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Arztrechnung auf Gemeindekosten 1845

Das Gesundheitswesen der Zeit um 1840 war noch kaum entwickelt und ärztliche Hilfe in dörflicher Umgebung oft nur schwer erreichbar oder gar unmöglich. Sie wurde auch aus Kostengründen und wegen schwieriger Wegverhältnisse nur sehr wenig in Anspruch genommen. Von Kosten für ärztliche Bemühungen um die aus Stegen stammende Rosina Schlegel in Pfaffenweiler erfahren wir in der Gemeinderechnung Stegens anno 1845.

Rosina Schlegel, die Tochter des Metzgers Andreas Schlegel mußte in Pfaffenweiler ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Die Zuständigkeit des Zahlungspflichtigen bei dieser Behandlung war anscheinend nicht eindeutig bekannt. Rosina Schlegel war offenbar mittellos und auch ihr Vater war nicht zur Zahlung fähig. Aus diesem Grund führte dieser Streit zu einer amtlichen und eindeutigen Erklärung für die Zahlungspflicht dieser Arztrechnung unter Hinweis auf die damalige gesetzliche Situation. Das Schreiben des Landamts Freiburg nachfolgend wörtlich wiedergegeben:

„Die Bezahlung der ärztlichen Desserviten
im Betrage von 3 fl 56 x für den ortsarmen
Metzger Schlegel von Stegen aus der
Gemeindskasse Stegen betr.:
Nr. 813
Die Heimatgemeinde ist schuldig, ihre Armen zu unterstützen; sie muß daher auch die Kurkosten des kranken Kindes des notorisch armen Metzgers Schlegel, welcher sich blos zufällig und vorübergehend in Oberried aufhielt, bezahlen.
Die Verordnung vom 16te Februar 1838 ist hier nicht anwendbar, da das erkrankte Kind nicht unter die Klasse der auswärtig erkrankten armen Dienstboten, Handwerker und Reisenden, von welchen Personen jene Verordnung blos handelt, gehört.
Es wird deshalb, und in Erwägung, daß es nicht darauf ankommen kann, wer den Arzt bestellte, erkannt.

Die Gemeinde Stegen sey schuldig, die Deserviten des prakt. Arztes Weckerle
für Behandlung der Rosina Schlegel mit 3 fl 56 x binnen 8 Tagen bei
Exekutionsvermeiden zu bezahlen.

Freiburg, den 15. Jänner 1845
Großh. Landamt
Jagerschmid (?) (Unterschrift schwer lesbar)


Bei der weit verbreiteten Armut vieler Dorfbewohner waren die Soziallasten durch vermögenlose Bewohner und besonders durch uneheliche Kinder sehr bedeutend bei dem sonst geringen Etat einer Gemeinde. Daher versuchten die Gemeinden, nach Möglichkeit diese Kosten abzuwälzen.

Auf die amtliche Auforderung hin hat dann die Gemeinde Stegen mit Unterschrift des Bürgermeisters und der 3 Gemeinderäte die Zahlung aus der Gemeindekasse angeordnet.