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Die Aufhebung der in Stegen bestehenden alten Abgaben von der Grundherrschaft des Grafen von Kageneck bestehend in Steuerhaber, Fastnachthühnern und Maieneiern.
betr. 1848 – 1852

STAF 702/1 Nr. 825

Über die tatsächlich erfolgten Naturalabgaben, Geldzahlungen und Dienstleistungen der Untertanen der Herrschaft der Grafen von Kageneck vor 1800 habe ich bisher keine Archivunterlagen zu Gesicht bekommen. Zur Herrschaft gehörten bis zum Jahr 1826 auch noch Höfe in Unteribental. Zur Zeit des Bauernkrieges 1525 gehörten zur späteren Herrschaft Weiler 18 Häuser in Ibental und 6 Häuser in Stegen (Weiler). Die Grafen von Kageneck hatten andernorts noch weitere Besitzungen, der Hauptsitz ist heute Munzingen. Sie sind erst um 1700 in den Besitz der Herrschaft Weiler gelangt. Das Schloß Weiler ist heute im Gebäudekomplex neben der 1958 neu gebauten Kirche und dem Schulgebäude des Kollegs St. Sebastian integriert. Die Schloßkapelle jedoch ist noch als Bauwerk der früheren Herrschaft erhalten mit historischer Bausubstanz. (s. „Unsere Heimat Buchenbach S. 154).

Die wenigen Archivunterlagen über die Zehntablösung geben aber einen Einblick auf die früheren oft unklaren Verhältnisse der grundherrschaftlichen Rechte und Ansprüche an die Bewohner als Untertanen, die als Bauern ein Lehen innehatten oder als Taglöhner in herrschaftlichem Dienst ihr Leben fristeten. Nach der endgültigen Trennung des Unteribentals von der Herrschaft Weiler hatten die dortigen Bauern um 1820 die überlieferte Ablieferung an die Herrschaft einfach eingestellt. Die Bauern in Stegen lieferten längere Zeit weiterhin in überlieferter Form ihre Abgaben, beschwerten sich aber dann.

Stegen, den 23 t Februar 1848
An das Landamt Freiburg
Das zu Stegen abgehaltene Ruggericht, besonders die noch bestehenden alten Abgaben „Der Gräflich Kageneckschen Grundherrschaft dahier werden jährlich 29 Hühner, 135 Eier und 12 Sester Haber entrichtet. Von den betreffenden Bürgern werden diese Gegenstände nun alljährlich durch die Grundherrschaft erhoben, ungeachtet, daß im Jahr 1825 derlei Abgaben aufgehoben wurden. Die Betreffenden entrichten diese Abgaben auch, obschon man glaubt, daß die Grundherrschaft kein Recht zum Bezug hat, nur um kostspieligen Klägereien auszuweichen. Auch ist bekannt, daß die Gemeinde Ibenthal, die früher ebenfalls diese Abgaben leistete, dieser Last nun enthoben ist. Obschon man dahier auch wohl weiß, daß die Grundherrschaft kein Recht zum Bezug hat, da sie jedes Mal nach einigen Jahren, auf gütlichem Wege von den Betroffenen Obiges zu entrichten, sich zusichern läßt, so wurden diese Gegenstände nur darum entrichtet, um sich noch größere Unkosten zu ersparen. Der Gemeinderath stellt nun namens der betreffenden Bürger die gehorsamste Bitte, derselben zur Befreiung von dieser Last hilfreiche Hand zu bieten“.
Stegen, den 23 t Februar 1848 Der Gemeinderath Bürgermeister Laule, G.R. Föhr, G.R. Begelspacher, G.R. Pfister, Rathschreiber Wagner Das Schreiben vom 23. Febr. 1848 des Gemeinderats von Stegen veranlaßte das Landamt zu einer Aufforderung an die Gräfliche Grundherrschaft, eine Erklärung zu diesem Streitfall abzugeben. Ein Vertreter, dessen Name auf der Unterschrift nicht leserlich ist, teilte in einem Schreiben am 6. Oktober d.J. mit: (Wiedergabe auszugsweise)
„ . . . . . gemäß der Verfügung 16. Aug. habe ich im Auftrag der Grundherrschaft zu erklären: Es ist richtig, daß die Hofbauern zu Stegen in Geld, Hühnern und Haber alljährlich Abgaben zu entrichten haben. Die Behauptung aber, daß diese Abgaben zu den nach dem Gesetz . . . 1825 zur Aufhebung geeigneten alten Abgaben gehören, oder daß sie überhaupt einen anderen als einen privatrechtlichen Charakter haben, ist rein aus der Luft gegriffen; Die Angelegenheit ist der ganzen Gemeinde und namentlich auch dem berichtenden Gemeinderath wohl bekannt. Diese Abgaben sind nichts anderes als Erbgült oder Bodenzinse . . . . . Dieses ist schon längst von der competenten Behörde entschieden . . . . . bei Anmeldung der alten nicht zur Aufhebung eignenden Abgaben zu Stegen wurden auch;
a) 43 Stük Zinhühner à 10 x und
b) 145 Zinseier à 1 x per Stük
oder im Durchschnitt von 6 Jahren mit 8 fl 45 2/3 x zur Abschaffung mit angezeigt, allein da diese Gefälle reine Boden- oder Lehenzinse sind, eignen sich solche nicht unter die alten aufzuhebenden Abgaben und können nur nach dem Edict von 1820 abgelöst werden.
Die Gemeinde solle von diesem Bericht Mitteilung erhalten.
Vom Landamt Freiburg wurde am 7. August 1848 daraufhin binnen 8 Tagen eine nähere Erklärung verlangt. Die Gemeinde bat um Fristverlängerung der Vorgabe, weil ein rechtskundiger Vertreter damit beauftragt werden sollte und schrieb deshalb an das Landamt Freiburg:
man bittet wohldasselbe wolle diese Frist verlängern, nachdem der Gemeinde Rath nicht im Stande ist, solche Eingabe zu verfertigen, man hat diese Sache dem Steuer . ? . Wirth in Freiburg zum Besorgen übergeben“.

Das Schreiben vom 13. August 1848 auszugsweise: „. . . . . . . bittet das Landamt gehorsamst, wohldasselbe möge von der Grundherrschaft von Kageneck diejenigen Urkunden verlangen, durch welche dieselbe zum Bezug dieser Abgaben berechtigt ist. Derjenige welcher etwas entrichtet, kann nichts hierüber in Händen haben, wohl aber muß derjenige, der eine Abgabe bezieht, Urkunden über den rechtlichen Bezug besizen. Die Grundherrschaft besizt aber nichts. . . . . .“
Außerdem waren inzwischen nach einem amtlich bestimmten Formular zu diesem Zweck sachdienliche Erhebungen aufgezeichnet worden
„ . . . . . . wurde durch den Districtnotar Glykherr ein neuer Termin über die Bodenzinse aufgenommen.
In dieser Urkunde heißt es nun, daß die Zinspflichtigen erschienen und aufgefordert worden seien, ihre Schuldigkeiten getreulich und ohne Gefährde anzugeben und zu bekennen; und nachdem sie gelobt, sei mit der Beschreibung angefangen und fortgesetzt wie folgt: . . . . .
Die Bodenzinschuldigkeit an Geld, Hühnern und Eier wurde ausnahmslos als richtig zugestanden, selbst von dem Nadelhofbauer Josef Laule. 3) Dagegen stellte eben derselbe seine Zinspflicht von 9 Sester Haber alten Maßes in Abrede, was eine Rechtsstreit veranlasste, worauf das Großh. Hofgericht . . . . . durch Urteil vom 14. Mai 1846 erkannt hat: Es sei der Beklagte unter Verfällung in die Kosten beider Instanzen schuldig, der klagenden Grundherrschaft alljährlich 9 Sester Haber al eine auf seinem Hofgut ruhende Last zu entrichten. Freiburg, den 6. Oktober 1848“ Unterschrift (unleserlich)

In einem Schreiben Actum 20. Juni 1849 vor Großh. Geh. Rath Jägerschmid, um zu klären, ob es sich bei den Abgaben der Zinshühner nicht auch um Zinsrecognitionen handeln könnte und die Fastnachthühner unterschiedlich eingestuft werden, heißt es auszugsweise:
„Auch hierüber fällt eine näher Erhebung nothwendig . . . . . . Endlich findet man noch in Bezug auf das vorliegende Verzeichnis, ob an die von sämtlichen Hofbesitzern zu entrichtenden 20 alte und 19 junge Fastnachthühner im Geldanschlag von 5 fl 14 und 135 Stük Maieneier im Anschlag von 17 fl 7 ½ x jeder Besitzer eines Hofgutes den gleichen Antheil zu tragen hat, oder ob die Leistungen ungleich sind und sich etwa nach der Größe des einzelnen Hofgutes richten“.

Von amtswegen wurden sie nun aber erneut zu weiteren Abgaben verpflichtet, klagten dann aber noch einmal mit juristischer Unterstützung gegen diese Ungleichheit der Abgaben, wie das folgende Schreiben zeigt:
„Actum Freiburg 20 Juni 1849 Vor Großh. Geh. Rath Jägerschmid Auf Ladung erschien der Bürgermeister u. Gemeinderath von Stegen, welchen der Erlaß Großh. Kreis Regierung vom 3 Februar d.J. Nr. 2121 in Betreff des Gesuchs dieser Gemeinde um Aufhebung der dort bestehenden alten Abgaben unter dem Namen Steuerhaber, Fastnachthühner und Maieneyer an die von Kageneksche Grundherrschaft betr. Wörtlich eröffnet wurde, mit der Aufforderung, sich über die Natur dieser Abgaben und darüber, ob solche mit jenen gleichbedeutend seyen, derentwegen in den 1820 er Jahren Verhandlungen gepflogen worden, auszusprechen.
Zugleich hat man dem Gemeinderath Einsicht von den hieher mitgetheilten Finanzministeria. und Kreisdirektorialakten über Aufhebung der alten Abgaben zu Stegen, U.Ibenthal und Munzingen verstattet , worauf vortragt: Der Nadelbauer Bürgermeister Josef Laule.
Ich muß von meinem Hof ausßer 6 Hühnern, die wir Fastnachthühner und 20 Stük Eiern, die wir Maieneier nennen, jährlich 9 Sester Haber oder 10 Sester 9 Male, 3 Becher neuen Maaßes genannt der Steuerhaber zur Grundherrschaft Kagenek entrichten. Uiber die rechtliche Natur dieser Abgaben ist mir nichts bekannt, nur weiß ich, daß der Steuerhaber, welcher allein auf meinem Hofe haftet, auch der Galgenhaber genannt wird und sich dieser schreiben soll, daß auf einem zu meinem Hof gehörigen Hügel ein Galgen gestanden habe, den die ehemalige Gerichtsherrschaft der Grafen v. Kagenek errichten ließ. So weit mir bekannt wurde dieser Haber in frühern Zeiten von der Grundherrschaft auch unter der Bezeichnung Galgenhaber eingefordert.
Der Bürgermeister und G Rath erklären: Diejenigen alten Abgaben, deren Aufhebung wir unter den Bezeichnungen, Steuerhaber, Fastnachthühner und Maieneiern in unserer Eingab vom 10. August 1848 J der Amtsakten nachgesucht haben, sind ebendieselben, derer das Verzeichnis vom 27 Februar 1821, aufgestellt vom Vater des jezigen Bürgermeisters Laule, damaligem Vogt zu Stegen 4 der Kreisdirektorialakten erwähnt und wann die dort speziell aufgeführten Abgaben eines jeden Bauern und Gutsbesizers von Stegen in Rüksicht der Größe mit unseren Angaben im Gesuch vom 10 Aug. 1848 J der Amtsakten nicht zusammentreffen, so rührt dies daher, daß der G Rath bei der Aufstellung des lezten Gesuchs die Fassion nur annähernd gemacht hat, dessen ungeachtet sind die unserem jüngsten Gesuch vom 10 Aug. 1848 aufgeführten alten Abgaben ebendieselben, worüber in den Jahren 1826/28 verhandelt wurde.
Man machte den G. Rath auf das Erkenntnis der Gr. Kreisregierung vom 16 Mai 1826 Nr. 8083 aufmerksam und verlas demselben auch solches, wovon ihm unterm 21 Mai 1826 L.A. Nr.8008 eine Abschrift zuging.
Nach diesem Erkenntnis wurden diese Abgaben unter der Bezeichnung Zinshühner und Zinseier, jetzt Fastnachthühner und Maieneier genannt, als reine Boden oder Lehenzinse erklärt, welche sich nicht unter die aufzuhebenden alten Abgaben eignen, sondern nur nach dem Edikt vom Oktober 1828 gegen Entschädigung abgelöst werden können.
Der Bürgermeister und G Rath beschließen ihren Vortrag damit: Es ist uns wohl bekannt, daß wir mit unserem Gesuch um Aufhebung der alten Abgaben unter dem Namen Zinshühner und Zinseier, welche bei uns auch Fastnachthühner und Maieneier genannt werden, im Jahre 1826 abgewiesen wurden, allein wir wollten diese Sache jetzt noch einmal probieren, weil eben dieselben Abgaben im Jahre 1828 in der Gemeinde U. Ibenthal aufgehoben wurden. Schließlich wird bemerkt, daß der Stegener Dingrodel vom J. 1510 vor mehreren Jahren gelegentlich des Prozesses des Joh. Winterhalter und Andreas Vogt an den O . (?) Schmidt abgegeben wurde, wie aber solcher auf das an denselben gestellte Verlangen nicht mehr zurükerhalten konnten“.
V. G. u. U.
Bürgermeister Laule
G. Rath Föhr
G. Rath Pfister
( als Unterschriften) G. Rath Märtin

Die unruhigen Jahre der Revolution und die darauf folgenden Sanktionen hatten die offensichtlich ungleiche Behandlung der Stegener Bauern im Vergleich zu denen in Unteribental nicht vergessen gemacht. Am 30. April 1852 wird in Freiburg erneut eine Eingabe gemacht zur Abschaffung der Lieferung oder Bezahlung der geforderten Hühner, nachdem Hühnerlieferung als eine Art Steuer 1838 offiziell aufgehoben worden war. Aus diesem Schreiben auszugsweise:
„So erachten wir doch, daß wegen der Hühner und Eier nochmaliger Antrag an Großh. Finanzministerium genommen wurde, weil diese Gefälle früher nur freiwillig entrichtet wurden und später die Stelle einer Steuer zur Grundherrschaft vertraten; auch müssen wir wiederholen, daß die aufgehobenen Abgaben zu Unteribenthal gleicher Natur waren. Der Umstand, daß die Hühner oder das Geld dafür, was öfter jahrelang im Rükstand war, häufig erst an Martini bezahlt wurde, kann nicht zu unserem Nachtheil so ausgelegt werden, als seien jene Hühner nicht als Fastnachthuhn zu betrachten . . . . Endlich spricht wohl auch zu unsern Gunsten, da der Ursprung dieser Abgaben nicht genau zu ermitteln ist.
Was die Behauptung betrifft, es hätten zu Unteribenthal nur jene Bauern Zinshühner zu entrichten gehabt, welche Mühlen besaßen und daher eine Gewerbsrecognition in Frage gelegen, so beruht dies auf einem Irrtum, indem zu Ibenthal wie bei uns jeder Bauer die Abgabe zu leisten hatte ohne Rüksicht darauf, ob er ein Wasser benutzte oder nicht. Wir glauben das Recht zu haben, ganz in gleicher Weise wie unsere Nachbarn, welche der gleichen Grundherrschaft unterstehen, behandelt zu werden. Beide Orte bildeten früher eine Gemeinde“.
Bürgermeister Andris, Martin Walter
(beide als bevollmächtigte Gemeindevertreter)