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Die Memoiren des letzten Abts von St. Peter
Ignaz Speckle
Ein Beitrag zur vaterländischen Geschichte.

 

XXI.
Auflösung des Stiftes St.Peter.

1. Am 19.November Nachmittags fuhr der Kutscher mit 4 Pferden nach Freiburg, um den Hrn. Maler abzuholen. Bereits sind alle Klöster Deutschlands durch die Entschädigung von 1802 aufgehoben. Nur in dem österreich. Antheil von Schwaben und Breisgau blieben noch wenige. Oesterreich muß durch den unglücklichen Preßburger Frieden diese Provinzen ganz abtreten - nun fallen auch die übrigen. Den Breisgauer Klöstern wurden in den ersten Worten, der damals noch badischen Besitznahmscommission die Auflösung angekündigt. Das Kloster St.Peter war damals noch in württembergischem Besitze. Im Hornung d. J. nahm Hr. Hofgerichtsdirector Stösser hiesiges Stift in kurbadischen Besitz und kündigte die Auflösung zum zweitenmal an. Wir verloren nicht alle Hoffnung; man hoffte, der Umstand, daß hiesiges Stift ein Werk der Herzoge von Zähringen, ihre Ruhestätte sei, könnte uns retten; man hoffte, es könnte Rücksicht genommen werden auf die Bemühungen, sich dem Jugendunterrichte zu widmen ec. - Es erfolgte ein Antrag, das hiesige Stift zu einem Hospiz und einer Dependenz von St.Blasien zu machen. Dieser Antrag war nichts anderes als die Auflösung. Indessen ging die gänzliche Auflösung der übrigen breisgauischen Stifte, Thennenbach, Schuttern, St.Trudpert, St.Märgen, Wonnenthal. Güntersthale den Sommer durch vor. - Das Loos St.Blasiens und St.Peters schien noch unentschieden. - Wir selbst konnten nichts mehr thun, hatten keine weitere Veranlassung; keine nähere Absicht wurde uns bekannt, kein Schein der Hoffnung zeigte sich. Die Ungewißheit erzeugte Maßleidigkeit, die Ordnung mußte leiden; doch gieng's bei uns noch erträglich zu. Aber der Eifer erkaltete doch. - Das ganze Land, wie betäubt, schwieg zu allem; man jammerte im Stillen - manche frohlockten auch. - Vielleicht sah man von hohen Orten nur zu, ob sich Jemand für die Klöster verwenden würde.- Es geschah nichts; wir konnten nichts thun, wir überließen die Sache der Vorsehung (vielleicht doch zu unthätig) Viele verzweifelten und wollten nirgends eine Hoffnung sehen. Ich war für mich selbst rath- und hilslos - ich wußte nichts mehr zu versuchen. - Keine Wege - keine Patrone, welche thätig hätten sein können oder wollen. - Ich machte wohl noch den Vorschlag, daß man St.Peter zu einer Lehranstalt verwenden, dem Stifte den Auftrag machen könnte, ein Gymnasium im Lande zu übernehmen, aber darauf ward nicht geachtet. Es schien immer mehr, daß es nicht um Vorschläge, nicht um eine Aenderung zu thun sei, daß der Schluß sei, alle Klöster lediglich aufzuheben. Hr. von Maler reisete im October nach Carlsruhe, und brachte den Entschluß, St.Blasien, St.Peter und das bisher mit Modificationen noch einigermaßen bestandene Stift Gengenbach seien ebenfalls aufzuheben. Wir hatten der Auflösung gar aller übrigen Klöster, auch Villingens nun zugesehen. Hätten wir vielleicht dieses Zusehen noch benützen können  ? Gott  ! wir sahen kein Mittel - keinen Weg  ! O, daß wir doch keine Schuld auf uns haben möchten  ! Ohne Schuld sind wir freilich nicht; - wir hatten Zeit besser zu werden und wurden's nicht. - Gott. Ewiger, Allmächtigerl wir bekennen unsre Schuld - und beten Deine Fügung an. Leite doch zum Guten, was geschieht, lehre uns deinen Willen kennen und den erkannten thun  !

2. 20. November. Gestern war noch die schönste, gelinde Witterung und hell; doch fiel der Barometer; über Nacht entstand ein starker Wind, und in der Früh häufiger Regen - trüb und stürmisch. Um halb 7 Uhr las ich die hl. Messe auf dem Hochaltar pro quacunque necessitate, welcher die Fratres alle und auch die Priester beiwohnten; die nicht gerade Messe zur nämlichen Zeit lasen. Und hiemit empfahlen wir unsere traurige Lage der allwaltenden Vorsehung Gottes, ohne dessen Wissen und Zulassung auch diese traurige Stunde nicht kommen konnte. - Gegen Mittag zwischen 10-11 Uhr erschien Hr. Commissär Maler, mit ihm Rechnungsrath Gießer und Sekretär Wetzel, welcher dahier die Inventur vorgenommen hatte. Ich empfing denselben mit einigen Geistlichen mit der Erklärung, daß ich meine Empfindung über das vorhabende Geschäft nicht verbergen könne; nachdem es nun aber nicht abzuwenden sei, so halte ich's noch für Glück, daß er die Person sei, durch welche es ausgeführt werden müßte; ich empfehle ihm mich und meine Angehörigen. Hr. Commissarius gab mir die tröstlichsten Zusicherungen. Und nach dem ersten indifferenten Gespräche, kam die Rede darauf ob ich Vorschläge für die Zukunft zu machen hätte. Ich erklärte nur ganz oberflächlich meinen Plan für die Einrichtung der Pfarrverwaltung und des Gottesdienstes dahier. Hr. Commissarius gab seinen Beifall und versicherte, daß meine Vorschläge dürften angenommen werden. Später wollte derselbe mich auf meinem Zimmer sprechen. Ich ergriff die Gelegenheit, um demselben die Probeschriften und Zeichnungen der hiesigen Schüler vorzuweisen. Er bewunderte sie, rühmte das Bestreben der Studentent die Bemühungen und Verwendung der hiesigen Geistlichen zu so nützlichen Zwecken und versprach, diese Probeschriften an die Landesherrschaft zu befördern. Nach der Mittagstafel besah Hr. Commissarius das Conventgebäude, die Kirche, die Grabstätte der Herzoge von Zähringen, und kam hernach wieder auf mein Zimmer, wo ich meinen Plan etwas ausführlicher, wie ich selben entworfen hatte, vorlegte, nämlich:

3. Für die hiesige Pfarrei einen Pfarrer mit zwei Vikaren und zwei gestiftete Beneficiaten, welche unter dem Pfarrer cooperiren müßten, aber eigene Stiftungen hätten, wovon der erste zugleich Chorregent, Musikinstructor, der zweite als Schulkatechet und Custos anzustellen wäre. Der Pfarrer als Schuldirector auf dem Schwarzwalde in anliegenden Pfarreien; sofort die weitere Idee zur Anlegung eines kleinen Collegiums von Hilfspriestern, für zeitliche Aushülfe für die mühsamen Waldpfarreien, auf den Fall besonders, daß die Mendicanten aufhören sollten, u. s. w. Der ganze Antrag fand allen Beifall mit der Hoffnung, daß alles werde zu erreichen sein. Ich legte dem Hrn. Commissarius das gnädigste Handschreiben, welches ich vor einigen Jahren von Serenissimo empfangen hatte, vor. Hr. Commissarius verspracht in seinem Berichte Gebrauch davon zu unserm Besten zu machen. Etwas weniges wurde über die Versorgung einzelner Geistlichen gesprochen. Auch fragte Hr. Commissarius nach meinen eigenen Entschlüssen. Ich bekannte, daß ich noch keine hätte, keine machen könnte. Einstweilen wüßte ich für mich keinen andern Platz als dahier, bis mich die Umstände zu einem Entschlusse führen würden. Vielleicht würde ich meinen Aufenthalt in meinem Vaterort nehmen; in Freiburg zu leben sei meiner Neigung zuwider, doch wünschte ich dort ein Quartier zu haben. Hr. Commissarius offerirte mir alle Gebäude, welche in landesfürstlicher Disposition sind; auch versicherte er, daß es freistehen werde, im ganzen Großherzogthum die Pension zu genießen.

4. Am 21. November ward die Revision der Inventarien vorgenommen, die Schätzung der Revenüen und des Vermögens, nachdem vorher dem versammelten Capitel die höchste Entschließung der gänzlichen Auflösung des Stiftes vorgetragen worden mit den gewöhnlichen Zusicherungen. Ich führte auch die Fratres und Novizen vor, denen Unterstützung versprochen worden. Bei Revision des Inventars wurden unsere Bemerkungen angenommen, und der Antrag gemacht, das ganze Klostergut nach Defalzirung der nöthigen Grundstücke für die Geistlichen, Beneficiaten und Besoldeten in vier Mayereien zu vertheilen, zu verpachten oder zu verkaufen. Nach Tisch ward bei einem Spaziergange die Lokalität in Augenschein genommen. P. Placidus kam gestern 21. November Abends von Freiburg, um wegen Regulirung der hiesigen Pfarrei, wozu ich selben vorschlug, einiges zu verabreden. Auch kam P. Prior von Oberried auf Besuch. - P. Carl ging heute früh nach Freiburg ab, um die Fruchteinzüge zu besorgen.

5. Nachdem gestern bereits der Personalstand des hiesigen Klosters und der Domestiken durchgegangen worden, alle ständig angestellten und noch dienstfähige bei ihren Diensten und Emolumenten bestätigt, die nichtmehr dienstfähigen theils mit jährlichen Pensionen, theils mit Gratificationen bedacht worden; - auch für die Armen 200 fl. und 200 fl. an Früchten jährlich zur Disposition des Pfarrers ausgesetzt worden, - ward heute Nachmittag der Personalstand zwischen Hr. Commissär und mir allein vorgenommen. Ich hatte bereits vorher die Gesinnungen der meisten erfahren, mehrere hatten sich bestimmt erklärt, andere habe ich selbst nachdem zu verschiedenenmalen darüber mit Hr. Commissär gesprochen worden, sich näher zu erklären an Hr. Commissär gewiesen. Zufolge nun der mir bekannt gewordenen Gesinnungen ward der Personalstand bestimmt wie folgt:
1. P. Prior Gregor Buchegger: zum Pfarrer von St.Ulrich.
2. Propst zu Sölden P. Paul Hendinger, Senior: Pensionsstand, unbestimmt wo zu verzehren.
3. Cooperator in Sölden P. Anselm Dörflinger: Pensionsstand. Der Ort des Genußes ungewiß.
4. Professor zu Freiburg P. Thaddä Rinderle: bleibt.
5. Pfarrer von Neukirch P. Franz Stegner: bleibt.
6. Präfekt zu Freiburg P. Beda Litschgi: bleibt.
7. Pfarrer von Eschbach P. Ottmar Brogli: bleibt.
8. Schaffner P. Carl Martini: trägt sich an zu ökonomischen oder kameralistischen Diensten im Rechnungsfache.
9. Professor Philof. ehemals Großkeller P. Carlman Lang: trägt sich an zu literarischen, bibliothekarischen und archivalistischen Diensten.
10. Chorregent P. Petrus Daum: Pensionsstand nach St.Ulrich.
11. Pfarrer zu St.Ulrich P. Clemens Rösler: Pfarrer zu Sölden.
12. Pfleger zu Bissingen P. Landelin Biecheler: Pensionsstand nach Friesenheim in seinen Vaterort.
13. Prior von St.Ulrich P. Basil Meggle: Pensionsstand; unbestimmt wo.
14. Pfarrer von Waldau P. Philipp Jakob Weigel: erster Beneficiat und Chorregent zu St.Peter.
15. P. Bernhard Burg sucht die Pfarrei Ottersdorf bei Rastatt.
16. Professor Theolog. P. Placidus Schick: Pfarrector zu St.Peter.
17. Professor Poeseos zu Freiburg P. Joseph Sewin: wird krankheitshalber in Pensionsstand fallen; bleibt unterdessen.
18. Küchenmeister P. Sebastian Steigmüller: Pensionsstand zu St.Peter.
19. Moderator P. Ignaz Schmidle: zweiter Beneficiat: Custos zu St.Peter.
20. Professor infer. zu Freiburg P. Benedict Unger: Pfarrer zu Waldau.
21. Custos P. Ulrich Rombach: erster Vicar zu St.Peter.
22. P. Ferdinand Sonnenholzer: Vicar zu St.Ulrich.
Den Fratribus theolog. Hermann Sonner, Wilhelm Knaus und Berthold Schädler wird Unterstühung zur Absolvirung ihrer Studien und dann Versorgung; den Novizene Kraft, Keller, Herbst, Mayer Unterstützung, wenn sie sich der Theologie widmen, zugesichert.

6. Am 24. November wurden die Besoldungen und Competenz regulirt. Es blieb zwar bei dem angenommenen Typus, daß der Pfarrer auf 700 fl., der erste Beneficiat auf 600 fl., der zweite auf 500 fl., ein Vikar auf 300 fl. gesetzt werden; allein der größte Theil ward in Naturalien berechnet und diese sehr gering angeschlagen z. B, der Sester Waizen auf 54 kr.; Wein, der bessere aus 7 fl. 30 kr.; geringerer auf 5 fl. 3 kr.; Holz 1 fl. u. s. w., so daß die Pfarrer alle vortrefflich bestehen können; der hiesige Pfarrer wurde mit zwei Vikaren auf 1300 fl. angesetzt; dafür erhält er 120 Sester Waizen, ebensoviel Roggen, Gersten und Haber; 30 Saum Wein, 3 Kühe, 40 Klaster Holz. In gleichen Verhältnissen stehen die auswärtigen Pfarreien und hiesigen Beneficiaten. Auch die hiesigen Beamten und Domestiken wurden alle sehr billig bedacht.

7. Gestern Abends kamen P. P.  Paul, Basil und Franz hier an, auch kam Deputat Flamm, Pfarrer zu Munzingen und Schulaufseher. Die ersten um sich zu empfehlen und einige nöthige Auskunft zu geben. Letzterer, Hr. Flamm, schlich sich ein, ich weiß nicht wie noch warum. Er glich einem Spione und suchte nur zu erfahren, was vorging und einigen Einfluß zu erhalten. Er ging von hier nach St.Märgen und kam des andern Tages wieder zurück. Am ersten Tage sagte er, daß er dafür sorgen wolle, daß die hiesige Kirche mit Paramenten wohl versehen werde. Ich wollte ihn nicht dazu brauchen und führte Hrn. Maler am 24. in die Kustorei, wo derselbe sogleich bestimmte, daß die hiesige Kirche ansehnlich solle versehen werden. Das Entbehrliche hatte ich zu bestimmen, und sofort vor allem die von hier dependirenden Pfarreien damit zu versehen; einstweilen soll alles beisammen bleiben; und bis diese Ausscheidung geschehen nichts hinweggenommen werden. Hr. Maler gab dem Hrn. Flamm nach dessen Rückkehr den Custorei-Katalog, blos auch um dessen Privatmeinung zu vernehmen. Nun wollte sich Hr. Flamm sogleich einmischen, den Bedarf ausscheiden; verlangte von mir, ich sollte nun sogleich sagen was ich nöthig hätte, oder ihm einen Geistlichen zugeben. Ich weigerte mich mit dem, er solle hinschreiben, was er wolle; ich würde antworten; es komme nichts heraus, wenn jeder etwas dazu pfuschen wolle - überhaupt fertigte ich denselben in Gegenwart des Hrn. Prälaten von Schuttern, der P. P.  Thaddä. Beda und Landolin so ab, daß er des andern Tages zwar Vormittags noch hier blieb und spielte mit dem Prälaten von Schuttern und den Professoren von Freiburg, aber Nachmittag vix non insalutato hospite abzog; ohne irgend einen Einfluß gehabt zu haben, was ich auch besonders zu vermeiden suchte.

8. Den 25.November. Gestern Nachmittag ward die Bibliothek eröffnet; Hr. Maler fand dieselbe so wohl versehen, daß er sie der St.Blasi´schen vorzog. Er sah sich besonders nach Manuscripten und alten Ausgaben um. Einige wenige Manuscripte, die ich jetzt nicht benennen kann, und eine schöne Ausgabe vom Theuerdank nahm er mit. Uebrigens wurden heute die Protokolle festgesetzt und die weitere Berechnung gemacht. Hr. Prälat von Schuttern hatte mich ersuchen lassen, ihm zu melden, wann das Geschäft hier zu Ende gehe; er wollte sodann Hrn. von Maler abholen; ich thats und Hr. Prälat kam heute Mittag mit den P. P.  Thaddä und Beda. Es schien aber, daß dessen Gegenwart dem Hrn. Maler nicht sehr angenehm war. Man ging nach Tisch eine Weile spazieren, und Hr. Maler besah noch das Gesindhaus, wohin ich die Kanzlei bestimmte.

9. Am 26. Nov. gab ich Hrn. Maler auf dessen Verlangen einen superficiellen Entwurf über die Meublirung der Geistlichen sowohl ausf Exposituren als der dahier anzustellenden Beneficiaten, Vikarien und Pensionärs an. Hr. Maler fand alles bescheiden und billigte alles, was ich angab, für meine Pension verlangte ich alles Meublement aus den Abteizimmern, nebst zwei Gast- und andern Betten und Kasten für Domestiken, einige Fässer und Weinführling, das Meublement in meinem Zimmer zu Freiburg. Nebst dem das nöthige Tisch- und Küchengeräth aus dem Petershofe, meine Hauskapelle, Insignien, Pontificalia, ein Dutzend Silberbesteck, zwei Pferde nebst zwei Kutschen, ein Reitpferd und das nöthige Geschirr. Was ich für die übrigen Geistlichen insbesondere verlangt, weiß ich nicht mehr bestimmt, indem Hr. Maler mein Concept zum Protokoll nahm. Ueberhaupt behielt ich jedem: a) Bett mit doppeltem Anzug, b) das Besteck, c) einiges Weißzeug, d) die Bücher, e) das kleine Meublement in dem Zimmer eines jeden vor. Den Expositis behielt ich auf jedem Platz das nöthige Meublement vor, nur das Bett bringt jeder mit. Hr. Maler eröffnete und sah noch das Archiv, woraus er nur die aus Conchilien geschnittenen Kaiserköpfe zu sich nahm, um selbe nach Carlsruhe zu schicken. So ward heute das Geschäft beschlossen. Hr. Maler reisete nach Tisch ab.

10. Ueber das ganze traurige - entsetzliche - Ereignis muß ich vor allem der gütigen Vorsehung danken, daß die Sache noch besser, als ich und andere erwarten konnten, abgelaufen. Hr. Commissär Maler zeichnete sich aus durch Humanität, Billigkeit, Bescheidenheit und Mitgefühl. Er billigte gleich im Anfang den Hauptplan, den ich ihm vorschlug, ganz besonders den Antrag, auf Errichtung eines Collegiums von Hilfspriestern für die Pfarreien auf dem Walde und zeigte sich in der Folge zu allem geneigt, nahm jeden Vorschlag jeden Antrag von mir geneigt an. Er eröffnete mir selbst, daß es ihm in andern Klöstern hinderlich ergangen, weinte beinahe mit mir, als ich ihm beim Beschluße meine innigste Danksagung machte und versicherte, daß bei dem traurigen Geschäfte es für ihn Satisfaction und Trost seit wenn er irgend die Sache zu einiger Zufriedenheit schlichten und das traurige Loos einigermaßen erträglich machen könne. - Hr. Rechnungsrath Gießer, welcher nebst Hr. Wetzel besonders die Berechnungen fertigte, versicherte auch, daß es noch in keinem Kloster so ganz ordentlich gegangen, mit so wenig Schwierigkeiten die Sachen haben können vollendet werden. - Es ward gar keine weitere Untersuchung angestellt. Die hiesigen Geistlichen betrugen sich ohne Ausnahme auf eine würdige Art, und behaupteten auch bei dieser Epoche die gute Meinung, worin unser Stift bisher gestanden - alles ging ganz friedlich. Alle setzten Zutrauen auf mich, eröffneten mir ihre Gesinnungen und Wünsche, und die Sachen konnten so eingeleitet werden, daß fast jeder nach seinem Wunsche, gewiß nach Talent und Fähigkeit placirt werden konnte. Ich hatte freilich den stillen Wunsch, daß mehrere freiwillig hier bleiben möchten, allein ich konnte dazu weder ermahnen, noch ausdrücklich rathen, sondern suchte selbst jedem Freiheit zu lassen und vorzubehalten.
Am folgenden Tage. 27. Nov., versammelte ich alle ins Capitel, bezeugte ihnen meinen Dank für ihr rechtschaffenes Betragen, ermahnte sie, ferner ihrem Berufe, ihrer Pflicht getreu zu bleiben, und in der Liebe und Einigkeit zu leben. Ich glaubte, daß ich nun eine meiner letzten Pflichten gegen das Ganze und gegen Einzelne möglichst erfüllet hätte. - Und wir hatten alle die Pflicht, der Vorsehung zu danken, daß sie uns in dieser traurigen Epoche beigestanden. Auch die Capitularen dankten mir sammt und sonders. - Und so war auch diese traurigste Epoche auf allen, welche gerade auf die Tage meiner Election fiel - doch nicht ohne Trost. Bei der Abreise des Hrn. Maler stellte ich noch einmal alle Geistliche demselben vor; um unsern Dank gemeinsam zu bezeugen und uns zu empfehlen. Hr. Maler war selbst gerührt, gab mir und dem Convente ein gutes Zeugniß und versicherte, daß er nicht zweifle, daß alles werde bestätigt werden.

11. Meine Empfindungen bei der ganzen Katastrophe kann ich nicht ausdrücken. Halb betäubt war mir Herz und Kopf voll und leer. Im Geschäfte vergaß ich mich, vergaß was vorging - und Gott leitete. Wenn mir auch hie und da etwas empfindlich war, so überging ich's um Frieden zu erhalten. Aber nach allem dem ist nun doch nach 713 Jahren die Stiftung der Bertholde von Zähringen aufgelöst, aufgelöst bei Wiederherstellung des Titels der Herzoge von Zähringen, durch den noch einzigen übrigen Sprossen der Zähringer Carl Friedrich, Markgraf von Baden, durch den Begründer des Zähringischen Hauses, aufgelöset nach ausgestandenen Drangsalen eines mehr als zehnjährigen Krieges - nach dem harten Kampfe mit den Maltesern; nach endlich ertriumphirter guter Aussicht unter Ferdinand von Oesterreich, da die Oekonomie wieder konnte eingerichtet werden, wieder in bessern Stand kam; - die Disciplin freilich nicht mehr die alte war, doch noch gehandhabt wurde, da auch die Studien wieder anfingen, lebhafter zu werden, da wir hoffnungsvolle Zöglinge hatten und noch mehrere bereit waren, einzutreten; - aufgelöst ohne Aussicht, ohne Hoffnung einer künftigen gänzlichen Wiederherstelluug; wird nur noch etwas zum Andenken gerettet. - Herr und Gott  ! Allmächtiger, du bist gerecht, weise und gnädig und unerforschlich sind deine Gerichte. Wir können nichts als anbeten Deine Rathschlüsse. Leite Alles zu Deiner Ehre und laß uns erfüllen Deinen hl. Willen. Verzeihe uns nach Deiner Barmherzigkeit, wenn wir diese Zerstörung verschuldet, veranlaßt haben  ! Erbarmer  ! erbarme Dich unser, und gedenke Deiner Versammlung, der Stiftung, welche Dein war, zu deiner Ehre errichtet worden. Auch künftig werde dein Name geheiligt an diesem Orte.

12. In der Resolution vom 10. October, wodurch die Auflösung St.Blasiens und St.Peters beschlossen, wird freilich gesagt, diese beiden Stifter hätten auf ihre modificirte Fortdauer keinen Werth gelegt. Allein die Modification war für das hiesige Stift weit weniger als es jetzt ist. St.Peter sollte ein Hospiz oder eine Propstei von St.Blasien sein ; dies war gerade nichts andres als eine förmliche Auflösung. Das hiesige Stift hätte keine Existenz mehr gehabt und die hiesigen Geistlichen wären gezwungen gewesen, sich dem Stifte St.Blasien einverleiben zu lassen, was keiner wollte und was von üblen Folgen gewesen wäre. Dieser Vorwurf, scheint es, kann uns also nicht schuldig machen. Nie ward ein Antrag zur Fortdauer des hiesigen Klosters gemacht, nie die Absicht mit demselben nur näher bestimmt, obwohl ich darum bat. Und dann ward zu gleicher Zeit auch die noch einigermaßen bestandene Klostercommunität zu Gengenbach aufgehoben, - also alle Stifter aufgelöset, und diese drei noch die letzten in Deutschland, außer Oesterreich und der Schweiz.

13. In St.Blasien gehet das Geschäft nicht so bescheiden. Der dortige Commissär Ittner. Früher Kanzler zu Heitersheim, von jeher Feind der Klöster, welcher selbe dem Malteserorden einverleiben wollte und nicht reussirte, neuerdings ein Feind derselben, besonders Feindselig gegen den Fürsten von St.Blasien und gegen mich, scheint nun diese Gelegenheit zur Rache zu benutzen. Dank der Vorsehung, daß der Mann nicht hieher kam, welcher gesagt haben soll: „Den Fürsten von St.Blasien wolle er geißeln, aber den Prälaten von St.Peter, wenn er dorthin komme, kreuzigen“. Dank der Vorsehung, welche die Ausführung dieser Drohung abgewendet hat.

14. in Freiburg war's schon zum Theil bekannt, was in St.Peter geschehen. Hr. Maler erklärte mehreren seine Zufriedenheit, und versicherte mich, daß er die besten Berichte wegen St.Peter nach Carlsruhe gegeben, und unser Benehmen sehr angerühmt habe. Ich legte ihm sogleich die Vertheilung der Kirchenparamente unsrer Pfarreien vor, welche er billigte, und seinen Berichten beilegte. Der Bericht ging schon am 3. nach Carlsruhe ab. In Freiburg freuten sich die gutgesinnten Freunde, daß die Sache zu St.Peter noch so glücklich abgelaufen -  Hr. v. Andlaw, v. Greiffenegg ec. ec. freilich waren auch Leute, welche wieder Schatten darüber zu verbreiten suchten, in Gottes Namen, das muß man dulden.

15. Mit Hrn. Maler verhandelte ich noch die Angelegenheit der Fratres. Derselbe versprach, die Sache einzuleiten, daß Fr. Hermann Sonner, schon Professus, jährlich 150 fl. bis nach absolvirter Theologie, und titulum mensae, wenn er satisfacire, Wilhelm Knaus und Berthold Schädler, nicht professi, per aversum 300 fl. und wenn sie gute Zeugnisse des Fortgangs erhalten, titulum mensae; die Candidaten oder Novizen, so lange sie bei der Theologie bleiben, jährlich 50 fl. erhalten sollen. Nebst dem sollen alle auf Kosten des Klosters gehörig gekleidet werden. Ich ließ also dieser Tage nach Logien und Kosthäusern für dieselben umsehen. Der Noviz Keller von Freiburg ward als Instructor angestellt, so daß er seinen ganzen Unterhalt verdient, bei Bierwirth Gramm. Dieser ward also am 3. schon entlassen. Die übrigen sind noch nicht gekleidet.

16. Am 3. December fuhr ich nach Sölden, wohin ich die Confratres von St.Ulrich berufen hatte, und denselben noch den ganzen Hergang und ihre Bestimmung eröffnete. Auch diese waren mit meinen Vorschlägen, die ich ihnen besonders machte, zufrieden. Nur der alte P. Anselm beharrte darauf, nach Bollschweil in ein Privathaus zu ziehen. Ich sagte ihm, sein Vorhaben mißfalle mir, indessen sei ihm volle Freiheit gelassen. In Freiburg machte ich am folgenden Tage (4. oder 5.) noch einige Besuche und Geschäfte. Hr. Probst von Waldkirch kam zu mir, um für die bevorstehende Organisirung des Collegiatsstifts mein Gutachten und Vorschläge zu hören, indem dort ganz besondere Verhältnisse und Interessen sich kreuzen.
In Freiburg erwartet man die definitive Organisirung des Landes, und führt es als einen Vorboten an, daß die 3 Professoren Märtens, Sauter und Rues, welche als Appellationsräthe seither auch dem Hofgericht beisaßen, von diesem Beisitze, als unverträglich mit der Prosessur, dispensirt wurden, jedoch jährlich 200 fl. Pension erhalten. Es scheint, daß dieser Entschluß keine gute Sensation mache. P. Carl besorgt nun noch die Einzüge unsrer ehmaligen Gefälle im Breisgau für die Großherzogliche Kammer.

17. Den 5. December Abends kam ich nach St.Peter wieder zurück. Jetzt schon ist vieles geändert. Der Noviz Keller ist bereits vor 2 Tagen entlassen worden, weil für ihn eine Instruction zu Freiburg bestimmt war. Den P. Ferdinand bestimmte ich als Caplaneiverweser nach Waldau bis Ostern, wo P. Benedict erst eintreten kann. P. Carl ist auf dem Einzug, P. Sebastian kränkelt. P. Benedict und Placidus sind ohnehin abwesend in Freiburg; also sind bereits 6 weniger als zuvor, und nächster Tage müssen die übrigen Fratres und Novizen entlassen werden, und folglich muß das öffentliche Chorgebet aufhören. Um noch etwas auf ein paar Wochen zu erhaltent machte ich vor meiner Abreise den Antrag, daß die Metten Abends von halb 6 bis halb 7 noch möchten in der Kirche, nach Art des cursus Mariani gebetet werden; um halb 7 Nachtmahl; früh um 6 Uhr die Prim mit horis minoribus, und dann nur eine stille Conventmesse und um 10 Uhr kein Amt mehr. Nachmittag um 2 Uhr Vesper und Complet. Diese Aenderung oder Zerstörung der Ordnung fing an auf Andreastag, und wird unterdessen so gehalten; auch wird über Tisch noch gelesen, was aber nächstens auch cessiren wird. Bei meiner Ankunft kamen die Fratres, um ihr Schicksal zu vernehmen. Ich eröffnete ihnen das Obige, und traf Anstalten, daß sie umgekleidet werden könnten. Auch kam am 5. December ein Schreiben von der Klostercommission, wodurch P. Landolin aufgefordert wird, sich gegen eine Beschuldigung und Anzeige, welche dem Kirchheimer Oberamtmann in Württemberg gemacht worden, daß er 6000 fl. Kapital unterschlagen haben sollte, auch das beste Meublement weggeführt habe. P. Landolin antwortete, was auch in Württemberg notorisch, daß unsre Kapitalien während des Krieges eingezogen, und bereits im Jahr 1802 keines mehr bei der Pflege Bissingen gewesen. Ehedessen waren die Klöster immer zu reich, jetzt zu arm. Was man findet, will Niemand genügen. Nicht genug, daß man in den Besitz der schönen Revenüen kommt, man will noch große Schätze an Revenüen und Capitalien finden. Laß uns doch, o Gott, nachdem wir Alles verloren, nicht ferner geplagt werden von der Habsucht, welcher nichts genügt.

18. Mit jedem Tage fängts nun an trauriger zu werden; wie bei einem Sterbenden verlieren sich nach und nach die Kräfte, i. e. die Zahl, Thätigkeit und klösterliche Ordnung; obwohl sich im übrigen die Geistlichen bescheiden betragen, so lähmt doch die nahe gänzliche Auflösung allen Muth, oder spannt auch bei dem Einen oder Andern die Erwartung oder Sehnsucht. – P. Bernhard hatte seit Bekanntwerdung der Klosteraufhebung seine Absicht nicht verborgen, sich um eine auswärtige Pfarrei zu bewerben. Er hatte in dieser Absicht einen steten Briefwechsel nach Rastatt unterhalten, und dort durch seine Brüder, den Schlosser und Schuster, werben lassen; im übrigen aber sich friedlich und ordentlich betragen. Ich sagte also bei der Commission, als der Personalstand durchgegangen, und jedem eine Stelle zugewiesen ward, daß Bernard Burg eine Pfarrei in der Nähe seiner Vaterstadt zu erhalten wünsche. Nun schien es freilich, Bernard Burg hätte, wenigst auf eine Zeit, eine der hiesigen, auch Waldau angenommen. Da aber gerade eine Pfarrei bei Rastattt, Ottersdorf, vakant war, so eröffnete er mir seinen Wunsch, um diese anzusuchen. Ich trug die Sache dem Hr. Commissarius vor, und dieser empfahl ihn auch bei der Kirchencommission. P. Bernard wünschte aber selbst nach Rastatt zu reisen. Hr. Maler mißbilligte dies nicht, und ich ließ ihn also heute nach Freiburg fahren, um in der Nacht mit dem Postwagen abzureisen. Der hiesige Oberamtmann Mersy hatte bereits bei Hr. Drais angesucht, von hier nach Freiburg übersetzt zu werden. Hr. Drais ließ sich neulich gegen mich so weit hören, daß alles nach Freiburg zu kommen wünsche, daß Mersy zwar von hier in ein gelinderes Klima, wegen seiner Gesundheit versetzt werden könnte - aber auf dem Lande, nicht in der Stadt. Ich eröffnete dies dem Hr. Mersy, welcher darum gestern schon nach Freiburg fuhr, um sein Gesuch, nach Freiburg zu kommen, zu betreiben, oder hier zu verbleiben.

19. Von der Klostercommission erhielt ich eine vorläufige Resolution über das Aufhebungsgeschäft des hiesigen Stiftes, vermöge welcher 1. Vorschläge und Riß zu einem neuen Scheuerhof gegeben, 2. Versuche zur Verpachtung der Ziegelhütte, Sägmühle, Pfisterei, Metzig und Schmiede gemacht, 3, das entbehrliche Vieh verkauft, 4, die annullirten Kaufsummen an Dr. Schlaar, Sartori, Benedict Streicher zurückgezahlt, die Exstanzen eingezogen werden sollen; dann 5. die Communität habe mit Weihnachten aufzuhören, die Domestiken seien zu entlassen, und denselben die verwilligte Gratification zu bezahlen; den pensionirten Domestiken sei etwas per Abschlag zu bezahlen, wie den Klostergeistlichen; das was sie zu ihrer separaten Haushaltung nöthig haben an Geld und Naturalien, auf Rechnung ihrer Pension abzugeben. So fängt die Auflösung nun an. Die Fratres, wie sie ihre weltliche Kleidung erhalten, treten nacheinander ab, um zu den Studien nach Freiburg zu kommen. Noch essen wir regular, und wird über Tisch gelesen. Nunmehr wird an Vollbringung gedachter Resolution gearbeitet. Die Pachtungen sind angetragen; das Vieh lasse ich aus der Hand verkaufen und bereits sind schon mehrere Stücke verkauft. - So muß ich nun der Auflösung zusehen, selbst mitwirken. Indessen denken die übrigen für sich, wie sich jeder unterbringen kann. P. P.  Karlmann und Landolin gedenken gleich nach Neujahr abzuziehen, um die Dinge nicht mehr zu sehen. - Ich muß nur jeden ziehen lassen. In Gottes Namen  ! Leichter wäre es mir freilich auch, mich zurückzuziehen, allein ich halte es für Pflicht, noch ferner auszuharren. - Die Confusion dürfte dann nur viel größer werden. Gott wird helfen und leiten  ! Wer weiß, ob nicht noch für das Allgemeine Gutes geschehen kann.

20. Dom. III. Adventus. 14. Dec. Einer nach dem andern verläßt nun auch mich und das Kloster. P. Landolin, welcher in seinem Vaterort privatisiren will, wo er noch sein Erbgut hat, äußerte vor einigen Tagen, daß er eine Reise dahin i. e. nach Friesenheim machen wolle, um vorläufig seine Sachen vorzubereiten. Ich hatte nichts entgegen und bestimmte den heutigen Tag. Nun erklärte er sich weiter, daß er dort zu bleiben gedenke und mit Sack und Pack abziehen wolle. Ich sagte weder Ja noch Nein hiezu - entließ ihn weinend - er schien auch wohl etwas zu fühlen. Aber acrconfidit in divitiis suis, und hat sich Vorrath von Bissingen verschafft. Non illi imputetur. Gott  ! Du siehst meine Verlassenheit. Du siehst, was ich leide  ! Erbarme Dich, hilf ausharren, und leite mich und jeden  ! - Nun sind noch unserer acht Priester hier. Ich wünsche doch, daß das kanonische Gebet in der Kirche fortgesetzt werden möchte bis Neujahr, alle waren willig. Einen ausgenommen. Ich erklärte, „daß ich nie sagen werde, man solle aufhören; ich würde kommen, und wenn nur zwei da wären, die Horas noch in der Kirche beten.“ Es erschienen alle. Abends um halb 6 Uhr zur Mette, früh um 6 Uhr zur Prime, Terz, Sext, Non, nach Mittag zur Vesper und Complet. P. Prior macht den Officiator; ich versprach, dieses künftige Woche zu thun; die zwei jüngsten Patres intoniren die Psalmen. Es wird nur blos gebetet ohne Anstrengung der Stimme, und so wird doch das öffentliche Gebet, so lange dies noch möglich ist, fortgesetzt, - Wer kann wissene ob's nicht einst wieder in vollen Chören ertönt.

21. P. Bernard kam am 20. Dec. von seiner Reise nach Rastatt zurück; er war in Carlsruhe und Bruchsal, und betrieb sein Gesuch um eine Pfarrei, in Carlsruhe kam er zu einer Audienz. Der Großherzog soll ihm gesagt haben: Er hätte, das Kloster St.Peter gerne erhalten, aber der Zeitgeist habe es nicht zugelassen, unterdessen werde stets besonders darauf Rücksicht genommen werden, wie wir's auch schon aus Erfahrung würden erkannt haben.
Ueber unsere Lage wissen wir nichts, als daß die Commission selbst in Verlegenheit sei, wie nach Neujahr die Haushaltung einzurichten sei, da die Vorschläge noch nicht bestätigt, und folglich noch nicht exsequirt werden können. - Noch soll eine kleine Oekonomie im Petershofe vorbehalten, ein Zug Wagenpferde zum Einzuge der Früchte beibehalten werden. P. Placidus sprach mit Hrn. Maler; dieser konnte keine bestimmten Befehle geben. So ist alles nur halb ausgemacht, und was hier zu thun ist, weiß ich wahrlich nicht. Natürlich wird jeder maßleidig, und sehnt sich nach der ganzen Auflösung. Eigenes Interesse tritt nun bei allen ein. Anhänglichkeit an die Gesellschaft finde ich doch nach Allem wenig; jeder wünscht für sich auf einem Platz zu sein, der ihm gefällt, freilich ist's bei der sehr langen Marter nicht wohl anders möglich. Ich kann nicht helfen, nicht rathen, viel weniger jetzt anordnen, sondern muß leidend zusehen, übersehen, nachgeben, daß keine Collisionen entstehen, und der Friede noch erhalten werde.

22. Dieser Tage erhielt ich zwei Rescripte von der Klostercommission. Das erste verlangte die Originalschuldverschreibung des Stiftes St.Gallen gegen das unsrige von einem Capital von 17,000 fl. weil der Markgraf Ebringen von der St.Gallischen Regierung gekauft und diese Obligation nun an Zahlungsstatt abgeben werde. - Das zweite verlangte eine Anzeige über Zahl, Gewicht, Entbehrlichkeit der hiesigen Glocken, auch der Orgel auf dem untern Chor. - Die hl. Weihnachtsfeier konnte diesmal, leider zum letztenmale, noch mit gewöhnlicher Festlichkeit gehalten werden; nur beim ersten Amte waren keine Ministri, im dritten, dem Hochamt hatte ich keinen Assistenten. Da übrigens vier Fratres hier waren, so ward der Chor ganz - jedoch die Metten voraus - aber ohne Gesang gehalten. Am 26. versammelte ich die anwesenden Capitularen, trug ihnen vor, was die Commission vorläufig resolvirt, besonders den letzten Artikel über Auflösung der gemeinsamen Oekonomie. Alle sahen es ein, daß es sehr schwer sei, es dermal zu thun, da die auf andere Plätze bestimmten noch nicht ausziehen, die Pfarrer noch nicht abziehen und noch keiner eine besondere Oekonomie anfangen könne. Die Gesinnung ging dahin, daß ich um nähere Erläuterung anfragen sollte. Ich fragte an unterm 28. Die Auflösung zeigt sich nun immer mehr. Den Domesriken wird nun ihre Entlassung angekündigt; die meisten wissen noch gar nicht, was sie anfangen sollen, können oder dürfen; alles ist ein unbestimmter Wirrwarr. Den 27. schickte P. Landolin, der sich dermalen in Friesenheim aufhält, seinen Bruder mit der vorigen Köchin hieher, um die Schwester derselben, und seine noch hier gelassenen Kleidungsstücke, Klavier ec. abzuholen. Derselbe schickte mir nebst etwas Geld eine silberne vergoldete Dose zum Andenken, welche er von Hrn. Prälaten in Gengenbach zum Geschenke erhalten hatte. Ich schickte diese wieder zurück mit verbindlichstem Dank. Da er aber schriebt er sei nun ganz vergnügt, antwortete ich etwas kalt, es freue mich, daß er glücklich sei. Im übrigen zeigte sich P. Laudolin in diesem Schreiben bescheiden, versicherte Treue und Anhänglichkeit und daß er aus jeden Ruf erscheinen werde.

23. Ein Rescript der Klostercommission vom 29. December verlangte, daß man die gemalten Glasscheiben aus dem hiesigen Kabinete, die Broncees - kleine alte Götzen wohlverpackt nach Carlsruhe schicken soll. - Die Anliegen vermehren sich jeden Tag. Unsere Domestiken, denen nun aufgekündet ist, kommen eins ums andre, fragen an, jammernt klagen - und ich weiß nicht zu helfen, nicht zu antworten. Die allermeisten sollen nun mit Neujahr außer Kost und Lohn kommen, und wissen nicht, wo sie in Zukunft zu leben haben, darunter sind alte und arme. Ich kann nicht helfen, und nicht einmal rathen. Ich erwarte nähere Weisung, und werde wohl keine bestimmte erhalten. P. Carlmann kömmt am 31. Dec. von Freiburg zurück und bringt ein weiteres Rescript, vermöge dessen auf Geheimen Raths-Befehl aus der hiesigen Bibliothek alle in dem wieder zurückkommenden Katalog roth bezeichneten Bücher nach Carlsruhe sollen abgeliefert werden. Nach Carlmanns Urtheil soll dieses wohl den dritten Theil aller Bücher ausmachen.

24. Man hätte allerdings erwarten sollen, daß das Ordinariat der Religiosen, entweder zur Erhaltung der Communität selbst, oder doch für die Versorgung derselben sich annehmen werde, und wenn alles nichts nützen würde, Instruction ertheilen werde, wie sie in Rücksicht auf Gelübde, Clausur, Habit sich zu benehmen hätten. Aber daran ward unter der Regierung der weisen Dalberge und Wessenberge nicht gedacht, wohl aber daran, wie man Religiosen noch beim Absterben necken kann. So kam erst ein Cirkular über Pfarrei-Revenüen, man sollte Fassion machen, dann Anzeige, welche sich der Seelsorge widmen wollen, hernach die Angabe der Anniversarien, um die sich Constanz wohl wenig bekümmert. Endlich heute: Die Religiosen, welche sich der Seelsorge widmen wollen, sollen 3 selbst zu wählende Fragen aus einer Sammlung sogenannter Pastoralfragen auswählen, schriftlich beantworten und wohlgemerkt mit 6 kr. Postgeld auf jeden Bogen einsenden, quasi vero die Religiosen nicht alle längst schon von der Curia selbst zur Seelsorge approbirt wären. - Die Plagerei ist nun zu offenbar. Ich übergab aus andern Gründen die Verordnung blos dem P. Prior, nachdem ich selbe hatte vorlesen lassen, mit dem, er sollte sie nun noch einmal vortragen und darüber deliberiren, wie einige heute über einen andern Gegenstand deliberirt und einen Schluß gefaßt hätten.

25. Mit Eintritt des Neuen Jahres 1807 hörte hier das Chorgebet auf. Nach Abzug der Organisations-Commission und nachdem P. P.  Placidus und Benedikt nach Freiburg abgerufen waren, fand ich rathsam den Chor zu moderiren, wie oben schon bemerkt; nachdem auch die sieben Fratres ausgetreten, wollten schon einige ganz alles gemeinsame Gebet aufgeben; es würden mir nur noch etwa sechs Priester übrig bleiben, welche auch oft gehindert werden könnten. Ich erklärte meinen Wunsch, daß das moderirte Chorgebet noch möchte fortgesetzt werden, so lange man beisammen lebte: man glaubte damals bis Weihnachten. P. Peter mißfiel dies schon. Ich erklärte, daß ich zur Kirche gehen, und wenn nur einer oder zwei kommen, mit diesen beten wollte. Nun kamen doch täglich alle. Am Silvesterabend wollte man schon keine Mette mehr halten - man sagte mir, alle wären darin einig. Ich sagte weiter, ich werde sie noch halten; wenn auch keiner kommen würde, so betete ich sie allein. Der Chor ward also noch gehalten. Ich fand nicht rathsam, mehr zu fordern, da ich den Mangel an gutem Willen sah; indem nach aller Wahrscheinlichkeit die meisten sich verabreden und der Prior dazu geholfen hatte. Ich schwieg - und Abends ward kein Zeichen mehr zur Mette gegeben, auch keine mehr gehalten. Ich mußte meine Empfindung zurückhalten, sagte nur dem Prior, es scheine, daß man nicht erwarten könne, bis sie nicht mehr in die Kirche gehen dürften. Ich betete die Mette allein, in der Stille auf dem obern Chor. - So geschah wieder ein trauriger Schritt zur Auslösung, desto empfindlicher, da es doch Mangel an Wollen ist.

26. Am 2. Jänner wurden nun die meisten unserer Dienstboten entlassen und zogen heute ab. Auf dem Schweighof blieben nebst Mayer und Mayerin noch sechs Mägde zur Besorgung der Kühe. Die Kost in dem Gesindehaus hört ganz auf. Vier Gesindemägde sind entlassen, jede erhält einen halben Jahreslohn. Außer Kost kommen Nachtwächter, Portner, zwei Karrenknechte, Schmied und Ackerknechte, der Fruchtputzer und vier Mägde ec. Der Nachtisch oder Meistertisch wird einstweilen noch fortgeführt, und die noch übrigen Domestiken speisen da zusammen mit dem Meister. Ich Convente wird wie bisher noch auf Rechnung gelebt, weil noch keine weitere Weisung gekommen. Am 3. Jänner kam von der Commission die Antwort auf meine Anfrage. Dieser zufolge ward am 5. noch einigen Dienstboten die Kost aufgekündet, indessen dem alten Georg Hilber und der Näherin Anna Müller noch gegeben gegen das geringe Kostgeld von täglich 10 Kreuzer. Auch dem Wächter ließ ich Befehlen, daß er nun den Armen und Bettlern ankünde, daß künftig an der Pforte keine Almosen mehr gegeben werden.
Den 6. Jänner, Epiphania, hielt ich zwar das Hochamt, aber nur mit einem einzigen assistirenden Priester.

27. Bei der Commission in Freiburg erfuhr ich, daß das Organisirungs-Protokoll über unser Kloster vom Geh. Raths-Collegio bestätigt, jetzt an die Finanzstelle gehe, und in Bälde das Endliche zu erwarten sei. Einige Punkte kamen an die hiesige Regierung, besonders das Pfarrwesen betr. Hr. Maler versicherte wiederholt, daß Abtei und Klostergebäude den Geistlichen vorbehalten bleiben würden. Bezüglich der Bibliothek rieth er mir, ein Verzeichniß derjenigen Bücher einzureichen, welche wir für eine Pfarrbibliothek zu erhalten wünschten. Durch eine besondere Resolution ward befohlen, folgende Kirchenpretiosen: 1. ein großes silbernes Pontifical-Lavoir mit Gießkannen; 2, ein silbernes Schiffchen zum Rauchwerk; 3, zwei paar silberne vergoldete Meßkännlein mit Tellern, an die Commission abzugeben, welche auch am 10. an dieselbe abgeliefert wurden, ferner seien etwa zwei oder drei entbehrliche Kelche an das Depot nach Freiburg abzugeben, ein dritter Kelch mit Kanne dem Hrn. Pfarrer Fischer in Kirchen käuflich          zu überlassen; Hr. Maler setzte bei, ich könnte das Loth zu 1 fl. 4 kr. anschlagen. Im Uebrigen ist Hr. Maler so weit in seinen Arbeiten, daß er künftige Woche nach Carisruhe abzureisen gedenkt, dazu verlangt er vier Pferde von St.Peter. Es werden gegeben zwei Stangenpferde von einem Zug, und die zwei Landschaffneipferde. Verkauft sind bereits aus dem Kutschenstall zwei Pferde um 22 Louisd'or zusammen, und vom Wagenzug fünf Stück zusammen zu 34 Louisd'or, letztere waren meist alt. - So zerfällt nun alles - eins wird nach dem andern davon gerissen.

28. Ich kam am 10. Januar zurück nach St.Peter, speiste mit den übrigen Patribus und ließ Hrn. Oberamtmann zum Speisen einladen. - Es ist eine traurige Lebensart. Der öffentliche Gottesdienst unterbleibt nun an Werktagen, weil freilich wenige sind, und diese nicht fortsetzen wollten, was noch möglich gewesen wäre, ich aber darauf nicht dringen konnte, um doch möglichst Friede und Ruhe zu erhalten. - Man speiset an einem Tische noch beisammen mit einer kurzen Lection. - Es wird nur wenig gesprochen, weil die, welche noch hier sind, eben nicht am besten zusammen taugen - und die anderswohin bestimmt sind, sich nach diesem Bestimmungsort sehnen, andere gar nicht social sind. Die Bande, welche zusammenhielten, sind nun einmal gelöst. Es ist kaum anzusehen, wenn man an's Vergangene denkt. - Ich halte mich lediglich außer der Essenszeit allein.

29. Den 12. Januar erhielt ich verschiedene Resolutiouen von der Kloster-Commission: 1) wegen der Custorei, die entbehrlichen Pontificalia einzusenden, besonders von den entbehrlicheren Ornaten die kostbareren, welche sich zur Begebung an gemeine Pfarrkirchen nicht vereigenschaften, nach Carlsruhe zur höchsten Disposition einzuschicken. (Da keine kostbaren Paramente als entbehrlich angesetzt sind, so ist dieser Befehl unverständlich; Hr. Maler sagte mir mündlich, ich sollte alles beisammen lassen, es werde kein Hahn darnach krähen); 2) sollen alle Archivalien nach Absonderung derer, welche zum laufenden Geschäftsgang und Gefällverwaltung nöthig sind, nach Carlsruhe abgegeben werden; 3) wurden 100 Sester Roggen, 100 Sester Gersten und 200 fl. Geld als jährliches Almosen abzugeben verwilligt, statt des Bisherigen, was freilich nicht ein Viertel beträgt. Abzugebende Kelche: an Hrn. Fischer käuflich mit Kännlein an Gewicht 2 Kännlein 20 1/2 Loth - 1 Teller 19 Loth - Kelch und Löffel 26 Loth - Patene 6 Loth, zus. 71 1/2 Loth - an Geld zu 1 fl. 4 kr., zus, 76 fl. 16 kr. An´s Depot nach Freiburg: erster Kelch mit Paten 391/2 Loth, zweiter ebenso 42 1/2 Loth, dritter ebenso 43 1/4 Loth. Diese drei Kelche sind am 15. Januar nach Freiburg geschickt worden.

30. Das General-Vicarriat zu Constanz beeilt sich, nicht eben zu sorgen für die aufgehobenen Religiosen, noch für die Sittlichkeit derselben, sondern Verordnungen zu machen in Betreff der Religiosen, welche alles Andenken an Religiosen bald obliteriren sollen, z. B. alle seien nun den Ruralkapiteln einzuverleiben, haben unter den Decanen zu stehen, dürfen Weltpriesterkleidung tragen. (Billig fragt hierüber einer, welches denn die Kleidung der Weltpriester sei.) Die Mönche sollen sich säkularisiren lassen, wenn sie Decane werden oder saecularia beneficia annehmen wollen. Bei dem Absterben derselben soll der Decan sich wie bei Weltpriestern benehmen; - alle diese Verordnungen kommen nun durch die Decane ohne placitum regium.

31. Von der Regierung erhielt ich am 27. Januar den Auftrag, die in meinem Vorschlag zur sogenannten Organisirung des Stiftes angebrachte Idee von Errichtung eines Collegiums für Hilfspriester näher zu entwickeln und einen gutächtlichen Vorschlag über den dazu erforderlichen Fond zu machen.

32. Den 31. Januar erhielt ich von Sölden Briefe von P. P.  Anselm und Paul. Ersterer berichtete, daß er nun auf mein Schreiben von Sölden ab nach Bollschweil gezogen sei. - Ich hatte zwar dies Vorhaben immer mißbilligt, doch blieb ich bei dem Grundsatze, jedem Freiheit zu lassen, und dies nahm P. Anselm als eine Billigung an. Er war in Bollschweil Pfarrer; einige Leute wünschten ihn dort zu haben, machten ihm auch einige Versprechen. Der gute, fromme, aber einfältige Anselm ließ sich überreden und ging in bester Absicht Gutes zu thun dahin, wo er von Jedermann zum Besten wird gehalten werden; dort will er nun seine Pension verzehren, Frühmesse lesen und Gutes thun. Gott segne seine gute Meinung. Unterdessen zeigte sich auch bei diesem guten Manne, was sich natürlich bei anderen noch deutlicher zeigt, daß nun das Band der Liebe zerrissen und jeder nur sein eigener Nächster sei. Das Interesse zeigt sich überall; jeder sorgt für sich, fürchtet, er komme allein zu kurz; Habsucht und Egoismus bringen Mißtrauen gegen einander, verleiten zu schlechten Künsten; man traut mehr Fremden als seinen eigenen Mitbrüdern, und wird dabei betrogen. Sagen kann ich darüber nichts, weil man Mißtrauen auf mich setzt; ich muß also nur gerade geschehen lassen, was geschieht, jeden seinem eigenen Willen, seinem Eigensinn und der Erfahrung überlassen. Möchte doch diese bald gescheidt machen  ! Leider geht es bei den besten Religiosen so, aus Mangel an Kenntniß, bei schlechten geht es natürlich noch viel schlechter. Wenige behaupten ganz die Würde ihres Standes. - Mehrere aus verschiedenen Klöstern sind nach Freiburg gezogen, machen aber da ihren Köpfen, ihrem Herzen und ihren Klöstern wenig Ehre. - Da wo die Leute noch ordentlich waren, wurden sie durch die Zögerung maßleidig, verfallen in Unordnung. Dies ist der Fall bei uns. Ungewiß und unbestimmt ist noch alles; keiner kann auf seinen Platz, als wer für sich leben will und keine Anstellung erwartet. Die Besten müssen also noch zuwarten, und warten ist eine harte Kunst; so entsteht Mißmuth und Unzufriedenheit, so wird einer dem andern und allen das Zusammenleben zur Last. Mangel an Tugend ist es freilich, aber Menschen sind nun eben Menschen.