die aufs Lindle geflüchtet, und suchten Brod, man gab ihnen einen Laib. - Am Mittag kam Lieutenant Beausse zurück, brachte ein Schreiben von P. Basil voll des Jammers. Der Haber und fast gar alle Lebensmittel sind im Petershofe ausgezehrt. Meist sind 50, 60 bis 100 Mann im Hause, auch täglich 30 Pferde. Die PP. Thaddä, Beda, Basil gedenken das Haus zu verlassen. Gott, unser Gott ! was ist zu thun ? Du hast es so verordnet, dein unerforschlicher Wille sei angebetet. - Die Sauvegarden wollten im Convente speisen. Sie saßen am Fratertische. Es wurden im Anfange einige Verse aus der Bibel gelesen, alsdann dispensirt. Am Ende las Fr. Joseph eine Stelle aus dem Télémaque über das Unheil des Krieges vor.

22. Von Mittag an fand ich nicht mehr Muße, die Geschichte des heutigen schrecklichen Tages aufzuzeichnen bis auf den 27. Oct. Unterdessen hatte ich schon soviel gehört, gesehen, selbst erfahren und ausgestanden, lebte in einer solchen Verwirrung, daß mir diese Zwischenzeit von 8 Tagen wie 8 Jahre vorkommt, und ich mich mit Mühe des heutigen Tages erinnere.
 Es hatte das Ansehen, oder wir hatten die Hoffnung, dieser Tag werde uns retten; es wurden auch heute die Patrioten zurückgeschlagen; allein nun erst stürmte alle Verwirrung des Krieges auf uns ein, ohne den heutigen und die drei folgenden Tage wüßten wir in der That, was das Kloster betrifft, wenig vom Kriege zu sagen. Der Kanonendonner fing an, ich weiß nicht um welche Stunde Nachmittags. Er kam uns näher; und bald sah man mit dem Fernrohr Truppen am Walde auf der St.Märgener Straße herrücken. Wir hatten gehofft, die Patrioten würden über Wagensteig sich zurückziehen; allein der Rückzug war uns verhängt. Vor unsern Augen geschah das zweite Gefecht dieses Tages. Die Patrioten stellten sich theils beim obcrn Ibenthal, Huloch und auf unserm Hochacker auf. Wir glaubten sie würden von einem österreichischen Corps verfolgt, aber zu unserem Unglück war es das Condeeische Corps, welches von Neustadt theils durch Josthal theils auf anderem Wege dem Hohlengraben zueilte, und die Patrioten von da vertrieb; nur zwei österreichische Compagnien waren dabei von dem Regimente Wartensleben. Sobald man den Rückzug sah, eilte Lieutenant Beausse hinauf, zum Auskundschaften, der Maréchal des Logis schickte eine Ordonnanz dem Schauplatze zu; der wackere Mann tröstete uns, versprach uns bis zum letzten Mann zu bleiben und uns zu schützen, und er hielt Wort, der edle Mann.
Die Condeer hatten sich vortheilhaft mit ihren Kanonen auf die Höhe des Hugsberges gestellt. Nun fing der Kanonendonner an vor unserm Angesichte. Man sah zu jedem Schuß ins Feuer. Es war fürchterlich zu sehen und zu hören; doch da es, wie wir glaubten, das Geschütz der Unsrigen war, so vermischte sich Freude und Hoffnung mit dem Schrecken. Die Condeer sagten, sie hätten 10 Kanonen gehabt, die Patrioten 3. Jene standen auf der Anhöhe, diese in der Tiesf zum Theil im Thale. Letztere mußten weichen, nachdem das Gefecht etwa eine Stunde gedauert. Der Rückzug geschah in ziemlicher Ordnung an unserm Kloster vorbei, dem Eschbache zu. Um den Rückzug zu decken, formirten sich die Patrioten noch einmal auf unserm Hochacker vor dem Schweighofe; unser Schrecken vermehrte sich. Der letzte Trupp stellte sich im Hinterhalte zwischen unserm Schweighofe und den Schweinställen; mir war bange für den Hof. Sie feuerten auf den Feind, es war die Compagnie von Wartensleben - und eilten zurück. Nun fing das Schießen aus kleinem Gewehre und um das Kloster herum an. Ueberall hatten sich kleine Trupps versteckt, die beim Ankommen der Condeer feuerten und davon zogen. Die Gegend war vom Feinde verlassen; wir glaubten uns erlöst; wir fingen an uns zu fassen und Gott zu danken. Allein unser Unglück fing nun erst an. Die paar ersten, die ins Kloster kamen, waren ein kaiserlicher Officier und ein paar Gemeine. Sobald wir Kaskete sahen, glaubten wir noch immere es komme ein kaiserliches Corps allein bald kamen auch Condeische, und wir hörten, daß das Condeeische Corps einrücke; vieles verlor sich von unserer Freude.

23. Bald kam ein Officier mit der Anzeige, er sei mit 12 oder 24 Mann vom Duc d´Enghien zu unserer Sauvegarde bestellt, damit Niemand ins Kloster komme, als wer zur Suite gehöre. Dieser war in der Folge selbst einer der unartigsten. Dann ward der Duc selbst angesagt. Der Oberst Grünstein, der Unmensch, traf die Anstalten. Nun fing jeder der kam schon an zu essen und zu trinken. Es kamen Commissäre, die forderten ungeheuere Verpflegung und alles tout de suite, alles in Eile, als wenn man erschaffen könnte. Man gab und sprang, kochte, metzgete und backte. Die Sauvegarde, anstatt das Thor zu hüten, preßte selbst, und jeder gab sich für einen Gardisten aus. Der Duc kam endlich, ein sehr junger Herr ; er sprach gut deutsch. Ich führte ihn auf mein Zimmer, bis das grüne geputzt war. Ich erklärte ihm die Wege, redete von den Posten, die meines Erachtens besetzt sein sollten. Der Erfolg zeigte, daß man nicht sorgfältig genug recognoscirt, noch die Piquete mit aller erforderlichen Klugheit aufgestellt habe. - Die Armee lagerte sich auf dem Hochacker und auf der Viehweide. Ein Piqnet zwischen dem Spittel- und dem Muckenhof; eines gegen dem Horn; die übrigen weiß ich nicht.

24. Nun ging der Lärm auf unsern Höfen, im Wirthshause und hauptsächlich in unserm Abteigebäude in der Küche und im Keller an. Ein Detail kann darüber unmöglich gegeben werden. Man forderte und nahm, man gab aus allen Händen was man hatte und Niemand war zufrieden. Alles ward durch die schlechte Wache eingelassen; der untere Gang und der Hof mit Pferden besetzt. Die Verwirrung war greulich; jeder gab sich für einen Officier, jeder für einen von der Suite des Prinzen aus, jeder forderte und jeder mit Impertinenz und wollte auf der Stelle bedient sein. Des Laufens, Schreiens, Befehlens, Forderns war kein Ende. Und Niemand war, der Ordnung machen wollte oder konnte. Außer dem Kloster war es noch ärger. Die Soldaten nahmen wo sie fanden und was sie fanden. Heu, Milch, Brod, Eier, Schweine, Holz. Es wäre vieles zu verzeihen, die Armee muß gelebt haben. Allein sie behandelten uns geradezu feindlich, und machtens nach Jedermanns Geständniß ärger als die Patrioten. Es war manches nicht anders möglich. Sie mußten z. B. Hütten haben; nun nahmen sie unausgedroschene Garben, wo sie fanden, und machten sich Hütten damit. Dem gemeinen Mann wäre vieles zu verzeihen; aber von Officieren und Edelleuten hätte man doch ein bescheideneres Benehmen erwarten dürfen. Keine Vorstellung ward angenommen, man wollte von uns alles haben, wollte das ganze Corps von uns verpflegt wissen. Die Nachbarsleute waren meist entflohen; man konnte nicht einmal Boten auftreiben, um Befehle zu geben. Zum Glücke hatten wir einigen Brodvorrath und etwas Fleisch; aber alles war fast im Augenblicke verzehrt. Wenn wir vorstellten, man möge doch unsere Lage betrachten, wir seien auf der Einöde, wir hätten keine Vorräthe, man möge Geduld haben bis morgen, man werde alles Mögliche thun, so hieß es nur: die Armee müsse gelebt haben; der Kaiser gibt uns nichts und wird für uns bezahlt. - Doch ich kann und mag den Gräuel nicht beschreiben. Einige unter den Condeeren sahen es selber ein; einige wollten helfen und konnten nicht. Der Duc selber konnte nicht. Man sagte mir in der Folge, selbst ein Condeer sagte es: Ihr Corps hätte nicht Befehl gehabt, bis nach St.Peter vorzurücken; allein es habe geheißen, da fänden sie noch etwas, und deswegen seien sie vorgerückt. Major Bernard bekam Gezänk mit andern Officieren wegen der ungeheuren Unordnung, und wollte des andern Tags seine Demission von dem Prinzen nehmen. Gewiß 200 Personen und noch mehr liefen nur in der Abtei herum und forderten zu essen; den meisten wurde etwas gegeben. Wenigstens haben übefr 100 in der Abtei gegessen und getrunken; theils ein Stück Fleisch, theils Käs, theils etwas anderes; wo man mich oder einen andern Pater sah oder einen Bedienten, forderte man Fleisch, Brod, Wein, Käs, oder gerade zu essen für so und so viel. Alles ward mit Undank angenommen, was man that und thun konnte. - Ich selbst konnte erst des andern Tages oder in der Nacht um halb ein Uhr etwas zu essen bekommen; da ich ganz abgemattet war, aß ich einige Löffel voll Eiermus in P. Karls Zimmer. Der Prinz hatte für 12 Personen die Tafel bestellt. Es wurden ihrer 18 bis 20. Alle hatten Hunger; das Aufgetragene war zu wenig; man forderte, und da man nichts mehr hatte, mußten noch zwei Omelette gemacht werden. Man forderte fremde Weine; da wir keine hatten, so gaben wir ihnen rothen Landwein, der verachtet aber doch getrunken wurde; und nun wollte jedermann davon. - Das insolenteste Volk war der Trupp der Bedienten; eine Menge gaben sich für Bediente des Prinzen aus; alle preßten und forderten und waren mit nichts zufrieden. Alle Augenblick lief einer daher, mit dem Vorgeben, der Prinz fordere dieses und jenes; es mußte gegeben werden, und die Bedienten verzehrten das Meiste. Unsere Hoffnung war noch, daß die Sache nicht lange dauern werde. Es hieß, des andern Tags werde das Corps vorrücken, allein auch diese Hoffnung war eitel. Gegen 2 Uhr Nachts ward ein bischen Ruhe. Alles wag ich sagen kann ist nur ein Schatten von der Wahrheit.

25. Am 19. October früh wird die Anzeige gemacht. Prinz Condé werde alsobald ankommen. Das Brod wurde ausgetheilt. Der Tumult fing an, wie er gestern geendet hatte; mit unaufhörlichem Begehren und fordern. Zum Unglück konnte man keine Milch auftreiben. Um 7 Uhr hörte man schon stark kanoniren, von der Hölle her, wo General Fröhlich steht und angegriffen hat. - Alles war in einer entsetzlichen Unordnung. Man forderte unmögliche Dinge, und da sie nicht konnten geleistet werden, so ward geschimpft und gedroht. Alles lief untereinander; das Haus war voller Leute, die sich Officiere nannten. Die Bedienten des Prinzen Condé und des Duc de Berry, welche um 9 Uhr hierher kamen, nahmen nun die Küche ein, unsere Mägde zogen ab; alles war ihnen überlassen. Im Keller mußte man den ganzen Tag Wein austheilen; es kam und trank, wer konnte; man schleppte weg mit sammt dem Geschirre allein ich bin gar nicht im Stande, die Unordnung und den Greuel zu beschreiben. Gestern hofften wir, errettet zu sein; allein nun geschieht alles, was wir fürchten. Gott ! du hast es so verhängt; dein Name werde gepriesen, angebetet dein heiliger Wille.

26. Erst nach dem Abzuge zeigte sichs, welches Unheil diese Unmenschen angestellt hatten. Sie ruinirten und raubten noch was sie konnten, sie drohten mit förmlicher Plünderung und Anzündung. 1). Großkeller verbarg sich; P. Karl endlich auch. Da P. Großkeller sich einigemal geäußert hatte, er werde sich entfernen, so vermuthete ich dieses. Ich wußte mir am Ende gar nicht zu helfen; wo ich mich immer sehen ließ, liefen 5, 6 bis 10 daher, forderten Fleisch, Brod, Wein, Kaffee ec. und wir hatten nichts mehr. Einige edle Männer fanden sich doch. Ein alter kranker Major, der mich zu trösten suchte, sehr Antheil an unserm Unglück nahm, ging selbst zum Maréchal des Prinzen und ersuchte ihn Ordnung zu machen. Dieser that aber nicht viel, sondern glaubte überall Ordnung zu finden, da er Niemanden stehlen und tumultiren sah. Er wies die Leute vom Keller und von der Küche ab. Endlich ein alter Edelmann, der eine Muskete trug, dem ich ein kleines Stückchen Brod geben konnte. Er weinte beinahe selbst mit mir und war mit dem Stückchen Brod zufrieden. Da ich ihm noch ein Stückchen Brod geben wollte, vermehrten mirs sogar die Bedienten des Prinzen, und gaben vor, dies Brod sei für den Prinzen bestimmt. Ich unterlag endlich auch und verschloß mich in mein Zimmer; ich weinte vor Gott und empfahl ihm unser Schicksal. - Indeß kam der Prinz Condé und ging wieder ab mit dem Duc de Berry, ohne daß ich einen davon gesehen hatte. Beiläufig um 10 Uhr war's, da sie vorrücken wollten, und gerade rückte die garde noble, welche Condé selbst bei sich hatte, an, zu deren Verpflegung mit zwei Ochsen, gesottenen Erdbirnen, etwas Brod, so viel man haben konnte, und Wein, welcher im Wirthshaus sollte ausgetheilt werden, Anstalt gemacht worden war, wozu ich einen schriftlichen Befehl von dem Commissär erhalten hatte.

27. Auf einmal fing, anstatt des Vorrückens, eine schnelle Retirade an. Die Patrioten hatten die Zeit besser benützt. Unterdessen, da die Condeer hier aßen, tranken und uns mit der ganzen Nachbarschaft plagten, hatten jene sich durch die Wagensteig hinangezogen, um diesen in den Rücken zu fallen. Die Condeer wollten sich neben dem Schweighof und Hochacker postiren und hatten sich schon in Ordnung gestellt, allein sie hielten nicht Stand. Ehe man sich's versah waren sie weg, und die Patrioten rückten ein. - Nun ging erst die Verwirrung und der Jammer recht an. In Eile berief ich die Patres zusammen, stellte ihnen unsere Lage vor, und fragte sie um ihren Entschluße ob wir bleiben oder das Kloster gar verlassen wollten. Es schien, es würde eine Schlacht gerade beim Kloster geschehen; alle waren entschlossen hier zu bleiben. Nun kamen auch P. Großkeller und P. Karl wieder zum Vorschein; jener mit einem langen Messer versehen, die Nebelkappe auf dem Kopfe, entschlossen fortzugehen. Ich sagte ihm unsern Entschluße der ihm im Anfang nicht gefiel; bald gab er den Entschluß: Wenn man bleiben wolle, so bleibe er auf seinem Zimmer; jeder solle auf seinem Posten bleiben. Ich wollte im Convente bleiben; P. Carl bei mir; P. Karlmann gab ich einige beherzte Männer zu, den Baumeister, Schmid, untern Müller, Schreiner und Metzger. Der Kutscher war mit zwei Pferden entflohen; mit ihm ein Conventsdienere Mathias. Fr. Joseph ging auch zum P. Großkeller, um beim Anrücken der Patrioten eine Sauvegarde zu begehren. Indeß flüchtete sich aus der Bürgerschaft alles ins Kloster. Ich ließ ihnen im untern Gang Zimmer anweisen. Weiber, Männer, Kinder alles kam zusammen. Der Jammer und Schrecken ist nicht auszusprechen. Da wir voller Angst und Schrecken das Schlimmste erwarteten, schickte uns die Vorsehung Trost durch einen grundehrlichen Mann. Cormontrant Margit, maréchal des Logis du 4eme régiment des Chasseurs, heißt dieser wackere Mann, der vor einigen Tagen die Sauvegarde kommandirte bei uns, der als er dem Kloster nahe kame selbst den General ersuchte, als Garde das Kloster beschützen zu dürfen. Er erhielt sogleich den Befehl und tröstete und schützte uns. P. Großkeller erwartete den General im Vorbeireiten und erhielt von ihm noch drei Mann, und so blieb wenigstens das Kloster in Ruhe. - Aber Aengsten hatten wir immer vor der Bataille, die hier nothwendig geschehen mußte. Man sagt, der Duc d´Enghien habe expreß das Kloster schonen wollen. Die Condeeischen Truppen zogen sich zurück bis an den Hugsberg, und da fing die Kanonade wieder an. Es entstand ein sehr heftiges Gefecht bis ohngefähr um 4 Uhr. Da kam der General hierher, um zu speisen. Man hielt die Sache für geendigt, als eine Nachricht kam, die Patrioten hätten ihre Position verlassen müssen. Schnell eilte der General wieder fort und blieb beiläufig eine Stunde lang weg. Sie konnten sich nicht halten und lagerten meist auf dem Hochacker und auf der Kuhweide. Der General speiste mit einigen Officieren bei uns. Derselbe heißt Montrichard; er hatte ohngefähr 12 Ordonanzen, die Wache und die Sauvegarden. Alles war im Kloster still und ziemlich in Ordnung, so groß unsere Furcht gewesen war. Man mußte der Wahrheit Zeugnis und den Patrioten das Lob geben, daß sie uns viel menschlicher behandeln als die Condeeischen. - Außer dem Kloster aber gings sehr traurig zu. Mir ist noch nicht alles angezeigt, in Eschbach soll gesengt und gebrannt worden sein. P. Franz war heute früh hierher geflohen aus Furcht vor den Patrioten. Er wollte mit den Condeeischen wieder zurück, kam in die Retirade; wo er nun ist, weiß ich gar nicht. - (Er floh nach Urach.) -, Aus unserm Maierhofe wurden Garben und Heu verschleppt, alles unter einander geworfen. Schweine gefangen und gemetzget. Das Vieh trieben wir zusammen in den Klostergarten, wo auch Schaafe, Ziegen und ein Mutterschwein waren. Erst am folgenden Tage machte ich Anstalten, daß die Kühe in dem Holzschopfe untergebracht wurden. 

28. Von Neukirch kam heute (20. Oct.) die tröstliche Nachricht, daß dieses Haus gar nichts gelitten habe. Waldau hingegen rein ausgeplündert sei.
Der heutige Tag war uns in seinem Anfang theils glücklich, theils auch fürchterlich, gegen Abend kam die Nachricht, daß der heutige Tag der Anfang unserer Rettung sei. Heute in aller Frühe, ehe ich noch ausgestanden war, zogen die Patrioten gegen alle Erwartung ab; ehe man sich's versah, waren sie weg. Die Ursache des schleunigen Abzugs war der glänzende Sieg, den Prinz Carl gestern bei Waldkirch errungen hat. Wir hörten hier die fürchterliche Kanonade. - Nun geriethen wir aber in neue Angst wegen den Condeern, die nun wieder hierher zurückkommen mußten, von denen wir wieder größere Plackereien als von den Franzosen selbst zu fürchten hatten. Wir entschlossen uns eine kaiserliche Sauvegarde zu suchen, da gerade der erste Soldat, der ins Kloster kam, ein kaiserlicher war; diesem gab ich ein Schreiben an den Obersten mit. Der hier angekommene k, k. Wachtmeister hatte auch sogleich die Güte, einige Reiter hier zu lassen, bis die Garde ankommen würde. Da wir nichts anderes als eine Plünderung von den Condeern selbst erwarteten, und hörten, daß sie in St.Märgen alles ruinirt haben, so retteten wir noch ins Convent, was wir konnten. Ich selbst entschloß mich, da ich ohnehin gar nicht wohl war, ins Convent zu gehen. P. Carl wollte auch nicht mehr bleiben. Ich bestellte den P. Prior, PP. Joseph, Plazidus, Bernard und Sebastian, zu besorgen was möglich wäre. - Nun kam die Ordre, der Duc d´Enghien werde hier zu Mittag speisen. Es kam auch die kaiserliche Sauvegarde und fast zu gleicher Zeit die französische. Nun entstand ein entsetzlicher Lärm. Jede Sauvegarde wollte den Posten behaupten. P. Gr, und H. D, protestirten einigermaßen gegen die Condeeische Sauvegarde, da diese uns das vorigemal nicht nur nichts genützt, sondern noch viel geschadet hat, und der Officier der dabei war, einer der unverschämtesten gewesen. P. Großkeller ereiferte sich sehr, und sagte ihnen derb die Wahrheit. Ein gewisser Husarenoffieier - Oberst Grünstein - war äußerst grob, schimpfte und machte Vorwürfe, wir seien, Patrioten, wir hätten sollen davon laufen, wir hätten keine Emigranten aufgenommen; woraus P. Großkeller versetzte, sie hätten doch selbst einen Mann bei ihrem Corps, dessen Onkel 1 ½ Jahre bei uns gewesen. Kurz es kam beinahe zum Gefechte. Der Oberst Grünstein stellte seine Leute en ordre de batailie. Inzwischen kamen Generale. Ich verfügte mich zu ihnen, und erzählte was wir gelitten hätten, entschuldigte einige Ausdrücke, die man gebraucht hatte, bat um Sicherheit für unsere Person und Gebäude, um Ordnung im Hause, erzählte ihnen die Patrioten hätten uns sehr honett behandelt; gar nichts zu leide gethan; freilich wäre außer dem Kloster ravagirt worden ec. Man versprach diesmal Ruhe und Ordnung, und in der That war es auch besser; es wurde nicht so viel Volk in die Abtei eingelassen. Der Duc kam beiläufig um 2 Uhr oder etwas später und speiste zu Mittag. Auch nahm er für die Nacht Quartier. Bei Ankunft des Duc mußte die k, k. Sauvegarde abziehen; doch nützte es uns viel, daß sie nur dagewesen. Die Condeer scheuten sich nun und waren bescheidener. Beiläufig um 4 Uhr kam die Nachricht von der gestrigen glücklichen Schlacht durch einen Officier von Prinz Carl geschickt. Prinz Carl ist in Riegel, die Vorposten schon in Freiburg und beide Armeen sind nun vereinigt. Was die Patrioten für eine Position haben, ist noch nicht bekannt. - Für bessere Ordnung in der Küche wird nun gesorgt, die Domestiken konnten auch bleiben. Allein im Uebrigen kam wieder Jedermann und wollte essen und trinken. Alles, Alles ward aufgezehrt; Garben ab dem Hof getragen; alles Heu verzehrt. Man hat gar keine Aussicht mehr, wie man leben kann. - Nur Gott, der auch die jungen Raben speist, ist noch allein unser. Er weiß, daß wir Nahrung brauchen für uns und für das Vieh, das er zu unsrer Nahrung schuf.

29. October 21. Festum S. Ursulae. Nicht einmal konnte ich heute Messe lesen. In der Kirche war keine Solennität, nur stille Messe. Früh Morgens fing der Tumult an mit dem Frühstücken, und dauerte fort. Jedermann verlangte Brod und Wein. Man kann gar nicht sagen, was alles ausgezehrt worden. Die Commissäre erfuhren, daß noch Gerste hier sei, und nun mußte auch diese rein abgefaßt werden. Beiläufig um 9 Uhr kommen Nachrichten. Prinz Carl wäre in der Nähe Freiburgs, man sagte bis auf eine halbe Stunde; auch Fröhlich wäre in der Nähe Freiburgs. Nun wird die Ordre zum Aufbruch gegeben. Die Truppen ziehen ab; der Prinz auch. Man sagte zwar vieles vom Bezahlen, aber kein Kreuzer wurde bezahlt. Man beorderte zwar Garden, daß Niemand sollte ins Kloster kommen, auch von den vorbeipassirenden Truppen kein Mensch. Nun kommen eine Menge Leute, die vorgaben, sie wären Commandanten der Wache und begehrten zu essen. Kaum war der Prinz abgezogen, so kam ein Quartiermeister, und sagte Quartier an für den General Viomenil mit 400 Pferden. Man hat weder Nahrung noch Futter; ich weiß nicht, was zu thun ist. Alle Leute sind weg von den Höfen; kein Vogt, kein Bauer läßt sich mehr sehen. In der Eile ordnete ich noch, daß einiges Futter für unsre Kühe in's Kloster getragen werde, um noch auf ein Paar Tage selbe zu versorgen, bis man auf Mittel denken kann. Der General kam, versprach Wachen und alle Ordnung, wenn man leisten würde, was er forderte. Nun ging das Requiriren unmöglicher Dinge auf ein Neues an. Man hatte gar keine Attention darauf, daß man hier einsam ist, daß schon ein Vierteljahr lang der Schauplatz des Krieges in der Gegend ist, daß alles erschöpft ist. Man will satt und wohl bedient sein. Da dies nicht kann geleistet werden, so hat man den Prätext selber zu nehmen, wo man etwas sieht. Das ist die Ordnung, die man verspricht. Bis Mittagszeit war die Ordnung nicht viel besser, nachdem ich ein paar mal geklagt, und mit dem Adjutanten gesprochen, wurden geschärfte Ordres gegeben; Wachen für Küche, Keller und Bäckerei bestellt, und befohlen, gar kein Brod mehr abzugeben, den Wein bezahlen zu lassen. So ward nach und nach die Ordnung besser, daß man Nachmittags doch schnaufen konnte, und die Küchenmägde, die schon wieder entfliehen wollten, endlich doch noch ausharrten. Indessen ging das Requiriren von Heu, Gerste und Brod an. Da man in Eile nichts haben konnte, so ging alles wieder über das Kloster los; Heu ward genommen, wo man fand; den ganzen Tag ward gebacken, so daß die Bäcker endlich unterlagen. Gerste ward abgefaßt, was wir noch hatten. Was außer dem Kloster alles geschah, darauf konnte man jetzt noch gar nicht denken.
Gegen Abend kam die Nachricht, Prinz Carl wäre in Freiburg; die Patrioten ganz weg am Rhein. Auch Prinz Condé sei nach Freiburg vorgerückt. Nun ward der Abmarsch der noch hier gelegenen Reiter beschlossen. Die Redlichen unter den Coudeern trösteten uns nun selbst, daß es nicht lange mehr dauern werde. Schon die Hoffnung naher Erlösung belebte uns wieder. Der General speisete nicht zu Nacht. Dies gab uns einige Ruhe. P. Plazidus theilte den Wein aus, die Maas zu 24 kr, und erhielt diesen Nachmittag noch 25 fl. Ueber die ganze Consumtion und über den Verlust werde ich erst in der Folge einige Ueberschläge machen lassen.

30. Die gütige Vorsehung brachte endlich auch den Tag unserer Rettung. Heute (22. Oct.) früh um 7 Uhr brach alles auf. Dem General Viomenil gebührt doch der Ruhm, daß er die beste Ordnung unter den Condeern gehalten. Er ließ einen Officier zurück, der alles aus dem Kloster abziehen hieß. Der Abzug aus dem Kloster geschah ziemlich in Ordnung. Hr. General war so höflich, daß er mich noch aussuchen ließ, um von mir Abschied zu nehmen; ich war aber nicht zu finden, da ich gerade irgendwo occupirt war. Er zog ab, ohne daß ich selben noch sprechen konnte. So wären wir also einer fürchterlichen Plage los. Das Kloster stehet noch; nichts wurde gebrannt; im Kloster selbst, im Convente war ziemliche Ruhe die ganze Zeit durch. In der Abtei ward doch das förmliche Plündern verhütet.
Wenn man die Gefahr betrachtet, worin wir waren, den Rückzug der Patrioten am Kloster vorbei, den Angriff ganz in der Nähe, die Position der Patrioten auf dem Kreuzacker, das Kanoniren vom Hugsberge her, das Vorrücken der Patrioten aus dem Eschbach, bis an den Hugsberg, die Flucht der Condeer, den neuen Angriff und jene fürchterliche Kanonade, den endlichen Rückzug der Patrioten; das Einrücken der Condeer, das dreimalige Lager auf der Kuhweide und ganz um den Schweighof herum; wenn man diese Gefahr betrachtet gerade mitten, nicht aus dem Schauplatz des Krieges, sondern im Kampfplatze selber zu sein, so ist es nicht wohl zu begreifen, wie's nur möglich war, nicht ganz und gar ruinirt zu werden. Wir erwarteten alle nichts anderes, – und die gütige Vorsehung hat uns gerettet. Am Vorabend, vor dem Feste der hl. Ursula, unserer Schutzpatronin zogen die Feinde ab, ohne uns einen Schaden an Gebäuden gethan zu haben, ohne Plünderung. Die Condeer rückten ein, und waren zwar im Kloster viel gewaltthätiger als die Feinde. Sie bildeten sich ein uns gerettet zu haben, und maßten sich alles an, waren proterv dazu, drohten mit Rauben und Brennen, waren unersättlich im Begehren. Doch das zweitemal waren sie etwas besser. Es muß dem Prinzen selbst eine nachdrückliche Anzeige durch einen Ehrenmann von den begangenen Excessen gemacht worden sein. Hr. Major Bernard sagte mir, er selbst hätte die Demission verlangt, mit dem: „er schäme sich, bei einem Corps zu dienen, das solche Excesse begehe.“ Sei es aber wer es wolle, die Vorsehung hat es geleitet. Es ist Erbarmung Gottes über uns, daß wir nicht ruinirt worden sind. So viel wir Schaden gelitten haben, so stehet doch das Kloster noch; gestohlen ward uns viel, aber es ward doch nicht gewaltthätig geplündert. Die wiederholten abwechselnden Quartiere verurFachten uns eine große Consumtion; beinahe aller Vorrath ward aufgezehrt; und der Winter ist da; wir wissen nicht, ob und was von unsern Gefällen eingehen wird. Allein Gott ist Vater, und weiß was wir von Nöthen haben.

31. Nach Abzug der Truppen blieben noch zwei Kriegscommissäre mit einer Wache von neun Mann, verschiedenen Bedienten und Pferden, in allem noch 30-40 Personen und 15-20 Pferde auf Execution hier. Die Herrschaft sollte noch 1200 Sester Haber und 24,000 Pfund Brod liefern. Bis heute halfen alle Vorstellungen nichts. Nachdem endlich einige Ruhe hergestellt war, sprach ich nebst Hr. Oberamtmann mit ihnen. Wir stellten ihnen die platte Unmöglichkeit vor. Sie schienen Bedauren zu haben und die Lage des hiesigen Ortes zu begreifen, und versprachen endlich bis morgen abzuziehen, wenn ihnen bis morgen 9 Uhr noch 250 große Laib Brod zu 24 Pfund d, i. 6000 Pfund Brod geliefert würden; welches möglich schien, und wozu nun alle Anstalten getroffen werden. Der Haber wird von einem Haberhändler in Eschbach gekauft oder entlehnt; das Brod theils hier, theils von den Bauern, in jeder Vogtei eine gewisse Anzahl gebacken.

32. Nachmittags ging ich mit den Conventualen auf den Schweighof, damit alle selbst mit Augen die Verwüstung sehen, die wir erlitten hatten. Traurig sah es allerorten aus. Die Thüren waren erbrochen, den Domestiken die Kleider gestohlen, alles Geschirr aus dem Hause verschleppt; in den Ställen lag der Mist wohl zwei Fuß hoch von Heu und ungedroschenen Garben. Wohl 20 Wagen Heu waren hinweggetragen, gegen 1000 ungedroschene Garben und Stroh gar alles; alles vorräthige Holz, alle Verzäunung, auch vieles Nußholz verbrannte. Die Domestiken fingen nun an, wieder zu säubern, damit man doch bis Abends das Vieh wieder eintreiben konnte, welches nun drei Tage im Conventsgarten gestanden. - Und so sieht es beinahe in unserer ganzen Herrschaft aus. Von Waldau an bis ins Eschbach sind alle Bauernhöfe geplündert und ruinirt, nur einige wenige ganz abgebrannt. Gerade unsere kleine Herrschaft war dreimal der Kampfplatz, und fast 14 Tage lang des Quartier der französischen Arrieregarde, wenigstens einer Brigade, und des Condeeischen Corps, das schlimmer noch als die Feinde mit den Inwohnern umgeht. In Waldau und besonders aus dem Hohlengraben war die erste Attaque; die zweite zwischen St.Märgen vom Hugsberge bis hierher; die dritte beim Vorrücken der Patrioten wieder zwischen hier und St.Märgen. Vier Nächte war das Hauptlager wieder auf unserer Kuhweide und aus dem Hochacker. So blieb also in unsrer Herrschaft nichts, nicht einmal die abgelegensten Winkel, Glashütte und Wildgutach - als einige Höfe im Rohr verschont. - In Waldau ward der Pfarrhof geplündert; auch das in der Kirche verborgene Geld ward gefunden. Kühe und Schweine wurden noch gerettet. P. Ottmar mußte sich nach Urach flüchten. Das Nähere ist noch nicht bekannt. - In St.Märgen soll förmlich geplündert worden sein, nicht durch Patrioten, sondern durch Condeer. Die Geistlichen flohen bis auf drei, die standhaft ausharrten. Eschbach. P. Franz wollte von hier wieder zurück nach Eschbach, als die Condeer retirirten; er floh bis nach Urach, kam vorgestern wieder zurück, und heute hierher. Auch er ward geplündert. Er verlor einen silbernen Kelch, Weißzeug und Lebensmittel; doch rettete er Kühe und Schweine. Die Bauern versprachen ihm zu helfen, und das, was sie sonst den Terminanten gegeben, lieber ihrem Pfarrer zu thun. - Bürgerschaft. Es ist nicht zu sagen, wie traurig Alles aussieht. Man erblickt allerorts abgehärmte Gesichter, verweinte Augen. In der hiesigen Bürgerschaft sieht alles fürchterlich aus. Die Häuser wurden aufgebrochen, und alles, was beweglich war, weggeschleppt. Was die Leute noch ins Kloster geflüchtet hatten, blieb ihnen, das übrige war hin. Hätte man freilich dieses vorausgesehen, so hätte alles gerettet werden können. - Während wir hier in dieser traurigen Verwirrung lebten, hörten wir um uns herum täglich kanoniren. Prinz Carl, Deutschlands Retter schlug die Patrioten einmal übers andere, und rückte mit jedem Tag vor. Vorgestern stand er bei Kenzingen oder Denzlingen, gestern in Freiburg; heute soll das Hauptquartier schon zu Heitersheim sein. Gott segne ferner den jungen Helden, mache ihn nicht nur groß in Schlachten, sondern noch größer im Frieden. Er hat einen der glänzendsten Feldzüge gemacht, die die Geschichte kennt. Möchte er nur dadurch einen rühmlichen vortheilhaften Frieden erstritten haben.

33. Der ganze Hergang dient unter anderm auch als Probirstein der Treue und Ergebenheit sowohl der Domestiken als Nachbarn und Unterthanen. Schlecht haben sich gezeigt unsere Nachbarn zu St.Märgen, man darf wohl sagen Herren und Bauern. Unsere Unterthanen im Rohr, die doch wenig gelitten haben, zeigen sich auch nicht gut; man sagt, sie spotten noch der übrigen, welche viel Schaden erlitten. Die Franzosen selbst sagten aus, sie wären von Bauern aufgemuntert worden, es dem Kloster noch ärger zu machen. Der Schulmeister von Glashütte kommt sehr in Verdacht, den Verräther seiner Mitbürger gemacht zu haben. Mehrere sollen hier sein, die sich theils durch Theilnahme, theils durch Kaufen bei den Franzosen Vortheil gemacht. - Vorzüglich wohl haben sich gehalten und ihre Treue bewiesen Hr. Oberamtmann Mercy, der sehr thätig war, seinen Posten nie verlassen, wie der Amtsschreiber gethan hat. Euseb Wehrle, Vogt im Ibenthale, der sich stets ans Kloster gehalten, und der einzige aus den Vögten ist, der auch in der größten Gefahr treu geblieben.

34. Es ist nicht möglich, im Detail das Vorgefallene anzugeben. Nur noch einige Anekdoten. In Eschbach kamen drei Officiere, forderten 16 Louisd'or. P. Franz zeigte ihnen eine erhaltene schriftliche Sauvegarde, die sie zerrissen, und da er das Geld nicht hatte, so sagten sie nur, sie werden also plündern und öffneten das Thor; nun brach Alles herein. Sie nahmen, was sie fanden; stießen die Thüre in der Sakristei ein, nahmen einen silbernen Kelch, zwei Alben, Meßgewänder ec.; aus dem Hause war zum Glück das meiste gerettet. - Eben diese kamen zum Vogte im Styrenthale versprachen eine Sauvegarde um 20 Louisd'or. Der Vogt gab das Geld in bester Meinung; damit gingen sie fort, und überließen den Ort der Plünderung. - Nach Waldau kamen die Patrioten theils über Urach theils von Neustadt, setzten sich am Hohlengraben; die Piquete waren nahe am ersten Bauer. Vermuthlich angewiesen kommen sie ins Pfarrhaus; was nicht gerettet war, ward ihnen zum Raube. Immer wollten sie Geld erpressen; den Pfarrer, P. Ottmar, beraubten sie gar aller Victualien. Er blieb im Anfang unter ihnen, gab ihnen sein Haus preis. Am Ende auf Anrathen der Nachbarn, da man ihm sagte, man habe von den Franzosen selbst gehört, daß sie erst Nachts ihn recht quälen und Geld erpressen wollten, auch die meisten Leute entflohen waren, flüchtete auch er nach Neukirch und Urach. Der Schwabenbauer hatte eine Sauvegarde gesucht und erhalten; diese plünderte aber zuerst selbst. Sie drangen auch in die Kirche, sprengten die Sacristei auf, raubten was sie fanden. Ein ehrlicher Mann aus Urach kam ihnen zuvor, und trug alles Geraubte und zum Wegtragen aus den Altar Gepackte fort, da die Räuber auf der Kirchenbühne waren, stellte hernach der Kirche Alles wieder zurück. - Den Wein schleppten sie am Ende mit dem Faße weg. P. Ottmar hatte gar nichts mehr zu essen. Die Räuber brachten einen Laib Brode wovon sie ihm auf sein Ansuchen, ein Stück gaben, das ihm aber ein andere sogleich wieder raubte. - Auch in Waldau wurden alle übrigen viehischen Unmenschlichkeiten, die den Franzosen eigen sind, verübt; Weiber und Mädchen mißbraucht, nicht nur von einem sondern von vielen, daß die armen Geschöpfe halb todt liegen blieben. Hr. Pfarrer Fischer in Urach bewies alle Freundschaft gegen P. Ottmar, gab ihm Herberge und half ihm wieder mit Viktualien. Da Neukirch nicht viel gelitten hat, so wies ich den P. Nepomuk an, daß er dem P. Ottmar den nöthigen Roggen in seine Haushaltung geben solle. Der Verräther des Pfarrhauses zu Waldau soll sein ein gewisser Aloys Kreutz, Uhrenmacher aus der hohen Straße, St.Petrischer Herrschaft.

35. Die Excesse in der Unsittlichkeit beider Partien, der Patrioten und Condeer (doch scheint es die Patrioten seien in diesen Excessen viehischer gewesen) sind nicht zu beschreiben. Keine Weibsperson war sicher, jung oder alt, ledig oder verehelicht; auch schwangere Frauen schonten sie nicht nur nicht, sondern mißhandelten diese zuerst. Sie trieben ihre Schändlichkeiten öffentlich, und soviel ihrer waren, die eine Person antrafen. Viele Weibspersonen wurden so geschwächt, daß sie ohnmächtig liegen blieben und nachher noch der Hilfe der Aerzte nöthig hatten. - So viehisch wollüstig dies Volk war, ebenso unmenschlich grausam waren sie. Nur selten war einer durch das Bitten und Weinen erweicht; die übrigen zwangen die Leute mit Gewalt, prügelteu sie, hielten ihnen Säbel, Pistolen auf die Brust, an den Hals, zogen ihnen mit Gewalt die Kleider aus, ließen sie halb, auch ganz nackend davon laufen. Auch ging es nicht ohne gewaltsame Todtschläge unschuldiger Leute ab. Im Ibenthal ward der Hummelbauer erschossen, der ein Paar Schuhe nicht hingeben wollte und davon floh; in der Wildgutach ein alter über 70jähriger Mann ermordet, weil er kein Geld geben konnte. Von der Ferne hört man noch viel mehr Mordthaten. - Gewaltiges Rauben versteht sich von selbst; aber sie raubten nicht nur für die gegenwärtigen Bedürfnisse Victualien, sondern Alles, was sie fanden; zuerst Geld, dann Leinenzeug, am Ende Alles, besonders auch die Kleidung der Weibsleute, verkauften oft am nämlichen Orte die Sachen wieder, denn überall fanden sich schlechte Leute, in keinem Stücke war Ordnung unter dem Volke - allein man kömmt an kein Ende. - Bei dem Rückzuge der Patrioten hart am Kloster vorbei, ward die Anstalt getroffen, daß den Rückziehenden und Blessirten an der Pforte eine Erfrischung von Wein und Brod gegeben worden. Ein Officier der Patrioten beobachtete dieses und äußerte laut: „Das ist schön; diesem Schlosse - so nennen sie alle Klöster soll es lebenslänglich nicht vergessen werden.“ An einigen Orten, auch auf der Hochstraß, wo die Soldaten nichts mehr zu rauben fanden, raubten sie Kinder und zwangen die Eltern, ihnen dieselben wieder abzukaufen; wie sie es auch mit Pferden, die sie nicht fortschleppen konnten, gemacht haben. Von Waldau erzählt ein dasiger Bürger: Ein Französischer Officier hatte ihm beim Abzuge gesagt: Lasset euch, liebe Leute, doch nicht gelüsten, das Stroh, Heu ec. aus dem Lager zu euren Häusern zu nehmen. Ihr werdet euch dadurch unglücklich machen und eurem Viehe die Seuche zuziehen. Der Officier war ein Menschenfreund; wahrscheinlich entstand die Viehseuche, welche zehn oder vierzehn Tage nach dem Abzug der Truppen ausbrach, aus Vernachlässigung dieser Vorsicht.

36. Heute (23. Oct. 23. Sonntag nach Pfingsten) fingen wir wieder an, in die Ordnung zu kommen. Es ward wieder geläutet, der Gottesdienst wie gewöhnlich gehalten. Die Commissionen betreiben indessen die Prästirung der Requisition und eilten unglaublich, das Erhaltene wegzubringen. Wir hatten immer einen Verdacht, ob sie auch befugt wären, für Condeeische Truppen selbst zu requiriren. Der Verdacht ward durch ihre Eilfertigkeit vermehrt. Indessen kam vom Landhause eine Requisition auf fünf Tage von täglich 116 Sester Haber und 50 Centner Heu. Dies bestätigte unsern Verdacht. Ich eilte also nach Freiburg, die Anzeige zu machen und wo möglich es dahin zu bringen, daß diese eigenmächtige Condeeische Requisition in Beschlag genommen oder doch wenigstens unserer Herrschaft abgerechnet würde. Aus dem Landhause war Jedermann der Meinung. Ich ging zum Oberverwalter. Hrn. v. Smelovski, selber. Dieser bezeugte, Condé werde verpflegt und habe also keine Requisition zu machen; getraute sich aber doch nicht, die Lieferung zu arretiren, sondern rieth, man solle von Seite der Landstände sogleich die Anzeige an Prinz Carl machen. Der zugleich gegenwärtige Verpflegungsofficier schrieb sogleich das Quantum auf mit dem Zusatze, er werde der Condeeischen Armee soviel abziehen, und das von uns Abgegebene sollte dann von uns und den Landständen in solutum angenommen werden. So erreichte ich nun doch einen Zweck und die vom Landhause angesetzte Haberlieferung cessirt nun. Das Schlimmste ist noch bei den Condeeischen Commissären, daß sie nicht einmal für Alles quittiren, z. B, für Fleisch gar nicht, und dann ebensowenig für Alles, was nicht gerade an die Commissäre, sondern in Eile an die Truppen mußte abgegeben werden. Ebenso quittirten sie gar nicht für das an die Reiterei abgegebene Heu, nichts zu sagen von dem, was an die Pferde der Generale und Officiere mußte gegeben werden. - Ich ging heute noch zum Hrn. Präsidenten von Baden, der eben vom Hauptquartier des Prinzen Carl zurückgekommen war, wo er von Seite des Landes eine Vorstellung wegen der an das Land zur Verpflegung der Armee gemachten enormen Requisition eingegeben hatte. Prinz Carl war äußerst beschäftigt und verwies Hrn. von Baden an den Adjutanten Bellegarde und an die Obercommissäre mit der Versicherung, man sollte einmal das Mögliche thun; man werde sich begnügen, wenn auch nicht gerade Alles geleistet werde. Man müsse große Summen ansetzen, weil auch an die Reichsfürsten gar große Requisitionen gemacht werden. Es werde übrigens, wenn die Requisitionen nach und nach eingehen, eine solche Quantität aus dem Reiche zusammengebracht werden, daß auch für das Land über Verpflegung der Armee noch etwas zur Abwendung der Hungersnoth bleiben werde. Erst Nachts kam ich im Petershofe an. Hier und schon zuvor in der Stadt konnte man mir nicht genug sagen und erzählen, welches Unheil die Patrioten vor ihrem Abzug noch angestellt, wie groß der Lärm, die Furcht und der Schrecken in voriger Woche gewesen sei. Was den Petershof betrifft, hat P. Beda ein besonderes Tagbuch darüber geschrieben. Ging es zu St.Peter fürchterlich zu, so war's hier noch ärger. General Lecourbe, der auch uns in St.Peter mißhandelt, war hier im Hofe einquartiert. Die Stadt Freiburg trug redlich das Ihrige bei, den Hof zu ruiniren. Allein Gott kann und wird uns retten, wenn sich auch falsche Freunde und Feinde gegen uns verschwören; wir hören nicht auf, auf den Herrn zu hoffen. Lecourbe logirte in meinem Zimmer. Ich hatte noch verschiedene Kleidungsstücke, Sacktücher ec., eine Tabakdose von Similor ec. darin gelassen nebst verschiedenen Schriften, zum Theil unverschlossen. Ich fand, so viel mir bewußt, wieder Alles, auch zwei Hemden, die Sacktücher und die Dose, welche Dinge doch sonst den Franzosen ganz angenehm sind. Auch hatte ich ein goldenes Pectoral zurückgelassen; wo dieses ist, weiß ich jetzt noch nicht. P. Basil versicherte, er habe es noch vor Leccourbes Ankunft gesucht, aber nicht gefunden; es müsse in St.Peter sein. Ich vermisse als gewiß nichts als einen Hut, einige Landkarten; die Papierscheere war zerbrochen.
Die österreichische Armee avancirt täglich. Der Paß über Breisach ist abgeschnitten, vielleicht zu unserm Unglück. Die Patrioten haben nun den einzigen Paß über Hüningen. Kehl ist blokirt. Vorgestern schon sind 9000 Mann dahin zur Verstärkung abgegangen. Das Hauptquartier war gestern in Müllheim. Man sagt, die Franzosen hätten sich aus's Gebirg gegen Todtnau und Schönau hingezogen. Auch dahin sollen Truppen beordert und dem General Wolf eine Verstärkung in's obere Rheinviertel zugeschickt worden sein. Von der französischen Retirade und dem Aufenthalte der Moreauschen Armee kann nicht genug erzählt werden. Excesse aller Art, bisher unbekannte; wurden ohne Maß und Ziel verübt. Alle Häuser waren mit Quartieren angefüllt, unter diesen besonders die Häuser der Klöster, und der Petershof vorzüglich von der nachbarlichen Stadt mit Quartieren und Weinrequisitionen mitgenommen. Die Unordnung in der Stadt würde noch größer gewesen sein, wenn nicht der wackere General Tholmé wieder als Commandant gekommen wäre, der die von Moreau schon befohlene Plünderung noch soll gehindert haben. Im Anfange rückten die Franzosen vor gegen Waldkirch und Kenzingen. Am erstern Orte wurde Hauptmann Quenaudon gefangen. General Nauendorf machte aber in dieser Gegend den Franzosen einen fatalen Streich; er retirirte sich in ein Thal, versteckte aber einige Reiterei, und da ihn die Patrioten ins Thal verfolgten, rückte die Reiterei vor und ein ganzes Bataillon wurde gefangen. Prinz Carl kam von Offenbnrg her und schlug alle Tage zu. Gott segnete ihn; täglich rückte er vor, schlug den Feind noch zwischen Gundelfingen und Denzlingen, vertrieb die Franzosen aus Freiburg, wo es theils noch in der Stadt, theils gegen Haslach zu hitzige Gefechte gab. Die Franzosen feuerten mit Haubizen in die Stadt; es blieb ihnen aber zu wenig Zeit. General Desaix retirirte mit dem rechten Flügel über Breisach, schoß die Brücke hinter sich weg, verlor Kanonen, Munition, Gepäck in großer Anzahl. Der linke Flügel und das Centrum zogen hinauf gegen Hüningen, die Oesterreicher folgten auf dem Fuße nach.

37. In Freiburg war man zu sehr überrascht, als daß man den Retter Deutschlands geziemend hätte empfangen können. Zwei alte Weiber, da er mit kothigen Stiefeln vom Pferde stieg, schlichen sich hin und säuberten ihm mit Sacktüchern die Stiefel. Der Prinz nahm von den Ständen 2000 fl. Geld gegen Quittung, ließ sich hier Stiefel machen, die ihm sollten nachgeschickt werden, und eilte fort. Man gibt ihm das Lob der größten Leutseligkeit und einer fast unbegreiflichen Thätigkeit. Er soll selbst vorgeritten sein und commandirt haben. Einige Officiere, sagt man, hätte er angepackt und sie zur Erfüllung ihrer Pflichten auf ihren Posten gestellt. Wo man in Freiburg nur einen Menschen antrifft, spricht er von neuen Excessen, weiß neue Anekdoten von der französischen Wuth, Raubsucht und Grausamkeit. Man hat sich noch nicht genug von der ausgestandenen Angst erholt, daß man sich über die Rettung ernstlich freuen kann. Von Prinz Carl sagt man, er habe, als ihm die Officiere bei der Retirade im Juli sagten: „Aber, kaiserliche Hoheit, ist denn Alles verloren ?“ geantwortet: „Nichts ist verloren, so lange wir Pulver und Proviant haben; erst beim Frieden wird verloren.“ Sein Grundsatz soll sein, den Franzosen gar keine Ruhe zu lassen, sie immer Schlag auf Schlag zu verfolgen. Er soll geäußert haben, er werde nicht über den Rhein gehen, weil seine Armee zu sehr abgemattet sei. – Er soll eigentlich, um Freiburg vor Brand und Plünderung zu retten, so sehr geeilt haben und doch nicht eingezogen sein, bis die Franzosen meist abgezogen waren. Man fände kein Ende, wenn man die Anekdoten sammeln wollte.

38. Heute ging das Gerücht, die Franzosen wären wieder geschlagen worden, die Unsrigen hätten den Schliengener Berg eingenommen; wenigstens wurden Gefangene oder auch Verwundete hierher gebracht. Man sagt auch, der Paß bei Hüningen sei abgeschnitten; die französische Armee vertheidige sich in einzelnen Corps, die sich nach Zell im Wiesenthal und in die Gebirge zögen, gegen welche ein Landaufgebot und eine allgemeine Streife ergehen soll; ja man sagt auch, General Hotze mit seinem Corps über dem Rhein rücke auf Straßburg zu. - Unter unseren Generalen wird Nauendorf vorzüglich gelobt. Latour hingegen soll viele Fehler gemacht haben, besonders beförderte er unser Unglück, da er, bei Engen geschlagen, sich zu weit zurückzog, wodurch Moreau Zeit gewann, seine Force gegen Villingen zu wenden und sich den Paß in's Breisgau zu öffnen.

39. Am 25. October war um 11 Uhr eine kleine Conferenz wegen der Verpflegung der Armee, welche auf zwei Monate vom Land gefordert worden. Die Unmöglichkeit liegt am Tage, allein man weiß keine Hilfe. Die Vivers wurden ausgeschrieben, zugleich Vorstellung gemacht. Man sah nichts vor als darauffolgenden entsetzlichen Mangel. Es wurde angezeigt, daß die Spekulanten und Lieferanten noch Lebensmittel und Fourage haben sollen. Es ward eine Visitation beschlossen, allein die Stadt zeigte sich nicht sehr geneigt; sie will Alles nur auf geistliche Häuser schieben; denen aber, welche aus dem allgemeinen Elende ihren Wucher ziehen, will sie gar nicht wehe thun. Man macht sich Hoffnung, daß Proviant auch für's Land aus Ungarn und Böhmen kommen werde, daß große Magazine auf dem Wege seien, welche nur aus Mangel an Fuhrwerken noch nicht ankommen. - Hofrath Duttlinger brachte mir heute die Gymnasialrechnung von Constanz, worin von uns der ganze Betrag gefordert wird, da ich nur den halben bezahlt und auch nicht weiter als von Georgi engagirt hatte. Es ward auf eine Conferenz angetragen, wobei hauptsächlich auch die GymnasialSachen vorkommen sollten. Ich ersuchte ihn, von St.Blasien Instruction zu holen, äußerte wieder, daß es nothwendig wäre, daß der Fürst selbst hier sei, machte den Vorschlag wieder, daß St.Blasien Constanz allein übernehmen soll.
Die hier im Petershof vom 12. bis 20. October einquartiert gewesenen Franzosen verzehrten: An Conto in M's. Laden, worunter 15 Bouteillen Rheinwein: 72 fl. An Wein ungefähr - denn sie soffen den ganzen Tag - 20 Saum, wenigstens zu 30 fl. = 600 fl.; 8 Sester Koch- und weißes Brodmehl à 2 fl. = 16 fl.; für Beckenbrod 5 fl. 8 kr.; 151 Pfd. Rindfleisch 30 fl. 12 kr.; 80 Pfund Kalbfleisch 14 fl. 40 kr.; 151 Pfund Schaffleisch 25 fl. 10 kr. An Heu rechnet Hausmeister 8 Ctr. 360 fl.; 120 Sester Gerste à 1 fl. 30 kr.; 103 Sester Haber à 1 fl. 6 kr. - 180 fl. Gestohlenes Hausgeräth und mein Pectoral, zusammen 268 fl. Ohne Brod, Mehl, Gemüs und Speck Summa 1706 fl. 28 kr.

40. Am 25. October Vormittags Besuche von Hrn. von Baden, Direktor Bob, Rektor Weissegger. Auf dem Laudhause machte ich die Sache noch richtig wegen unserer an das Condeeische Corps abgegebenen Lieferung, welche nun durch alle Rubriken, die quittirt sind -es wurde aber an Fleisch und Wein gar nichts, an Heu nur 190 Rationen, an Brod und Haber nur das Abgeführte, vom Verzehrten gar nichts quittirt - an der allgemeinen durch die Stände ausgeschriebenen Contribution kann abgerechnet werden, so daß wir an dieser nur noch suppliren dürfen. Ich besuchte sodann Hrn. Regierungsrath Will, um wegen Besetzung der Pfarrei Bollschweil mit ihm zu reden, der mir die sichere Hoffnung machte, daß diese Pfarrei wieder an's Kloster könnte gebracht werden, wenn wir den vorigen Pfarrer Berger, der inhabil declarirt worden, pensioniren wollten, wozu ich mich verstand.
Unser Hauptquartier ist in Schliengen. Der Schliengener Berg ist von uns besetzt. Es sollen wieder einige 1000 Mann Franzosen über den Rhein zurück sein. Man will sagen, es gehe bei Landau sehr gut - es sei gefallen - Bestätigung abzuwarten. Abends fuhr ich mit P. Carl nach Haus; mit uns die Schwester P. Josephs, theils um dessen erster Messe beizuwohnen, theils um in der Küche angestellt zu werden.

41. Am 26. October hielt ich um 10 Uhr Capitel, worin wegen gegenwärtigen Zeitumständen, theils aus ökonomischer Rücksicht, theils aus Dankbarkeit gegen die gütige Vorsehung folgende Einschränkungen festgesetzt worden: 1) Mittags eine Speise weniger aufzustellen, also nur Suppe, Rindfleisch und ein, wie man sagt, gesatteltes Gemüs; 2) die Abendtrünke wurden abgethan; nur in außerordentlichen Fällen, wenn einer größere Arbeit, z. B. bei Kranken, hat, auch im Sommer nach einem Spaziergange kann ein Abendtrunk gestattet werden; 3) soll fürderhin nur einerlei halbweißes Brod, wie ehedessen das Fraterbrod, gebacken werden für das Convent; für den Meistertisch wird es etwas geringer gemacht; 4) für alle Zeit wird über Tisch eine halbe Maas Wein festgesetzt, ferner ward über Aufnahme von Candidaten deliberirt und beschlossen, bei gegenwärtigen Umständen könne kein Noviziat angefangen werden; doch ward Joseph Schmidle, Sohn des hiesigen Wirthes, als Exspectant aufgenommen, der nun im Kloster bleiben, die Uebungen alle mitmachen soll. Es geschah auch in Rücksicht auf seinen Vater, der sehr großen Schaden durch die Condeer gelitten hat, um ihn dadurch zu unterstützen und des Kostgeldes zu entheben. Nachmittags kam Joseph Waldvogel aus der Glashütte, der Rädelsführer bei dem Häuslebauern Proceß, der durch die Franzosen Alles verloren, sogar das Haus, welches verbrannt worden. Er bat sehr demüthig ab und bekannte, daß er sehr unrecht gegen das Kloster gethan hätte. Er bat um ein Bett, welches ihm gegeben wurde. Wegen Erbauung des Hauses machte ich ihm den Antrag, es auf meine Kosten zu bauen, für mich zu behalten, und ihm sodann die Wohnung und Nahrung des Gütchens, auch seinen Kindern, wenn sie sich wohl betragen würden, zu lassen wie vorher; doch behielt ich mir fernere Ueberlegung vor. - Der Antrag ward von Waldvogel nicht angenommen. Seit dem Rückmarsch der Franzosen in's Breisgau war fast täglich ungestümmes Regenwetter, seit zwei Tagen auf dem Walde Schnee und sehr kalt. Man fürchtete schon, die Erdäpfel, die noch meist im Boden sind, könnten in Gefahr kommen. Heute heiterte sich der Himmel auf; man sah die liebe Sonne wieder, und nun geht es allerorts an die Arbeit. Im Kloster richtet man sich allgemach wieder ein zur Ordnung und Arbeit. Heuer hatte man das erstemal Magsamen gepflanzt, und daraus gestern gegen fünf Maas Oel erhalten. - Am 27. October Nachmittags fuhr ich nach Freiburg. In Eschbach besuchte ich den Hrn. Pfarrer. Die dasigen Pfarrkinder betragen sich sehr gut gegen ihn. Da er bei dem Durchmarsche der Franzosen und Condeer geplündert worden, so bemühen sie sich, ihm den Schaden zu ersetzen. Man brachte ihm Holz, Mehl und Eier, und verspricht ihm noch fernere Beihilfe.

42. Zu Freiburg war heute ein großer Durchmarsch und Quartier; alles war mit Wagen angefüllt und alle Häuser mehrfach belegt. Acht Bataillone marschirten durch vom Oberrhein nach Kehl. Man erwartet stündlich den Prinzen Carl, der nun das obere rechte Rheinufer ziemlich gereinigt. Am 24, d. M, geschah am Schliengener Berg eine der blutigsten Schlachten. Die Patrioten verkauften jeden Schritt, den sie zurückwichen sehr theuer. Der Berg mußte erstürmt werden, schon wollten die Unsrigen weichen; der unermüdete Prinz hielt sie noch, und siegte am Ende, aber blutig. 900 Blessirte sollen hieher gebracht worden sein. Man sagt, es seien 600 der Unsrigen und 10,000 der Patrioten geblieben; wenigstens versichert Jedermann, der Kampfplatz sei voller Todten gewesen, die Weinberge in der Gegend seien ganz ruiuirt. Die Patrioten haben sich nun meist über den Rhein gezogen und zum Unglück das meiste Gepäck und Munition hinübergebracht. Nur die Verschanzung bei der Hüninger Brücke, welche sich aber auf eine halbe Stunde erstrecken soll, besitzen sie noch mit vielen Kanonen, und diese soll morgen angegriffen werden. Gott helfe den Unsern. Ein im Hofe einquartierter Officier versicherte uns, es wären bei Breisach 500 Mann zum Streifen über den Rhein hinüber beordert worden. In Freiburg macht man einige Anstalten zum Empfange des Prinzen.

43. October 28. Festum ApP.  Simonis et Judas. Heute sollte im Petershofe prälatenständische Conferenz gehalten werden. In aller Frühe läßt aber Hr. Major Ebert, der beim letzten Hauptquartier hier lag, ausagen, daß er heute wieder ankomme, und sich sein Quartier vorbehalte, bis 10 Uhr werde das Hauptquartier wieder hieher kommen. Es versammelten sich alle Corpora mit den Landständen, den Erzherzog Carl, der nun siegreich zurückkam, vor dem Thor zu empfangen; allein die ankommenden Generale meldeten, derselbe wäre vorerst nach Breisach gereist, und werde erst Nachmittags spät ankommen. Er kam aber schon um ½ 2 Uhr Jedermann unbewußt. Das Zusammenläuten aller Glocken verkündete dessen Hiersein. Man versammelte sich auf dem Laudhause, und die Stände und die Corpora gingen, S. k. H. aufzuwarten. Hr. von Baden bekomplimentirte denselben, dankte ihm für unsere Befreiung, worauf der Erzherzog sehr bescheiden erwiderte, wenn etwas für uns geschehen wäre, so wäre es den Truppen, die er commandirte, zu danken. Der Erzherzog ist noch sehr jung, erst 25 Jahre alt, nicht groß, hat ein lebhaftes Aussehen und ist sehr leutselig. Der Zusammenlauf und das Zurufen des Volkes rührte ihn fast zu Thränen. Er logirte in der Commanderei. Während dem Tische ward eine Tafelmusik aufgeführt; zuletzt kamen drei Paar Mädchen, welche demselben drei Kränze von Lorbeeren, Aehren undBlumen präsentirten mit Declamirung einiger von Jacobi verfertigten Verse, welche sodann theils auf Atlas, theils auf Papier gedruckt ausgetheilt wurden. Diese Ehrenbezeugung erhielt allen Beifall. Die Kränze wurden sogleich nach Wien an die Erzherzogin Christine, welche der Prinz vorzüglich liebt, abgeschickt. Der Erzherzog sprach meist nach Tisch mit den Frauenzimmern; äußerte den Wunsch, daß er etwas der Ehrenbezeugung Würdiges zu leisten im Stande sein möchte, versprach das Land nach Möglichkeit zu schonen. Abends ward ein Schauspiel mit einem Prolog von Jacobi gegeben, welchem der Erzherzog beiwohnte.
Von den anwesenden Deputirten des Prälatenstandes ward im Petershofe noch eine Conferenz wegen GynmasialSachen gehalten, und beschlossen, die Gymnasien wieder zu besetzen, mehrer Sparsamkeit wegen die Professoren auf drei Gerichte Mittags und Abends auf zwei nebst Suppe einzuschränken, den Hof, die Stände und Städte um Beiträge anzusuchen, das Rechnungswesen genauer einzurichten ec.

44. Samstag 29. October. Die gestern angekommenen Truppen gehen ab. Prinz Carl reitet nach der Hölle, und reist Mittags um 2 Uhr ab nach Emmendingen. Statt der abgehenden Truppen kommt General Latour hierher mit einigen Bataillons. Alle Häuser sind mit starker Einquartirung belegt; im Petershofe ist wieder ein Major mit über 20 Pferden. - Der obere Rhein ist nun gereinigt, bis auf wenige Truppen, die noch im tete des ponts herwärts der Hüninger Brücke stehen sollen; unsere Posten sind so gestellt, daß die Brücke jeden Augenblick kann zusammen werden. Carl eilet nach Kehl. Die obere Gegend ist hinlänglich besetzt unter dem Commando des Generals Fürstenberg. Gestern erhielt ich ein Schreiben von der Curia in Constanz, worin unserm Stift der Antrag gemacht wird, dem wegen scandala zu jeder Pfarrverwaltung untauglich erklärten Pfarrer Berger eine jährliche Pension zu geben, und die Pfarradministration in spritualibus et temporalibus durch einen aus unserm Kloster zu besorgen. Meine Antwort darauf war, daß wir diesen Antrag nicht eingehen könnten, wobei nur die Beschwernisse ohne einigen Ersatz auf uns fallen würden; hingegen trug ich an den Pfarrer Berger mit 300 fl. zu pensioniren, wenn die uns ehemals incorporirt gewesene Pfarrei unserm Kloster wieder perpetuirlich einverleibt werden wollte.

45. Am 30. October. (24. Sonntag nach Pfingsten) sollte im hiesigen Münster ein solennes Dankfest mit Predigt, Hochamt und Te Deum werden. Ich ward ersucht, das Hochamt in Pontificalibus zu halten, welches auch geschah. PP. Thaddä, Beda, Basil und Hr. Joseph. Administrator zu Allerheiligen, ministrirten. Die Paramente ließ ich von St.Peter kommen, so gut ich sie hatte. Die Stände und Corpora wohnten bei, aber keine Officiere.

So waren denn die schwarzen Gewitterwolken, welche drei Monate lang drohend über Freiburg und dem Breisgau standen, endlich verscheucht und ohne unheilvollen Ausbruch vorübergezogen. Bei einem Rückblick auf die von Abt Ignaz geschilderten Leiden und Drangsale, erinnern wir uns jener schönen Ermahnung, welche der damalige Stadtpfarrer von Freiburg, Bernard Galura, später Fürstbischof von Brixen, (er war aus Herbolzheim gebürtig) an die Bürger der Hauptstadt des Breisgau am 14. Januar 1798 gerichtet hat. Als Anerkennung des Muthes, welchen die Freiwilligen aus Freiburg und Umgegend in jenen schweren Zeiten bewiesen hatten, wurde die Freiburger Bürgerfahne an genanntem Tage mit einem vom Kaiser verliehenen goldenen Ehrenzeichen geschmückt. Bei dieser im Münster vollzogenen Feierlichkeit hielt Gallura eine sehr angemessene und zeitgemäße Redet ( Diese Rede erschien im Drucke unter dem Titel: „Freiburg während dem Kriege, den das durchlauchtlgste Haus Oesterreich vom 21. April 1792 bis 17. April 1797 gegen die französische Nation führte.“ Als Anhang ist ein Vergeichniß der Breisgauer, die im Jahr 1796 im Kampfe für das Vaterland verunglückt sind, beigefügt.), der wir folgende, auch jetzt noch beherzigenswerthe Worte entnehmen: „Der liebe Gott wolle es nun geben, daß Freiburg seinen Ruhm behaupte. Sollte es aber geschehen, daß das Verderben der Welt seinen Sitz in unserer Mitte aufschlagen dürfte, dann wehe uns ! Der heutige Tag wird sich an Freiburg rächen; der heutige Tag wird gegen uns im Gerichte ausstehen und Zeugnis gegen uns geben; dle unglücklichen Städte und Dörfer werden sich gegen uns im Gerichte erheben und rufen: Freiburg, glückliches und nun verherrllchtes Freiburg ! Wären die Wunder bei uns geschehen, die in deinen Mauern geschehen sind, wir hätten in Staub und Asche Buße gethan. Wenn Freiburg je seines Gottes vergißt, wenn Freiburg je zur Partei der bösen Sache sich schlägt, wenn Freiburg je die Religion mit Füßen tritt, wenn Freiburg je zu beten aufhört, wenn Freiburg je dem Lichte widerstrebt und seine Propheten steinigt - dann wird Freiburg vor Gott und der Welt tiefer fallen, als es jetzt erhöht ist. Sehet, so fuhr der Redner fort, ich nehme euch am heutigen Tage aufs Neue für Gott und die gute Sache in Pflicht und Eid: heute schwöre Freiburg seinem Gott ewige Treue !“ - Tönen diese Worte des ehrwürdigen Predigers nicht wie eine mahnende und warnende Prophetenstimme aus der Vergangenheit herüber in die Gegenwart ? - Doch hören wir ferner was Galura den Bewohnern Freiburgs, der Hauptstadt des Breisgaues und der jetzigen kirchlichen Hauptstadt der großen Erzdiöcese sagt: ..Lernet, Bewohner der Hauptstadt Freiburg, daß eine Hauptstadt dem Lande allezeit zum Muster diene ! So ist es im Guten und im Bösen. Nach Freiburgs Beispiel haben alle Unterthanen des Landes Breisgau die Waffen für die gute Sache ergriffen. So ist es in allen andern Stücken. Wenn in Freiburg Religion und Tugend blühen so verbreiten sich Religion und Tugend im ganzen Lande. Wenn man aber in Freiburg Gespräche des Unglaubens hört und Handlungen der Unsittlichkeit sieht, so kehren die Landleute angesteckt nach Hause zurück und das Uebel wird allgemein. Eine Hauptstadt ist das Herz des Landes: wie das Blut vom Herzen ausgeht und sich in alle Adern des Leibes vertheilt, so theilt eine Hauptstadt ihre Gesinnungen dem ganzen Lande mit. Darauf nehmet immer Rücksicht Freiburgs Bewohner ! Denket an euere Pflichten, die ihr als Bürger einer Hauptstadt habet; sehet in Allem, was ihr thut, auch auf eure Mitmenschen; seid gewissenhaft vor Gott und der Welt ! Darüber werden wir einst dem Herrn Rechenschaft geben, ob unsere Stadt, die Erzieherin oder die Verführerin des Landes war.“ So hat vor siebenzig Jahren der damalige Stadtpfarrer Galura aus Dankgefühl gegen Gott und in seelsorgerlicher Berufstreue zu den im Münster versammelten Bürgern Freiburgs gesprochen: mögen seine Worte auch der heutigen Generation in die Seele geschrieben sein !