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Was ist „Tarodunum" ?

Fast nicht zu glauben ist es, und doch ist es so: vor sechstausend oder achttausend oder gar schon zehntausend Jahren lebten Menschen im Dreisamtal. Ihre einfachen Hütten standen an der Dreisam bei Ebnet, Littenweiler und Zarten. Hier fand man an einigen Stellen kleine Werkzeuge und Hausgeräte, die sie aus Stein zurechtschlugen. Es war die mittlere Steinzeit, als diese Talbewohner in der Dreisam fischten und in den nahen Waldtälern jagten. Die Funde von steinernen Pfeilspitzen auf dem Stübenwasen und bei Breitnau sagen uns, daß sie ihre Jagdgänge bis auf die Schwarzwaldhöhen ausdehnten.
Darauf mag es Jahrtausende still gewesen sein im Dreisamtal. Wir besitzen erst wieder ein Zeugnis von Menschen, die vor und kurz nach Christus gelebt haben. In der Rheinebene, am Kaiserstuhl, am Tuniberg und im Elsaß legten die Kelten ihre Äcker an, trieben Jagd und Fischfang und benutzten Waffen und Geräte aus Eisen. Sie wurden öfters durch Volksstämme bedroht, die aus andern Teilen Europas in die Rheinebene zogen. Das veranlaßte sie, Fliehburgen anzulegen. So fanden sie auch den Weg ins Dreisamtal. Das Dreieck zwischen dem Rotbach,
dem Wagensteigbach und der heutigen Landstraße von Station Himmelreich nach Buchenbach schien hierfür günstig zu sein. Nach zwei Seiten hin fällt das Gelände um mehrere Meter steil zu den Flußauen hin ab, und auch nach Westen schiebt sich eine Böschung bis zum Zusammenfluß des Rotbaches und des Wagensteigbaches vor. So bot sich dieser Teil des Dreisamtals zur Anlage einer Fliehburg geradezu an. Allein am Ostrand mußten sie noch einen künstlichen Wall errichten. Aber auch die Steilränder wurden durch Mauern verstärkt. Noch heute ist diese Verfestigung des Burgringes an einigen Stellen als erhöhter Geländestreifen zu erkennen, so längs des Rotbachdammes südlich der Höllentalstraße von der Bahnschranke beim „Brand", am Schulhaus von Burg vorbei bis zum Rainhof und am Wagensteigbach beim Pfisterhof. Beim Birkenhof liegen die zu einer Mauer aufeinandergeschichteten Bachwacken stellenweise noch bloß. Östlich des Rainhofes zieht sich von der Straße aus eine wallartige Erhöhung über die Bahnlinie hinweg. Es ist der Rest des befestigten Ostrandes der alten Keltenburg. Die Gesamtlänge des Ringes der Burg betrug sechs Kilometer. Der Name ,,Burg" für die heutige Gemarkung besteht also zu Recht.
Der Gebirgswall umrahmte wie damals den Platz des alten Tarodunum: im Norden der Flaunserrücken, der Lindenberg, dahinter der Kandel, im Osten der Otten und die Nessellache, im Süden der Hinterwaldkopf mit dem Rotheck, der Hochfahrn und das Rappeneck. Die Kelten hatten den Bergen und Bächen eigene Namen gegeben, so Kandel, Belchen, Rhein, Glotter, Elz, Dreisam, die heute noch bestehen. Auch der Name ,,Tarodunum" ist in den Ortsnamen „Zarten, Kirchzarten und Hinterzarten" erhalten.


Aus: Heimat am Oberrhein. Eine Sammlung heimat- und zeitgeschichtlichers Lesestücke von Hans Mecking und Josepf Weber. Mit vielen Zeichnungen von Alois Pesot. Verlag Herder Freiburg 1961