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Die Memoiren des letzten Abts von St. Peter
Ignaz Speckle
Ein Beitrag zur vaterländischen Geschichte.

 

XX.
Fortdauernde Ungewißheit über das bevorstehende Loos des Klosters

1. Am 22. Juni trug ich im Convente vor, was ich mit Hrn. Maler verhandelt, damit ein jeder eine Antwort auf obengedachte Fragen nun fertigen konnte, und überließ jedem, diese Antwort selbst zu übergeben. So viel ich sehe, werden alle Antworten dahin gehen: „Man wünsche die Erhaltung der Stiftung im Wesentlichen, wenn dies nicht möglich sei, so man hinlängliche standesmäßige Versorgung, auch für Alter und Krankheiten, und Freiheit, sich eine Lebensart nach den neuen Verhältnissen zu wählen. - Commissär Wetzel fährt indessen fort mit der Inventur; und obschon ich demselben die Antwort des Hrn. Maler, daß er sich bei Kleinigkeiten nicht aufhalten, sondern die Sache beschleunigen solle, überbrachte, scheint er es doch genau nehmen zu wollen. Er verlangt von jedem ein Verzeichniß des Meublement. Ich ließ durch meinen Bedienten das größere Meublement aufschreiben, nämlich: Hauscapelle, 5 Meßgewänder, 1 Albe mit Zugehör, 1 Reisekelch, 4 Pectoralien. Sodann 2 Bettstatten, 3 Kleiderkasten, 6 Commode, 2 Schreibtische, 2 kleine Tische, 2 Canapee, 12 Sessel, 1 Spiegel. Es wird sich zeigen, ob er damit zufrieden sei oder nicht. - Die Geistlichen sind meist aufgebracht, theils wegen der Inventur dessen, was jeder in seiner Zelle hat, theils wegen der Forderung, anzugeben, was jeder als Privateigenthum anspreche, und aus welchem Grunde. Die Antworten sind verschieden, aber die meisten zeigen, daß sie Männer und Religiosen sind. Das Wesentliche geht dahin: wir hätten kein Eigenthum, aber alles Nöthige von der Stiftung; wer die Stiftung occupire, sei uns nicht nur Unterhalt, sondern auch Meublement, Bücher ec. schuldig. Es sei uns zu gering, Auskunftstitel über das Wenige, was ein jeder besitze und gebrauche, anzugeben. - Während ich in Oberried war, kam von Carlsruhe der Galeriedirector Becker nach St.Peter mit dem Auftrage, Alterthums- und Kunstsachen aufzusuchen. Er fand nichts. Die Epitaphien fand er schlecht und unbedeutend, die Bibliothekarchitectur ohne Geschmack; die Malerei im Saale gut; nur der alte Ofen im rothen Zimmer war ihm merkwürdig. Und so reiste er Abends wieder weg, begegnete mir auf der Hin- und Herreise, ohne mich anzureden. Ueber die Gebäude sagte er nur: „Was wird wohl in zehn Jahren daraus werden“ Den beiden Patribus, Karlmann und Placidus sagte er: „Sie werden nun wohl Pfarrer werden.“ Alles kündigt Destruction an.

2. In St.Blasien geht's beiläufig wie hier; Alles wird inventirt. Die Waldungen sind bereits als landesfürstliches Eigenthum erklärt, und werden nun durch einen Oberforstmeister verwaltet. Der Fürst hat auf die Zusicherung, daß St.Blasien zur Zeit auf eine den Zeitumständen angemessene Art bestehen könne, die Antwort gegeben, daß auf diese Weise nur eine precäre Existenz zugesichert wäre, daß alle Geistlichen wünschen, in dem bisherigen innern und äußern Zustande erhalten zu werden, oder man solle lieber das Stift gerade auflösen, und der Sache ein Ende machen.

3. Am 1. Juli kam ich Abends mit Hrn. Wetzel wieder nach St.Peter zurück. Dieser hatte bei Hrn. Maler bestimmtere Instruction empfangen, und sagte, sein Geschäft werde nun etwas länger dauern, um es andern gleichförmig zu machen. So viel ich von dem rückhaltenden Mann erfuhr, so mußten die Anschläge, die Fruchtpreise herabgesetzt und alles geschätzt werden. Es wurden also am 2. Juli Schätzer aufgestellt, welche unsre Güter, Aecker, Matten, Waldungen stückweise schätzen sollen, wie auch alles Meublement an Geld angeschlagen wird. - So will man den letzten Pfenning erheben - was für eine Großmuth ist da zu erwarten. Man gab bei der Huldigung den Bauern fremde Weine im Ueberfluß zu saufen - und in Klöstern werden Bagatellen genau untersucht und angeschlagen. - P. Maurus, welcher längst kränkelte, schien seit dem heurigen Frühjahr kränker zu werden; man ahnte eine Brustwassersucht. Ich hatte selben seit vierzehn Tagen nach Eschbach geschickt. Auf das Fest war er wieder hier, um Orgel zu schlagen. Heute reisete er wieder nach Eschbach; es ist wenig Hoffnung, daß er sich erholen werde. Beim Einsteigen in die Chaise sagte er: „vado immolari“ und hat vielleicht Wahrheit getroffen. Gott stärke ihn - Alles geht der Auflösung entgegen.

4. Den 4. und 5. Juli hielt ich Capitel, wozu ich durch ein ausgestreutes Geschwätz veranlaßt worden, worüber ich ein besonderes Protokoll verfaßt. Es scheint aus dem Hergange, daß man von außen her gerne Händel in dem Kloster Stiften möchte, um uns mit den Gütern auch die Ehre zu rauben. - Dazu fangen nun auch die Hrn. Weltpriester an, mitzuwirken, und statt Gottes Wort von der Kanzel Verläumdung herabzuwerfen. Namentlich geschah dies in Freiburg zum großen Aergerniß der Bürger von Hrn. Stadtpfarrer und bischöflichen Commissär Häberlin, welcher öffentlich die Aufhebung der Klöster vertheidigte, indem sie doch nur sängen und beteten, und gar zu kostbare Beter wären - man pensionire sie ja reichlich mit 5 bis 600 fl.; die Prälaten sogar mit 4 bis 8000 fl. - das sei ja genug für müßige Leute ec.; auch schimpfte er förmlich über Oesterreich und die vorige Regierung. - Ferner thut etwas ähnliches Hr. Nick. Katechet, in einer gedruckten Predigt; noch unverschämter soll der Pfarrer Butschle, ein Exaugustiner zu St.Georgen geschimpft haben. Das Volk an beiden Orten hörte diese Verläumdungen mit verdientem Unwillen, einige flohen aus der Predigt; allgemein ward das Betragen dieser beiden Pfarrer mißbilligt, und laut in der ganzen Stadt getadelt. Aber uns muß auch dies begegnen - wir müssen gelästert - verleumdet - geschimpft und gehöhnt werden - unserm Heiland gings nicht besser. Er stärke uns zum Ausharren. Die Behandlung von Seite Badens ist immerfort erniedrigend und habsüchtig. Seit der Besitznahme immer Untersuchung, Inventiren, Schätzen, so daß, wenn wir Gantirer, Betrüger gewesen wären, fremdes Gut untreu verwaltet hätten, man nicht anders mit uns umgehen könnte. (Nur die erste Commissionen waren so. In der Folge gings besser. Vide infra zum November.) - Gott weiß es, und läßt es geschehen.

5. Am 3. und folgenden rückten 4 französische Cavallerie-Regimenter ins Breisgau in Cantonirung auf unbestimmte Zeit, wurden in die alt- und neubadischen Orte verlegt und müssen nach ihren überspannten Forderungen verpflegt werden. Im Peterhof ward ein Kriegscommissär, 2 Secretäre, 1 Bedienter und 4 Pferd eingelegt, und doch sind in Freiburg höchstens 200 Mann mit Officieren. Es hieß, es gehe nun doch auf kurfürstl. Kosten. Auch von den österreichischen Ranzionirten, welche noch immer in Deutschland aufgehalten werden, wird nun ein großer Theil, die theils schon in's Baierische vorgerückt waren, zurück in kurbadische Lande, ins Breisgau und auf den Schwarzwald verlegt; bereits liegen davon im Glotterthal.

6. Am 12. Juli vollendete Hr. Wetzel sein Inventirungsgeschäft. Am letzten Tage verlangte er auch von jedem Capitular ein Verzeichniß seines Meublement ohne Bett und Kleidung. Es ward ihm überhaupt angegeben von jedem, daß jeder ein paar hölzerne Kästen und einige Bücher im Zimmer habe, ohne die Bücher zu specificiren. Hr. Wetzel hatte noch die Gefälligkeit, mir das Summarium seiner Anschläge mitzutheilen. Nach diesem sind berechnet die Revenüen

auf dem Schwarzwald auf

15,687 fl.20 kr.

an CCapital

367,236 fl. 52 kr

im Breisgau auf

15,320 fl. 3 kr.

an CCapital

551,714 fl.

in Württemberg, deductis oneribus

7742 fl. 14 kr.

an CCapital

313,524 fl.

 

38,749 fl. 37 kr.

an CCapital

1,232,472 fl. 52 kr

Die Schätzungen der Fahrniße sind folgende: Der ganze Viehstand an Pferden, Rindvieh, Schafen, Schweinen 8711 fl. 45 kr. Wagen und Feldgeräthe, Kutschen 2984 fl. 36 kr. Schmiede und Schreinerei 461 fl. 35 kr. Silber und Tafelgeschirr 412 fl. 17 kr. Küchengeschirr und Gläser 441 fl. 44 kr. Meublement im Gastzimmer 362 fl. 8 kr. Tisch- und Weißzeug 417 fl. Betten und Matratzen 1710 fl. Fässer 1088 fl. 36 kr. Summa 16,598 fl. 40 kr. Unter den Fahrnissen sind nicht begriffen: Küsterei und Kirchensachen, nicht die Bibliothek und das Naturalienkabinet, nicht die Gemälde. Unter den Revenüen ist nicht begriffen: Zähringen, Geiersnest, St.Ulrich, Sölden und Neukirch. Die Anschläge der Revenüen sind mittelmäßig, zum Capital wurden sie meist nur 2 Prozent gerechnet, auch einige zu 3 Prozent. Der Anschlag der Gebäude wurde nur nach der Feuersocietät berechnet.

7. 17. Juli. In den Zeitungen ward angekündigt, daß auf höchsten Befehl in allen Kirchen eine öffentliche Danksagung wegen der Vermählung des Kurprinzen mit der kaiserlichen Prinzessin von Frankreich, Stephanie Beauharnais, und glücklicher Ankunft der Vermählten in Carlsruhe gehalten werde mit dem Beisatze, daß Jedermann ermuntert werde, seine Gedanken zu sammeln, über die großen Vortheile, welche sowohl für das Kurhaus, als die gesammten am Rhein gelegenen Kurlande aus dieser Verbindung mit dem Französischen Kaiserhaus entstehen, und dadurch die Dankgefühle gegen Gott zu beleben. Eine sonderbare Publication in der Zeitung. Imaginäre Vortheile sind noch nicht reell, und nur die Zeit wird lehren, wie groß die Vortheile sind.

8. Was das Schicksal des hiesigen und anderer Klöster betrifft, ist man noch nicht viel besser unterrichtet. Aus allen bisherigen Verfügungen zeigt sich nichts weiter, als daß man von den Klöstern den größt möglichen Vortheil für die zerrütteten Finanzen ziehen möchte. Um dies alles berechnen und abwägen zu können, werden immer neue Unkosten gemacht. Ferdinand von Oesterreich übernahm das Breisgau ohne weitere Unkosten, als daß ein Courier von Wien geschickt ward. Dermal sind seit Mitte Jänners mehrere Commissäre in Freiburg, auf Kosten des Aerariums. In alle Klöster reisten Besitznahmscommissäre, auch sogar auf Probsteien und Pfarreien umher; diesen folgten Inventurcommissär, dann Organisirungscommissär, endlich Forstcommissär, und durch all diese Commissionen ist noch wenig geschehen. Es wurde die Landesübergabe, später die Huldigung gefeiert. Gastmähler und Bälle gehalten auf Kosten des Aerariutms; - vielleicht in der Absicht, die Regierungsänderung angenehmer zu machen. - Indessen bleiben die Klöster in einem marternden Zustand der Ungewißheit, was mit ihnen geschehen soll; dabei leidet aber wieder die Oekonomie der Klöster, aber nicht nur diese, sondern Ordnung und Gesundheit. - Es scheint nun, man wolle verschiedene Klöster einstweilen vereinigen, um einige sogleich ganz zu speisen, die Pensionen zu ersparen, und einige auf gelegene Zeit vorzubehalten, wo nicht mehr so viel pensionirte übrig sein werden. So, sagt man, sollen die Religiosen von Schuttern nach Gengenbach gebracht werden; so soll das hiesige Stift als Priorat dem Stift St.Blasien incorporirt werden. Der für Klöster bestimmte Commissär, Geh. Rath Maler war einige Tage in St.Blasien, eröffnete diesen Vorschlag, sicherte St.Blasien eine Subsistenz zu, womit man vollkommen zufrieden sein werde. Aber etwas Bestimmtes ward noch nicht vorgebracht; man will das Ende der Inventur abwarten. Ueber unser hiesiges Schicksal vernahm ich noch nichts weiteres. Es scheint, daß mit uns und St.Blasien alles in Einem gehen soll. Die hiesigen Religiosen sind nicht gesinnt, in das Incorporationsprojekt einzuwilligen, sondern darauf zu beharren, daß die Stiftung ohne wesentliche Veränderung erhalten, oder geradezu aufgelöst werde.

9. Aus Württemberg gab P. Landolin die Nachricht, daß man ihm den Cassavorrath, und die Rechnungen abgefordert habe; er selbst will nun seinen Posten verlassen. Ich ermahnte ihn, einstweilen zu harren und alles zu thun, was er müsse, die Cassa und, Rechnung zu übergeben und für Württemberg ferner zu administriren, indem es uns dahier auch nicht besser gehe. Ich machte über diese Sache einen Bericht an die badische Commission schon unterm 13. d. M.; bis jetzt am 19. Juli habe ich noch keine Antwort. - Unterdessen wurde in Württemberg fortgefahren; Cassa und Rechnung wurden dem P. Landolin abgenommen, die Besorgung der Zehnten wurde der geistlichen Verwaltung in Kirchheim übergeben, und dem P. Landolin noch etwas weniges, eine Zeitlang daraus zu leben, überlassen. Derselbe schrieb mir, daß, da er nun gar nichts mehr zu thun habe, er seine Entlassung begehrt, und nächstens ins Vaterland zurückkehren werde. So wird eins ums andre geschehen. So reißt nun habsüchtige Gewalt an sich, was fromme Gottseligkeit zu heiligen Zwecken gegeben hat. Die Besitzung ist viel älter als das Haus Württemberg, ist unserm Stifte durch Friedensschlüsse garantirt. Allein wenn Baden die Klöster aufhebt, so kann Württemberg auch zugreifen. Ich gab hierwegen schon unterm 13. d. M, und wieder unterm 20. Bericht an den badischen Commissär Hrn. Maler und bat um Weisungen. Am 22. Juli erhielt ich die Antwort, daß die Sache nach Carlsruhe abgegeben worden; indessen sollte ich den Hr. Pfleger ermahnen, seinen Posten nicht zu verlassen; im Fall er verdrungen würde, die Stiftischen und kurbadischen Gerechtsame zu verwahren, wie auch, das Recht zum Sustentationsbeitrag. Am 23. Juli schickte ich also einen Expressen nach Bissingen ab. -

10. Da P. Maurus in Eschbach nicht besser wird, kein Aufkommen hofft, heftige Schmerzen hat, da bereits der rechte Fuß ganz abgestanden und gefault ist; derselbe auch nicht wohl hieher kann transportirt werden, so schickte ich seither täglich einen Geistlichen dahin zur Abwartung, auch beinahe täglich den Hr. Chirurg Buchegger. Um alles zu thun, ließ ich heute den Hrn. Veit Karl von Freiburg abholen, und fuhr selbst auch nach Eschbach, um zu hören, was weiter räthlich gesunden werden möchte. Es kam Hr. Dr. Laumaier und Hr. Profector Nufer. Sie wußten keinen Rath, keine weitere Vorschrift; nur konnten sie nicht begreifen, daß der Kranke in diesem Zustande noch leben könne, und glaubten nicht, daß er Einen Tag noch leben werde - und er lebte noch mehr als Einen Tag, bleibt stets ergeben in Gottes Willen, seufzet nach Auflösung, doch mit Geduld.

11. Den 24. Juli kam abermal eine kurbadische Commission zur Untersuchung der Kloster-Cameral- und Lehenwaldungen. Diese besteht aus Hrn. Oberforstmeister Baron v. Ehrenberg und einem Sekretär aus Bruchsal. Beide bereisen schon seit zwei Monaten die Waldungen, und kamen heute Abends hieher. Sie wußten schon, und ich sagte es ihnen wieder, daß hier ein eigener Geistlicher als Waldmeister bestellt gewesen; aber diesem fragte man nicht nach. Ich ließ den P. Karlmann zum speisen rufen; man fragte ihn nichts; er legte den Waldplan vor, aber auch darüber fragte man nichts, als überhaupt nach dem Weg, welcher zu machen wäre; man verlangte auch nicht, daß P. Waldmeister die Commission begleiten soll; nur die Förster wurden bestellt. Am nächsten Morgen früh 5 Uhr ritten die Commissarien aus, von beiden Förstern begleitet, P. Karlmann wartete auf. Man verlangte ihn nicht zur Begleitung sondern man gab ihm nur die Fragen über Forstsachen, nichts damit er sie beantworten sollt sondern damit er selbe dem Hrn. Oberamtmann übergebe, welcher selbe zu beantworten habe. Es sind 90 Fragen ; natürlich gehen sie in's Kleinliche - in's Lächerliche - und sind oft verworren. Ueberhaupt will man mit Geistlichen nichts zu thun haben, nur mit Beamten und Förstern; man will gar soviel wissene gar, in's Kleine gehen, und macht dabei eine Menge unnützes Zeuge und am Ende, wenn die oberste Aufsicht so ganz in's Detail geht, kann doch nichts herauskommen. Jeder Beamte soll sowohl die allgemeinsten Fragen, was man ohnehin oder überhaupt weiß oder voraussetzen kann, wie die detaillirtesten wieder besonders beantworten. Schinderei ohne Ende.

12. Nachmittags 3 Uhr fuhr ich nach Freiburg. Ich nahm P. Ferdinand mit mir nach Eschbach, wo derselbe nächsten Sonntag am 27. Festo St.Jacobi die Predigt - seine erste hielt. In Eschbach besuchte ich noch den P. Maurus Subprior, welcher dem Tode nahe war, dermal sehr schwach, und dessen Tod man schon lange erwartete. Er war ein Beispiel der Ergebenheit und Geduld. Ich beurlaubte mich bei ihm, da nichts anderes als naher Tod vorauszusehen war. P. Placidus war seit gestern bei ihm; ich erlaubte diesem noch zu bleiben, weil P. Maurus jeden Augenblick sterben konnte. P. Maurus sehnte sich nach der Auflösung voll des Trostes und der Hoffnung; Abends um 7 Uhr empfing derselbe nocheinmal die hl. Wegzehrung, und um 3/4 auf 8 Uhr verschied er im Herrn. R. l. P.  Wegen der Begräbniß hatte ich noch zu Haus die Anstalt getroffen, daß er nach vorgängiger Todtenschau und Section gleich den andern Tag begraben werde wegen dem heftigen Geruch; was auch am 26. Juli geschah. Die Leiche ward nach St.Peter abgeführt.

13. Da auf 27. Juli. Dom. IX. post Pent, ein solennes Dankfest wegen der Vermählung des Kurprinzen mit der Adoptivtochter des Kaisers Napoleon, wie auch wegen der Wiedergenesung des alten Kurfürsten gehalten werden sollte, ward ich eingeladen das Hochamt in Pontificalibus zu halten; ich machte also heute - den 26. die Visite bei dem Hr. Präsidenten von Drais, welcher noch in Heitersheim abwesend war. Derselbe kam Abends zurück und ließ mich auf folgenden Tag zur Tafel einladen. In Heitersheim hatte Hr. von Drais mit Hr. Maler den förmlichen Besitz von dem dasigen Sitz des Großpriorats des Malteserordens genommen, nachdem schon zweimal eben dies provisorisch geschehen. So geht's nun einem wie dem andern. Seit vier Jahren trachteten die Malteser die Breisgauer Klöster in Besitz zu bekommen; nun haben sie das nämliche Schicksal mit uns. In Freiburg ist nun nichts als Kriegsgerüchte. Die Franzosen selbst, so wenig die Officiere und Soldaten damit zufrieden sind, nehmen den Krieg als unvermeidlich an und zwar gegen Preußen und Oesterreich. Preußen soll mit England Verträge abgeschlossen, und Hannover wieder an England abgetreten haben. Oesterreich wolle die neuen Könige in Neapel und Holland, die neuen Herzoge in Berg und Cleve nicht anerkennen -- nun soll der Krieg entschieden sein. Schon - versichert man - marschiren Truppen wieder an den Rhein. Napoleon werde in Straßburg erwartet, die kaiserliche Garde sei auf dem Marsche. Man fügt bei, daß eine neue Allianz zwischen Rußland, Oesterreich, Preußen, Dänemark und England statt habe; ferner, daß in Italien die Sachen der Franzosen schlecht stehen. In Zeitungen kommt von allem dem nichts vor.

14. Am 29. Juli machte ich noch bei Hrn. Maler einen Besuch, da ich glaubte, derselbe werde bald nach St.Peter kommen, um die Aufhebung zu vollenden. Maler war bereits in Thennenbach, wo bis am 13. September alles soll aufgelöst werden; jedoch sind noch keine Pensionen bestimmt. Derselbe wird nun künftige Woche am 4. oder 5. August nach Schuttern abreisen. Nachmittag ritt ich nach Sölden; am folgenden Tag (30. Juli) nach St.Ulrich, theils um die dortigen Confratres zu besuchen und dieselben zu unterrichten von allem, was vorgefallen war, theils um an meinem Namenstag von St.Peter abwesend zu sein. Ich feierte also diesen Tag zu St.Ulrich, wo niemand Fremder war, als P. Prior von St.Trudpert. Abends ritt ich wieder nach Sölden, und am 1. August nach Freiburg zurück. Es war mir empfindlich, daß ich dem Gedanken nicht widerstehen konnte: quondam mea rura valete. Die Confratres zu St.Peter hatten aus meinen Namenstag ein zweckmäßiges Singspiel abgesaßt: „Die erklärte Einigkeit“ und mir zugeschickt. Es rührte mich. Gott erhalte in allen die darin erklärte Gesinnung.

15. Die Kriegsgerüchte verwandeln sich in Friedensgerüchte. Mit Rußland und Frankreich soll Frieden sein; am 20. v. M. unterzeichnet; England soll nichts gegen die Bedingnisse einwenden. Am 31. Juli waren in meiner Abwesenheit dennoch viele Gäste aus der Nachbarschaft zu St.Peter, als Prior von Oberried mit socio, die Pfarrer von Gütenbach, Schönwald, Buchenbach, Breitnau, Kapuziner von Freiburg; auch Pfarrer von Furtwangen, P. Augustin von Villingen. Dieser brachte die Nachricht, daß vor einigen Tagen das Kloster Villingen von württembergischen Commissären und Militär förmlich und ungewarnter Sachen überfallen worden, eilends alle Kostbarkeiten, vasa sacra zusammengepackt und weggeführt, blos zwei kupferne Kelche zurückgelassen worden; folgende Tage aber Meublement und fahrende Habe verkauft worden sei. Auch aus dem Kapuzinerkloster wurden vasa sacra weggeführt. Sogar von der Pfarrkirche wurden die derselben von dem vor mehr als zwanzig Jahren aufgehobenen Minoritenkloster überlassene vasa sacra und Paramente abgefordert. Diese Rapazität mag dadurch veranlaßt worden sein, weil bekannt worden, daß Villingen an Kurbaden wieder zurückfallen soll. Württemberg wollte also zuvorkommen, und wenigstens das Mobiliarvermögen des Klosters ergreifen, wenn es nicht das Ganze behaupten kann. Und so handeln Könige !

16. P. Landolin gab am 8. August Bericht, und schickte die Copie einer königlichen Resolution, wodurch ihm die Verwaltung der Pflege abgenommen wird. Er hatte schon vor einigen Wochen, wahrscheinlich durch die harte Behandlung des Oberamtmann Lempp in Kirchheim - welcher sonst ein Freund des Klosters zu sein schien und nicht wenig von der Pflege genossen hatte - veranlaßt, die Administration aufgekündet. Ich hatte selben unterdessen ermahnt, auszuharren. Rechnung und Geld wurden ihm abgenommen. Ich schickte unterm 24. Juli einen Expressen an ihn ab, durch welchen er mir seinen Entschluß zu bleiben berichtete. Aber Württemberg scheint die Gelegenheit gerne ergriffen zu haben, ihn der Administration zu entlassen, in dem Rescript wird gestattet, daß der Pfleger sich einiges von den Mobilien vorbehalten dürfe. P. Landolin erklärte sich nun, daß er ohne Weisung vom Kloster nicht abziehen dürfe, und gab den Bericht hierher, nachdem freilich durch das frühere übereilte Auskünden die Sache schon verdorben war. Ich gab unterm Heutigen Bericht an die kurbadische Commission, und schrieb an P. Landolin, daß ich in seine Abreise nicht einwilligen könne; - aber es ist zu fürchten, daß er bald kommen werde.

17. Endlich fällt auch das deutsche Reich dahin. Die besondere Verfassung desselben, welche so viele Jahrhunderte dauerte, freilich immer lockerer ward, je mehr die Macht einzelner Glieder zunahm und des Kaisers Ansehen geschwächt wurde, allein doch immer ein Werk von großer Weisheit gewesen und noch bis jetzt, wenigstens etwas von deutscher Freiheit erhielt, wird von den Deutschen, freilich unter fremden Einfluß stehenden Fürsten weggeworfen und eine neue Constellation unter dem Namen des rheinischen Bundes gebildet, dessen Protector Frankreich sein soll. Der erste August ist der merkwürdige Tag dieses großen Ereignisses, an diesem ward die französische Erklärung am Reichstag dictirt. Fürsten, welche selbe angenommen, sind: Baiern, Württemberg, Kurerzkanzler Baden, Hessen, Hohenzollern, Salm, Koburg, Isenburg; die übrigen, denen noch eine Souveränität gelassen ward, werden bald nachfolgen. Das Nähere ist in actis publicis zu finden.

18. Den 12. August ritt ich Vormittags nach St.Märgen und blieb über Mittag daselbst. Der Prälat war wie gewöhnlich abwesend, indem er sich stets in Freiburg aufhält. Hr. Dekan Philipp, und P. Jakob, Küchenmeister, schalten und walten nach Belieben. Ich war seit mehr als zwei Jahren nicht mehr zu St.Märgen, wurde also mit Freude empfangen; hielt mich aber nicht lange auf; nach Tisch kam ein Bote von St.Peter mit der Nachricht, daß der im Petershof einquartierte französische Commissär angekommen, und mich im Namen des General Monard auf das Fest Mariä Himmelfahrt, Geburtstag des Kaisers von Frankreich, zum Hochamt und Mittagsmahl einladen lasse. Ich antwortete sogleich, daß ich erscheinen werde, und ritt sofort nach Neukirch.

19. Verschiedene Nachrichten von dem Verfahren der Württemberger mit der Abtei Villingen veranlaßten mich, um das Gewisse zu erfahren, am 13. August nach Furtwangen zu reiten wo P. Augustin von Villingen Pfarrer ist. Ich blieb dort über Mittag. Nachmittags kamen die Pfarrer von Schönenbach und Vöhrenbach; auch waren P. Franz und P. Philipp von Waldau zum Mittagsmahl gekommen. In Furtwangen selbst hatte man noch keine ausführlichen Berichte von dem Hergang zu Villingen. Es bestätigt sich aber die württembergische Gewaltthätigkeit nur allzusehr. Ich erhielt durch einen Expressen, der heute früh von Furtwangen nach Villingen abgegangen war, von P. Cölestin ein Schreiben, daß bereits am 5. August alle Württemberger abgezogen und am 6. Regierungsrath Waizenegger von Freiburg als Commissär angekommen, um die württembergischen Gewaltthätigkeiten zu sistiren, dagegen zu protestiren und wo möglich zu restituiren, was entführt oder vermißt worden, indem Villingen entschieden an Baden kommen werde. Der Besitznahme-Commissär wird täglich erwartet. Die Abtei oder das ganze Kloster und Kirche, die Zellen der Geistliclnn ausgenommen, wurden ganz rein ausgeleert. Den Geistlichen wurde gar nichts gelassene als ein Pferd, drei Kühe, 30 Saum Wein, 50 Malter Früchte, einige Schweine, sechs Sessel, einige Tische, noch etwas Küchengeschirr, und am 12. noch 2 fl. 10 1/2 kr. Geld. Die Plünderung geschah mit Gewaltthätigkeit. Das Kloster wurde Nachts überfallen. Silber und Kostbarkeiten zusammengepackt. Vieh, Früchte, Wein verkauft, alles gegen baares Geld; auch die geringsten Kleinigkeiten vom Meublement wurden zusammengerafft und verkauft an Juden und einige Bürger von Rottweil, Posthalter und Wildmannwirth. Den Käufern ward auf die Letzte angedungen, da man wahrscheinlich die Ankunft badischer Commissäre fürchtetee noch in der Nacht alles zusammenzupacken und fortzuführen. Bei dem letzten Wagene der weggeführt werden sollte, entstand ein Tumult und Zusammenlauf der Weiber. Die Geistlichen suchten dem Tumult Einhalt zu thun. Der Wagen fuhr ab. Nun verfolgten einige hundert Weiber den Wagen, jagten die Juden weg, und zwangen den Fuhrmann umzukehren, und den Wagen wieder ins Kloster zu führen. Eine dieser Weiber setzte sich auf den Wagene und fuhr so im Triumph zurück in die Stadt. Die Geistlicleen nahmen den Wagen nicht an; er wurde sofort im städtischjen Wagenhaus deponirt - und am folgenden Tag kam die badische Commission. Eine Menge ähnlicher Anekdoten werden erzählt, welche alle das gewaltthätige und räuberische Verfahren bestätigen. Am nämlichen Tage kam Hr. Blattmacher von Rottweil, resignirter Schuttern'scher Amtmann, ein alter Freund unseres Klosters, zu Furtwangen an, und ritt mit mir nach Neukirch.

20. Am nämlichen Tage erhielt ich die Nachricht, daß P. Augustin Steigmüller, welcher schon einige Jahre im Krankenzimmer war, immer mehr an Kräften abnahm, bei meiner gestrigen Abreise sehr schwach gewesen, noch gestern Abend um 6 Uhr im Herrn verschieden sei. Schon lange war er zum Tode vorbereitet, und erwartete denselben mit Sehnsucht. Er war ein guter frommer Religiose und hatte nach und nach die meisten Klosterämter begleitet; in seiner langwierigen Kränklichkeit ein Muster der Geduld, Ergebenheit und Zufriedenheit, wurde er 67 Jahre zwei Monate alt. Am 14. wurde P. Augustin begraben. Ich konnte der Leiche wieder nicht beiwohnen, kam aber auf Mittag nach Haus, und nach dem Mittagessen fuhr ich sogleich wieder ab nach Freiburg, um das Hochamt zu halten. Heute Abend wurde durch Kanonenschüsse die morgige Feierlichkeit angekündigt.

21. Auf Anordnung des Französ. Generals Rochet wurde also heute (15. Aug.) zu Freiburg das Geburtsfest des Kaisers Napoleon feierlich begangen. Früh um 5 Uhr wurden die Kanonen gelöst. Aus der Nachbarschaft ward französisches Militär zu Pferd in die Stadt gerufen, im Münster das feierliche Hochamt in Pontificalibus gehalten. Mittags gab Hr. General Tafel und Abends Ball. -- Früh um halb neun Uhr schickte der General den Adjutanten zu mir, um sich zu erkundigen, um welche Stunde ich die Messe halten wolle; ich überließ es dem General; derselbe bestimmte 10 Uhr. Eine Viertelstunde vorher fuhr ich zu dem Hrn. General in die Kommanderie, wo das Officiercorps versammelt war, um demselben anzuzeigen, daß ich parat sei. Hr. General lud mich wiederholt zur Tafel ein. Ich entschuldigte mich, weil ich Fasttag hatte und kein Fleisch speise. Der Hr. General nahm die Entschuldigung an, lud mich aber auf den Sonntag ein. Ich entschuldigte mich wieder, weil ich abreisen müßte. Das Hochamt wurde solenn gehalten. Das Militär wohnte bei; der General Rochet nahm den Platz des Präsidenten ein. Die Regierung, der Magistrat, die Universität waren eingeladen und erschienen. Am Ende wurde die Oratio pro rege gebetet, und zwar zuerst wurde Napoleon Imperator et Rex, und dann auch der Landesherr Carolus Fridericus genannt. Der General hatte mir vorher den Wunsch geäußert, daß ich den Kaiser Napoleon beisetzen und zuerst nennen sollte, und ich glaubte, daß dies wohl geschehen könnte; man muß beten pro omnibus, qui in sublimitatibus sunt. Den 17. August früh fuhr ich nach Eschbach, wo ich Messe las, und über Mittag blieb. Gerade war ein vagabunder Organist anwesend, welcher unter der Pfarrmesse die Orgel gespielt hatte. Ich kam nach der Messe erst an. Die Leute hatten eine solche Freude an dem Organisten, daß auch unter meiner Messe wieder gesungen wurde. Ich gab dem Organisten ein Geschenk, den Sängern einen Trunk. Abends fuhr ich nach St.Peter. - P. Philipp kam am 20. August von Waldau und bat um die Erlaubniß, nach Freiburg zu reisen zu einem Franciscaner, P. Cyrill, um mit diesem über Spieluhren-Einrichtung zu reden; ich erlaubte es und schickte P. Bernard nach Waldau, unterdessen die Pfarrei zu besorgen.

22. Am 11. d. M. gab der deutsche Kaiser Franz ll. durch den Gesandten Fahnenberg eine Note an den Reichstag, wodurch der Kaiser die deutsche Reichskrone förmlich niederlegt und darauf Verzicht thut, weil selbe nach den vorgegangenen Ereignissen und nach der Trennung der vornehmsten Glieder keinen Werth mehr habe, und die Verpflichtung bei der Wahlcapitulation nicht mehr erfüllt werden könne. Hätte es doch Oesterreich nur ein halbes Jahr früher und motu proprio gethan ! So haben wir also das Ende des deutschen Reiches kommen gesehen, das nun seit Karl dem Großen 1000 Jahre gedauert. Nun entsteht ein ganz neues Staaten-System in Europa - aus lauter mächtigen Souveränen zusammengesetzt, welche aber unter der Protection - Directorium - noch mächtigerer stehen. - Ganz ausgeglichen sind zwar die Dinge noch nicht, doch müssen Alle der Uebermacht Frankreichs und Rußlands, wenigstens zu der Zeit, nachgeben. Unterdessen occupiren die Franzosen noch das südweltliche Deutschland, wenigstens eine Armee von 130-150,000 Mann liegt in Bayern, Schwaben, Franken und am Rhein. Die Kurwürde wird ganz abgethan. Kurbaden nimmt den Titel Großherzog an und erhält die Souveränität über Fürstenberg, Schwarzenberg und mehrere andere kleine Fürstenthümer und Grafschaften und unmittelbare Reichsritterschaften, über Bonndorf, Heitersheim, Beuggen ec. So schaltet und waltet man im Frieden durch Verträge über die Rechte und das Eigenthum der Schwachen. Zuerst fing man bei Geistlichen an, und Alles gab Beifall; - man kam über Reichsstädte; die übrigen Mitglieder des Reichs schwiegen; - nun kommt man auch über minder mächtige Fürsten, Grafen, Baronen, und alle müssen schweigen; die Mächtigen, jetzt Souveräne, selbst müssen sich geben und nehmen lassen, was den Stärksten gefällt.

23. Am 28. August, aus das Augustinfest, fuhr ich nach St.Märgen mit Herrn Oberamtmann. Bereits am 26. war der Großh. Commissarius in Klostersachen, Geh. Referendär Maler, zur provisorischen Organisation daselbst angekommen, nachdem er eben dieses Geschäft bereits in Thennenbach, Schuttern, Wonnenthal vollendet hatte. Bisher wurde zu St.Märgen wie hier die Administration auf Rechnung fortgeführt. Der Herr Prälat, welcher sonst sich seit langem in Freiburg aufhält, war einige Tage zuvor angekommen. Mit Hrn. Maler kam auch der Prälat von Schuttern, was freilich sonderbar schien; indessen versicherten die Geistlichen, daß derselbe ihnen nützlich gewesen. Ich trug zuerst Bedenken, ob ich bei diesen Umständen nach St.Märgen gehen solle, doch entschloß ich mich. Herr Maler machte ungeachtet des Festes seine Geschäfte fort. Das Amt hielt P. Joseph; ich las in der Kapelle die heil. Messe. Ich fand in St.Märgen Niemand bestürzt; alles war munter und zufrieden. Das Geschäft des Herrn Maler war, die Inventarien und Protokolle durchzugehen, ob alles noch vorhanden, die bisherigen Rechnungen - dann zu separiren, was den Geistlichen, dem Prälaten und der Kirche an Meublement, Pretiosen ec. zu belassen oder zu verkaufen und zu transportiren wäre. Die Entscheidung bestand darin, daß Herr Maler die Pension noch nicht bestimmen könne, daß der Großherzog selbst sich dieses vorbehalten hätte; indessen wäre nun das Kloster aufgelöst, noch einen Monat hätten die Geistlichen auf Rechnung der Kammer zu leben; mit 1. October fangen die Pensionen an, woraus dieselben sich sofort zu erhalten hätten. Jedem wäre der freie Aufenthalt im Kloster zeitlich oder beständig vorbehalten, doch könne auch jeder anderswohin ziehen. Zur Verwaltung der Pfarrei und Wallfahrt wurden vier Geistliche bestimmt: der Pfarrer, welcher verbunden sei, zwei Vicarrien zu halten und noch ein Beneficiat. Die Besoldung des Pfarrers wurde wie überall aus 700 fl. gesetzt, theils an Geld, theils an Naturalien nach geringem Aufschlag und einige Oekonomie ebenfalls in geringem Anschlag, für jeden Vicar wird dem Pfarrer 300 fl. zugelegt, wofür er die Vicarien verköstigen muß. Das Betragen des Hrn. Maler wird ganz besonders gerühmt. Er überließ den Geistlichen gegen eine Consignation, was sie an Meublement verlangten; doch Hrn. Prälaten, welcher schüchtern war, und sich nicht getraute, sich anständiges Meublement vorzubehalten, munterte er selbst auf, ließ ihm die insignia pontificalia, einiges Silber ec. jedoch alles gegen Consignation. Ich erfuhr nicht, ob und was als Eigenthum überlassen worden. Für die Kirche wurden die nöthigen Paramente, auch einige der besten, und vier Kelche belassen, die übrigen Kelche wurden sogleich eingepackt. Hr. Maler zeigt bei jeder Gelegenheit, wie sehr er das Harte, ich möchte sagen, das Ungerechte unseres Schicksals fühle, und es ist wirklich ein Glück, daß gerade ihm diese Aufträge gegeben worden sind.

24. Ich kam mit Hr. Maler über das hiesige Stift zu sprechen. Seine Erklärung ging dahin: nachdem die Vereinigung mit St.Blasien weder zu St.Blasien noch bei uns Beifall fände, nicht thunlich und nicht nützlich sei, so müßte er neue Instruction erwarten. Es sei die Absicht des Großherzogs, zu St.Peter bei der Grabstätte seiner Stammherrn, der Herzoge von Zähringen, eine Anstalt zu erhalten, welche auch dem Großh. Hause Ehre mache ec. aber man wisse noch nicht, was und wie. Auf meine Erwiderung: wenn man die Absicht bestimmter wüßte, so könnten wohl vielleicht Vorschläge gemacht werden, ersuchte Hr. Maler, ihm diese Vorschläge disjunctiv zu überschicken, damit er weitere Instruction begehren könne, und zeigte übrigens geneigten Willen zur Erhaltung einiger Anstalten zum allgemeinen Besten, auch verwarf er die Idee einer Gymnasialanstalt nicht. Allein bei jeder Gelegenheit bedauert Hr. Maler den übeln Zustand der badischen Finanzen, die große Schuldenlast, welche der Hof mit den acquirirten Ländern zu übernehmen habe,  wodurch manche gute Absichten und sonst mögliche Anstalten gehindert würden. Um 4 Uhr fuhr Hr. Maler ab, nachdem er das Geschäft in zwei Tagen beendigt, um nun das Nämliche zu Güntersthal, Säckingen, Beuggen und dann zu St.Trudpert vorzunehmen, was er in 14 Tagen zu vollenden hofft, um erst dann St.Peters und St.Blasiens Schicksal zu bestimmen.

25. Nachdem in voriger Woche die Examina mit den hiesigen Studenten gehalten worden, so wurde auf den 1. September die Austheilung der Prämien festgesetzt. Schon gestern Abends kamen so viele Eltern und Verwandte der Studenten an, daß man kaum Betten genug hatte, und heute kamen noch mehr dazu.
In allem waren es 24 Studenten. Der größte Fortgang zeigte sich im Schreiben und Zeichnen. In der lateinischen Sprache zeichnete sich Mersy noch am besten aus, doch war hierin der Fortgang geringer als ich erwartet hatte. An allen Studenten war der Fleiß und die Ausführung lobenswürdig. Es war in allen Klassen ziemlich viel Aemulation, weil überall einige einander nahe kamen und unter allen kein eigentlich Fauler war.

26. Hrn. Rath Wiest von Freiburg, welcher die Badekur im Glotterthal brauchte, zu besuchen, ritt ich am 4. Sept. in's Glotterbad, da ich ohnehin dasselbe noch nie gesehen hatte. P. Joseph ritt mit mir über den Rohrweg, den ich auch noch nie gemacht hatte. Man konnte zwar den ganzen Weg, aber mühsam genug reiten, wohl eine Stunde lang an dem Präzipiz vorbei, welches durch ein Thal geht, das vom Rohr herab den südwestlichen Fuß des Kandels bildet. Das Bad selbst liegt in einem Zinken am Ende des Glotterthals auf der Westseite des Kandels, und grenzt an die St.Peterschen Badhöfe, Lauterbad genannt. Die Quelle entspringt ganz nahe am Badhause. Das Bad wird sehr gerühmt und bei guter Witterung frequentirt, aber die Einrichtungen sind nicht sehr zweckmäßig noch einladend für Fremde. Am heutigen Tage kam gerade eine ziemliche Compagnie von Freiburg, um den Kageneck´schen Verwalter Andre, welcher auch die Badkur brauchte, zu besuchen; die Gesellschaft war lustig und aufgeräumt. Ich blieb bis 4 Uhr und ritt dann wieder nach Haus. Als Neuigkeit brachte man die Nachricht, daß es nun heiße, das ganze Großherzogthum Baden werde nach Französischer Art in 15 Präfekturen, einige Unterpräfekturen und Oberämter abgetheilt, folglich komme keine Regierung nach Freiburg. Man vermuthet, daß Breisgau eine Präfektur sein werde, und macht vorläufig zum Präfekten den Hrn. von Andlaw. Die österreichischen Kriegsgefangenen werden nun entlassen, und treten dieser Tage den Marsch nach Oesterreich an. Man bedauert ihre Entfernung, weil diese alles bezahlten, und sehr beträchtliche Summen Geldes in's Land kamen. Die Gefangenen bezahlten ihre Erdäpfel und Milch, hingegen die Franzosen müssen mit Fleisch und Wein und mit allem was sie verlangen, unentgeltlich verköstiget werden. Vom Abmarsch der Franzosen reden zwar die Zeitungen, aber man sieht noch nirgends eine Bewegung zum Abmarsche. Ueberhaupt scheint es, man fange im Breisgau wie in ganz Deutschland an, die Folgen der Veränderungen zu fühlen, und man freue sich nirgends derselben. - Vom 1. Sept. fangen die badischen Gesetze an, und es soll nun fürohin nach denselben gesprochen werden. Unter anderm werden auch die Geldstrafen wieder eingeführt, auch für Unzucht, und zwar für gemeine Unzucht - dies ist der Ausdruck - zum erstenmal 15 fl. Es ist sehr gefehlt worden, daß man die Unzucht unbestraft ließ, aber nun wird die Einführung von Geldstrafen wohl nicht vieles Gutes stiften; einem Reichen ist die Taxe nicht zu groß, und es läßt sich fürchten, daß die Ankündigung selbst nicht die beste Wirkung machen werde.

27. Auch zu St.Blasien weiß man nichts Näheres über die künftige Bestimmung. Da St.Blasien als vorheriger unmittelbarer Reichsfürst noch andere Verhältnisse hat, so kann es auch andere Hoffnung haben, obwohl geringe. Der Fürst that alles, um das Stift zu erhalten, aber er trägt auch darauf an, daß die Stiftungsgüter, die innere und äußere Verfassung im Wesentlichen erhalten werden - oder daß das Stift gleich andern aufgehoben, und nicht zu einem Kranken- oder Zuchthaus umgeschaffen werde.
Am 11. September wurde ein kleines Examen mit den Togaten zu St.Peter aus der Logik und Metaphysik gehalten. Das Examen machten sie mittelmäßig jedoch ist dieses nach den dermaligen Zeitumständen genug weil der Unterricht oft unterbrochen worden. Sie zeigten doch hinlängliche und meist mehr als mittelmäßige Fähigkeiten.

28. Durch das Breisacher Decanat wird auf Auftrag des Constanzer Ordinariates angefragt: 1) welche Mitglieder des Stiftes sich der Seelsorge annehmen wollen; 2) welche eine Generalkonkursprüfung gemacht und wo ? Hr. Decan verspricht dabei seine Dienste. Es scheint denn nicht, daß die Curia zu Constanz großen Einfluß in die Versorgung der Geistlichen haben werde; doch kann man auch nicht wissen ob diese Anfragen nicht auf Anweisung der Regierung oder Commission geschehen oder was dabei für eine Absicht zu Grunde liege. Ich trug also dies Schreiben am 15. dem Capitel vor wobei auch die Professoren von Freiburg P. P.  Thaddäus Carl und Joseph gegenwärtig waren. Die einstimmige Meinung der Kapitularen war, daß man sich vor der Hand und ehe unser Schicksal näher bestimmt wäre in keine bestimmte Erklärung einlassen könnte. Einige Capitularen welche bisher auf wissenschaftliche Gegenstände zum Unterricht und Oekonomie verwendet worden waren erklärten sich freilich überhaupt, daß sie in der Seelsorge nicht arbeiten könnten als: P. P.  Thaddäus Rinderle, Beda Litschgi, Carl Martini, Karlmann Lang, Joseph Sevin; die übrigen äußerten sich nur dahin, daß sie nicht gesinnt wären ein müßiges Leben zu führen, sondern sich in der Seelsorge zu üben geneigt seien, jedoch nach Umständen sich nicht auf jeden Ort würden hinschicken lassen.  P. Rinderle brachte nebenher den Gedanken vor, daß im Falle das Kloster sollte gänzlich aufgelöset werden, man sich doch verbindlich machen könnte, wenn sich die Zeitumstände ändern, und das Kloster nach Jahren wieder sollte hergestellt werden, sich wieder zu versammeln, eine klösterliche Gemeinschaft zu bilden und die Stiftung wieder fortzusetzen, wozu alle ohne Ausnahme einstimmten. Ich gab an die Expositos eine Abschrift des Schreibens vom Hrn. Decan, um auch ihre Erklärung zu vernehmen.

29. P. Columban von St.Märgen erzählte hier, daß Hr. Maler seit 8 Tagen St.Trudpert verlassen habe und nach Beuggen gereiset sei. Zu St.Trudpert hatte er angeordnet, daß bis auf den 23. October noch mit gemeinsamer Administration fortgefahren werden sollte. Hr. Pfarrer Flamm von Munzingen habe auf Auftrag der bischöflichen Curia den Hrn. Maler begleitet, um aufs Kirchliche Achtung zu geben, eben dieser Flamm habe Einfluß auf Hrn. Maler, für die Pfarrei St.Trudpert sei ein Pfarrer und 3 Vicare bestimmt; zum Pfarrer sei eben er, P. Columban vorgeschlagen, ohne sein eigenes Vorwissen mit dem, daß er nichts dagegen vorstellen solle, indem es doch dabei bleiben müsse; übrigens wären die Expositi gar nicht zu der Commission gerufen worden. Hingegen hätte man auf den Exposituren von St.Trudpert auch bei Pfarreien inventirt, was hier noch nicht geschah, und dabei hatte man im Inventar drei Rubriken geführt, was als Stiftisches Eigenthum anzusehen, was pfarrlich wäre i. e. zum Pfarrhaus gehöre, was vom Pfarrer ins Haus wäre angeschafft worden, endlich was jeder Pfarrer als Privateigenthum anspreche.

30. Dahier zu St.Peter wissen wir zur Stunde nichts über unser Schicksal, und diese Lage ist äußerst quälend. Nun gehen die Victualien zu Ende wie das Geld; alles fängt an zu stocken, die Leute werden maßleidig und nachläßig in allen Verrichtungen. Die Disciplin löset sich immer mehr auf, und es ist nicht möglich, genau darauf zu halten. - Es ist nicht wahrscheinlich, daß dahier die Stiftung erhalten werde, und doch möchte man von Seite des Hofes noch etwas erhalten. Die Gesinnung der hiesigen Geistlichen bleibt darauf, daß wenn nicht die ganze Stiftung im Wesentlichen erhalten werde, man lieber die Auflösung als ein neues Stückwerk wünsche. Im Fall der Auflösung werden die meisten wohl sich andere Plätze suchen. - Hr. Maler gestand mir den Mangel an Instruction für das hiesige Haus, und verlangte von mir Vorschläge. Ich entschuldigte mich nach längerer Ueberlegung, weil ich keine Daten hätte und die Absichten nicht kännte. Ich sagte dabei, wenn der Großherzog das Andenken der Herzoge von Zähringen zu ehren die Absicht habe, so könne dies nicht schöner und rühmlicher geschehen, als wenn die ganze Stiftung erhalten und so der Wille der Stifter ferner respectirt werde. Wir werden also noch immer verschoben; die Vorsehung leite die Zögerung zum Besten. Nach den Zeitungen scheint ein Bruch mit Preußen und Rußland unvermeidlich; der Rückzug der Franzosen über den Rhein scheint eingestellt. Rußlands Kaiser soll den zu Paris durch dessen Gesandten geschlossenen Frieden nicht ratificirt haben. - In Preußen rüstet man sich sehr zum Krieg, in Oesterreich aber zur Behauptung der Neutralität; was von Allem das Ende sein werde, läßt sich gar nicht berechnen.

31. Den 25. September fuhr ich nach Freiburg, mit mir P. Ignaz. Unterwegs begegnete uns Herr Wetzel, welcher zu St.Peter inventirt hatte. Er ritt nach St.Peter, sagte mir aber nichts davon und nichts von seinem Auftrag. Zu Freiburg erfuhr ich sogleich, daß er Auftrag habe zu verabreden, wie die heurigen Gefälle an Früchten und Wein sogleich zu Geld zu machen wären. Es klärte sich sofort auf, daß Herr Maler Befehl habe, schleunigst Alles von den Klöstern zu Geld zu machen und Geld einzuliefern. Nach Wetzels Aufträgen sollen alle Zinse und Gefälle schon aus Martini eingezogen werden, wo möglich sogleich verkauft, auch wenn Einzelne, oder ganze Gemeinden, Zinsbeständer jetzt schon ihre Früchte kaufen wollten, so sollten Käufe mit ihnen gegen sogleich baare Bezahlung geschlossen werden; ähnliche Verfügungen geschahen mit St.Blasien. Dies sind die Anstalten zu unserer Subsistenz. Die Vorräthe werden verkauft; wovon wir leben werden, darüber wird nichts geredet. Das Geld kommt nach Carlsruhe und zu unserer Bedeckung sieht man noch nirgends einige Anstalt. Bei keinem Kloster sind noch die Pensionen festgesetzt; aber die Anstalten zum Verkaufen werden überall gemacht. Als ich in Freiburg ankam, war P. Landolin, Pfleger von Bissingen, welcher gestern mit Sack und Pack angekommen war, gerade in Bereitschaft, nach St.Peter zu fahren. Ich hielt ihn zurück. Er war noch ziemlich gut entlassen worden. Nachdem er die Rechnung und das Geld abgegeben, so ließ man ihm doch Kutsche und Pferde zur Abreise; auch vom Meublement, was er sich wollte vorbehalten. Dieses hatte er bereits zuvor abgeschickt. Er hinterließ eine Protestation, erhielt vom Amtmann Lempp noch ein Zeugniß, daß er dem Kloster in den mißlichsten Umständen stets treu geblieben. Er hinterließ im Hause noch 24 Eimer Wein, 4 Stück Rindviehe, 4 Pferd und das größere Meublement. Die Paramente und der Kelch wurden ihm überlassen; das bessere zog er weg, das übrige schenkte er an zwei Kirchen.  Hr. Amtmann Lempp zu Kirchheim hat sich gegen ihn stets als einen redlichen Freund betragen. Abends fuhr er nach St.Peter.

32. Der Krieg mit Preußen ist nun ausgebrochen. Gestern Nachs kam die Ordre, daß die im Breisgau stehenden drei Brigaden nach Ulm aufbrechen sollen. Dieselbe kommandirt General Beckert; Divisionsgenerale sind Rochet, Mille ec.; schon am 27. marschirte die zweite Brigade, am 28. die dritte. Preußen, Schweden, Hessen, Sachsen und Rußland sollen bereit sein. Von Oesterreich glaubt man, daß es eine bewaffnete Neutralität behaupten werde. - Die weise Vorsehung leite doch alles zum besten.

33. Oktober 1806. Noch verzögert sich immer von Woche zu Woche die endliche Bestimmung unseres Schicksals. Nun kommt Nachricht, daß es wohl noch 14 Tage anstehen kann, ehe die Commission hieher kommt, und so hieß es schon oft. Vielleicht zögert die Vorsehung aus hohen Absichten. Indessen wird unsere Lage immer bedenklicher. Es sind vier Hoffnungsvolle Candidaten hier; man weiß nicht, was mit denselben vorzunehmen sei; seit einem Jahre sind sie Togaten, ferner drei Fratres, davon einer schon professus. Diese sind aber nicht sehr fähig; doch kann man selbe weder zur Prosession annehmen noch entlassen. Der Pfleger von Bissingen ist nun auch hier. Seit dem Tode des P. Maurus haben wir keinen Organisten; ein Candidat versieht diese Stelle; hätte das Kloster zu bestehen, so müßten mehrere Mutationen gemacht werden. Die hiesigen Scholaren sollten auch wissen, ob sie künftiges Jahr wieder hier studiren könnten, und man kann keine Antwort geben. - Der Herbst in Wolfenweiler ec. hat angefangen; man mußte zwar von hier Pferde und Knechte dahin abgeben; allein der Zehnt wird auf landesfürstliche Rechnung durch das Stabsamt bezogen; es ward nur Befehl hieher gegeben, man solle Pferde und Leute schicken. - Es ist, wie oben gemeldet, befohlen, alles Entbehrliche an Früchten und Wein zu verkaufen, auch die heurigen Gefälle vor der Zeit einzuziehen und zu verkaufen; und noch wird nichts davon geredet, wie wir in Zukunft sollen unterhalten werden; wir sollen lediglich zuwarten, woher etwas kommen werde. Nun träte freilich der Fall ein: „Nolite sollitici esse in crastinum, dicentes, quid manducabimus aut quid bibemus“, allein damit lassen sich doch nicht alle beruhigen, sondern glauben, man müsse sorgen, daß eine Anstalt getroffen werde. Ich gab also am 3. Oktober an die Commission in Klostersachen eine Bittschrift, man möchte Vorsorge zu unserm fernern Unterhalt treffen, indem wir nur noch aus 14 Tage Brodfrüchte vorräthig hätten, auch die Baarschaft nun zu Ende gehe, da man gerade bald Conti und Lohn bezahlen sollte. Ich bezog mich auf die frühere Zusicherung, daß für Alles werde gesorgt werden., Es steht nun zu erwarten, was geschehe, daß bei allem dem auch die Disciplin sehr leide, versteht sich. Die Besseren werden mißmuthig und die Schlechteren brauchen die Gelegenheit, da man ohnehin in derlei Umständen eher etwas übersieht. Man ist nicht beschäftigt und hat keine Lust, eine Arbeit vorzunehmen, da jeder Tag die Auflösung des Klosters bringen kann. - Vater im Himmel ! Dir ist unsere Lage bekannt; führe uns nach Deinen heiligen Absichten, damit von uns und durch uns Dein Wille geschehe.

34. Am 4. Oktober erhielt ich ein Rescript von der Klostercommission des Inhalts, daß durch die Versetzung des Capitulars von St.Trudpert, P. Gallus. Professor der Grammatik, eine Stelle am Gymnasium zu Freiburg vacant werde, man wünsche also Auskunft, ob hier ein für diese Stelle taugliches Subjekt wäre ? - und sonst nichts über unsere künftige Lage. Allerdings gibt's taugliche Leute, wenn hier Alles aufhören soll. - Was bei anderen Klöstern vorgeht, weiß ich nicht bestimmt. Auch St.Blasien hat um Früchte angesucht. Man hat selbes in die ehemaligen Reichsorte zum Einzug verwiesen, weil die Früchte im Breisgau zur landesfürstlichen Kasse müssen verkauft werden. In St.Märgen ist der Jammer wie hier. Diesem Kloster sind 20 Saum Wein aus ihrem Keller zu Allerheiligen bewilligt worden. Nirgends ist noch eine Pension bestimmt, sondern man läßt die Geistlichen leben, wie sie können. Alles scheint in Verwirrung, und der Ausbruch des neuen Krieges scheint die Verwirrung und Unentschlossenheit zu vergrößern, wie der Geldbedarf vergrößert wird.

35. Auf die Eingabe oben am 3. an die Kloster-Commission erhielt ich am 7. October die Resolution dahin, daß man alles Dienliche zur Sicherung unseres Unterhaltes vorkehren und, sobald in Carlsruhe entschieden sein werde über unser Loos, auch das Hauptgeschäft vornehmen werde. Einstweilen werden die im Petershof noch vorräthigen Früchte - (unbedeutend) und was an Lehen und Bodenzinsen bald eingehen werde, angewiesen. Vom andern Sequestrirten sei nichts zu hoffen. Um Geld zu bekommen, sollen 180-200 Saum Wein, besonders 1805er Gewächs, und was an Vieh entbehrlieh seit, verkauft werden; auch werde man die große Forderung von 17,000 fl. an Kanton St.Gallen betreiben. Da diese Dispositionen nicht hinlänglich sind, schickte ich den P. Landschaffner am 8. nach Freiburg, um das Weitere zu vernehmen und vorzukehren. Indessen kam auch Befehl an's Amt, die Rückstände möglichst herbeizutreiben.

36. Bei unvermeidlichem Ausbruch des Krieges soll der rheinische Bund sein Contingent stellen, wozu die Bundesgenossen bereits vom französischen Kaiser aufgefordert sind. Es wird also auch von Baden die Rekrutirung angekündigt und vorläufig von allen Aemtern binnen drei Tagen der Bericht gefordert über alle Milizpflichtigen und fähigen von 16-25 Jahren und das übrige Reglement der Rekrutirung publicirt.
Zugleich wurde von den Aemtern aus dem Walde gefordert, einzugeben, wie viel Uhren jährlich in jedem Bezirke verfertigt und wie und wohin sie verschlissen werden. Die Uhrenmacher stutzen über diese Anordnung sehr, da die Absicht derselben nicht bekannt ist.

37. Den 12. October war zu St.Märgen das Translationsfest. Ich fuhr dahin, eingeladen von den Geistlichen, um das Hochamt zu halten, mit mir P. Petrus. Der Hr. Prälat hatte schon sogleich, nachdem Hr. v. Maler am 29. August die Aufhebung des Stiftes bestimmt erklärt hatte, sich nach Freiburg begeben mit dem Abschied an die Seinigen: „St, Märgen gehet mich nun nichts mehr an.“ Alles Meublement aus seinem Zimmer, auch das vom Commissär verwilligte Tisch-, Bett- und Küchenzeug ließ der Prälat nach Freiburg in das Haus des Hrn. Professor Eckert abführen - und so ward Convent und Prälat ganz getrennt. Auch Stab und Insuln sind weg. Den silbernen Stab nahm die Commission; den kupfernen überließ man dem Hrn. Prälaten. - Ich brachte Stab und Insul mit, und hielt das Hochamt - wahrscheinlich auch das letzte Mal - in Pontificalibus. Die übrige Lage ist in St.Märgen wie hier. Noch ist nichts ausgemacht, keine Pension bestimmt; man gab die Weisung, sie sollten fortan noch zusammen leben, man werde wieder Wein und Früchte ausfolgen lassen auf einige Zeit.

38. Nachdem P. Landschaffner, zufolge oben am 7. gegebener Anordnung. Einleitung zum Weinverkaus getroffen. Hr. Wetzel aber nicht ganz einverstanden war, auch nicht bestimmt war, ob der Erlös für uns oder für die Kammerkasse bezogen werde; schickte ich am 13. October den P. Landschaffner wieder nach Freiburg, um über die Bestimmung des Erlöses das Weitere zu vernehmen und die Käufe abzuschließen. Der Antrag war: 180-200 Saum Wein zu veräußern. Käufe sind angetragen auf 196 Saum Wein, darunter 120 Saum 1805er; das übrige 1808er Gewächs; der Erlös käme beiläufig aus 2200 fl.; der geringe Fünfer nur um 3 fl.; der bessere Laufener um 9 fl., der Dreier um 18 und 20 fl.

39. Da die Geistlichen doch auch die gewöhnlichen kleinen Vakanzreisen wünschen und alle wohl eine Erholung nöthig hatten, die Zeitumstände es aber kaum gestatteten, da man keinen Tag sicher ist, wann die Commission kommt, auch das Geld gespart werden muß, und man endlich gar nicht weiß, wohin man die Leute schicken soll, so theilte ich diese sogenannten Vakanzen, freilich kurze, so ein, daß P. Prior auf 4 Tage nach Neukirch kam; P. Peter 4 Tage nach Oberried, 1 nach St.Märgen; P. Bernard 4 Tage nach Sölden mit P. Landolin; P. Ignaz 2 Tage mit mir nach Freiburg und 4 Tage mit P. Prior nach Neukirch; P. Benedict 4 Tage mit P. Peter nach Oberried. Die jüngsten Patres hatten die Reise nach Constanz gemacht ad ordines. P. Placidus war mit mir in Carlsruhe und mit den Fratribus in Constanz. - Die drei Fratres schickte ich mit dem Professor nur über Mittag nach Eschbach; und so bekamen zwar alle etwas, aber jeder nur wenig.

40. Am 20. October hielt ich eine Cohortation im Capitel über die gegenwärtigen Umstände, über die Auflösung unseres Klosters, was uns dabei beruhigen könne und solle, was die falschen Trostgründe wären, über die Pflichten, auch wenn die Aufhebung wirklich erfolgen sollte. Zugleich ernannte ich P. Landelin Bücheler, vertriebenen Pfleger aus Bissingen, zum Subprior, damit auf jeden Fall auch diese Stelle besetzt sei. - Den 22. October, Nachmittags um halb 5 Uhr, entstand ein gewaltiger Sturm mit Regen und dauerte fort die ganze Nacht. Der Sturm richtete in Wäldern große Verwüstung an. Mehrere Häuser wurden sehr beschädigt, z. B. der vordere Schönhof verlor das halbe Dach und so viele andere. Ein Mann aus der Ränke, Namens Heiz, Salzhändler, fuhr in diesem Sturm durch den Hochwald, wo er umwarf, vom Wagen fiel und des andern Tags todt unter einem Sack voll Salz gefunden worden; der Wagen war umgeworfen; das Pferde verstrickt, konnte nicht weiter und mußte die Nacht am Wagen im Walde bleiben, weswegen auch das Unglück des Mannes so lange nicht bekannt worden.

41. In der heutigen Freiburger Zeitung wird die Rekrutirung von der Landesherrschaft angekündigt; Breisgau, Ortenau, Bonndorf müssen über 5000 Mann theils Cavallerie, theils Infanterie und Fuhrknechte stellen. Auf die St.Peter'sche Herrschaft auf dem Wald trifft es dermalen, da nur noch drei fünftel am Ganzen gestellt werden müssen, 33 Mann, eine ungemein große Zahl. Die Zahl ward nur dem Amte, bisher noch nicht den Unterthanen angezeigt. Als Vorbereitung zur Rekrutirung mußte schon im August durch die Aemter eine neue Bevölkerungstabelle unter eigener Dafürhaftung verfertigt werden. Nach dieser enthält die St.Peter'sche Herrschaft auf dem Wald in zehn Vogteien: Häuser 331 - Familien 458 - Familiensöhne von 1-17 Jahren 591; von 17-25 Jahren 238; von 25 und darüber 280 - weiblichen Geschlechts 1577 - Professionisten-Bürger 149 - ohne Profession 279 - Geistliche und Honoratioren 26 -- ganze Bevölkerung 3160 Seelen; darunter sind 130 männlichen Geschlechts abwesend, unbekannt wo ? und 5 weiblichen Geschlechts. - Die Aufnahme ist genau. Die Zählung geschah vom 24. August bis 3. September.

42. P. Ildephons Fuchs von Rheinaue welcher 1799 hier war wegen damaliger gefährlicher Kriegslage in der Schweiz, von hier aber sich entfernte, eine Caplanei im Breisgau, zu Gündlingen, eine Zeit lang versah, dann zurück, nicht in sein Kloster, doch in sein Vaterland zog, sich vom Kloster trennte und nun im Kanton St.Gallen eine Pfarrei zu Engelburg hat, - schrieb mir unterm heutigen Empfang vom 6. October, schickte mir ein von ihm in Druck gegebenes Werk über den schweizerischen Geschichtschreiber Tschudi und bedankt sich nun höflich für die hier genossenen Wohlthaten. Ich antwortete am 25. October auch höflich und wünschte ihm Ruhe, Zufriedenheit und Gottes Segen.

43. Schon vor 14 Tagen kam von der badischen Commission die Anfrage hieher, ob nicht ein tauglicher Professor an das Gymnasium könnte abgegeben werden. Meine Antwort war, daß mehrere Taugliche hier wären; wenn also das hiesige Lehrinstitut aufzuhören hätte, so könnte von den dermaligen Professoren einer abgegeben werden; sollte hier etwas fortdauern, so könnte es ohne Nachtheil nicht geschehen; doch könnte ich mich wohl selbst bescheiden, daß ein Privatinstitut dem öffentlichen nachstehen müßte. Erst heute erhielt ich die Antwort des Inhalts: Da dem St.Peter'schen Lehrinstitut eine Aenderung bevorstehe, so wünsche man, daß ehestens einer der zwei Professoren abgegeben werde. Ich habe hiezu schon in Petto den P. Benedict bestimmt, der nun nächster Tage abgehen muß. So muß also bei Wiederherstellung des Namens der Herzoge von Zähringen das älteste Denkmal derselben im Breisgau vernichtet werden. - Die Fügungen des Allmächtigen seien in Demuth angebetet.
In der Freiburger Zeitung vom 25, wird angekündigt, daß durch gütliche Uebereinkunft mit Württemberg nunmehr Triberg ganz, mit dem ganzen Gebiete der Stadt Villingen, Commende Villingen, Sponeck und Nordweil, an Baden übergehe; unter den dafür abgetretenen Besitzungen ist auch unsere Pflege Bissingen im Württembergischen, unsere erste Besitzung. - Am 27. October kam P. Basil von St.Ulrich wegen verschiedenen Anfragen, auch P. Franz von Neukirch hieher. Die verschiedenen Nachrichten über das Schicksal der Klöster machen alle Köpfe voll. - Beinebens scheint es, daß man von Seite der geistlichen Regierung in Constanz Einfluß in die Organisirung der Klöster suche, wobei aber die Absicht gar nicht hervorleuchtet, etwas zum Besten der Klöster quo talium zu thun, nicht einmal für das dermalige Personal, sondern eher Parteien zu machen, etwa noch Pfarreien zu verbessern. Es scheint, daß Emissäre - aus oder ohne Auftrag - Einfluß auf die Klostergeistlichen suchen. Bis jetzt hat denselben bei uns noch nichts geglückt.

44. Den 28. October früh fuhr ich nach Freiburg und nahm zugleich den P. Benedict als neu bestimmten Professor mit; die Bagage folgte nach. Zu Freiburg fand ich schon wieder ein Rescript, wodurch P. Placidus Schick zur dogmatischen Kanzel, aber nur ad supplementum postulirt wurde, und nur bis Ostern. Ich sprach hierüber mit Hrn. Commissär Maler, stellte demselben die Lage dahiert wie sie ist, die Unentbehrlichkeit des P. Placidus zum Unterrichte der noch hier anwesenden Fratres und zur Besorgung der Pfarrei vor, mit dem Zusatze, wenn es aber beschlossen sei und geschehen müsse, so müßte man sich jetzt alles gefallen lassen. Hr. Maler kam in Verlegenheit, wollte nicht einen förmlichen Befehl angeben, sagte nur, die Facultät wünsche es und Hr. v. Reizenstein auch; ich sollte suchen, die Sache zu vereinigen, daß es überall recht wäre, die Fratres allenfalls auch nach Freiburg schicken. - Auf einige andere Anfragen - wegen Verwendung des auf dem verkauften Wein gelösten Geldes, wegen Fruchteinzug, bekannte Hr. Maler selbst, daß überhaupt das Klostergeschäft noch in keiner Ordnung sei, und gab den Bescheid, das Geld sollten wir nach Bedarf verwenden, nichts abgeben, ehe bei uns bezahlt sei. - Die Früchte sollten wir beziehen aus den ehemals österreichischen Ortschaften. Er werde auch Befehl geben, daß sich andere Beamtungen, wie es geschehen ist, nicht darein mischen.

45. Endlich eröffnete mir Hr. Maler, daß die endliche Resolution über St.Blasien und St.Peter nun bestimmt gegeben sei. Weil die Vereinigung beider Stifte, die Umwandlung des Klosters zu St.Peter in ein Hospitium, von St.Blasien dependirend, nicht angenehm sei, und die Umstände nicht mehreres gestatteten, so seien beide nun als aufgelöst anzusehen, wie auch das bisher beschränkt bestandene Gengenbach, die auswärtigen Pfarreien von den Klöstern zu trennen; bei dem Kloster selbst, namentlich bei St.Peter, der Grabstätte der Großh. Stammherrn, ein anständiger Gottesdienst einzurichten, weltliche Administratoren zu bestellen, und die Geistlichen, welche nicht angestellt würden, zu pensioniren. Hr. Maler fügte bei, daß er nach 14 Tagen hierher kommen werde. Er verlangte Vorschläge zur Ausführung dieser Absichten, welche ich auch machen werde, um so viel möglich zu erhalten.
Zu gleicher Zeit war der Minister von Reizenstein, welcher in Paris außerordentlicher Abgeordneter mit dem Erbprinzen war, in Freiburg. Die Ursache seines Daseins ist noch unbekannt. Ich machte demselben die Auswartung; er war sehr höflich.

46. Am 29. blieb ich in Freiburg, und ließ die Expositos von Sölden und St.Ulrich rufen und eröffnete denselben, was ich nöthig fand. Am 30. fuhr ich Mittags nach Oberried, ging hierauf zu Fuß nach Bickenreute, auf den Gyrsberg und fuhr zurück nach Haus, eröffnete dem P. Placidus den Antrag, daß er als Supplent nach Freiburg berufen werde, damit er die Sache überlegen könne, und um dies besser zu thun, machte ich ihm den Antrag, selbst zuvor nach Freiburg zu reisen.

47. Den 31. Oct. kam Obervogt Dr. Huber von Triberg über Freiburg hieher. Er hatte seine Entlassung von Württemberg, nach erfolgtem Austausch der Herrschaft Triberg, erhalten und bereits den Dienstrevers in Freiburg unterzeichnet. In Triberg machten zwar die Württemberger einen Versuch, das Silber von der Wallfahrt abzuführen, doch geschah es nicht, da man einen Aufstand befürchtete, und indessen die Austauschung erfolgte; nur die Capitalbriefe wurden weggenommen. Auf der Wallfahrt ist noch die alte Unordnung. Einige Geistliche de S.S. Redemtore sind noch dort und noch immer suspendirt. Vom Kriegsschauplatze haben wir nur französische Nachrichten. In den Manifesten machen die Franzosen den Preußen die derbsten Vorwürfe, daß diese stets gegen alle Fürsten unzuverlässig gewesen, besonders gegen das deutsche Reich, stets Opposition gegen Kaiser und Reich gemacht, an Frankreich, England, Deutschland und Oesterreich treulos gehandelt hätten.

48. Auf den 2. November hatten sich Se. Excellenz. Hr. Hofcommissarius im Breisgau, von Drais hier auf Besuch ansagen lassen. Derselbe kam auch mit zwei Töchtern und Hrn. Hofgerichtsassessor O. Mittags halb 12, besah die Kirche und speiste zu Mittag; Nachmittag ließ ich die Gesellschaft auf die Anhöhe gegen den Lindenberg führen, um die Aussicht in's Thal zu sehen; dann auf den Schweighof, wo sie das Gebäude, die Kammern der Domestiken mit vielem Befremden besahen. Nach 4 Uhr fuhren sie wieder ab. Wie es schien war man mit der Aufnahme und Bewirthung sehr zufrieden; es schien auch nicht, daß eine andere Absicht verborgen gewesen. Auch ich enthielt mich jeder Aeußerung; nur das hielt ich nicht zurück, daß mir die Sperre der Bibliothek, und die Bedingniß, die Bücher durch den Beamten zu begehren, zu empfindlich gewesen sei, als daß ich je ein Buch daraus verlangen würde. - Heute Nachmittag schickte ich den P. Placidus nach Freiburg, damit er selbst sich näher erkundigen möge, was es mit seiner Postuliriung zum Suppliren in der Dogmatik für eine Beschaffenheit habe. Hr. Drais drang hier schon in ihn, sich nicht zu widersetzen, weil es Aengstlichkeit wäre; er setzte noch den Ausdruck bei: „Wir haben jetzt einen fortgeschickt“ (d. i. den P.  Remigins von St.Blasien) worauf sich doch schließen ließe, daß nur Haß der Universität gegen St.Blasien und das Vorhaben alles zu destruiren, was die vorige Regierung gemacht hatte, zu Grunde liege. Am 3. Nov. Abends kam P. Placidus von Freiburg zurück mit einem Schreiben des Hrn. von Drais, daß er übermorgen schon in Freiburg sein solle. P. Placidus hatte mit Hrn. Maler gesprochen, und demselben das vorgestellt, was ich schon gemeldet hatte; inzwischen war die Sache nicht zu ändern. Am 6. erhielt ich ein Rescript von Hrn. Maler, daß zwar die angeführten Gründe Rücksicht verdienten; inzwischen könnte die Sache nicht geändert werden, für die fratres theolog. studios., welche nun doch in St.Peter nicht ferner studiren könnten, werde man Anstalt treffen; P. Placidus werde sich durch Suppliren in der Dogmatik empfehlen, könnte unterdessen von Freiburg aus in Pfarrsachen aushelfen. Seinen Unterhalt hätte er zum Theil aus der ihm zu bestimmenden Pension zu ziehen, wenn dies nicht hinreiche, so wäre der Abgang aus dem Universitätsfond zu ersetzen. P. Placidus reisete also am 6. nach Freiburg ab, wo ich denselben anwiese im Petershofe zu wohnen und bei den Professoren am Gymnasium die Kost zu nehmen.

49. Am 4. November kam mein Bruder Sales von Löffingen hierher auf einige Tage; er erzählte, daß in Hüfingen ein Aufstand von 500 Bauernjungen gegen das Rekrutiren entstanden sei, welche mancherlei Unfug trieben, einen den General Tekeli nannten. Die Sache sah ernstlich aus, ward nach Carlsruhe berichtet, und 800 Soldaten wurden dahin beordert; unterdessen verlor sich die Wuth; die Bursche gingen auseinander, der General Tekeli und sein Adjutant wurden eingesperrt. Der Erfolg ist noch zu erwarten. Unter andern Unfugen setzte sich der General Tekeli zur verwittweten Fürstin an die Tafel, forderte von derselben Tabak ec. nöthigte den Präsident Kleiser unter Androhung des Todes, eine Schrift zu geben, daß man vom Rekrutiren abstehen werde.

50. Am 3. oder 4. soll der ehemalige Kanzler zu Heitersheime Ittner - ein bekannter Feind der Abteien, welche dieser längst dem Malteserorden einräumen wollte - als badischer Commissär zur Aufhebung des Stiftes St.Blasien abgegangen sein; am 5. aber Hr. Maler in der nämlichen Absicht nach Villingen, von wo die traurige Reihe an das hiesige Stift kommen wird. Da das hiesige Lehrinstitut aufzuhören hat, so kommen heuer keine fremden Scholaren mehr hierher; doch bestellte ich für die hiesigen Knaben einstweilen einige Geistliche, welche dieselben noch ferner unterrichten sollten. Der junge Heinemann von Scherzingen, welcher ferner die Principia studirte, wollte sich nicht abtreiben lassen; er nahm Kost bei Jakob Beniz und kam wieder, um noch dieses Jahr hier zu bleiben.

51. Ich erhielt am 10. November die Nachricht, daß man ausstreue, man hätte sich von Seite des hiesigen Klosters zu nichts verstehen, keine Modificationen annehmen wollen, und hätte durch diese Hartnäckigkeit selbst St.Blasien in Verlegenheit gebracht; hiemit wäre man also selbst Schuld an der Aufhebung. Ich bestellte den P. Prior von Oberried nach Eschbach, und ließ durch ihn diese Aussage nach St.Blasien berichten. Dem hiesigen Stift sind keine andern Modificationen vorgeschlagen worden, als die Veränderung in ein Hospiz von St.Blasien, - also die eigentliche Aufhebung des hiesigen - und in dieses konnten wir nie einwilligen; geschehen müssen wir lassen, was man immer nach der Aufhebung aus uns machen wird. Abends kam P. Maurus von Villingen, d. Z. Vikar in Furtwangen, hieher. Hr. Maler nehme zu Villingen ein ganz neues Inventarium auf. Den württembergischen Commissären wären von dem Kloster bei der ersten Besitznahme 40,000 fl. baares Geld übergeben worden, und Alles, was Württemberg an Geld, Capitalbriefen, Pretiosen und Meublement, Früchten und Wein, Vieh ec. von Villingen entführt habe, sei auf 200,000 fl. berechnet worden. - Zu St.Blasien ward am 4. d. durch Commissär Ittner die Auflösung mit dem angekündigt, daß bis zur Organisirung alle noch in communi und unter dem Gehorsam zu leben hätten, doch stehe jedem der Rekurs an die Commission offen. - (Anlaß gegeben zu Uneinigkeit und Klagen.) Die Expositi haben sub fide sacerdotali die Inventarien selbst zu verfertigen. - Indessen wird hier an der Rekrutirung gearbeitet; die jungen Bursche werden gemessen. Der Jammer ist überall groß, aber es muß nun geschehen.

52. Unter den hiesigen Scholaren war seit 3 Jahren Michael Bensel von Endingen, welcher seit 3 Jahren vom Kloster gratis gehalten worden, ein hoffnungsvoller Knabe, guter Musikant, aber sehr arm. Da ich nun ferner keine Studenten mehr halten konnte, am wenigsten gratis, so mußte dieser die Absicht zu studiren aufgeben und entschloß sich, Maler zu werden. Zu Endingen aber lief er Gefahr, zu den Milizen beigezogen zu werden; der Knabe kam fast zur Verzweiflung. Als dessen Umstände hier bekannt wurden, trugen sich einige Bürger, Jakob Benitz und der Wirth Matthias Braun, selbst an, demselben Kosttäge zu geben. Auf diesen Antrag ließ ich den Knaben wieder hieher rufen, gab ihm die Wohnung und die mangelnden Kosttage im Kloster, in der weitern Absicht, denselben dem Hr. Commissär, wenn er kommt, zu empfehlen. Dieses ist nun wohl der erste und einzige Fall, daß ein armer Student Kosttage bei den hiesigen Bürgern suchen mußte.

53. Den 14. November ward dahier Milizen gespielt. Die hiesigen Vogteien (Herrschaft) mußte 33 Mann stellen. Die Zahl ward nach Vogteien repartirt, und jede Vogtei spielte besonders. Der Lärm und Jammer war groß, besonders weil kein Frevler, welcher nur einen Frevel begangen hatte, durfte vorausgestellt werden. Da die meisten Frevler über 24 Jahr alt sind, so blieben sie ganz auch vom Spiele frei, und das Loos traf meist unschuldige junge Bürschlein, unter diesen den hiesigen Vorreiter und zwei Knechte ab dem Schweighofe. Was mir bei der Sache empfindlich war, war dies, daß der Beamte das Spiel auf der Abtei in dem untern Gastzimmer anstellte; so war den ganzen Tag bis Mitternacht das Gelürm, Jauchzen und Schreien vor unsern Thüren. Das muß man nun ertragen; der eigene Beamte hatte nicht soviel Rücksicht auf das Kloster, noch ehe es ganz aufgelöset ist. Was wird erst in der Folge geschehen !

54. Die bisherige hiesige Köchin, Monika R. von Kirchhofen, welche seit 1790 theils in Bissingen, theils hier gedient, und sich ein Vermögen von 3000 fl. erworben hatte, hat nun eine Heirath getroffen in Friesenheim, dem Vaterort  P. Landolins mit dem Schwährvater des Jakob Biecheler, P. Landolins Bruder. Die Sache ward seit der Ankunft des P. Landolin aus Württemberg ausgetragen. Der Bräutigam war zweimal hier, die Köchin einmal in Friesenheim, und heute reiste sie nun vollends ab von hier. Auf ihr Ansuchen schenkte ich derselben noch das Bett, ließ ihr den ganzen Lohn zahlen und gab ihr zum Geschenk ein Goldstück von 18 fl. 30 kr. Die Person diente dem Kloster besonders im Anfange treu und eifrig, hatte während der Kriegszeit viel ausgestanden, war aber dabei doch etwas zu sehr eigennützig und eigenmächtig. Gut, daß nach und nach einige Domestiken versorgt werden, da nun doch Alles zu Ende geht.

55. Noch sind wir hier immer in banger Erwartung der Ausführung des über das hiesige Stift gefällten Urtheils der Auflösung. Hr. Commissarius Maler ist von Villingen nach Freiburg zurück, dessen nächste Arbeit - ist hier. Von Villingen wissen wir noch nichts weiteres, von St.Blasien wenig und dieses ist nicht tröstlich. Der dahin gesendete Commissär Ittner soll strenge verfahren. Man soll dem Hr. Fürsten Vorwürfe gemacht haben, daß er sich zur Erhaltung seines Stiftes an die Franzosen gewendet, in Oesterreich ein neues Kloster habe stiften wollen. Die Expositi würden nicht eingerufen, welche man schon als separirt betrachtet, welche unter Direction des Landesfürsten ständen. Die Pensionen sollen wie überall aus 500 fl. für Männer bis 60 Jahre, darüber 550; unter 40 Jahre aus 400 fl. angewiesen sein. Bestimmtere Aufschlüsse weiß man noch nicht. In Freiburg soll man über St.Blasien schimpfen, wie man gerne über Unglückliche schimpft, daß so viele Schulden, wenig Meublement vorhanden, die Bibliothek an Büchern ziemlich entblöst sei. So geht’s l was man thut und nicht thut, wird getadelt. Haben ja größere Herren noch größere Schulden  !

56. Indem wir nun der Verurtheilung anderer von Ferne zusehen müssen, ohne etwas Belehrendes oder Tröstendes zu sehen, nahet endlich auch der Anfang des Trauerspiels mit uns heran. Am 18. erhielt ich ein Schreiben von Hr. Maler, worin derselbe seine Ankunft auf den 20. angesagt; Hr. v. Maler benimmt sich in allem bescheiden und theilnehmend. Am 19. schickte ich die Pferde nach Freiburg, den Hrn. Commissarius abzuholen. Vormittags berief ich die Capitularen noch einmal zusammen, eröffnete denselben den Inhalt des gedachten Schreibens - ermahnte alle bei diesem so wichtigen Zeitpuncte, Gott eifrig um Licht und Leitung zu bitten; damit, wenn für Erhaltung des Stiftes selbst nichts mehr gethan werden könne, für unsre Person sammt und sonderlich möglichst gesorgt werde. Wenn jemand noch etwas zu melden, zu erinnern hätte, so möchte ers thun. Im übrigen ermahnte ich besonders zum Frieden, zur Einigkeit, wie sie's bisher rühmlich gethan hätten; und wenn nun das Band soll aufgelöst werden, daß sodann auch in Zukunft jeder auf dem andern Platz, worauf er zu stehen kommen werde, seine Pflichten getreu erfülle und der Welt gutes Beispiel gebe.

57. Die Witterung ist das ganze Spätjahr her außerordentlich gelind, meistens auch hell und schön, wenige Nebeltage und ein paar Regentage ausgenommen. Nur einmal hats, und zwar nur wenig geschneit. Noch ist auf den Bergen kein Schnee, man kann noch im Freien arbeiten. Nur Schade, daß dermal die Witterung von uns nicht benutzt werden kann zur Kultivirung der Felder und Matten. Bei der Gemeinde dahier macht das Rekrutiren viele Schwierigkeiten und Unkosten . Es wurden mehrere ausgeschossen. Die Zahl der von hiesiger Herrschaft zu stellenden Rekruten scheint übertrieben. Väter und Verwandte laufen nach Freiburg. Mehrere lösen ihre Kinder mit theuerem Gelde aus und zahlen bis 400 fl. für einen Mann, in Freiburg soll eine Art Handel mit Rekruten getrieben werden.