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Die Memoiren des letzten Abts von St. Peter
Ignaz Speckle
Ein Beitrag zur vaterländischen Geschichte.

VI.
Streiflichter auf academische Verhältnisse der damaligen Zeit.

Die nahen Beziehungen, in welchen Abt Ignaz als Klostervorsteher und breisgauisches Ständemitglied zur Universität Freiburg stand, gaben ihm zu verschiedenen Malen Anlaß über academische Zustände und Persönlichkeiten der damaligen Zeit sich zu äußern. Wir geben hier eine Zusammenstellung solcher im Tagebuch niedergeschriebenen Bemerkungen und Urtheile in erwähntem Betreff.

1. Am 10. October 1796 macht Abt Ignaz folgende Mittheilung: Da die Universität in voriger Woche einen Rector wählen wollte, stellte Professor Jellenz den Antrag, den Erzherzog Carl zum Rector perpetuus zu wählen. Der Vorschlag wurde gebilligt. Professor Weissegger und Prorector Wanker reisten nach Offenburg, Hochdenselben um die Annahme zu bitten. Prinz Carl nahm diese Wahl mit Vergnügen sehr gnädig an, versprach der Universität seine Protection, ermahnte sie, die Jugend zur Treue und Anhänglichkeit an das Haus Oesterreich zu bilden. Bevor er die Abgeordneten der Universität entließ, sagte er noch: Um Eines hätte er noch zu bitten. Die Herren Professoren sollten auch für ihn beten. Diese fromme Bitte dient zum Beweise, daß Erzherzog Carl selbst eine religiöse Gesinnung hatte; zugleich scheint es, daß er damit den Professoren habe eine Ermahnung geben wollen.

2. Im September 1797 wurde unter deu Studenten in Freiburg eine geheime Verbindung entdeckt, welche einen gewissen Engel von Rottenburg zum Urheber hatte. In Rottenburg bestand unter der dortigen Handvoll Studenten schon zuvor eine geheime Gesellschaft unter dem Namen ..Amerikanische Ritter“ welche nun in Freiburg propagirt, aber durch einige Ausgetretene verrathen wurde. Man untersuchte die Sache, fand aber nur Unschuldiges. Indessen athmet das Ding den Geist geheimer Gesellschaften. Es ist die erste Erscheiung in Freiburg unter den Studenten. Bei der jetzigen Denkungsart, bei den bekannten Machinationen der geheimen Gesellschaften scheint die Sache immerhin verdächtig. Es scheint die obern geheimen Gesellschaften haben ihre Hände darin.

3. Ein weit traurigerer Vorgang der die gereizte Stimmung wenigstens einzelner Universitätsprofessoren gegen die Klostergeistlichkeit in ein ziemlich deutliches Licht stellt, findet sich in folgender Stelle des Diariums aufgezeichnet: Die Universität hier in Freiburg hat eben heute (8. Oct. 1797) ein schändliches Beispiel ihrer boshaften Gesinnung gegen die Klöster an den Tag gelegt. Rector Wanker hielt Consistorium wegen der vorgeschlagenen Conferenz, deutete die gute Absicht des Prälatenstandes auf das Schlimmste, als wollte man nur die Universität bei Contributionen ins Mitleid ziehen, gab alle seine Vermuthungen für Gewißheit aus und Professor Schwarzel schimpfte wie ein besoffener Bauer über die Prälaten. Er warf sogar mit dem Ausdruck „Spißbuben“ um sich mit dem Beifügen, man solle es nur den Prälaten sagen. Es ward dem Fürsten (von St.Blasien) die Anzeige von dem Hergange gemacht; man ist einstweilen entschlossen, die Sache nicht ganz liegen zu lassen. - In der prälatenständischen Sitzung am 11. October wurde dann der Beschluß gefaßt, eine Injurienklage gegen Professor Schwarzel anzustellen, da man glaubte die Geduld wäre zu weit getrieben, wenn man solche Schmähungen stillschweigend hinnehmen würde; ohnehin schien es auch der guten Sache nützlich diesen Mann darzustellen, wie er es verdient.

4. Um in der Folge wieder ein theologisches Studium im Kloster einzuführen, machte P. Plazidus Schick heute (30. Oct.) ein Examen rigorosum ex hermeneutica. Die bestehenden Verordnungen fordern nämlich, daß jeder, der in einem Kloster Theologie dociren will, aus allen theologischen Fächern auf einer österreichischen Universität examinirt, und aus dem besondern Sache, welches er dociren soll, auch noch ein examen rigorosum gemacht haben soll. Nebstdem werden in jedem Kloster vier Professoren für die Theologie gesetzmäßig erfordert. Man sieht, daß die ganze Absicht Neckerei und Geldprellerei derjenigen ist, welche die Klöster zu unterdrücken suchen, und dem Hofe weiß nicht was für Gründe zu derlei Verordnungen unterschieben. Indessen muß man dem Zwange nachgeben. P. Plazidus machte also das Examen, und wird nun in der Folge auch aus allen übrigen Fächern der Theologie sich rigoros prüfen lassen. Er erhielt per unanimia die Approbation. Ich ließ die theologische Fakultät zum Mittagspeisen in den Petershof einladen. Hr. Prof. Klüpfel entschuldigte sich. Die übrigen erschienen: Hr. Prof. Wanker, Decan, Hr. Prof. Schinzinger, Schwarzel und Hug. Durch den P. Plazidus schickte ich sodann dem Hrn. Decan einen Souveraind´or, jedem Professor einen Ducaten, zusammen 37 fl. 36 kr, und hiemit ward die Fähigkeit die Hermeneutik zu dociren verdient und erworben; solcher Examina müssen vier gemacht werden. Am 4. Januar des folgenden Jahres 1798 bestand P. Plazidus das Examen rigorosum ex dogmatica und wurde per unanimia fähig erkannt die Dogmatik zu dociren, Fr. Ignaz machte das Examen ex lingua hebraica, graeca, syra et arabica und erhielt notam excellentiae. Mittagessen und Bezahlung wie oben, nur mit dem Unterschied, daß dem Professori linguam Hug noch ein weiterer Ducaten für die Abnahme des letztern Examens gewidmet wurde. Unter dem 28. October 1801 kommt der Prälat nochmals auf die Examinationsunkosten zu sprechen: „Jeder Curs, sagt er, muß acht Examina machen, für jedes zahlte ich drei Species-Ducaten. - und weniger darf nicht bezahlt werden. Oft gibt es dabei noch andere Unkosten oder Zulagen, so daß die Examina für jeden Curs beinahe auf 30 Ducaten kommen oder auf 150 fl. folglich ist jeder Curs ein neues Capital von 500 fl., welches sechs Jahre lang verzinst werden muß. Will man einen Professor bilden, so muß er rigorosa machen, welche in der Philosophie ungefähr drei Louisd'or, in der Theologie für sechs Examina wohl über 30 Ducaten kosten. Dies sind die großen Reformen, welche man mit den Klosterstudien gemacht hat und wobei man auf das Klostergeld speculirte.

5. Unter dem Datum vom 27. Mai 1798 findet sich folgende Notiz von Abt Ignaz,: Ich ließ über Tisch lesen responsum facultatis theologicae Friburgensis de veritate Sacramentorum, quaejurati sacerdotes in Gallia ministrant. Decan Müller von Merzhausen hatte hierwegen einige quaestiones an die Curia in Constanz gestellt. Die resolutiones von der Curia gefielen ihm, oder vielmehr dem Professor Schwarzel nicht, von welchem jener ganz dependirt. Hr. Decan legte also die quaestiones und resolutiones von der Curia der Facultät vor, welche ein conträres Responsum gab. Dadurch ward die Curia compromittirt. Hr. Decan erhält seinen Verweis; die Facultät läßt ihr responsum drucken. Decan Müller kauft zwei Auflagen davon ganz an sich. Nichtsdestoweniger erscheint die dritte und ist nun in Jedermanns Händen. Die quaestiones sind zwar inepte proponirt. Die Solution quoad qnaquaestiones juris hat ihre volle Richtigkeit, aber die quaestio facti ist doch nicht sufficienter entwickelt. (Kaiser Franz ließ am 17. November 1798 die theologische Facultät zu Freiburg bedeuten: „daß sie ihres Amtes unnachsichtlich werde entsetzt werden, wenn sie künftig über ähnliche Gegenstände sich öffentlich zu äußern beigehen lassen sollte, ohne vorläufig die Weisung der Landesstelle eingeholt zu haben. Dr. Schreiber, Geschichte der Universität Freiburg III. 73.) Ich ließ sodann auch die zwei wichtigsten Brevia des Papstes über diesen Gegenstand vorlesen.

6. Im December 1797 schreibt der Abt: Die Universität beharrt unveränderlich auf ihrem System des Argwohns und des Neides gegen den Prälatenstand. Bei der vorhabenden Deputation an L. wünscht zwar die Universität auf Kosten des Prälatenstandes reisen zu können, um dabei ihr eigenes Interesse zu befördern. Es erklärte sich der Professor Schwarzel öffentlich im Consistorio, derjenige, der das Zutrauen des Prälatenstandes habe, würde eben darum kein Zutrauen bei der Universität verdienen. Der Universität ist es übrigens beim Frieden um Sicherung und Entschädigung ihrer Gefälle im Elsaß zu thun.

7. Der an der Universität herrschende freie Geist und die academische Lehrmethode machte dem streng kirchlich gesinnten Prälaten schwere Sorgen. In seiner Schlußbetrachtung des Jahres 1797 klagt er: Offenbar ist die Erziehung auf Universitäten nicht die passendste für junge Klostergeistliche. Immer werden Grundsätze angenommen, die dem Klostergeiste gerade zuwider sind. Damit verknüpft sich ein gewisser Stolz bei unerfahrenen jungen Leuten, die ihr bischen historische Kenntniß für solide Wissenschaft halten. Es entsteht eine Neuerungs- und Aenderungssucht; sie werden leicht mißvergnügt, haben auswärtige unschickliche Verbindungen, halten zusammen, sind voll Eigendünkels - werden oft auch nur Heuchler, um ihre Zwecke zu erreichen. Mehr oder weniger von derlei Fehlern findet man bei allen. Die Unserigen sind allerdings die, welche noch am wenigsten verdorben worden, und sie geben Hoffnung, daß sie auch das, was ihnen noch von der Academie anklebt, aus eigener Ueberzeugung ablegen werden. Aber es ist nun doch etwas, das auch ihnen noch anklebt. Eine gewisse Wegsetzerei über verschiedene Dinge, die der erfahrene Mann wohl zu schätzen weiß; gewisse leichtsinnige Grundsätze, auch über wichtigere Dinge zum Beispiel über Brevier, Chorgebet, öffentlichen Gottesdienst, über gewisse Lehrsätze ec. Es ist schwer allem vorzubeugen; es ist sogar schwer nur zu wissen, was geschieht.

8. Aus Befehl der hohen Stelle mußte in Freiburg ein academischer Gottesdienst endlich eingeführt werden. Die theologische Facultät erhielt den Wink, daß der Professor der Pastoral die Predigten gratis übernehmen soll; sonst dürfte es demselben aufgetragen werden. Prosessor Schwarzel übernahm den Auftrag, wofür demselben ein sehr glorioses Belobungsdecret zugestellt worden. Die Professoren am Gymnasium trugen sich selbst freiwillig und moto proprio an, Nachmittags die Katechesen zu halten. Der Antrag wurde gerne angenommen, aber doch nicht so glorios belobt. Es wurde nun die Ordnung getroffen, daß an jedem Sonntage Vormittags 10 Uhr die Predigt, dann die Singmesse in der Collegienkirche und Nachmittags dann daselbst die Katechese gehalten werden soll. Die Professoren am Gymnasium wechseln unter sich halbjährig ab. Professor Schwarzel hielt die erste Predigt am Weihnachtsfeste 1799 und heute (5. Januar), am ersten Sonntag des neuen Jahres 1800, wurde die erste Katechese gehalten. (Bei einer späteren Gelegenheit spricht Abt Ignaz seine Indignation darüber aus, daß keiner der theologischen Professoren, von den übrigen nur einige wenige dem academischen Gottesdienste beiwohnten.)

9. Der heurige Rector Hu,. Professor der orientalischen Sprachen, so schreibt der Abt im September 1801, scheint sein Rectorat besonders auszeichnen zu wollen, indem er einen neuen Studienplan entwerfen will, um denselben dem künftigen Landesfürsten zu überreichen. Professor Schwarzel, der Proteus unserer Zeit, der alle Gestalten annimmt, bald Maurer, bald Patriot, bald Ausklärer und jetzt Religionseiferer werden will, schrieb einen Plan für Theologie, welchen er dem Pariser Concilium überschickte und nun behauptet er, daß dieser Plan in ganz Frankreich angenommen sei. Er übersetzt nun und exegesirt das neue Testament, wobei er freilich eine große Speculation macht. Diese beiden Herren suchen jetzt Madatoren zu sein -, schimpfen aber husarenmäßig aufeinander. Hug ist fein und ihm ist wenig zu trauen. Es scheint, daß er noch Absichten auf die Klöster habe. Mir machte er den Antrag, den P. Plazidus, der nun mit Mühe und Kosten für Theologie approbirt ist, zum Professor an das Gymnasium zu geben. Ich wies ihn aber mit seinem unverschämten Gesuche derb ab. Ueberhaupt sind die gelehrten Herren sehr uncollegialisch gegen einander. Immer schimpft eine Partie gegen die andere, eine contrecarrirt die andere. Was am Ende daraus werden wird, muß die Zeit lehren.

10. Vermöge des kaiserlichen Handbillets, so lesen wir im Tagebuch vom 22. August 1802, sollten die Klöster fernerhin der Beschwerde, die Fratres studiosos auf der Universität prüfen zu lassen, überhoben sein, dafür aber über jedes Fach eine öffentliche Disputation halten und theses drucken lassen. Diesem zufolge ließ ich heuer dogmatische Thesen abfassen und zur Censur einschicken. Decan Wanker schrieb nun an P. Plazidus zurück: Wenn man dieses annehmen und die Fratres nicht ad examen schicken wolle, so beharre die Universität darauf, daß vier Professoren angestellt werden müssen, was im nämlichen Handbillet vorgeschrieben sei und bereits wäre die Sache an die Landesstelle abgegangen, welche selbe der Entscheidung des Hofes überlassen werde. - So ist die Universität thätig, das Handbillet für uns nicht nur ohne Vortheil, sondern wohl gar nachtheilig zu machen.

11. Auch die allmählige Verdrängung der lateinischen Sprache aus den theologischen Vorlesungen bedauerte der Abt. Besondere Freude machte es ihm, daß Professor Sauter, der neue Professor des Kirchenrechts seine Antrittsrede in lateinischer Sprache hielt. Abt Ignaz schreibt am 7. April 1801: Auf Einladung des Professor Sauter, neuernannter Professor juris ecclestiatici, wohnte ich heute der Antrittsrede desselben in dem academischen Saale bei, welche er in lateinischer Sprache vortrug, was nunmehr etwas Seltenes ist. Nach der Rede gab der Professor ein prächtiges Souper von 40 Gedecken für alle Professoren und eingeladenen Gäste.

12. Im November 1802. Das Stift St.Blasien hatte der Freiburger Universität seine Bibliothek als Schenkung gegen Revers angetragen. Die Universität will nun diese Schenkung lieber dem Maltheserorden als einem Kloster zu danken haben, gab eine Bittschrift zu Heitersheim ein, um die Einverleibung der Klosterbibliothek, und richtete sogar eine Vorstellung an den Confeß um Unterstützung. Ich hinderte den öffentlichen Vortrag dieses Gesuches. - Unterdessen läßt sich hieraus auf die collegialische Gesinnung der hohen Schule schließen.

13. Der vieljährige Professor theoiogiae dogmaticae Klüpfel, ehemals Augustiner, hatte im Jahr 1805 resignirt. Die übrigen Professoren trugen nun auf den Pfarrer Biechele zu Rottweil an; dieser war mit Recht der Regierung nicht angenehm. Nun schlug Klüpfel selbst unsern P. Plazidus zu seinem Nachfolger vor. Da es dermalen unmöglich war denselben zu entlassen, wies ich aus Sanct Blasien hin. Die Regierung nahm den Vorschlag an und der Fürst willigte durch mein Zuthun ein. So kam nun von St.Blasien P. Remigius Dors einstweilen als provisorischer Professor der Dogmatik nach Freiburg und damit doch wieder ein Religiose aus unserm Orden. (Der theologischen Fakultät scheint jedoch diese Besetzung der dogmatischen Lehrkanzel mit einem Ordensmann sehr unerwünscht gewesen zu sein; denn bereits am 22. Juli 1806 äußerte sie sich dahin: „Die erzherzoglich österreichische Regierung übertrug ohne unser Vorwissen das Provisorium der Dogmatik dem Pater Remigius Dors aus dem Fürstlichen Stift St.Blasien, der am 27. November vorigen Jahrs seine Vorlesungen eröffnete. Die Facultät ist es ihrer Dienstpflicht schuldig zu bekennen, daß er, ihren Erforschungen zu Folge, in einem andern Wirkungskreis mehr nützen würde, als auf einem theologischen Lehrstuhl.“ Der eigentliche Grund dieses Antrages auf Entfernung des P. Remigius dürfte in der Abneigung der Universität gegen Ordensleute zu suchen sein.)

14. Am 5. März 1812 wurde die württembergische hohe Schule für Katholiken zu Ellwangen mit größter Feierlichkeit inaugurirt, nachdem den dabei angestellten Professoren zuvor die Doctorwürde von der Universität zu Freiburg war ertheilt worden. Zum ersten Rector dieser neuen, in einem lutherischen Lande errichteten katholischen Universität wurde bestimmt Hr. P. Cölestin Spegele, zuvor Capitular in dem Benedictinerkloster zu Villingen; auch ein anderer Professor, Carl Wachter. ( ?) war zuvor Ordensgeistlicher zu Salem. Georg Herbst, der als Repetent angestellt wurde, war früher im hiesigen Kloster St.Peter, gebürtig von Rottweil. Und so braucht man jetzt noch an vielen Orten die dummen und unnützen Mönche zu den wichtigsten Plätzen. Noch sind in Freiburg Hr. Prof. Schnappinger, Schinzinger und Rinderle (Thaddäus Rinderle aus Staufen war einer der gelehrtesten Benedictiner des Stiftes St.Peter. Mit besonderer Vorliebe betrieb er mathematische Studien und zeichnete sich auf diesem Gebiete durch mehrere treffliche Erfindungen, wie z. B, einer astronomisch-geographischen Pendeluhr, eines Bohrgeschirrs, mehrerer Rechnungs- und Nivellirungsmaschinen, sowie optischer Werkzeuge aus. Auch auf die Förderung der Schwarzwälder Uhrenindustrie übte er einen sehr wohlthätigen Einfluß. In Anerkennung seiner großen Verdienste und wissenschaftlichen Leistungen wurde er 1788 von der philosophischen Facultät zum Professor der angewandten Mathematik an der Freiburger Hochschule ernannt. P. Rinderle starb 76 Jahre alt am 7. Oct. 1824. Das im Renaissaneestyl ausgeführte einSache, aber unschöne Denkmal über seinem Grabe auf dem Freiburger Kirchhof (in der Nähe des Wanker´schen Monumentes trägt oben einen aus Stein gehauenen Globus; über der Inschrift auf der Hauptseite: „Rinderle, Professor" erblickt man einen Schmetterling. Ein christliches Zeichen, geschweige denn ein priesterliches Symbol, ist an dem Grabdenkmal nicht wahrzunehmen. Unten am Sockel liest man die Inschrift: „Vieles hat er bestimmt mathematisch mit Ziffer und Buchstab: Aber die Stunde des Tods bleibt unbekannter als x.“); am Gymnasium nach Jubilirung des kränklichen P. Beda Litschgi, welcher viele Jahre Präfect gewesen, ist nun Präfect der Exjesuit Felner; die besten Professoren sind noch Hieronymus Spidel von St.Blasien., P. Ambros von Schuttern, P. Carl von Thennenbach. Repetent Georg Herbst zu Ellwangen, der wie erwähnt, ehedem Frater zu St.Peter gewesen und nach Aufhebung des Klosters von Baden noch 50 fl. jährlich empfing, hatte früher die Absicht nach absolvirten Studien ein badisches Patent zu suchen. Derselbe schrieb aber am 19. Juli 1810 an den Abt Ignaz folgendes: „An meine Demission aus meinem Königreiche ist nicht zu denken. Ich machte deswegen schon damals, als ich in Stuttgart war, Vorstellungen, allein ich mußte auf der Stelle schweigen. Die Ursache ist für unser Kloster schmeichelhaft. St.Peter, so sind die Worte des Geistl. Raths- und Studiendirections-Collegiums, war immer gewohnt solide, vernünftige, für das Wissenschaftliche sowohl, als das Sittliche ausgezeichnete Männer zu liefern, die vorzüglich in Mathematik und wissenschaftlicher Theologie, sowie besonders auch in den Sprachen sich hervorthaten: sie könnten also bei der ungeheuern Menge flacher, unwissender und unsittlicher Geistlichen (aus 40 Concurrenten meldete sich nicht ein einziger zum Lehrfach) im Reiche nicht zugeben, einen Zögling eines solchen Institutes, das hoffentlich nicht werde ausgeartet sein, aus dem Lande zu lassen.“

15. November 1813. „Da große Magazine im Land angelegt werden, und die früheren öffentlichen Gebäude, seitdem das Land badisch ist, verkauft und die zuvor erbauten Magazine niedergerissen wurden, so fiel nun das Loos zum Magazin wieder auf eine Kirche - aber nicht auf die lutherische Kirche, ungeachtet diese gar wohl dazu hätte verwendet werden können, da sie auch von den wenigen Lutheranern dahier eben nicht sehr frequentirt wird, sondern auf die ehemalige Jesuiten-, nun Universitätskirche, und zwar mit gutem Willen der Professoren, welchen die Erhaltung der Kirche schon lange zuwider war und deswegen schon mancherlei Vorschläge damit gemacht hatten z. B, eine Bibliothek daraus zu machen. So wenig ist diesen academischen Vätern an der Religionsübung gelegen.“

16. Abt Ignaz erlebte noch die traurige Genugthuung, daß die unfreundliche Gesinnung, mit welcher die Universität den Klöstern früher entgegentrat, und die Schadenfreude, mit welcher sie den Sturz der Klöster begrüßte, sich an ihr selbst bitter rächte, indem sie ernstlich in ihrer Existenz bedroht mit denselben Waffen sich vertheidigen mußte, deren Gebrauch sie bei den Ordensgeistlichen für nicht anwendbar gefunden hatte. Jetzt, da es sich für die Albertinische Hochschule selbst um Sein oder Nichtsein handelte, war sie genöthigt aus dieselben Gründe sich zu stützen, auf welche früher die Klöster sich, wiewohl vergebens, berufen hatten. Man glaubt die Stimme der gerechten Nemesis zu hören, wenn man folgende, im Februar 1817 aufgezeichnete Worte des Tagebuchs liest: In Freiburg ist seit einiger Zeit die wichtigste Angelegenheit das Schicksal der Universität. Man wollte sichere Nachricht haben, daß in Carlsruhe die Auflösung derselben beschlossen sei. Eine Deputation der Universität wurde nach Carlsruhe geschickt und erhielt einen unbestimmten Bescheid. Die Universität verfertigte eine weitläufige Vorstellung hierüber, welche als Maunscript abgedruckt ward. Die Exemplare wurden an die Staats- und Geheimen Räthe vertheilt. Der Eindruck, den die Schrift machte, soll stark gewesen sein. Die Verbreitung wurde verboten, in dieser Vorstellung stellen nun die Professoren, nachdem das eigene Interesse und ihre eigene Existenz gefährdet werden, ganz andere Grundsätze aus als sie ehedessen behaupteten und lehrten. So lange man Klöster aufhob, war Alles erlaubt. Alles war Staatsgut: der Fürst konnte ex domini eminentia mit allen Stiftungen schalten und walten nach Belieben. Jetzt nimmt man Zuflucht zur Kirche. Die Universität ist Kirchengut, - ist unverletzlich; ist Stiftungsgut, - darf nur nach dem Willen der Stifter verwendet werden; ist Eigenthum eines Corporis - dieses Corpus in persona moralis - das Eigenthum der personarum moralium muß geschützt werden, wie jedes andere. Der Fond besteht aus vielen Pfarrzehnten: wird die Universität aufgelöst, so fallen die Zehnten an die Pfarreien zurück. So kommen denn die Herren Professoren wieder zur Besinnung und finden das Recht wieder, wo es für sich selbst zu brauchen, was sie ehedessen selbst unterdrückt. Und doch - und doch - machen sie in eben dieser Vorstellung den mit dem vorigen sehr im Widerspruche stehenden Antrag: zur Vermehrung ihres Fonds - noch einige Pfarreien zu incorporiren. O infelix astutia ! - Zu gleicher Zeit geben sie Suppliken an Seine päpstliche Heiligkeit, an deren Staatsminister in Rom, Cardinal Consalvi ein, und rufen jetzt die Macht des Papstes an, gegen welche sie sich früher verschworen hatten: führen das Interesse der katholischen Religion als gefährdet an, indem sie zugleich durch das öffentliche Vorlesebuch des Professors Rotteck jeder geoffenbarten Religion, den Juden und Christen, vorzüglich aber den Katholiken und ganz vorzüglich der römischen Kirche, den Päpsten Hohn sprechen !
Am 10. Januar 1818. Seit Jahr und Tag dauert der Kampf auf Leben und Tod zwischen den beiden badischen Hochschulen Freiburg und Heidelberg. Im vorigen Jahre erhielt die hiesige Universität einigen Trost durch eine nach Carlsruhe, abgeordnete Deputation. Es schien nur Galgenfrist. Vor einiger Zeit hatte man Nachricht von neuer großer Gefahr. Es kamen kleine Schriften für Heidelberg und für Freiburg zum Vorschein. Vor ungefähr 14 Tagen wurde abermals eine Deputation von Seiten der Universität und der Stadt nach Carlsruhe geschickt. Bald kamen günstigere Nachrichten, doch erhielten die Deputirten den Auftrag, die Residenz nicht eher zu verlassen, als bis sie den Gnadenbrief urkundlich würden erhalten haben. Dieser Zweck soll nun erreicht sein. Heute kamen die Abgeordneten zurück, nämlich Herr Protector Wucherer, - lutherischer Stadtpfarrer -, die Herren Kapferer, Saurier: Kaufleute, und Apotheker Schmidt. Um ihre Freude hierüber zu bezeugen, veranstaltete die Bürgerschaft eine Nachtmusik mit Flambeaux vor den Häusern der vier Deputirten, auch bei Hrn. Professor Rotteck, der die Schutzschrift für die Universität aufgesetzt hatte, - und brachten auf dieselben ein lautes Lebehoch aus.

17. Zwei berühmten Universitätsprofessoren zu seiner Zeit hat der Prälat in seinem Tagebuch ein schönes Ehrendenkmal gesetzt; dem Dogmatiker Engelbert Klüpfel und dem Professor des Kirchenrechts, Joseph Anton Sauter. - Im Juli 1801 machte Professor Schnurer aus Tübingen, der damals für den größten Kenner der orientalischen Sprachen in Deutschland galt, dem Abt Ignaz in St.Peter einen Besuch und wurde von diesem auch den Professoren Klüpfel und Hug, mit denen er in Correspondenz stand, persönlich vorgestellt. Bei diesem Anlaß schreibt der Prälat: „Besonders war mir Prof. Schnurers Umgang mit Hrn. Klüpfel angenehm. Die beiden alten und gelehrten Männer, die sich seit vielen Jahren schätzten, miteinander correspondirten, ohne sich persönlich zu kennen, freuten sich so redlich und charakteristisch. Klüpfel hatte mich anno 1789, als ich nach Bissingen beordert war, an Schnurer empfohlen. Dieser hatte den Brief, den mir Klüpfel damals mitgab, in seiner Schreibtasche und wies ihn vor. Schnurer ist eine so redliche Seele, daß man ihn lieben muß, und so gelehrt, daß er Hochachtung bei Jedermann hat. Klüpfel, zehn Jahre älter (zur Zeit 69 Jahre alt) ist bieder, gerade, gelehrt und doch munter und lebhaft. Die beiderseitige Unterhaltung war also fröhlich und doch hörte man auch beim Scherze zwei ehrwürdige Männer. Am folgenden Tag ging Schnurer auf die Bibliothek und Prof. Hug erwies ihm alle Ehre und Freundschaft. - Engelbert Kliipfel war am 18. Januar 1733 in der Heimath des berühmten Conrad Celtis, dem Marktflecken Wipfeld zwischen Würzburg md Schweinfurt, geboren. Im Jahre 1750 trat er in Würzburg, woselbst er zum Theil auch seine Studien gemacht hatte, in den Auguftinerorden ein. 1767 zum Professor der augustinischen Dogmatik auf Verlangen des kaiserlichen Hofes von seinen geistlichen Obern nach Freiburg angewiesen, veröffentlichte er im Jahre 1789 in Wien sein geschätztes dogmatisches Handbuch: Institutiones theologiae dogmaticae. Sein academisches Lehramt bekleidete er mit unverdrossenem Eifer bis zum Jahre1805, zu welcher Zeit er es niederlegte, wie bereits oben erwähnt wurde. Klüpfel starb, 79 Jahre alt, am 8. Juli 1811. (Im Jahre 1768 hatte Klüpfel nämlich mehrere Thesen über die menschliche Natur aufgestellt, welche von dem Jesuiten, Professor Waldner, der in denselben jansenistische Auffassungen zu finden glaubte, sehr heftig angegriffen wurden.)

18. Ein anderer dem Abt nahegehender Todesfall war der ebenso unerwartete als schnelle Hintritt des Professors Sauter. Derselbe war geboren im Jahre 1742 zu Riedlingen in Schwaben; zuerst Universitätssecretär, später Lehrer der Logik, Metaphysik und Moralphilosophie, später nach Petzeck´s Abgang (1801) Professor des Kirchenrechts. Anfangs entschieden freisinnig und Mitarbeiter an der berüchtigten Zeitschrift: „Der Freimüthige“, bereute er in seinen reiferen Jahren diese falsche Richtung und kehrte zur kirchlichen Gesinnung zurück. Er starb am 6. April 1817. Prälat Ignaz hat über seinen Hingang und über seinen Charakter folgende Bemerkungen in seinem Tagebuch niedergeschrieben: „Am Grünendonnerstag hielt er im Münster seine Ostern mit besonderer Andacht und Erbauung. Noch am nämlichen Tage klagte er über Unwohlsein. Es war eine Lungenentzündung, welche am Ostertage seinem Leben im 75. Jahre seines Alters ein Ziel setzte. - Sauters alter Freund. Professor Ruef (der ehemalige Herausgeber des „Freimüthigen“) ließ eine kurze Biographie in das Freiburger Wochenblatt einrücken, worin er Sauter das verdiente Lob in wenigen Worten spricht. Er schließt mit dem Zuruf an den Heimgegangenen: „An Dir haben wir einen verehrten Amtsgenossen, einen edeln, rechtschaffenen Mann, einen aufrichtigen und frommen Christen verloren. Das ist wohl das Beste und Herrlichste, was man von Dir sagen kann.“ - Ruef hätte noch beisetzen sollen, so bemerkt der Prälat, daß Sauter die in jungen Jahren geäußerten Grundsätze und Meinungen, besonders was Kirche, Papst, Mönche betrifft, in reifem Alter ganz geändert, auch öffentlich bekannt hat, daß er damals, als er noch an der Monatsschrift: „Der Freimüthige“ mit Ruef arbeitete, die Sache nicht besser verstanden habe. Sauter war 43 volle Jahre und 5 Monate Professor. Seit 20 Jahren war Sauter mein Freund - vor einiger Zeit Syndicus beim Prälatenstande. In den letzten Tagen arbeitete er noch an einer wichtigen Schrift gegen die protestantischen und die katholischen Reformatoren, gegen das protestantische Kirchensystem, vielleicht läßt sich die Schrift noch bekannt machen. Es ist wahrer Schade, daß selbe nicht vollendet worden. Sauter war ein solider und eifriger Katholik; dieses Werk würde es offenbar bewiesen haben. Gott vergelte es ihm und habe ihn selig !

19. Am 16. November 1814 wurde für den fast vor einem Jahre (4. Januar) verstorbenen Professor Jacobi dahier die Todtenfeier in der Münsterkirche gehalten. Jacobi war Protestant; wie sein Lobredner, Hr. von Rotteck, in der Rede auf ihn anmerkt, war er ein Bekenner der natürlichen und der Christusreligion. Dahier ist eine lutherische Pfarrkirche und ein academischer Saal, woselbst von dem weltlichen Redner die Peroration hätte können gehalten werden; aber nein, zum Beweise der toleranten oder indifferenten Denkungsart der Universität, oder doch der Majorität der Professoren, sollte ein weltlicher Naturalist oder Indifferentist in der katholischen Hauptkirche dahier eine Rede auf den Bekenner der natürlichen Religion halten; dabei mußte auch ein Hochamt gehalten werden. Der Stadtpfarrer las aber die Messe de festo und nicht die Messe Requiem, wie bei den Exequien für den verstorbenen Großherzog geschehen war. Derlei Handlungen erzeugen und befördern die Gleichgültigkeit gegen alle Religionen und sind also allerdings verwerfliche Handlungen, welche von katholischen Professoren nicht hätten gestattet und von lutherischen, wenn diese wirklich, wie sie vorgeben, tolerant wären, nicht sollten verlangt werden. Jacobi hatte ein Mädchen von St.Peter, Ursula Müller, geheurathet, welche als eine fromme Person nach Freiburg kam. Jacobi war damals schon ziemlich bei Jahren; Ursula Müller jung und schön. Er nahm diese zuerst als Magd in Dienst und bildete sie ästhetisch und religiös nach seinem Geschmack. Sie wurde eine Empfindlerin, eine aufgeklärte Bekennerin der Religion ihres Mannes. Nach dem Tode desselben lebte sie als Wittwe in Freiburg.