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Die Memoiren des letzten Abts von St. Peter
Ignaz Speckle
Ein Beitrag zur vaterländischen Geschichte.

XVI.
Badische Besitznahme von St.Peter.

1. Den 22. Februar früh reiste ich nach St.Peter. Daselbst war unterdessen ein Französischer Geniehauptmann mit Hrn. Architekt Fischer unter Begleitung einiger Dragoner angekommen, welche die Linie zwischen Württemberg und Baden vom Schlegelberg bis Möhlbach bereist und ausgesteckt hatten. Der Grund der Bestimmung ward vom Laufe der Bäche hergenommen, so daß die Anhöhen, von wo das Wasser in die Elz und den Rhein fließt, zu Baden, und von wo das Wasser in die Donau fließt zu Württemberg gerechnet wurden, wobei die Vogtei Rohrhardsberg, Gütenbach und Neukirch wieder an Baden zurückfallen würden. Um Mittag kam ein Commando Dragoner von Neustadt hier an, ein Officier und 16 Mann, welche bis auf weitere Ordre hier zu verbleiben haben; ähnliche Commando kamen nach St.Märgen, Elzach ec., vorgeblich um die Linie zu decken und die Württemberger abzutreiben; sie mußten gratis verpflegt werden.

2. Etwas später kam Hr. Hofgerichtsdirektor Stösser als Besitznahms-Commissär mit drei Regierungspraktikanten als Sekretären an. Erst nach Abzug des Genieofficiers Abends um 4 Uhr mußte ich das Capitel zusammenrufen. Hr. Stösser kam mit den drei Regierungspraktikanten dazu und machte seinen Vortrag, daß er im Namen Sr. Kurfürstl. Durchlaucht Besitz nehme und den Auftrag habe, das Kloster von nun an als aufgelöst zu erklären, wobei es jedoch einstweilen bei der bisherigen Administration zu verbleiben hätte. Was Se. Kurf. Durchlaucht für weitere Verfügungen oder Modificationen treffen dürften, wäre ihm zur Zeit unbekannt; nur hätte er den Auftrag zu versichern, daß wir auch im schlimmsten Fall mit den höchsten Verfügungen würden zufrieden sein. Ich antwortete: daß bei der bisherigen zweifelhaften und kummervollen Lage wir es für ein Glück halten werden, an den Stamm der Herzoge von Zähringen zurückzufallen, von welchem unser Stift vor mehr als 800 Jahren seinen Ursprung genommen; wir freuten uns, die erhaltene Stiftung verbessert und mit Wucher zurückzugeben; wir hätten dieselbe durch so mancherlei Drangsale, auch durch die letzten drückenden Zeiten erhalten, hätten uns stets bestrebt, unserer Pflicht getreu die Absichten der Stifter zu erfüllen, hätten unsere Treue gegen Fürst und Vaterland bewiesen und seien gesinnt, dieses ferner zu thun, zum Wohl des Vaterlandes nach Kräften zu arbeiten. Mit diesen Gesinnungen hofften wir, des gnädigsten Schutzes uns werth zu machen. - Ich bat den Hrn. Commissär, diese Gesinnungen Sr. Kurfürstl. Durchlaucht vorzulegen und uns sammt unserm Stifte der höchsten Gnade zu empfehlen, mit dem, daß ich es für Pflicht halte, mich Sr. Durchlaucht zu Füßen zu legen und diese Erklärung selbst zu machen. Hr. Commissär versprach, unsere Gesinnung anzurühmen, mit dem, daß ohnerachtet der vorläufigen Auflösung doch noch die Erhaltung des Stiftes möglich wäre. - So war also durch eine kalte höfliche Erklärung des Commissärs des neuen Herzogs von Zähringen, des Stammfolgers der alten Bertholde, gerade das älteste Denkmal der Zähringer aufgelöst, die Ruhestätte der Bertholde gleichsam zerstört. - Gott ! Allmächtiger ! Unergründlich sind deine Urtheile ! Wir beten an. - Dein Arm ist nicht abgekürzt. - Nachher sigillirte der Hr. Commissarius die Archive und die Bibliothek; ließ sich den Katalog und das Repertorium über's Archiv übergeben und nahm beide zu Handen, um selbe nach Carlsruhe abführen zu lassen. - Am folgenden Tag, den 23. Februar, verfaßte der Commissär eine Instruction für den Beamten, welcher den Dienstrevers unterschreiben mußte und von Württembergs Pflichten losgezählt wurde. Die Instruction ging dahin, die Administration des Amtes im Namen Kurbadens zu führen, dessen Interesse zu fördern, dem Untersuchungs-Commissär an die Hand zu gehen; auch wenn es diese verlangt, die Bediensteten zur Offenbarung der Wahrheit zu beeidigen ec. Im Ganzen waren also die Jurisdiction und alle Herrschaftlichen Rechte mir und dem Kloster abgenommen. Württemberg that dies höflicher. Hr. Commissär gab mir zwar die Instruction zu lesen; ich erwiderte kein Wort. Hr. Oberamtmann brachte mir selbe auch. Ich sagte nur, bereits hätte ich sie gelesen und werde mich also von Stunde an von allem, was das Herrschaftliche betreffe, enthalten, insoweit dieses nicht in die Oekonomie einschlage. - Ich sei auch damit nicht unzufrieden und begebe mich gerne einer Sache, welche mir nur Verdruß gemacht habe. Inzwischen kam ich weiter mit Hrn. Commissär über unsere Verfassung, Stiftung, Lage zu sprechen, besonders über den Unterricht, der hier den Studenten ertheilt wird in Studien, Kalligraphie, Zeichnen, Musik ec. über unsere auswärtigen Revenüen. Hr. Stösser schien ausmerksam zu werden. Ich wies ihm Zeichnungen und Schriften unserer Studenten vor. Er ersuchte mich darum, um selbe nach Carlsruhe abzuschicken an Se. Kurfürstl. Durchlaucht, und versicherte, daß er aus eigener Ueberzeugung in seinem Berichte auf Erhaltung des hiesigen Instituts antragen werde, um so mehr, da es dem Kurfürsten angenehm sein dürfte, die Stiftung seiner Vorfahren zu erhalten. Ich dankte ihm, bat ihn sehr, dieses zu thun, versprach Erkenntlichkeit; fügte jedoch Modificationen bei, ohne welche ich nicht glaubte, daß ein klösterliches Institut bestehen könnte, namentlich Selbstwahl der Obern. Freie Aufnahme und Selbsterziehung der Mitglieder, freie Oekonomie, Administration, hinlängliche Dotation, unbestimmte Zahl, so viel nämlich könnten erhalten werden. - Nachmittags fuhr Hr. Commissär nach St.Märgen, ließ hier den Regierungspraktikanten Wetzel zur Eruirung des Activ- und Passivstandes, Revenüen, Etats, Vorräthe ec. zurück.

3. Wetzel begann seine Arbeit am 24. Febr. wie ein rüstiger, junger Held. Er muß nach allem genaue Instructionen haben, und möchte genau zu Werke gehen. Man ließ ihn vorerst anstoßen, bis er sah, daß er ohne Beihilfe nichts thun könne. Etwas geschmeidiger ward er dann, doch wollte er immer noch genau sein, den Stand aus Rechnungen erheben. Ich sagte ihm, daß ich Niemand Rechnung zu geben hätte von vorigen Jahren her. Ich gab ihm den Cassastand an und zählte ihm auch die Baarschaft vor. - Sonderbar ist es allerdings, daß die Badenser ihre Besitznahme rückwärts bis auf den ersten Jänner wirken lassen. Die Activkapitalstand belief sich aus 24,000 fl. mit mehr als 4000 fl. rückständigen Zinsen, über 1100 fl. vorgemerkter Forderungen, etwa noch gegen 600 fl. Kapitalsantheile an Waisenkapitalien, welche abgelöst worden waren; - so daß der richtige Kapitalstand oder versicherte Forderung über 30,000 fl. ohne jene 4000 fl. Zinse und 3 bis 4000 Currentexstantien, also immer über 36,000 fl. beträgt. - Der Passivstand wird höchstens 17,000 fl. betragen, und dieses nach so harten Zeiten. Und doch wollte das unerfahrene Männchen glauben, wir sollten mehr Kapitalien haben. Am 25. Febr. kam er an die Aufnahme des Revenüen-Etats - und sprach nun von Untersuchung der Vorräthe, ja wohl gar von unparteiischen Schätzern. Unterdessen wurden auch am 23. unsere Pfarreien Sölden und St.Ulrich in Besitz genommen durch Hrn. Hofrath Baumgärtner; am 24. aber das St.Blasische Priorat Oberried. So nimmt man nun immer und immer in Besitz, und das unter der Firma von Gerechtigkeit, von Reichsdeputations- und Friedensschlüssen. - Nur der Glaube an eine weise und gütige Vorsehung kann jetzt noch festhalten, sonst müßte man zum Verzweifeln kommen. Das Volk sieht zu und staunt, und kann's und will's nicht glauben, was geschieht. Der allgemeine Glaube ist, das könne und werde nicht lange dauern. Möchte doch des Volkes Glaube dermalen der wahre sein !

4. Am 26. kam der Prior von Oberried und der Archivar von St.Blasien hieher. Die Besitznahme in Oberried geschah sehr liberal von Hrn. Baumgärtner. Nur summarische Verzeichnisse wurden begehrt und in dem Journal der Rechnung ein Abschnitt gemacht. Diese Herren brachten übrigens die Nachricht, daß die Malteser ihre Ansprüche auf die Klöster, noch nicht aufgeben, sondern gegen die badische Besitznahme protestirt hätten; auch daß der französische General Clarke dem Hrn. Drais Einwendung gegen die Klosteraufhebung gemacht habe. Auch kam die Nachricht, daß der Kurfürst von Baden nach Paris dringend invitirt sei und selbst dahin reisen werde; dadurch würde nun unsere vorgehabte Reise nach Carlsruhe verzögert. Der junge Mr. Wetzel treibt indessen sein Wesen mit vielem Diensteifer, will alles durch Beeidigte schätzen lassen; Bäcker, Domestiken sollen beeidigt und so der Frucht-. Wein- und Viehvorrath aufgenommen werden. Ueberall möchte das Männchen ein Detail wissen, und verstehet weder im Großen noch im Kleinen etwas. So handelte der Hofrath Baumgärtner nicht, weder in Sölden noch zu St.Ulrich, sondern verlangte nur summarische Angaben.

5. Indessen fuhr Hr. Wetzel fort, Viehstand, Früchte und Weinvorrath aufzunehmen, in allem wollte er genau sein, wollte den Bäckermeister beeidigen lassen; dieser weigerte sich, ohne Befehl von seinem Herrn dies zu thun. Der Beamte war so dienstfertig gegen den Commissär, daß er diesem sagte, es werde ja Rechnung darüber geführt, und nun ward nach der Rechnung der Vorrath bestimmt. Auch den Keller wollte Hr. Wetzel selbst visitiren, er der so wenig von Weinschätzung als die Kellerstiege verstand. Die Viehschätzung nahm er an, wie sie ihm angegeben wurde.

6. Den 28. Februar fuhr ich nach Freiburg. Gleich nach meiner Ankunft vernahm ich und hörte es in der Folge sicherer und bestimmter, daß nun die Landes-Contribution doch bezahlt werden solle, als Beitrag zur Herstellung der in Kehl ruinirten Häuser. Es war deutlich, daß hinter diesem Antrag etwas weiteres stecke. Man erfuhr auch, daß Kurbaden dem General Monard den Antrag gemacht habe, wenn er gestatte, daß badische Truppen Freiburg besetzen dürfen, werde der Kurfürst die Contribution bezahlen, wenn selbe nicht nachgelassen würde; die neue Forderung der Contribution scheint einerseits eine Machination des Neides zu sein, damit Hrn. v. Andlaw die Ehre nicht bleibe, glücklich negotiirt zu haben. Wenigstens scheint diese Vermuthung richtig, wenn in der Folge die Contribution doch sollte nachgelassen werden. Muß selbe wirklich bezahlt werden, so ist sich nicht zu verwundern, indem nach allen Zeitungen Frankreich immer noch neue Contributionen jetzt nach geschlossenem Frieden von Deutschland fordert. - Ferner vernahm ich, daß Befehl vom Kriegsminister gekommen sei, Breisgau solle einstweilen von badischen und württembergischen Truppen geräumt werden, alles Besitzergreifen, die Anstellung von provisorischer Regierung sei nichtig, wie alle Verpflichtungen, die badischen Wappen sowohl als die württembergischen sollen wieder abgenommen, die alte erzherzogliche Regierung wieder bis zur förmlichen Uebergabe eingesetzt werden. Es läßt sich begreifen, in welche Verlegenheit hiedurch die badische Commission gekommen sei. Man schickte Estafeten und versuchte alles, diese Maßregeln zu hintertreiben, auch brachte man es dahin, daß Monard einen Bericht an den Minister machte. Der Erfolg wird nun erwartet. - Dem Hrn. v. Greiffeneck ward von der Commission die Besoldung gesperrt. Als Monard dieses erfuhrs befahl er dem Commissär Drais, selbst zu Greiffeneck zu gehen und demselben die Besoldung wieder anzutragen. So werden die Herren Commissäre, Besitznehmer, von den Franzosen behandelt, und das mit Recht.

7. März 1. Am 24. v. M. ward in Freiburg nach Absterben des Hrn. Eyter ein neuer Bürgermeister gewählt. Die Wahl fiel auf Hr. Stadtrath Adrian. Die Bürgerschaft bezeugte laut mit Musik, Feuerwerken, Gedichten ihre Freude über die glückliche Wahl, und auf dem Dominicanerplatz, welcher ehemals Unterlinden hieß, ward am nämlichen Tage eine Linde gepflanzt und dem Platz der alte Name wieder gegeben. - Die Nachricht von der Reise des Kurfürsten nach Paris bestätigt sich nicht. Wir beschlossen demnach dem Hrn. Fürsten zu schreiben, daß wir unsere Reise nach Carlsruhe nicht mehr zu verschieben räthlich finden. Am 3. März ward es in der Stadt bekannt, daß die badischen Truppen abmarschiren sollten; indessen muß über Nacht ein anderer Befehl gekommen sein, denn sie durften nun bleiben.

8. Jedermann rühmte den edeln Character des General Clarke, welcher dermalen zur Berichtigung der Grenzlinie zwischen Württemberg und Baden in Freiburg ist, besonders soll er gute Grundsätze über Religion, Katholicismus ec. äußern. Man rieth mir, diesen zu besuchen, und auch ihm unsre Angelegenheit anzuempfehlen. Ich ging also am 4. März mit Hrn. Archivar von St.Blasien zu General Clarke, Secrtaire intime de S. Maj. I.R., ein Manne von großem Ansehen, dessen Exterieur selbst viel verspricht, der die besten Grundsätze allerdings äußert und uns sehr höflich empfing. Zwar sagte er, daß die Angelegenheiten der Klöster nicht in seinen Wirkungskreis gehörten, jedoch verhehlte er nicht, daß er für die Erhaltung derselben zum Besten der Religion und Erziehung interessirt sei. Wir stellten Sr. Excellenz vor, was wir in dieser Sache leisteten. Der General bemerkte selbst in Betreff des Stiftes St.Peter, daß es bei dem Kurfürsten ein wichtiger Grund zur Erhaltung desselben sein dürfte, weil dieses Stift von den Herzogen von Zähringen gestiftet sei und diese daselbst begraben lägen.- Nach einer ziemlich langen Unterredung, wobei Hr. General noch sagte, daß er selbst ehedessen unvernünftig anders gedacht habe, daß man in Frankreich die Aufhebung der Klöster bedauere ec., versprach er wiederholt, daß er hierwegen mit dem Minister Talleyrand sprechen wolle, daß er auch Gelegenheit suchen werde, mit dem Kaiser, mit welchem er täglich sprechen müßte, darüber zu reden. Er versicherte, daß er von der Wichtigkeit dieser Sache überzeugt sei, und selbe gar nicht als geringfügig ansehe. Noch sprach ich wiederholt mit dem Freiburger Bürgermeister Adrian, welcher gleichfalls die besten Gesinnungen äußerte und versprach, mit der Stadt alles Mögliche zu thun, daß zum Besten des Vaterlandes die Klöster erhalten werden.

9. Nachmittags fuhr ich nach St.Peter zurück, wo unterdessen wieder der strengste Winter eingetreten war, nachdem seit einigen Wochen meistens Regenwetter, aber auch schon schöne Frühlingstage gewesen waren. Es hatte seit zwei oder drei Tagen immer geschneit, und einen so hohen Schnee gelegt, daß wenn nicht zuvor durch zwei Ochsen-Wagen gebahnt worden wäre, man nicht hätte fortkommen können. Der Bote, welcher nach St.Blasien die Nachricht bringen sollte, kam nicht fort, und mußte wieder zurück, was unsere Abreise verspätete. Indessen arbeitete ich zu St.Peter an der Fassion über unsere Pfarrei und Vorschlägen, wie diese im schlimmsten Falle zu dotiren wäre. Das französische Commando blieb noch immer zu St.Peter und zehrte an unserm Vorrath auf. Im Kloster gehts noch in ziemlicher Ordnung fort, doch muß man auch manches übersehen. Die Volksstimmung zweifelt noch immer an dem Frieden und glaubt, daß die Sachen nicht so bleiben könnten.

10. Am 10. März fuhr ich ganz reisefertig mit P. Placidus, den ich als Socius mitnahm, nach Freiburg, wo der Fürst von St.Blasien bereits in unserm Hofe angekommen war. Wir waren entschlossen am 11. nach Carlsruhe abzureisen, nur vorher noch die Visiten bei General Monard, Greiffeneck, Andlaw zu machen, auch der badischen Commission unsere Reise anzuzeigen. Die Umstände zeigten sich so, daß wir unsere Reise auf den 12. festsetzten. Wir erfuhren zugleich, daß General Clarke noch von Freiburg aus unterm 8. an den Minister Talleyrand geschrieben habe, daß es nöthig sei, im Breisgau die Universität, die zwei Klöster St.Blasien und St.Peter zu erhalten, daß man den deutschen Fürsten nicht so volle Willkür lassen könne; daß man in Frankreich ohnehin bedaure, alle Klöster aufgehoben zu haben, wegen Mangel an Geistlichkeit, an Instruction für die Jugend, welche nun in Frankreich so viel koste, und doch nicht kann befördert werden. Zugleich entstanden neue Geschäfte, weil nun die St.Blasischen alten Reichsorte in Depot von Frankreich sollten genommen werden, und General Monard auch die Sequestration der St.Peter'schen Gefälle in Württemberg reclamirte. - Wir unterredeten uns unterdessen, und glaubten einige Hoffnung für uns zu finden. Die badische Commission zeigte eben keine Freude über unsere Reise, äußerte sogar, daß wir diese noch auf 14 Tage verschieben sollten, weil wir dermalen keine Entscheidung erhalten könnten, ehe noch die Berichte der Commission abgegangen wären. Diese Aeußerung machte uns Zweifel, besonders da auch General Clarke am 10. nach Paris abgegangen war und wir gute Wirkung von dessen Empfehlung erwarteten, welche sich aber erst, bis Ende des Monats zeigen konnte. General Monard versicherte auch, daß Clarke bei der badischen Commission mit ihm stark für die Beibehaltung der Klöster gesprochen; ja er ließ uns nachher sagen, daß wir über unsere Erhaltung sicher sein dürften. Wir beschlossen nach all dem und nach langer Deliberation, unsere Reise noch 8 Tage zu verschieben, besonders da man versicherte, daß am 15. März General Pfirdt als ritterständischer Deputirter nach Carlsruhe reisen werde; daß der Ritterstand sich selbst für die Erhaltung der Klöster in seiner soliden Vorstellung sehr interessire; wir glaubten, daß es gut sein werde, die ritterständische Vorstellung vorangehen zu lassen. Man überlegte pro et contra - am Ende glaubten wir, die Vorsehung habe auch diese Zögerung gemacht, und es dürfte etwas Gutes herauskommen.

11. Unterdessen erfuhren wir wieder von sicherer Hand, daß der badische Commissär, Hofgerichtsdirektor Stösser, welcher uns in St.Peter so schöne Zusicherung gab, doch in Wirthshäusern laut sage, in vier Wochen seien alle Klöster aufgehoben; das nütze alles nichts, was man vorgebe ec., und überhaupt fährt die badische Commission fort, sich an Leute zu halten, denen es an Einsicht und Charakter mangelt, und nichts von verständigen Leuten anzunehmen. Wir wußten nicht, was zu thun wäre, und entschlossen uns, am 16. oder 17. in Freiburg wieder zusammenzukommen, um am 18. sicher abreisen zu können. So zeigt sich bisweilen ein Sonnenblick, der sogleich wieder verfinstert wird; unterdessen scheint doch die Vorsehung ihre Hand wieder im Werk zu haben, und uns durch Wunder zu retten. Die sich ergebenden Hindernisse und Zögerungen selbst scheinen rein Werke der Vorsehung zu sein. Wunderbar ist es, daß unser Heil aus Frankreich zu kommen scheint, da General Clarke und Monard sich für uns interessiren; wunderbar ist's, daß der Ritterstand dermalen für Erhaltung der Klöster einschreitet; wunderbar, daß nachdem die Klöster nicht wie anno 1803 zusammenwirken, einige sogar auf ihre Auflösung hinzuarbeiten scheinen, unterdessen die Vorsehung selbst für Erhaltung der übrigen zu wirken scheint. Man muß nur mitwirken und die Winke der Vorsehung benützen.

12. Durch ein Rescript vom vorigen Samstag verlangt die Regierung einen Etat über unsere Gefälle in Württemberg, welche mit Beschlag belegt werden oder in Besitz genommen sind. General Monard will diese Gefälle, wenigstens die vom vorigen Jahr vindiciren; ob es zu unserem Besten oder zum Besten Kurbadens geschieht, weiß ich nicht; denn auch Kurbaden will sich die Baarschaften und Kapitalien zueignen und nahm wie Württemberg Alles in Beschlag. Ich ließ einen Etat, wie derselbe bereits war angegeben worden, verfertigen und an die Regierung abschicken. Es ist eben auf allen Seiten nur darum zu thun, mehr zu bekommen, von Rechts- und Billigkeitsgrundsätzen ist keine Rede. Nicht nur die Revenüen, Grund und Boden und Gebäude will man, sondern auch den armseligen Vorrath, welchen man mit so vieler Mühe und Sorge noch aus dem Schiffbruche, aus dem zehnjährigen Kriege gerettet hat.

13. Der Fürst von St.Blasien gibt am 15. März Nachrlcht, daß General von Pfirdt mit einer Vorstellung des Ritterstandes nach Carlsruhe abgereist, und daß wir am 18. ebenfalls unsere Reise dahin machen wollen, meldet beinebens, daß P. Victor Keller von St.Blasien auf die angekündigte Auflösung der Klöster zu Constanz um die Säkularisation nachgesucht, und dlese sogleich vom Generalvikariat, ohne daß auch nur eine Anzeige dem Fürsten wäre gemacht worden, erhalten habe; eine nagelneue Procedur und ein deutlicher Beweis von der Denkungsart des Generalvikars von Constanz.

14. Die Frankfurter Zeitung gibt nun die Nachricht von der Verlobung des Kurprinzen von Baden mit der französischen Prinzessin Stephanie Beauharnais, einer Nichte der Kaiserin. Der Kaiser nimmt die Prinzessin an Kindesstatt an. So sucht Napoleon seine Familie mit regierenden Familien zu verbinden, so mußte Eugen Beauharnais eine Prinzessin von Baiern heirathen, so mußte Jerome Napoleon seine Heirath mit einer Amerikanerin trennen, um in der Folge eine hohe Braut zu finden, welche dermalen noch nicht bestimmt ist. Möchte die Klugheit Napoleons zur Förderung des Friedens und alles Guten in Europa dienen; möchte wahr werden was General Clarke Gutes aus dieser Heirath des Kronprinzen mit einer katholischen Prinzessin folgern will, daß die katholische Religion dadurch Schutz erhalten werde. - Die Zeitungen versichern ferner, daß alle Zwiste zwischen Frankreich und Preußen gehoben seien, daß Preußen in verschiedenen Abtretungen für Hannover einwillige und folglich der Friede auf dem Continent dauerhaft werden dürfte. - Unterdessen sind mit diesem Frieden solche Gewaltthätigkeiten verbunden, daß an langer Dauer desselben immer noch zu zweifeln ist. Es werden zu viele Länder zerrissen. Prinzen versetzt, einige vergrößert, andere verkümmert, als daß man Zufriedenheit und Ruhe erwarten könnte. Am wenigsten in unserm südlichen Deutschland; Baiern und Baden sind dermalen begünstigt wegen den Heirathen, Württemberg muß degoutirt sein, weil es von seinen Besitznehmungen zurückweichen mußte. Bei dem Alter des wirklichen Kurfürsten von Baden spricht man von Faktionen am dortigen Hofe, der Kurprinz wird nun am französischen Hofe wahrscheinlich auch zu dortigen Absichten gebildet werden, und so läßt sich verschiedenes erwarten, wenn er selbst zur Regierung kommt.