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Die Memoiren des letzten Abts von St. Peter
Ignaz Speckle
Ein Beitrag zur vaterländischen Geschichte.

VIII.
Trauriger Anfang des 19. Jahrhunderts.

 

Nachdem wir oben ein ausführliches Bild der Kriegsdrangsale des Jahres 1796 auf Grund der Aufzeichnungen des Tagebuchs gegeben haben, übergehen wir die minder bedeutenden militärischen Ereignisse der folgenden Jahre. Wir beschränken uns darauf noch einige Einzelnheiten aus dem im April 1800 Erfolgten Einfall der Franzosen in den Breisgau hier mitzutheilen.

1. In der Frühe des 25. April traf in Freiburg die Nachricht ein, daß der Feind den Rhein überschritten und bereits angegriffen habe. Abends um 4 Uhr erhielt das österreichische Depot von Radivoiowich Befehl nach Neustadt aufzubrechen. Was man einstweilen weiß, besteht darin, daß gestern Nachts um 10 Uhr der Rapport von dem Einbruch des Feindes an den General gekommen sei; der besoffene Adjutant Scheidel vom illirisch-wallachischen Regiment ließ aber den Rapport liegen. Heute früh um 4 Uhr kam die zweite Meldung: nun entstand Lärm, man hörte stark canoniren. Alles ward allarmirt, aber zu spät. Der Feind hatte bereits Posten gefaßt, dehnte sich bis Mördingen und Gottenheim aus und soll beim rothen Haus ein Lager schlagen. Dessen Stärke wird aus 16,000 Mann angegeben. Nun kömmt eine Hiobspost nach der andern: die Depots werden weggeführt. Morgens um ½ 8 Uhr hatte man noch einige Hoffnung. Nachmittags um 3 Uhr waren die Franzosen bereits in St.Georgen. Die Oesterreicher widerstanden zwar tapfer, das Gefecht war mörderisch, aber der volle Rückzug war unvermeidlich. Die Oesterreicher wurden fechtend bis Zarten zurückgedrängt, wo nur die Nacht dem Kampfe ein Ende machte. Man sah an verschiedenen Orten brennen, Alles ist in bangster Furcht. Gott, der uns rettete, kann uns wieder retten. Das Volk flüchtet sich mit Vieh und Habseligkeiten in die Wälder. Indessen geschah von den Franzosen kein weiterer Angriff, der sicher erfolgt wäre, wenn dieselben auf andern Flügeln Glück gehabt hätten. Sie griffen nämlich zu gleicher Zeit bei Schaffhausen und Schuttern an, reussirten aber an keinem dieser Orte. Graf Giulai hat sich bis auf die Steig zurückgezogen, die österreichischen Piquete stehen bei Zarten, die Franzosen zu Ebnet und Littenweiler. - Am 26. April kam Hr. v. Kiliani aus dem Quartier des Grafen Giulai mit der guten Nachricht nach St.Peter, daß hinlänglicher Succurs konnue. Nun ertheilte Hr. Oberstwachtmeister Befehl den Landsturm in St.Peter und St.Märgen wieder aufzubieten. Weiteren Nachrichten zufolge rücken 5 österreichische Bataillone Infanterie und 3 Regimenter Cavallerie vor. Die nach Villingen ins Lager bestimmten Truppen werden vorwärts gegen die Schweiz und das Kinzigthal geschoben. Die Franzosen dehnen sich gegen Waldkirch nicht weiter ans als über Zähringen; in Waldkirch war heute Alles leer; morgen werden die Oesterreicher diese Gegend besetzen.

2. Hr. v. Kiliani kam hierher nach St.Peter mit dem Entschluß nach Freiburg zu gehen. Er kleidete sich um, nahm einen Boten mit und führte sein gefährliches Unternehmen glücklich aus. Am folgenden Tage kam er mit der Nachricht nach St.Peter zurück, daß große Excesse in Freiburg geschehen, mehrere Häuser schon geplündert worden seien, worunter namentlich das von Brandenstein und Secretair Klein. Der Frau Rombach seien die goldenen Ohrenringe von den Ohren gerissen worden. Die Franzosen fingen schon an sich zurückzuziehen, hätten aber ein Lager bei Rothweil, Waltershofen und Umkirch und schienen auch bei Staufen sich behaupten zu wollen. In der Nacht wurden Streifpatrouillen von Militär und Landmiliz ausgeschickt welche bis Wildthal und Zähringen kamen. – In der gestrigen Affaire sind mehrere brave österreichische Officiere theils geblieben, theils verwundet worden. In Freiburg selbst wurden zwei Männer erschossen, ein Schlosser und einer von der Landmiliz. Es war bereits Befehl gegeben über den Roßkopf von St.Peter aus von allen Seiten Freiburg zu attaquiren und Alles war in Bereitschaft, als Gegenordre kam, durch ein falsches Gerücht, daß Waldkirch von den Franzosen besetzt wäre, veranlaßt. Von Freiburg kamen traurige Nachrichten von Mißhandlung, Plünderung, Requisitionen und Abführung der requirirten Artikel nach Breisach. Alle angesehenen Personen sollen bewacht werden und das Elend äußerst groß sein, wie im ganzen übrigen Land. Ich wollte am 30. April nach Freiburg fahren. Schon war angespannt und ich in den Wagen gestiegen: aber die Pferde wollten nicht vor sich gehen, schlugen aus und hätten bald den Wagen zertrümmert. Ich stieg aus, gab die Reise auf und die Vorsehung hat mich so vor einer großen Gefahr zurückgehalten; denn bereits um 6 Uhr kamen Leute mit geflüchteten Pferden aus Freiburg und meldeten, die Franzosen seien wieder vor Freiburg. Ich wäre dem Feinde in die Hände gefahren, wenn Gott mich nicht gleichsam gezwungen hätte in St.Peter zu bleiben. Aus dem Petershof in Freiburg erhielt ich die Nachricht, daß zwar viel Aufwand gemacht werden mußte, doch wurde alle Plünderung und Mißhandlung verhütet; auch in der Stadt soll es nicht ganz so schlimm gegangen sein, als man Anfangs fürchtete und auch hörte. Es bestätigt sich, daß eine Contribution von 300,000 Liv, angesetzt und zum Theil mit Kirchensilber bezahlt worden sei.

3. Weit schlimmer hat der Feind in der Umgegend von Freiburg und namentlich zu Bollschweil, Sölden und Merzhausen sich betragen. In dem zu dem Diarium des Prälaten gehörenden Urkundenbuch finden sich die eigenhändigen Berichte des P. Anselm zu Bollschweil und des P. Paul zu Sölden an den Abt über die dort vorgefallenen Excesse. Das ausführliche Referat aus Bollschweil lautet: „Hochwürdiger Herr Prälat, Gnädiger Herr ! Das traurige Schicksal, welches mich, die Propstei Sölden, und zum Theil auch das Priorat St.Ulrich bei dem neulichen französischen Ueberfall betroffen hat, wird Euer Hochwürden und Gnaden wenigst im Allgemeinen schon bekannt sein. Wenn je die Bauernregel: „Georg und Marks bringen gemeiniglich etwas Args“ wahr ist, so war sie es gewiß dieses Jahr. Schon am ersten Tage des leidigen Ausbruchs der Franzosen aus Breisach, an dem wir vertrauensvoll auf die siegreichen Waffen der Oesterreicher nach althergebrachter Gewohnheit eine Procession zu St.Markus nach Sölden anstellten, drang der Feind schon bis Kirchhofen und Ehrenstetten, eine halbe Stunde von hier vor; forderte von Hrn. Pfarrer zu Kirchhofen 100 Louisd'or Coutribution; und da er sie zu bezahlen außer Stand war, führten sie ihn mit sich in ihr Lager fort, worauf er auch nicht eher entlassen wurde, als bis die Gemeinde Kirchhofen für ihn 50 Louisd'or baar hergeschossen hatte, gleiche Weise verfuhren die Franzosen mit dem Hrn. Pfarrer von Krotzingen, welcher für seine Loslassung 102 Louisd´or erlegen mußte. Was unsern Schrecken noch über alle Maßen vermehrte, war die Nachricht, daß die Franzosen auf die Leute schößen, und bereits einen und den andern in der Nachbarschaft erschossen oder verwundet hätten; item die Menge der Wägen, welche mit Geräthschaften beladen von allen Seiten hier durch und in die Wälder und nach St.Ulrich flüchteten, welches alles uns an der Nähe des heranrückenden Feindes nichtmehr zweifeln ließ. Bei so bewandten Sachen ließ denn auch ich durch meine Dienstleute das Bessere, so ich im Hause hatte, eiligst zusammenpacken und so gut als möglich verwahren. Zu bedauern ist es, daß in dem großen hiesigen Pfarrhofe gar kein verborgenes Behältniß angebracht worden ist, welches doch ganz leicht und ohne sonderliche Kosten hätte geschehen können, ja noch könnte. Den andern Tag nach St.Markustag streiften die Franzosen schon bis Sölden, und nun ließ es sich leicht schließen, daß Bollschweil nicht mehr lange von ihnen frei bleiben würde. Wir irrten uns auch in unserm Urtheile nicht. Noch den nämlichen Samstag Nachmittag rückten einige französische Husaren hier ein, begehrten Geld, und zogen sich wieder zurück. Nach diesen kamen abermal andere und sofort die dritte und vierte Rotte und forderten ein Gleiches. Nach des Vogtes Haus war immer die Anfrage nach des Pfarrers, oder wie sie sagten nach des Pastors Wohnung. Allein sie trafen den so sehnlich verlangten Pastor nicht an. Ich entzog mich nämlich auf den Rath der hiesigen Gemeindevorgesetzten, um nicht wie oben gemeldete Pfarrherren von Kirchhofen. Krotzingen und andere in die feindlichen Klauen zu fallen, ein bischen in den benachbarten Wald, und übertrug mittlerweile die Obsorge über mein Haus einem Bürger von hier, welcher sich für den Knecht des Pfarrers ausgab. Ich brachte so die Nacht zwischen dem 26, und 27. April mit Furcht und Schrecken in einem Bauernhofe. Laimbach genannt zu, willens bei anbrechendem Tage wieder nach Hause zurückzukehren und den sonntäglichen Gottesdienst zu halten. Ich brach auch zu diesem Ende in aller Frühe auf und schlich ganz allein und insgeheim durch die Gebüsche des Waldes dem Dorfe zu. Allein mit Erstaunen ersah ich Leute und Wägen auf ein Neues in den Wald flüchten. Denn in aller Frühe rückten abermals mehrere hundert Franzosen in Bollschweil ein, welche gleich den gestrigen die Gemeindevorgesetzten und andere um Geld preßten. Nun war es dann um den Sonntag geschehen. Es flohen fast alle Bürger mit Weib und Kindern in den Wald, und ich mußte bei ihnen bleiben. So wurde auch bei uns Bollschweilern wahr jenes: ln bello silent leges. Wir brachten den Sonntag im Walde zu bis gegen Abend, und eine Hiobspost nach der andern kam an, welche uns je länger je mehr kränkte. Die allerbitterste aber für mich war jene, welche mich Abends nach 9 Uhr nach Hause rief, indem zwei französische Generäle in meinem Hause Quartier nehmen wollten. Ich besann mich nicht lange: zwischen Furcht und Hoffnung an einem Generale die beste Sauvegarde für mich sowohl als für das Meinige zu finden, eilte ich dem Pfarrhofe zu ohne zu bedenken, daß mein Haus und meine Küche von allem Geräthe leer sei, indem ich dasselbe, wie oben gemeldet, größtentheils in Sicherheit gebracht hatte. Ew. Hochw, und Gnaden mögen sich nun vorstellen, wie es mir um das Herz war, da ich ohne Köchin, (es mußte diese in dem Wald verbleiben, weil ohne Paß, der auch auf mein Ansuchen von dem Herrn General verweigert ward. Niemand in das Dorf hinein oder heransgelassen wurde) ohne Betten, ohne Küchengeschirr, ohne Tischgeräth ec. zwei vornehme Generale nebst ihrer Suite bewirthen sollte. Ich selbst hatte nichts, andere Bürger hatten auch nichts oder brauchten das Ihrige für die Officiere, welche bei ihnen selbst einquartirt waren. Ich hatte daher die größte Mühe zwölf Löffel aus Sturzblech und eben so viele allerschlechteste Messerbestecke an die Hand zu schaffen, mit welchen sich, Gott Lob, meine Gäste ohne Vermeldung eines widrigen Wörtleins begnügten. Endlich ging doch Alles ziemlich passabel ab. Die alte Frau des hiesigen Schullehrers regierte die Küche, der eigene Koch des Hrn. Generals bereitete die Speisen, und der General sammt der Suite waren guter Dinge und gegen mich sehr gnädig. Nach der Tafel legten sich alle gleich den gemeinen Soldaten auf das Stroh, und so wurde mir auch der Kummer wegen Abgangs der Betten gehoben. Indem es nun in meinem Hause so zuging, kehrten die Franzosen, welche dahier ein großes Lager hatten, Alles unter und über sich; sie stahlen, was sie erwischten, Holz, Salz, Schmalz, Hühner, Güller, Tauben, Schweine, Kälber ec. Ich allein blieb inzwischen von aller Plünderung frei, weil der Herr General allen Einfall der Franzosen durch eine vor das Haus gestellte Wache hinderte. Ich schlief daher die Nacht ziemlich ruhig auf meinem Strohsacke. Meine Ruhe aber wurde in aller Frühe von Neuem gestört, indem ich schon morgens um 4 Uhr die Nachricht erhielt, daß alle hiesige Ortsvorgesetzte, welche gestern von dem Hrn. General selbst den Auftrag erhalten hatten, mein Haus die Zeit seines hiesigen Aufenthaltes hindurch mit allem nöthigen Fleisch, Geflügel, Kaffee, Zucker ec. zu versehen, wegen des unerträglichen Ueberdrangs, welchen ihnen andere Franzosische Officiere, die in ihren eigenen Häusern einquartirt waren anthaten, die Flucht ergriffen hatten. Wie, dachte ich, wie wird es nun mir ergehen ? Es wird nun alle Last aus mich fallen: man wird nun von mir fordern, was man von den Ortsvorgesetzten nicht erhalten hat. Allein Gott verließ mich auch in dieser Noth nicht. Unvermuthet kam Befehl das hiesige Lager aufzuhebetn und den Marsch weiters, St.Blasien zu, anzutreten, was denn auch unverzüglich bewerkstelligt wurde. Zwischen Freude und Leid lief ich nun hie und da im Hause herum; jetzt schloß ich mch in mein Zimmer ein aus Furcht, es möchten die Gelderpressungen nun erst angehen; bald verfügte ich mich wieder in die Küche und in die Scheuer, um alle Räubereien von Heu und Küchengeräth zu hindern. Jetzt stellte ich mich unter das Fenster dem Abzuge der ungeheueren Menge von Franzosen zuzusehen; jetzt zog ich mich wieder zurück aus Furcht so viele erschreckliche Feinde länger auzusehen; endlich setzte sich auch der Herr General sammt den Seinigen zu Pferd und zog ohne meine Verletzung von mir im Frieden ab. Er war gegen mich wider alle Erwartung so gnädig, daß er mir ohne mein Ansuchen von freien Stücken eine Sauvegarde hinterließ, welche zum Schuße meiner Person und meines Hauses so lange bei mir zu verbleiben hätte, bis die ganze Armee würde vorüberpassirt sein. Es kam mir auch diese Sauvegarde den heutigen Tag sehr gut; denn da durch den Nachtrab der Armee fast alle hiesige Häuser ausgeplündert worden, wurde das meinige nebst wenigen andern benachbarten allein verschont. Auf den Abend aber erhielt diese meine Sauvegarde von einem ankommenden ansehnlichen Officier Befehl von mir wieder abzuziehen und sich zur Armee zu begeben. Umsonst bat ich um Belassung derselben wenigst nur noch durch einen Tag. Allein ich fand keine Gnade. Die ganze Armee, hieß es, ist schon durch Bollschweil gezogen, es kömmt kein Mann mehr - ich sei daher keiner Sauvegarde mehr benöthigt. Ich mußte es also geschehen lassen und dem Abzuge meiner Sauvegarde nolens volens entgegensehen. Der Kummer, der hierauf in meiner Seele entstandt wurde auf die Nacht gewaltig vergrößert da unvermuthet in dem Dorfe ein neuer Lärm ausbracht, es sei ein neuer Schwarm der Franzosen hierher im Anzuge, daß dieser Lärm nicht leer und eitel war, zeigte es sich leider den folgenden Tag, den 29. April, maßen frühe um 5 Uhr 4-5000 Mann hier von neuem einrückten und das ganze Dorf wiederholten malen ausplünderten. Der Pfarrhof war eines der ersten Häuser, welche der Raubsucht preisgegeben wurden. Gleich nach 5 Uhr in der Frühe stürmte eine Rotte in den Pfarrhof, durchsuchte das ganze Haus, zerbrach Kisten, Thüren und Kästen, nahm Alles mit sich, was ihr werth und angenehm war. Kein Winkel war im ganzen Hause wo sie nicht hindrangen, kein Papier, kein Buch, das sie nicht in die Hände nahmen und aufs emsigste durchsuchten. Der Keller blieb ihnen auch nicht verborgen, sie brachen die Thüre auf, soffen und schleppten einen ganzen Kessel voll Wein mit sich fort. Mittlerweile, da dieses geschah, entfloh ich und die Meinigen auf die Hausbühne, wo wir unter dem Schutze Gottes sicher blieben. Nachdem die Räuber abgezogen, und wir aus unsern Schlupfwinkeln wieder hervorgekrochen sind, retteten sich meine Mägde durch die Flucht, um sich und ihre Ehre vor weitern Einfällen der Franzosen, womit das Dorf noch ganz angefüllt war, in Sicherheit zu setzen. Nicht lange nach ihrem Abzuge eilte eine neue Rotte dem Pfarrhofe zu; rissen fast die Hausglocke ab, und ohne daß ich mehr entfliehen konnte, zwangen sie mich die Hausthüre selbst zu öffnen. Nun gestaltete sich auf ein Neues die traurigste Scene. Ich sagte den Räubern, mein Haus wäre bereits ganz ausgeplündert worden, es sei nichts mehr vorhanden. Allein ich redete zu Tauben. „Du vin.“ sagten sie, „Win - wo Keller ?“ - Ich zeigte ihnen dann die ausgerissene Kellerthüre und ging mit ihnen in den Keller, um wenigstens zu verhindern, daß sie nicht, wie es bei Andern geschehen, den Wein ganz auslaufen lassen möchten. Da ging nun das Weinzapfen an - mehr denn 100 Franzosen kamen herbei. Wein aus meinen Fässern herauszulassen. Sie stahlen mir alle Geschirre, Bouteillen, Krüge, Schüsseln, Häfen, ein altes Stoßfaß und meine Gartenspritze und füllten sie mit Wein. - Sie brachten noch von andern Häusern dergleichen Geschirre herbei, welche alle mit meinem Weine angefüllt wurden. Ich konnte der Weinschläuche fast kein Ende erwarten; eine gute halbe Stunde lang dauerte ununterbrochen das Herauslassen und würde vielleicht noch länger gedauert haben, wenn nicht die unvermuthete Ankunft einer Division kaiserlicher Husaren sie verjagt und bis hinter Staufen verfolgt hätte. Ein Glück für mich würde es gewesen sein, wenn diese kaiserlichen Husaren ein paar Stunden Früher gekommen wären; ich würde noch im Besitze aller meiner Habschaften sein, wenige ausgenommen, welche die Bedienten des Generals mit sich fortgeschleppt haben. Nun aber, da ich vorhin wenig besaß, besitze ich jetzt noch weniger. Wie groß mein Schaden sei, den ich durch die Einquartirung des Hrn. Generals und seiner Suite, und dann durch eine zweimalige Plünderung erlitten habe, kann ich eigentlich und bestimmt nicht sagen; ich irre meines Erachtens nicht, wenn ich ihn 300 Gulden übersteigen glaube. Ich weiß noch nicht einmal Alles, was mir ist entfremdet worden, weil noch einiges Plunder und Hausgeräth auswärts in Verwahrung liegt. Was ich weis; ist Folgendes: 5 Saum Wein, 12 Stück gemodelte Servietten, 4 Messer, 2 oder 3 Leintücher, etliche Pfulpen und Kissenanzüge, einige Fayanceteller und Platten, 1 ½ Pfund Zucker und 1 Pfund Kaffee, etliche Pfund Fleisch, 3 Pfund Butter, das nöthige Heu für die Pferde des Generals, 2 Sester Gerste für dieselben, 5 oder 6 Laib Weisbrod, eine Sackuhr, welche mir von einem Franzosen gewaltthätig aus dem Sack ist genommen worden, 1 Seite Speck, 2 Petschirstöckchen, 1 Stänglein Siegelwachs, einige weiße Wachsstöckchen, 1 versilbertes Reliquienbüchslein, 3 Federmesser, Guter sammt 4 oder 5 Maß Hefebranntwein, 1 Gutter sammt 2 oder 3 Maß Essig, 3 leere große Guttern, 2 Maßbouteillen, 5 bis 6 Halbmaßbouteillen, 2 Schoppengläser, 4 oder 5 steinerne Sauerwasserkrüge, 1 großer steinerner Krug, 1 irdener Wasserkriug, 1 große irdene Schüssel, 20 oder mehr Stücke Milchhäfen und mehreres anderes irdenes Kiichengeschirr, 1 Stoßfaß, 1 steinerner Hafen, 5 Maaß Schweineschmalz, 11 Stück Hühner, 1 Guller, 2 Enten, 2 Tauben, alle Eier, 2 Schnupftücher, 1 seidenes Halstuch, 1 Schlafkappe, mein Nachtscapulier, 1 pergamentenes Büchlein mit einem Spiegel, 2 Tabakbüchsen, 1 Buch Papier, 1 paar Pfund Sohlleder, Rest von einem Kalbsfell etwa zu 1 paar Schuhe, 1 Hemd, 1 kleines Perspectiv, 1 Meerrohr, 1 Gartenspritze, 1 Ergele, 1 Kübel, 2 Seeren, Opfergeld an Pfennigen und Dublen etwa 48 kr. Ueberdies schlugen die Franzosen einen ganzen Fensterflügel, wie auch meinen Kleiderkasten ein, brachen das Schloß an meinem Pult und die Kellerthüre auf, deren Reparatur auch Geld kostet.. - Wenn man den Saum Wein, so wie er in hiesiger Gegend seit einiger Zeit verkauft worden ist, um 40 fl. anschlägt, so beträgt der Schaden, den ich blos am Weine erlitten habe, 200 fl. Setzt man den übrigen, oben angezeigten Artikeln nur einen mittlern Preis an, so wird eine Summe von 300 fl., ja mehr herauskommen. - Was Sölden gelitten habe, weiß ich nicht, doch ist dessen Schaden ungleich größer als der meinige, weil der Feind daselbst, was hier nicht geschehen, noch am 2. Mai zum drittenmal geplündert hat. Der Himmel wolle ähnliche Fälle von Euer Hochwürden und Gnaden und von unserm Gotteshause auf ewige Zeiten gnädigst abwenden. Ich empfehle mich in fortdauernde hohe Gunst und Gnaden und beharre mit allschuldiger Erfurcht Ew. Hochwürden und Gnaden mindester Sohn Fr. Anselm Dörflinger. Bollsohweil, 9. Mai 1800. Nachschrift: Eben erfahre ich von Hrn. Pfarrer zu Pfaffenweiler, der mich heute Nachmittag mit einem Besuche beehrte, daß auch er sammt dem Pfarrer von Biengen von den Franzosen hinweggeführt worden und erst nach bezahlten 50 Louisd´or, welche die Gemeinde hatte bezahlen müssen, wieder freigelassen worden sei. Er läßt sich Euer hochw. Und Gnaden gehorsamst empfehlen.

4. Ueber die Vorgänge zu Sölden gibt uns ein anderes Schreiben in dem erwähnten Urkundenbuch Aufschluß. Es ist von P. Paul Hendinger, dem damaligen Seelsorger zu Sölden und Capitularen des Stiftes St.Peter, verfaßt und gleichfalls an den Abt ignaz gerichtet. Derselbe schreibt: ,,Daß Ew. Hochwürden und Gnaden wegen meiner Entweichung bei neulicher Ankunft der feindlicheu Armee hierher, heftig entrüstet seien, ist mir sehr leid, und bitte deswegen demüthigst um Verzeihung. Die Ursache, die mich zu dieser schnellen Entschließung bewogen, will ich nicht jetzt, sondern zu einer andern Zeit eröffnen, wo ich hoffe, daß sie nach in etwas gelegten Unwillen bessern Eingangen finden werde; wo nicht, so ums ich mit dem Propheten seufzen: Iram Domini portabo. Es ging diesesmal weit schreckhafter zu, als vor vier Jahren, wo nur einige Feinde truppweise hierher kamen, die sich mit Speis und Trank und etwas Geld befriedigen ließen; jetzt aber setzte ein großer Theil der Armee ihren Marsch in diese Gegend. Und wer hätte es vermuthen können, daß so schnell geschehen würde ? Niemand konnte voraus wissen und sagen, was geschehen oder nicht geschehen werde. Es war also guter Rath theuer. Eine Plünderung im hiesigen Orte war von den Franzosen schon beschlossen, und diese erste ging nach Aussage der hiesigen Leute noch leidentlich ab. Allein da die ersten Truppen abgegangen waren, kamen alsogleich wieder neue zahlreichere, und erfolgte die zweite Plünderung mit großen den Leuten eingejagten Schrecken. Der zweite Tag im Mai war der schreckhafteste und angstvollste, da mehrere Husaren und Fußgänger aus dem Lager in der Gegend Freiburgs, nachdem sie den Tag zuvor die Ortschaften Merzhausen und Au abermal ausgeplündert hatten, nach Wittnau, Biezighofen und Sölden kamen, und das drittemal raubten. Die Husaren sprengten mit blosen Säbeln im Dorfe und auf den Feldern herum, forderten von den Leuten, die sie antrafen mit Ungestümme Geld, schlugen die Fenster ein, schoßen und hieben nach den Leuten. Hatten diese Züge und Wägen überkommen können, so hätten sie die Früchte aufgeladen und fortgeführt. Und wenn sie noch einen Tag länger im Lager hätten verbleiben können, so würde es unfehlbar geschehen sein. Und wer hätte widerstehen können ? Niemand getraute sich herbeizugehen. Einige Männer, die sich sehen ließen, wurden genöthigt, Wein aus unserm Keller in kleinen Fäßchen und andern Geschirren in das Lager bei Güntersthal zu tragen, wobei sie von den Husaren mit blosen Säbeln begleitet wurden. Zu Merzhausen, Au, Wittnau und Biezighofen hatten alle Leute ihre Häuser verlassen und war kein Mensch anzutreffen. Die Häuser wurden geplündert, die Leute mochten zu Hause sein oder nicht. Jene, welche zu Hause verblieben, hatten nur mehr Schrecken und Aengsten auszustehen. Der Hr. Decan und Pfarrer zu Merzhausen blieb zu Hause; es nützte ihm doch nichts. Er und seine Haushälterin wurden schändlich gemißhandelt und geängstigt wie andere Leute: er wurde zu Boden geschlagen, mit Füßen getreten, sein Haus ausgeraubt, und nach diesem noch mehr von ihm gefordert. Beide entkamen noch mit Mühe. Sein Verlust ist ungleich größer, als der unsrige dahier. Er verlor an Wein wenigstens 22 Saum, und Alles, was er im Hause und in die Kirche geflüchtet hatte. Auch wurde der Franciscaner, der in Wittnau die Pfarrei versieht, wegen des Geldes geängstigt und entfloh. Unsere Vorfahren, die alten R. R. Confratres hier und zu St.Ulrich Cajetan, Georg, Aemilian, Gregor, da sie vor 56 Jahren bei der Belagerung Freiburgs von den Franzosen dergleichen Beängstigungen undDrangsale zu leiden und zu befürchten hatten, suchten ebenfalls ihr Heil in der Flucht. Den Verlust, den die Propstei erlitten haben soll, machen die Leute gar zu groß. So sagte man zu Ebringen, daß ich 120 Saum Wein verloren habe. So wurde auch hier gesagt, daß, obschon ich das meiste Geld weggethan habe, die Franzosen doch noch 700 fl. gefunden hätten, da ich nicht 70 fl. bei Händen hatte: daß alles Zinngeschirr, Bettzeug und Kirchensachen geraubt worden seien, was aber falsch ist. Wahr ist jedoch, daß ich einige Tage lang keinen Tropfen Wein im Keller hatte. Dieses sagte ich selbst aus, damit die Leute keinen Wein von mir begehren möchten. Ich hatte nur einige Krüge voll in dem Milchkasten aufbehalten. Ich lasse die Leute reden was sie wollen und laße sie auf dem Glauben dessen, was ich verloren haben soll; denn es ist nicht nothwendig, daß sie wissen, was ich verloren oder erhalten habe. Ich gebe einiges Verzeichniß des erlittenen Verlustes. 1) Geld an 60 fl. mit der Kupfermünze, welches ich theilweise an verschiedenen Orten im Hause verborgen hatte, um etwas bei Handen zu haben, da ich zuerst entschlossen war zu Hause zu bleiben. 2) Wein ungefähr 11 Saum. 3) 17 Maß zerschiedenen Branntwein. 4) Ein Kalb, welches von den Franzosen ist aufgezehrt worden. 5) Hühner und Enten 26 Stück. 6) Haber, wie viel weiß ich noch nicht, indem die Früchte noch nicht umgestürzt worden sind. 7) Kleider: der tüchtige Reisemantel, 10 Hemder, 15 Schnupftücher, 10 Schlafkappen, ein Paar Schuhe, ein Paar alte Stiefel. 8) Weißzeug: drei Paar Fensterumhänge, Tischtücher und Serviette, Leintücher gewaschene und unsaubere; wie viel kann ich nicht bestimmen, da ich nicht mehr weiß, was geflüchtet worden ist, und was in die Wasche zu thun war. 9) 1 ½ Seite Speck. 10) Zinnerne Löffel, Messerbestecke, Bouteillen, Trinkgläser, Flaschen ec. 3 zinnerne Kannen. 11) Alle Teupiche, neue und alte. 12) zwei kleine Fäßchen á 12 und 14 Viertel, zwei große steinerne Krüge. 13) Alles Schreibpapier, bis auf einige Bogen, alle Federmesserlein, Federkiele und Schreibfedern, also daß ich keine finden konnte und zu gebrauchen hatte. Endlich viele andere Kleinigkeiten als: Feuersteine, Feuerstahl, Zundel; Kämme und Strehle ec. - Das Fatalste war, daß just auf St.Marcustage der Ueberfall geschah, wo Vormittags fremde Leute hier waren und Nachmittags wieder vom Lande mit Vieh und Pferden hieher als Zufluchtsort kamen, mit welchen man umgehen und reden mußte, wodurch wir verhindert wurden, mehrere Sachen in Verwahrung zu bringen. Am folgenden Tage war es ebenso Vormittags, und Nachmittag gegen 2 Uhr kamen schon die Franzosen.“ So weit das vom 16. Mai datirte Schreiben des Propst Paul Hendinger zu Sölden. Abt Ignaz antwortete ihm darauf, es sei falsch daß er die Entfernung desselben so übel aufgenommen habe. Er sei zwar dafür, daß jeder in seinem Hause bleiben solle in thesi; doch seien die Umstände verschieden und man könne nie wissen, was gerade das Beste sei; auch könne Niemand gerade vorschreiben was zu thun sei.

5. In St.Trudpert sieht es zum Weinen aus, schreibt P. Joseph in Freiburg an den Abt Ignaz. Der Maierhof soll verbrannt sein. Die Weine ließ man laufen. Zweihundert Louisd´or mußte man bezahlen, P. Prior und Cölestin wurden als Geisel fortgeführt, man schickte sie aber wieder zurück. - Gestern war man sehr stark aneinander in der Gegend von Sölden und Bollschweil, wo die unsrigen 240 Franzosen gefangen haben. In Kirchhofen gelang es fünf Husaren, die ganze Bagage des Generals Sabbati zu erbeuten. Die 30 Mann, welche den Wagen bedeckten wurden bis auf 12 niedergemacht, welche verwundet auf dem Wagen hierher geführt wurden. Der General aber kam davon. Auch durch St.Ulrich ist eine Rotte gezogen, soll aber kein Unheil angestellt haben. - P. Basil Meggle zu St.Ulrich stattet über den dortigen günstigen Verlauf der französischen Invasion folgenden schriftlichen Bericht an den Abt Ignaz ab: ,,Die Vorsicht leitete Alles so ein, daß unsere größte Strafe eigentlich nur in der Furcht bestand. Der Schaden ist unerträglich; der Verlust von etwa 1 ½ Saum Wein, 1 ½ Seite Speck sammt Heu war das Meiste, so wir litten. Den 25. April Nachmittag hieß es, die Franzosen seien schon in Wolfenweiler, es war gegen zwei Uhr. Gegen Abend kam der Bericht, sie seien schon in einiger Anzahl neben Freiburg vorbeipassirt. Den nämlichen Nachmittag kamen von Norsingen, Offnadingen ec. Pferde, Kühe, Ochsen, geladene Wägen mit Hausrath ec. hierher in Sicherheit. Den folgenden Tag, am 26. d. rückten die Franken immer näher. Nachmittag kamen sie nach Sölden. Weil der erste Lärm sehr groß war, und es von allen Seiten her hieß, man hebe die Geistlichen aus als Geiseln, gingen P. Peter und ich auf den Abend in den Hofsgrund, übernachteten daselbst beim Steiger, kehrten aber in aller Frühe auf Sonntage wieder zurück und hielten den Gottesdienst, jedoch ohne Geläute. Wir warteten bis gegen 5 Uhr Nachmittag. Ueber einmal entstand der Lärm, es komme französische Cavallerie von Sölden her und werde in St.Ulrich übernachten. Wir gingen etwas bei Seits gegen den Gründenwald, doch so, daß man uns alle Augenblicke holen konnte. Der Obertknecht und die Köchin K. S. blieben im Hause. Ich war kaum bis zum Jägerhaus hinaus, da ritten die Franzosen schon neben der Gütlemühle St.Ulrich zu. Auf dies ging ich etwas tiefer in den Wald hinein, sagte aber der Jägerin den Platz wo ich stehen bleiben werde, damit man mich gleich holen könnte. Unser Oberknecht sprang schon daher mit Vermelden, der Hr. General wolle mit mir reden. Ohne mich lange zu besinnen, kehrte ich mit P. Peter in aller Eile zurück. Der Hr. General ließ auch wirklich mit seinem ganzen Cavallerieregimente (es waren sehr schöne Husaren) halten, bis wir ankamen. Der General saß auf der steinernen Brücke bei der Mühle, als wir zu ihm kamen. Er war höflich und sagte: alle diese Leute und Pferde könne er hier einquartiren lassen, ob wir Futter ec. hätten. Wir zeigten ihm die wenigen Häuser und stellten ihm die Unmöglichkeit der Einquartirung vor; zugleich präoccupirte ich, wir und die Unterthanen wären auch außer Stande diese Einquartirung mit Geld auszulösen. Wir müßten uns seine Anordnung gefallen lassen, doch möchte er Rücksicht auf uns und dieses einsame Ort nehmen. Er besprach sich dann mit einigen Officieren und ging mit uns in's Priorat, wo wir ihn mit Wein, Brod ec. bedienten. Nach einer Viertelstunde kehrte er wieder gegen die Mühle zurück; wir begleiteten ihn und baten nochmals uns gnädig anzusehen. Ich meldete ihm ganz offenherzig, meine ganze Baarschaft bestehe noch in 3 Louisd'or. Als er wieder bei seinen Leuten ankam, saß er auf das Pferd und befahl mir, alsbald einen Mann herbeizuschaffen, der ihm und seinem Regimente den Weg nach St.Trudpert zeigte. Es geschah und dann ging der Zug nach St.Trudpert über unsern Gütleweg hinaus. Vor der Mühle blieben ich und P. Peter stehen bis das ganze Regiment vorbei war; es dauerte über eine Viertelstunde. Den Officieren machten wir unsere Verbeugung und sie erwiderten dieselbe entgegen, indem sie ihre Hüte rückten. Von den letzten Reitern kamen einige in unsern Hof herein und begehrten etwas zu trinken, ohne von den Pferden abzusteigen. Wir gaben's, darauf eilten sie fort. Nun glaubten wir befreit zu sein. Ganz unerwartet kam noch eine Compagnie Grenadiere vom 3. Bataillon, die hier übernachteten. Es waren 60 Mann und etwa 16 Husaren. Der Capitain begehrte Platz in der Scheuer für sie, Speck, Erdäpfel und für jeden Mann 1/2 Maas Wein. Wir eilten Alles herbeizuschaffen. Die Officiere waren mit unserer Willfährigkeit sehr wohl zufrieden, aßen in unserer Gesindstube zu Nacht und schliefen daselbst auf dem Stroh, das man hineinlegen mußte, ohne daß nur einer ein Bett begehrt hätte. Den andern Tag (28. April) gegen 2 Uhr Nachmittag ritt ein Husar daher, der den Befehl zum Abmarsche brachte. In einer halben Stunde darauf war kein Franzose mehr hier. Wir baten vor dem Abzuge die Officiere, besonders den Capitaine, einen sehr artigen Mann, die Anstalt zutreffen, daß nicht einige zurückblieben und uns quälen möchten. Sie thaten's und alle mußten auf einmal fort. Der Capitaine sagte zu uns: Mit ehrlichen Leuten, wie wir seien, müsse man ehrlich umgehen. Er sprach sehr gut deutsch. Wir begleiteten sie hinaus, wünschten ihnen und uns einen baldigen Frieden, welches Wort sie äußerst gerne hörten, wie auch die gemeinen Soldaten. Die Husaren konnten schier nicht abkommen, ritten noch vor die Fenster hin, gaben uns die Hände und beurlaubten sich noch mehrmal. - Von diesem Augenblicke an bis jetzt, wo ich dieses schreibe (am 30. April) haben wir keinen Franzosen mehr hier gesehen. Der Capitain hat mich auch versichert, seine Compagnie sei die letzte, die hier durchgehe. Gestern Vormittag ging noch ein starker Zug über Horben und den Gishübel hinauf der Wieden zu. Der Landsturm thut sehr gute Dienste. Gott können wir nicht genug danken, daß wir so gut durchgekommen, und so menschlich behandelt worden sind. Die Hühner mußten allein die Wuth der Franken aushalten: alle bis auf eines sind massacrirt. Der General des Regiments war ein Generaladjutant des Moreau, seinen Namen aber sagten uns die Franken nicht. Er war ein sehr schöner Herr, groß, etwa 30 Jahre alt. Das Regiment bestand wenigstens aus 600 Reitern, auch waren noch 3 Compagnien Fußvolk dabei, ohne die Compagnie, die hier übernachtete. Gestern (29. April) Nachmittag zogen auch die Norsinger ec. die ihre Effekten hierher geflüchtet hatten, wieder ab und kehrten nach Haus. In Norsingen bekamen die Landstürmer einen Geldwagen, oder eigentlich einen mit Silber beladenen Wagen der Franken in die Hände. (Es scheint dies der oben erwähnte Bagagewagen gewesen zu sein.) Im Ganzen genommen waren die gemeinen Soldaten nicht so schlimm: doch gabs auch schlechte, welche die Leute quälten und prellten. Der Hauserin K. S, und dem Oberknecht weiß ich nicht genügsames Lob zu geben; sie hielten sich über alle Beschreibung klug und getreu. Auch war der Säger Friedle unablässig bei uns, und half bei allen Gelegenheiten, desgleichen auch der Nachtwächter Ulrich Thoma.“

5. Nach diesen, dem von Abt Ignaz gesammelten Urkundenbuch entnommenen Episoden aus der Umgebung Freiburgs kehren wir zu seinem Tagebuch zurück. Ich hatte, schreibt der Abt, auf den 3. Mai in St.Peter eine Betstunde ansagen lassen coram Venerabili. Zahlreich erschien das Volk und schrie zu Gott um Gnade und Erbarmung. Ich las unter der Betstunde die hl. Messe. Als ich kaum vom Altare kam, wurde mir die Anzeige gemacht, die Franzosen rückten an. Es kam eine Patrouille Dragoner von St.Märgen her. Ich begab mich in's Priorat, mich für einmal zu verbergen. Der Anmarsch geschah um halb 9 Uhr. Die angekommenen Feinde waren zwar nicht grausam, forderten aber sogleich Geld, Wein und Speise. Man gab für die Truppen zehn Louisd´or, dem Wachtmeister zwei, dem Officier zehn. Die Truppen campirten beim Schweighof; der Officier speiste im Kloster. Nach ihrem Vorgeben soll die französische Armee in sechs Colonnen vorgerückt sein: bei Schaffhausen, zwischen Schaffhausen und Basel, bei Basel, zwei Colonnen bei Breisach und eine Colonne bei Kehl. Die Stärke der Armee gaben die Soldaten auf 200, der Officier aus 150 Tausend Mann an. Nach eigener Aussage kriegen sie jetzt nicht mehr um die Verfassung (denn, sagten sie, Bonaparte sei selbst mehr als König), sondern nur um den Frieden. Man merkt deutlich, daß in ihnen nicht mehr der alte Enthusiasmus lebt. Sie fragten, ob die Bauern bewaffnet seien, mit der Drohung, sie hätten Befehl, jeden bewaffneten Bauer zu ermorden, sonst aber sei ihnen strenge Disciplin befohlen, welche auch gut halten ist, wenn man überall nicht nur Lebensmittel, sondern auch Geld requirirt. Der Officier verlangte ein Pferd, um das seinige, wie er vorgab, ausruhen zu lassen, und um einen reitenden Boten. Er ließ auch wirklich sein Pferd stehen und nahm eines der unsrigen mit, um eine Recognoscirung nach Waldkirch zu machen. Der Trupp ist nichts anderes als ein Streifcommando, welches auf Requisitionen ausgeht. - Der Bürger Baco (so hieß der Dragonerofficier) ritt mit seiner Rotte nicht weiter als bis Denzlingen und kehrte auf den Abend wieder zurück, um uns den Beweis zu hinterlassen, daß er und seine Truppe gerade die größten Schurken seien, welche noch glaubten, es könne solche Dummköpfe geben, von welchen sie für ehrlich gehalten würden. Gleich nach der Ankunft mußten die Dragoner ansuchen, man möchte ihrem Officier das Pferd, das er geritten, zum Präsent geben. Der Bürger Baco protestirte sehr dagegen und wiederholte sein: Je suis un honnete homme sehr oft. P. Großkeller antwortete: wenn der Officier das Pferd fordere, so könne man sich nicht widersetzen. Nun protestirte der Officier noch mehr, daß dies wider seine Ehre sei; die Dragoner sagten das nämliche: der Officier sei honnete, dies wäre wider seine Ehre ec. Sie verlangten sogar, man müsse es schriftlich ausstellen, daß man ihm das Pferd geschenkt. P. Großkeller suchte immer Ausflüchte, aber am Ende mußte man dem braven Mann das Pferd lassen und noch eine von ihm selbst aufgesetzte Formel unterschreiben, daß man es ihm geschenkt, und beinahe aufgedrungen habe. Zum Unglück stand das Pferd des Officiers im Stalle bei unseren Pferden; als man nun dieses holen und wieder satteln wollte, drangen sie in den Stall und suchten unter sechs Pferden noch ein besseres aus. Anfangs wollten sie einen jungen, 2 ½ jährigen Hengst wegnehmen, allein dieser schlug aus und biß, daß sie ihn gerne stehen ließen. Sie nahmen nun ein junges vierjähriges Räppchen und zogen ob - die ehrlichen Leute. Der Officier requirirte nicht nur Lebensmittel, sondern auch Geld für seine Truppen, und die Truppen extorquirten Pferde für den Officier. So konnte jeder sagen, er hätte für sich nichts begehrt. Dieser Besuch kostete uns 22 Louisd'or an Geld und 18 Louisd'or am Pferde, nebst Wein und Speise im Ueberfluß. Gott gnade uns für die Zukunft. Allein der Herr ist gnädig und mächtig.

6. Sonntags den 4. Mai Abends kam ein neuer Trupp von 13 Chasseurs, einem Husarenofficier mit einem gemeinen Husaren, der Mayer hieß und aus Colmar war. Er fragte nach dem Prälaten und dem Prior. Man sagte, der Prälat habe sich in eines von unseren Häusern retirirt. Der Husar war ungestümm und forderte im Namen des Generals 800 Louisd´or, ohne etwas Schriftliches vorzuweisen. P. Großkeller, unterstützt vom P. Prior und P. Plazidus machten alle Vorstellungen. Er fiel herab auf 600. Ich gab dem P. Prior Vorschläge: um Zeit zu gewinnen, solle man ihm selbst ein Douceur antragen, um sodann mit dem General unterhandeln zu können. Ehe dieser Vorschlag ansgeführt wurde, war man auf 300 Louisd´or gekommen, und dabei mußte es bleiben. Auf die Vorstellung, daß man an der Landescontribution ohnehin zahlen müßte, sagte der Officier, diese Summe wurde daran abgerechnet. Er verlangte, daß man ihm einen Sortenzettel mitgebe, man solle aber nur 250 Louisd´or angeben, dann wolle er sich bei dem General verwenden, daß das Uebrige nachgelassen würde: parcequ´il faut avoir d´humanité, sagte er. Ich hatte indessen das Capitel zusammenrufen lassen, allein man konnte nichts Ansführbares rathen. Ich verbot, bekannt werden zu lassen, wie viel habe gegeben werden müssen.- Gott, Du weißt, wir hängen nicht an dem Geld; aber Du weißt auch, was wir nöthig haben. Erbarme Dich unser ! Auch um Anderen Gutes zu thun, ist Geld nöthig. Rettest Du uns und läßt Du diese Exaction die letzte sein, so werde ich besonders unsere armen Unterthanen zu Zähringen kräftig zu, unterstützen suchen, etwa die Gemeinde mit einem unverzinslichen Anlehen und Einzelne mit anderen Wohlthaten. - Der Officier, der hier Geld erpreßt hatte, that, es auch zu St.Märgen, Doch ließ er sich, nachdem er hier einen so guten Fang gemacht, mit 50 Louisd´or und einem Trinkgeld abspeisen. - Von mehreren Seiten bekomme ich Nachricht, daß man in der Nachbarschaft einige Schuld auf mich werfen wolle bezüglich der von den Franzosen ausgeübten Grausamkeiten, weil ich den Landsturm befördert hätte. Ich that hierin nicht mehr als jede andere Herrschaft und jeder andere Assessor; ich that, was ich schuldlg war, aus redlicher Absicht. Die gehaltene Fahnenweihe könnte eher mich entschuldigen, weil die Franzosen selbst der Landmiliz vorwarfen, sie habe unter keiner Fahne geschworen. Die Bauern im Thale glauben, die von hier ausgegangenen Uhlanenpatrouillen hätten noch etwas verdorben, und wollen auch die Schuld auf mich werfen, wie man sagt. Von den Patrouillen wußte ich gar nicht, wohin sie ziehen werden, der Officier that seine Pflicht und fragte mich gar nicht darum; nicht einmal verlangte er einen Boten von hier. Soll ich nun auch noch Verleumdung leiden, so wird Gott, der die Wahrheit sieht, auch diese wieder zerstreuen.

7. Unter dem 7. Mai 1800 schreibt der Prälat: Da heute Alles ruhig war, auch alle Nachrichten angaben, daß die Straßen sicher seien, traf ich Vormittags noch einige Anstalten und fuhr Nachmittags nach Freiburg. Daselbst hörte ich von hundert Seiten her die Bestätigung,  des wilden und grausamen Betragens der Franzosen in dieser Stadt. Es waren hier die Generallieutenants St.Cyr und St.Susanne, Divisionsgenerale: Tarreau, Suham Le Grand. Der Einzug war schreckenvoll: Die Kaiserlichen zogen streitend zurück. überall in der Stadt wurde noch gefochten und geschossen; es wurden Haubizen auf die Stadt geworfen, drei oder vier Personen, die nur auf der Gasse sich blicken ließen, wurden erschossen. Nachdem sich die Franzosen festgesetzt hatten, ging nicht nur das gewöhnliche Wesen mit Requiriren, Lärmen und Schwelgen an, sondern auch das Plündern, womit sie überhaupt wieder angelockt worden waren über den Rhein zu gehen. Es werden über 300 Häuser gezählt, worin solche Excesse geschahen; auch wurden die Leute grausam mißhandelt durch Drohungen, Schrecknisse mit bloßen Säbeln, Bajonetten ec. Man kann nicht genug hören von allen diesen Sachen; jeder weiß neue Excesse. Auch das öffentliche Betragen der Generale war nicht besser; sie behandelten die Stände und den Magistrat sehr wild. Tarreau legte eine Contribution von 300,000 Livres der Stadt auf mit dem Befehl, dieselbe innerhalb 24 Stunden zu entrichten, nahm sogleich 24 der angesehensten und reichsten Männer zu Geiseln weg und ließ selbe bewachen. Man faßte nun den Entschluß ostiatim (von Thür zu Thür) das Geld zusammen zu betteln, auch Silber und Kostbarkeiten anzubieten. Tarreau machte es diesmal gescheid. Er hob zu Geiseln namentlich alle angesehenen Kaufleute aus, welche nun auch thätig wurden, da sie sonst gar nichts leisten, nicht einen Gulden herleihen wollten. Der Patriotismus in Freiburg erwachte wieder; man trug Gold und Silber und Bancozettel in Menge zusammen und war endlich im Stande an der Summe 220-230,000 Livres zu erlegen. Es wurde aber nur für 150,000 Livres quittirt; auch hatte St.Cyr nicht mehr gefordert, das übrige hat Tarreau für sich extorquirt. Da man nicht wußte, wie lange der Aufenthalt der Franzosen dauern werde, so traf man auf dem Landhause die Einrichtung, die Geschäfte in Comités einzutheilen nach Art der Franzosen und die Beamten und Advokaten aufzufordern dabei zu arbeiten. So ward eine Commission über Brod, eine über Fourage, eine über Vorspann, wieder eine über Fleisch und Liquida, endlich eine für das Spital errichtet, welche unter dem Vorsitze eines Standesgliedes und mit einem ständischen Beamten vom Landhause als Aktuarius, die jedes Fach betreffenden Gegenstände besorgen sollten. Für wichtige Sachen wurde eine Aufsichtscommission ernannt, die wichtigsten Angelegenheiten aber blieben dem gesammten Kriegsausschusse vorbehalten.

8. Am 9. Mai frühe ging ich nach Zähringen; - unser Garten daselbst war ziemlich übel zugerichtet, doch waren die Bäume nicht ruinirt; von den Orangebäumen waren aber alle Früchte abgezerrt, die Fenster der Glasbeete bis etwa auf vier alle zerschlagen, das ganze Dorf ausgeplündert. Der Jammer ist ganz entsetzlich groß. - Man fing heute an wieder zu ackern und zu arbeiten, um die Saat ins Feld zu bringen. Der Commandant von Altbreisach, Beauregard, war am Sonntag in Freiburg und heute (10. Mai) reisten vier Standesglieder nach Breisach. Die Garnison daselbst muß vom Lande Breisgau verpflegt werden; auch werden die Waldungen bei Rimsingen sehr zusammengehauen und das Holz nach Neubreisach geführt. Nach Altbreisach mußte Brennholz von Holzflößen hergegeben werden. Auf Befehl des französischen Commandanten werden die Gewehre eingefordert und die Versicherung von demselben gegeben, daß weder der Gottesdienst noch die Landesgesetze gestört, der Handel mit dem Elsaß werde befördert werden; nur sollte das Volk sich ruhig verhalten.

9. Am 24. Mai erhielt der Abt von St.Peter die zuverlässige Nachricht, daß die Franzosen durch viele Angriffe sehr geschwächt und nachdem sie bei Ulm ein paar mal den Kürzeren gezogen, sich nicht mehr halten können. Man verkaufe schon in Ehingen das Magazin um ein Spottgeld, treibe überall Pferde zusammen um wegzubringen was möglich, auch heiße es, daß schon einige Regimenter Cavallerie über Engen nach der Schweiz gezogen. Aus der Schweiz verbreitet sich die Nachricht, daß die Kaiserlichen von Italien her wirklich in die Schweiz eingefallen. Es wäre somit einige Hoffnung, daß die Retirade den kürzesten Weg nach der Schweiz gehen werde. Möchte doch der allmächtige Gott diese Hoffnung erfüllen ! - Den 28. Mai erhielt ich aus Freiburg die Nachricht, daß die Franzosen die Stadt gänzlich verlassen haben. Vor zwei Tagen machte General Beauregard, Commandant zu Breisach, noch folgende Requisitionen: 2500 Pf. Fleisch, 750 Ctr. Waizen, 250 Ctr. Roggen, 800 Klaster Holz, 6000 Bouteillen Branntwein, 500 Ctr. Heu, 1000 Ctr. Stroh, 600 Säcke Haber.

10. Am 3. Juni Abends rückten 500 Mann k. k. Uhlanen, Husaren und Infanterie von verschiedenen Regimentern über Waldkirch nach Freiburg ein und fingen an im Breisgau zu streifen. Auf dem Landhause zeigte man mir am 5. Juni den Befehl, welchen der österreichische Rittmeister, Graf Mier, Chef des hiesigen Streifcommandos an die Stände gegeben. In sehr höflichen Ausdrücken verlangte derselbe, daß fernerhin keine Deputation mehr nach Breisach geschickt, keine Lieferung mehr an die Franzosen abgegeben werden solle; ferner sollten die Gewehre der Landmiliz alle an ihn eingeliefert und die im Lande sich aufhaltenden Selbstranzionirten zu seinem Commando gewiesen werden. Man schickte sogleich eine Abschrift dieses Befehles an den Commandanten in Breisach mit der Bitte, die Deputirten nun nach seinem gegebenen Ehrenworte loszulassen. Dies geschah gestern. Heute hatte man noch keine Antwort darauf, nur der Bote brachte die Nachricht, daß er sehr unfreundlich empfangen worden sei; in Gegenwart des Commandanten habe man ihm seine Kleider visitirt, sogar die Naht aufgetrennt und durchsucht, ob er keine Briefe bei sich trage; schließlich sei er dann von dem Bedienten des Commandanten noch ausgeraubt worden; er hatte vier Gulden bei sich. Zu gleicher Zeit kam ein Schreiben vom Commandanten an die Stände, welches zu Breisach abgegangen war, ehe der Commandant das ständische Schreiben erhalten hatte, als er aber schon wußte, daß Kaiserliche in Freiburg waren. In diesem Schreiben rühmt der Commandant sein großmüthiges Betragen gegen die Stände und das Land; macht den Ständen Vorwürfe, daß nichts wäre geleistet worden und erklärt, daß er nun die Depntirten als Geiseln behalten werde. Dies war von dem Manne zu erwarten, der ein ewiger und verlogener Lobredner seiner selbst und der größte Beutelschneider ist. Man hält ihn für den aus Italien bekannt gewordenen Victor, der nun unter dem veränderten Namen Beauregard gegen sein gegebenes Ehrenwort, auf welches hin er entlassen worden, wieder gegen Oesterreich dient, weßwegen ihm auch gedroht sein soll, daß er werde zusammen gehauen werden, sobald man seiner habhaft wird. Am 6. Juni streiften die Franzosen gegen Munzingen und machten Requisitionen. Die Anzeige wurde eilends nach Freiburg gemacht, und ein Commando von 100 Mann gegen sie geschickt; allein die Franzosen wurden zwar am Einbringen der Requisition gehindert, entkamen aber, und wurden bis gegen Breisach verfolgt.

11. Am 10. Juni traf aus Freiburg ein Expreß mit einem Schreiben an Graf Mier ein, der seit einigen Tagen mit seinem Commando in St.Peter gelegen, worin derselbe ersucht wird in den Breisgau zu kommen, weil General Klein von Straßburg eine Contribution von 600,000 Livres an den Breisgau fordert, an Ortenau 200,000, an Offenburg 30,000 Liv. und überdies noch verlangt, es solle eine Deputation der breisgauischen Stände nach Kehl kommen. - Drei Tage später am 12. Juni, kam abermals ein ständischer Bote mit einem Schreiben an Mier, mit der Nachricht, daß heute um 1/2 6 Uhr 16 französische Chasseurs in Freiburg angekommen seien und den Herrn Präsidenten von Baden ohne Weiteres nach Breisach transportirt hätten. Ich schickte das Schreiben durch einen Reitenden sogleich weiter. Der Präsident kam übrigens bereits am 13. wieder aus Breisach zurück. Er erzählte, der Französ. General habe ihm lärmende Vorwürfe gemacht, daß die Stände die kaiserlichen Truppen herbeigerufen und um noch mehrere geschrieben hätten. Zugleich befahl er ein Viertel der letzten Requisition zu liefern, und wegen des Uebrigen um Nachlaß bei Moreau einzukommen.

12. Am 18. Juni wurde dem Confeß die Anzeige gemacht, daß einige Bauern von Krotzingen, welche mit Wartwägen in Breisach waren und mit 8 Mann Esccorte zur Frohne geschickt worden diese kleine Bedeckung niedergeschlagen haben (wie viel getödtet wurden, weiß man noch nicht) und mit den Wägen entwichen seien. Die Sache machte Aufsehen und konnte sehr schlimme Folgen haben. Es wurde beschlossen, die Sache sogleich durch den Beamten des Orts untersuchen und zu Protokoll nehmen zu lassen, und dieses Protokoll mit gehöriger Entschuldigung des Landes dem französischen General zuzustellen. Die Sache ist in jeder Rücksicht bedenklich, auch diese Abgabe des Protokolls. Man ist im Breisgau in einer fatalen Lage; Alles ist voller Furcht, die Stadt Freiburg nur besorgt für ihre eigene Sicherheit, heute unter dem Schutze des kaiserlichen Commando´s, morgen den Einfällen der Franzosen blosgestellt. So war nun gestern (17. Mai) früh das Streifcommando nach St.Peter und von dort am nämlichen Tage nach Furtwangen abmarschirt, von wo selbes aber am 18. wieder nach Waldkirch zog, und am 19. beim rothen Haus zunächst Breisach einen Fang machte, wobei 13 Wagen mit blessirten Franzosen nach Freiburg gebracht. 200 andere gefangen genommen wurden. Unter diesen befand sich auch der Adjutant des Generals von Breisach, welcher am 12. Mai den Hrn. v. Baden nach Breisach abgeholt hatte und welchen dieser nun nebst einigen andern Officieren als Gefangenen zu Gast lud. Am 20. zog das ganze Commando von Freiburg wieder weg nach Waldkirch und so ist es jeden Tag an einem andern Platze. Dieses Hin- und Herziehen ist eine sehr beschwerliche und nachtheilige Sache. Die Truppe ist nicht in der besten Disciplin, sie fordert viel, will gut gehalten sein und schont nichts.

13. In Freiburg ist immer noch Alles ruhig, aber von der Armee aus Schwaben kommen meist ungünstige Nachrichten. Kray ist von Ulm weggedrängt, in Ulm liegt nur noch eine Besatzung, welche nun von den Franzosen bloquirt wird. Den eigentlichen Stand der Armee weiß man selten. Moreau dehnt sich in Schwaben immer weiter aus und die Kaiserlichen ziehen sich zurück, werden zum Theil getrennt und es scheint, daß bei der Operation der kaiserlichen Armee gar kein zusammenhängender Plan stattfinde. Zeitungen geben an, daß Erzherzog Carl mit einem neuen Corps im Innviertel angekommen sei. Es scheint, die Vorsehung wolle die Cabalen der Hofschranzen zu Wien, welche den Erzherzog, den ganz Europa verehrte, und der tapfer, redlich und gottesfürchtig ist, verfolgten, recht vor der ganzen Welt zu Schanden machen. Carl hinterließ alles im besten Stande; es schien, man habe ihn gerade deswegen von der Armee weggebracht, damit andere nur die Lorbeeren einsamrneln dürften, welche er gepflanzt hatte, und seither geht alles unglücklich. Nun soll Carl das Verdorbene wieder herstellen. Gott wolle ihn segnen und durch ihn uns retten !

14. Am 6. Juli 1800 Nachts um 10 Uhr traf noch ein Bote aus Freiburg ein. Der französische General Klein, der nun sein Hauptquartier in Schuttern genommen, fordert auf's Neue die schon einmal verlangten 600,000 Livres Contribution. Man macht ihm dagegen Vorstellungen und Promessen pro persona, wenn er sich verwende. - In Freiburg verbreitete sich am 18. Juli aus einem Basler Bulletin die Nachricht, die Franzosen hätten Feldkirch, Chur und ganz Bünden erobert; sie hätten die Belagerung von Ulm aufgehoben. Le Courbe eile gegen Tyrol mit dem rechten Flügel. Endlich auf den Abend kam die Nachricht von Donaueschingen, daß für Deutschland ein Waffenstillstand abgeschlossen worden sei, ohne daß nähere Umstände angegeben wurden. Am 20. Juli, einem Sonntag, sollen einige hundert Mann Franzosen in Freiburg eingerückt sein. Uebrigens kommen in Folge des Waffenstillstandes noch mehr Truppen in das Land, namentlich drei Regimenter Cavallerie, etwas Infanterie, verschiedene Depots, welche alle im Lande verpflegt werden müssen.

15. Bereits am 3. August wurde eine Requisition an Naturalien gefordert: 13,500 Centner Waizen, 4500 Ctr. Roggen oder Gerste, 15,000 Ctr. He, 14,000 Säcke Haber; binnen 25 Tagen in drei Terminen sollte die Requisition theils nach Waldshut und Rheinfelden, größtentheils aber nach Freiburg geliefert werden. So wird der Waffenstillstand drückender als der Krieg selbst, so daß man nicht sehr erschreckt, wenn es heißt, daß der Waffenstillstand aufgekündigt sei und daß die Feindseligkeiten nächster Tage von Neuem anfangen werden.