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Die Memoiren des letzten Abts von St. Peter
Ignaz Speckle
Ein Beitrag zur vaterländischen Geschichte.

 

XIV.
Ansprüche der Malteser auf die breisgauischen Stifte.

1. Fast kein Tag ist ohne neue Trauerpost. Heute kam eine Nachricht von Freiburg, daß die breisgauischen Klöster endlich doch noch an die Malteser kommen dürften. Der Prinz von Baiern sei zum Großprior oder Großmeister ernannt worden; man werde also dem Orden wieder helfen und demselben die Entschädigung nach dem Regensburger Deputationsschluß einräumen. Möglich wär's, daß man so dem Deutschen Orden, der einen österreichischen Prinzen hat, den Malteserorden mit einem baierischen Prinzen entgegensetzte. - Den 21. Januar kam Befehl von der württembergischen Commission an hiesiges Amt, noch drei Hoheitspfähle mit württembergischen Wappen aufzustellen, einen beim Eingang des Mattenthales; einen auf dem Flaunser und einen beim Einfluß des schwarzen Riggenbachs in die Glotter.

2. Von Freiburg hörten wir gestern gar nichts; desto mehr heute (22. Jan.) Monard dringt auf Bezahlung der Contribution. Die badische Commission widersetzt sich. Die Nachricht bestätigt sich, daß die Malteser wieder nach breisgauischen Klöstern greifen wollen; auch diesem widersteht die badische Commission. Beineben machen die auf Veranlassung der Contribution geschlossenen Käufe großen Lärm. Vielleicht mögens einige übertrieben haben, wir nicht. Wir verkauften einige Grundstücke, welche theils schädlich waren, theils nicht absolut nothwendig; indessen will sowohl die badische Commission als auch die Regierung diese Käufe cassiren. Die erzherzogl. Regierung will sogar mittelst Rescriptes, daß das erlöste Geld auf dem Landhaus deponirt werden soll. Da mir dahier von der württembergischen Commission verboten, von auswärtigen Stellen etwas anzunehmen oder Berichte zu geben, so gab ich nur Hrn. Thaler und Hrn. Schlaar Nachricht von diesem Verbot, bat um Rath, und ersuchte sie mich einstweilen zu entschuldigen. Auch die badische Commission forderte von dem St.Blasischen Beamten Frei und von dem hiesigen, Schlaar, einen Revenüen-Etat der beiden Klöster St.Blasien und St.Peter. Das Ding schien verdächtig; ich gab keinen und ließ mich entschuldigen, indem wir nun einmal in württembergischen Besitz sind, und weder Baden noch die österreichische Regierung etwas dawider gethan, noch uns Instruction gegeben hat. So zanken sich nun ein König, ein Kurfürst und ein geistlich sein sollender Orden um unser Vermögen, und die alte Regierung weiß gar nicht, was sie thun soll. Dabei leiden wir nun freilich, und kommen in große Verlegenheiten. Vielleicht braucht die Vorsehung auch diesen Zank zum Besten.

3. In aller Frühe kam am 23. Januar ein Commissär von Freiburg mit einem Regierungs-Rescript der Erzherzogl. Regierung des Inhalts, wenn Malteser Besitz ergreifen sollten, wie man vernehme, daß dieselben es versuchen, solle man dieses nicht gestatten, sondern sich nachdrucksam widersetzen, daß dies Rescript pressirt habe, zeigt der Erfolg. Unter dem Mittagessen wurden Gäste angemeldet. Ich vermuthete was es war, und schickte zuerst den P. Karlmann vom Tisch weg. Nachdem abgespeist worden, ging ich erst hinaus. Es war ein gewisser Heitersheimischer Hofrath Thibaut. Dieser wies mir zuerst ein Besitznahmepatent, und dann auch seine Vollmacht vom Hrn. Fürsten von Heitersheim vor, nebst einem Schreiben des Hrn. von Montgelas, des Inhalts, daß Prinz Carl von Baiern die Coadjutorstelle des deutschen Großpriorats angenommen, auch diesem Priorate nun alle Entschädigungen nach §. 28 des Regensburger Recesses zuerkannt seien, und folglich nun davon Besitz genommen werde, und daß also nun die Patente müßten angeheftet werden. Ich erklärte, daß, nachdem bereits der König von Württemberg Besitz genommen, auch die bisherige Regierung im Breisgau gegen die Besitzergreifung der Malteser protestirt hätte, ich schlechterdings keinen Akt der Besitznahme zulassen könnte. Sie antworteten, daß binnen 14 Tagen eine k. baierische Commission erscheinen und Alles berichtigen werde. Ich erwiderte, daß ich mich immer durch große Gewalt müßte hinreißen lassen, aber dermalen nicht anders handeln werde. Sie verlangten die Erklärung schriftlich. Ich gab sie. Sie erklärten, daß sie schriftlich antworten wollten. Nachdem dies bis 2 Uhr nicht geschehen war, sagte ich, sie möchten die schriftliche Erklärung geben, wenn sie eine zu geben hätten, und sofort alles Officielle ablegen, oder ich käme in die Verlegenheit ihnen das Nachtquartier zu versagen. Sie gaben nun ihr Reprotestation; ich recepissirte diese mit dem, daß ich auf meiner Erklärung und Verwahrung beharre. Nun war's geendigt. Sie blieben über Nacht und mußten freilich manches Unangenehme hören. Noch wollte Hr. Thibaut ein Besitznahmepatent übergeben und meinen Recepiß dafür haben. Ich weigerte mich, etwas gegen Recepiß anzunehmen; sie ließen zwei in der Küchenmeisterei liegen, worin schon das Stift St.Peter benannt war. Diese wurden am folgenden Tage zurückgegeben, und so gingen sie weiter nach St.Märgen, wohin ich schon vorläufig Nachricht gegeben hatte. Diese Nachricht veranlaßte auch das dortige Commando, daß es sich entschloß, oder wegen der nach Oberried ebenfalls gegebenen Nachricht, Befehl erhielt, die Malteser-Commissäre gar nicht einzulassen.

4. Von Freiburg erhielt ich am 24. Januar Nachricht, daß man dort für gewiß halte, die württembergische Linie gehe vom Schlegelberg nach Mohlbach, welches unten am Turner liegen soll; folglich sollen alle Klöster in die badische Linie fallen. Villingen ausgenommen. Der badische Commissär soll sich mit der Regierung vereinigt haben, und durch Hrn. von Greiffeneck einstweilen alles expediren lassen. Auch sollen beide gemeinsam die in Freiburg angehefteten Malteserwappen wieder abgerissen haben. Unser Beamter, Dr. Schlaar, ward als Commissär ernannt um in Güntersthal, St.Ulrich, Sölden, Kirchhofen, Ebringen und Krotzingen, alle Malteserwappen wieder abzureißen.

5. Als ich nun bessere Hoffnung zu fassen anfing, kam abermal auf jene besseren Zeitungen ein fataler Brief von General Monard: dieser beharrt auf Bezahlung der ganzen Contribution. Am 4. Januar war durch Bonaparte, Imperator et Rex, beschlossen worden, daß Württemberg und Baden nicht sollen in den Besitz ihrer neuen Länder kommen, bis sie die ganze Contribution bezahlt hätten. Ich beharrte nun um so mehr auf dem Entschluß, nach Freiburg zu gehen, um zu vernehmen, was Andere thun und ließ von diesem Schritte auch der württembergischen Commission Nachricht geben. Am 25. Januar fuhr ich also nach Freiburg. Das Besitznehmen der Malteser und die württembergische Linie war nun an der Tagesordnung. Ich machte zuerst Aufwartung bei Hrn. Präsidenten, welcher noch gar keine Weisung vom Erzherzog hatte. Jedermann versicherte mich, daß die Württemberger sich sehr bald zurückziehen werden, daß die Linie lediglich vom Schlegelberg bis an einen Mohlbach, welcher beim Turner an den St.Petrinischen Grenzen entspringt, müsse gezogen werden, was uns freilich noch von einem Stück unserer Herrschaft abschneiden würde.

6. Herr Prälat von Schuttern war eben heute auch mit Landrath und Syndicus Fehrenbach von Carlsruhe, wo diese mit Hrn. v. Baden und Rink als ständischen Deputirten ihr Compliment machten, zurückgekommen. Ich besuchte denselben. Er wußte nichts von den Verrichtungen der Commission zu erzählen, als ein paar Sottisen. Bonaparte oder den großen Napoleon hatten sie gesehen und an der kurfürstlichen Tafel gespeist. Bei Kaiser Napoleon, als dieser fragte, welchen Ordens Herr Prälat wäre, antwortete Hr. von Baden: „Benedictiner.“ Auf des Kaisers Frage: ob man in Schuttern Erziehung der Jugend habe, war die Antwort: „“Nein“. – „Was thun sie denn ?“ fragte der Kaiser. Hr. von Baden, der Chef der Deputation, antwortete: „Sie beten“ (ile prient le bou Dieu) und der Kaiser wandte sich weg. - Zum Besten der Klöster war gar nichts geschehen. Wohl suchte man eine gute Pension vorzubereiten; man gab selbst zu verstehen, daß man nichts als Aufhebung erwarte, aber gute Versorgung hoffe. Abends kam Hr. von Andlaw von seiner Mission mit Baron von Neven zurück. Ich erfuhr nun noch heute den glücklichen Erfolg. Der ganze Contributions-Rückstand ist nachgelassen.

7. Am 26, Januar. Sonntags früh schickte General Monard selbst zu mir, ich solle unverzüglich dem Fürsten von St.Blasien die Nachricht vom Nachlasse der Contribution mittheilen, damit der Fürst aus der Verlegenheit käme. Ich that's auch durch Expressen. Um 11 Uhr ward Kriegscommission angesagt, Hr. von Andlaw referirte. Die Vorsehung hatte ihn nun gerechtfertigt, und ohngeachtet der Kabalen, welche man gegen ihn gespielt hatte, erscheint er nun mit größtem Verdienst. Baron von Andlaw machte eine anspruchlose Relation. In München vom Könige sehr wohl empfangen und empfohlen, traf er zugleich mit dem französischen Kaiser ein, und erhielt bei der ersten Audienz eine gnädige Antwort, daß Se. Majestät sich darüber einen Vortrag werde geben lassen. Inzwischen geschah in Freiburg, was oben am 28. 29. und 31. December gemeldet wurde. Andlaw, davon unterrichtet, trug alles dem Kaiser, vor - erhält Hofbescheide - keine Resolution - er drang bei den Ministern ec. that Alles - ohne Resolution. Nun faßte er den Entschluß, dem Kaiser nach Carlsruhe vorauszureiten; der Entschluß ward vom Staatssecretär Maret gebilligt. Es geschah. In Carlsruhe traf von Andlaw mit von Baden und Rink zusammen. Das war ihm auffallend. Aber Andlaw allein that doch wieder alles; der Kurfürst und Prinz Louis unterstützten ihn. Aber auch in Carlsruhe erfolgte keine Resolution. Andlaw verfolgte den Kaiser nach Straßburg, bis endlich dort am Tage der Abreise die Resolution erfolgte, die Contribution sei nachgelassen; die Expedition darüber werde aus Paris erfolgen. Nun eilte Andlaw zurück und kam am 25. an. Die Kriegscommission beschloß, Nachmittag dem Hrn. von Andlaw durch eine Deputation von acht Mitgliedern zu danken. Unterdessen ging das Besitzergreifen der Malteser fort. Die badische Commission schickte Commissäre aus, welche die Besitznehmungen der Malteser vernichten sollten. Hr. Dr. Schlaar hatte schon am 24. diesen Auftrag zu Güntersthal, Sölden, St.Ulrich, Ebringen vollzogen. Nach St.Ulrich kamen die Malteser auch wirklich, wurden aber von den dortigen Patribus wieder abgewiesen.

8. Den 27. und 28. Januar ward durch eine Kurbadische Commission von dem Großpriorat Heitersheim selbst Besitz genommen; ungeachtet aller Protestation. So werden Besitznehmer und in Besitz genommene von einem Stärkern wieder in Besitz genommen. Auf einer Seite ziehen Malteser-Commissäre im Lande herum, die Klöster in Besitz zu nehmen, auf der andern Seite wird dieses wieder vernichtet, der Sitz des Großpriors auch in Besitz genommen; auf der dritten Seite fährt die königl. württembergische Commission fort, den Schwarzwald und das obere Rheinviertel zu besetzen; Kurbaden ohne militärische Gewalt, Württemberg mit Militär und entschlossen das einmal Besetzte mit Gewalt zu behaupten. Indessen ist von S. K. H. Erzherzog Ferdinand noch gar nichts an die Regierung gekommen. Und in Freiburg spielt der Parteigeist seine höllische Rolle fort. Unruhig ist Alles. Die Beamten suchen Versorgung, der Adel zankt sich nach Parteien und jede sucht die Oberhand. Der ständische Confeß spielt mit einer Partei, arbeitet nur in dieser Hinsicht, für's Land demnach nichts.