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Die Siedelungen des Dreisam- und Elzgebietes im Schwarzwalde.
von
Ilse Walther aus Brieg in Schlesien

Inaugural Dissertation
zur Erlangung der Doktorwürde der Philosophischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität zu Freiburg i.Br.
1908 vorgelegt 

Vorwort.
„Die gegenwärtige Oberfläche der Erde mit all ihren Eigentümlichkeiten ist etwas nach und nach Gewordenes, Entwickeltes -, ebenso alles Leben auf ihr, und beides in steter gegenseitiger Beziehung zu einander.“

Dieses Wort von V. Cotta spricht die Gedanken aus, die vorliegende Siedelungsstudie veranlaßten und durch die ganze Arbeit hindurch stets leitende Gesichtspunkte geblieben sind. Natur und Mensch sind die beiden Kräfte, welche jederzeit und überall aufeinanderstoßen und sich gegenseitig auseinandersetzen müssen. Menschliche physische Kraft, mit Intelligenz verbunden, muß mit den Eigenschaften der Natur ringen, um für sich Raum zu schaffen, um freiliegende und verborgene Schätze des Bodens für sich zu gewinnen. Der Weg zum Siege wird sich jedoch nur durch die Anpassung an die natürlichen Bedingtheiten finden lassen. Aus ihr aber entspringt die Liebe und das Zugehörigkeitsgefühl des Menschen zu seiner Heimat, die dem Schwarz-Wälder in besonderem Maße eigen sind.

Das gewählte Gebiet ist klein und gegen andere Landschaftsausschnitte mag es in der Mannigfaltigkeit seiner Eigentümlichkeiten vielleicht zurückstehen. Es besitzt aber den Vorteil, der Verfasserin der Arbeit vollkommen bekannt zu sein, so daß eigene Anschauung und eigene Kenntnis, die durch zahlreiche Wanderungen zwecks eingehenderer Beobachtungen unterstützt wurden, zum Ausdruck gelangen können.
 
Es wurde dabei wahrgenommen, wie tiefgreifend auch hier die Wechselwirkung zwischen Natur und Mensch sein mußte, um das Bild zu schaffen, das sich dem Wanderer heut auf seinen Wegen durch Täler und über Höhen darbietet und ihm die Überzeugung aufdrängt, hier ist der Besiedler und das Ansiedelungsgebiet ein harmonisches Ganzes!

Die für die Arbeit benutzte Literatur ist in einem besonderen Verzeichnis am Schlusse angegeben.
An dieser Stelle möchte ich nicht unterlassen, meinem verehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. L. Neumann, meinen wärmsten Dank für die Anregungen und die Unterstützungen auszusprechen, die er mir im Laufe meiner Studienzeit und insbesondere zwecks vorliegender Arbeit hat zuteil werden lassen.
Freiburg im Breisgau, Mai 1908. Ilse Walther.
 

Inhalt.

Vorwort
Erster Teil: Das Siedelungsgebiet
1. Abgrenzung und Lage
2. Geographische Gliederung
3. Die geologischen Verhältnisse
4. Das Flußnetz
5. Das Klima
6. Ergebnisse
Zweiter Teil: Die Siedelungen
1. Die Siedelungsarten nach der Lage unterschieden
2. Der solar-klimatische Einfluß auf die Siedelungslage
3. Die Siedelungsdichte in Beziehung zur Flußdichte
4. Die Formen der Siedelungen
5. Die gegenwärtige Volksdichte und die wirtschaftlichen Grundzüge des Gebietes
Dritter Teil: Die Siedelungsgeschichte
1. Siedelungsperioden
2. Die Ortsnamen
3. Die ausgegangenen Siedelungen
Literatur-Verzeichnis
Siedelungskarte des Dreisam- und Elzgebietes im Schwarzwalde


Erster Teil. Das Siedelungsgebiet
 
1. Abgrenzung und Lage.
Das Dreisam- und Elztalgebiet ist ein Ausschnitt aus dem Schwarzwalde. Es wird von der Linie umgrenzt, welche die Wasserscheide der Dreisam im Süden gegen die Wiese und im Osten gegen die Wutach, sodann die der Elz im Osten und Norden gegen die Bregach und Kinzig und im Westen gegen den Brettenbach vorschreibt, und die von dem Steilabbruch des Gebirges gegen die Rheinebene vervollständigt wird.

Wird Freiburg, am Eingang ins Dreisamtal gelegen, als Ausgangspunkt der Linie angenommen, so steigt sie von 268 m an bis zu 640 m in dem von Süden her auslaufenden Jllenbergkamm als Teil der Westgrenze aus, geht als Südgrenze nach Osten in den Schauinslandkamm über, in dem sie bereits eine Höhe von 1186 m erreicht. Mit diesem gliedert sie sich dem Belchen - Feldberg- Hauptkamm an, folgt ihm über eine Höhe von 1495 m von West nach Ost als weitere Südgrenze bis zu der Abzweigung des Rinkenkammes mit 1302 m Gipfelhöhe und nordöstlicher Richtung. Sie fällt nun in der Hochfläche von Hinterzarten bei Altenweg bis 890 m, schneidet die Hochfläche als Ostgrenze, erhebt sich jenseits im Kamme der Weißtannenhöhe wieder zu 1192 m und schließt sich mit diesem dem langen, von Süden nach Norden streichenden Hohle Grabenkamme mit 1047 m Höhe an. Im Rehhaldens (681 m) und Heidburgkamm (637 m) biegt sie schroff nach Westen ab und stellt als Nordgrenze die Verbindung mit dem Hünersedelkamm (746 m) her, fällt dann beim Austritt der Elz aus dem Gebirge auf 316 m, um sich jenseits des Flusses nochmals bis etwa 500 m zu erheben und schließlich der Hauptverwerfung des Gebirges gegen die Rheinebene bis Freiburg zu folgen.

Die Gesamtlänge der Begrenzungslinien beträgt 126 km, die ein Areal von 681 qkm, d. h. etwa 11% des ganzen Schwarzwaldes, umschließen. Aus ihrem Verlauf ergibt sich ein Ausblick auf die Mannigfaltigkeit des Gebietes in Bezug auf klimatische Bedingtheiten, Vegetation und Ansiedelungsmöglichkeiten.
 
Das Höhenmaximum liegt im Feldberg mit 1495 m;
das Höhenminimum liegt in Freiburg mit 268 m;
daraus ergibt sich eine Differenz von 1227 m,
welche den weitesten Spielraum für natürliche Eigenart des Gebietes zuläßt.
 
Das Dreisam - Elztalgebiet gehört vorzugsweise dem mittleren Schwarzwalde an, der von der Dreisam und Wutach im Süden, der Kinzig im Norden und der Rheinebene im Westen begrenzt ist. Im Osten scheidet ihn die Schiltach und Brigach vom östlichen Schwarzwalde, dessen Abdachung schon im mittleren Schwarzwalde ihren Anfang nimmt. Doch die Umgrenzungslinie reicht im Süden weit bis in den südlichen Schwarzwald hinein längs des Schauinsland - Feldberg und Rinkenkammes und im Norden nicht ganz bis zur Kinzig hinunter. Da die Absicht vorliegt, insbesondere die Siedelungen des hohen Schwarzwaldes zu behandeln, so wurde gerade dieses Gebiet gewählt, da es eine möglichst große Vielseitigkeit in sich trägt.

Seine geographische Lage wird bestimmt durch den 48. Breitenkreis und den 8. Meridian östl. Länge als Koordinaten, deren Schnittpunkt fast in die Mitte des Gebietes fällt, sodaß sich in den südlichen Quadranten das Dreisam- in den nördlichen das Elzgebiet ausbreitet.

2. Orographische Gliederung.
Die Begrenzungslinie unseres Gebietes bricht im Norden im Hünersedel - im Süden im Illbergkamm ab und öffnet sich hufeisenförmig nach Westen; es selbst bildet einen Bogen nach innen, so daß das Gebirge wie eine Steilküste hart an die Ebene herantritt. Es wird von der Vorbergszone flankiert, die nach innen vollständig verschwindet. Die Ebene dringt somit tiefer in das Gebirge ein, als sonst den Schwarzwald entlang beobachtet werden kann, und sie hat dadurch an dieser Stelle den treffenden Namen “Freiburger Bucht” erhalten. In diese Bucht münden Dreisam und Elz. Sie bilden darum wichtige Eingangs- und Ausgangspforten für das Gebirge.

Die beiden Täler dieser Wasserläufe sind breit genug, um eine Gliederung des Gebirges zu bedingen, und sind darum geeignet, es in drei orographische Gruppen zu zerlegen, nämlich in die Feldbergmasse südlich der Dreisam, in die Kandelmasse zwischen Dreisam und Elz, und in die Hünersedelmasse westlich der Elz.

Die Feldbergmasse beherrscht den südlichen Schwarzwald durch die große Anzahl ihrer Nebenkämme, die sie in südlicher Richtung radial ausstrahlt. Von ihrem Nordabhang entsendet sie nur drei größer; bestimmende Höhenzüge: den Schauinslandkamm den Toten Mann- und den Rinkenkamm,  die sich ihrerseits wieder in eine Anzahl niederer Kämme auflösen. So geht vom Schauinslandrücken nach Nord-Ost der Hundsrücken. Vom Rinkenkamm zweigt nach Nord-Ost die Roteck mit den sehr ansehlichen Gipfeln des Wieswaldkopfes (1272 m) und des Hinterwaldkopfes (1201 m) ab. Der Rinkenkamm fällt schroff zur Hochfläche von Hinterzarten hinunter. Diese bildet den Übergang vom südlichen zum mittleren Schwarzwald einerseits und zur östlichen Abdachung andererseits. In ihr liegt die flache Wasserscheide der Dreisam gegen die nach Osten strömenden Zuflüsse der Gutach, späteren Wutach.

Die Kandelmasse erstreckt sich zwischen der Dreisam und Elz, für die erstere durch ihren Südabfall bedeutsam, für letztere durch ihre Nordabhänge. In sich ist diese Gebirgsgruppe mehrfach gegliedert. Der bestimmende Hauptkamm ist der des Hohle Graben. Von der Hochfläche von Hinterzarten aus schließt sich der Kamm der  Weißtannenhöhe an, der dem gegenüberliegenden Rinkenkamm annähernd parallel zieht. Ungefähr an gleicher Stelle zweigen vom Hohle Graben die Kämme  des Kandels und des Rohrhardsberges ab mit gleicher Richtung nach Nord-West. Von ihrer Mitte an laufen sie auseinander, der Kandel nach West, der Rohrhardsberg nach Norden. Beide Kämme fallen schroff zum Elztale ab. Vom Kandelkamm ziehen nach Süden mehrere Kämme zur Dreisam herunter: die Spirzen, der Hugsberg, der Lindenberg und der FIaunser,  dessen Ausläufer, der Schloßberg, der Stadt Freiburg nach Nord-Ost Deckung gibt und mit dem gegenüberliegenden Brombergkopf, dem Ausläufer des Hundsrücken, den Talausgang der Dreisam einschließt. Nach Osten verbreitert sich der Kandelkamm in einen Höhenrücken mit Hochflächencharakter und geht darum unmerklich in den Hohle Graben über, aus dem nur wenige Erhebungen deutlich über den Durchschnitt von 900 bis 1000 m hervorragend, wie der Brend mit 1150 m. Südlich von diesem Gipfel lösen sich nach Westen zwei kurze Züge ab: die Kaisersebene und die Hohe Steig. Der Kamm des Rohrhardsberges erstreckt sich parallel dem Hohle Graben. Wie der Kandel entsendet auch er nach Süd-West drei wichtige Kämme: den Roßeck, den Jbichkopf und den Tafelbühl, die der Elz ihre Wasser zuschicken. Nach Osten aber zeigt der Rohrhardsberg entgegen dem Kandel Steilabfall zum Oberlauf der Elz. Der jenseits der Elz abbiegende Rehhaldenkamm trifft bei Pfauß mit dem vom Hünersedel kommenden Heidburgkamm zusammen, von dem der Höhenzug des Eichbergs nach Süden zur Elz abzweigt.
 
Die dritte Gruppe, die des Hünersedel, steht mit ihrer Durchschnittshöhe von 523 m in starkem Gegensatz zu den bisherigen Gebirgszügen, deren mittlere Kammhöhe 912 m beträgt. Der Hünersedel verläuft von Süd nach Nord. Seine Oberflächengestaltung ist eine einförmige Hügellandschaft ohne starken Wechsel von Tälern und Höhen. Von dem Hauptkamm fällt der Kamm des Schneiderecks und des Rauschenbergs dem Elztal zu.

Zur Veranschaulichung des Reliefs gibt das zahlenmäßige Bild der Gebirgsgruppen in Bezug auf mittlere Gipfel-, Sattel- und Kammhöhe, in der Orometrie des Schwarzwaldes von L. Neumann eine treffliche Ergänzung. (Lit. 1a. S.214-217)

Eine eingehende Betrachtung dieser Tabelle” ließ folgende Ergebnisse für das vorliegende Gebiet erkennen: In dem Feldberg-Hauptkamme treten als schwer zugänglich und absperrend die beiden Kämme des Toten Mann und der Roteck hervor. Bei der geringen Kammlänge von je ca. 8 km weisen beide Werte einer mittleren Gipfels-, Sattel- und Kammhöhe auf, die sich zwischen 995 m und 1100 m bewegen. So gleichen beide Höhenzüge in ihrer Erstreckung von Nord-Ost nach Nord-West zweien fest zusammengefügten Wällen, die durch ihre gegenseitig abnehmende Höhe als Stufenabsätze vom Hauptkamme den Steilabfall zur Dreisamniederung bilden. Im Gegensatz zu ihnen stehen Rinken- und Schauinslandkamm. Über sie führen daher auch die Paßstraßen nach dem südlichen Schwarzwalde hinüber.

Das Verhältnis der mittleren Kammhöhe zur höchsten Gipfelhöhe dieses Gebirgsmassives beträgt innerhalb unsres Gebietes 1:1,40 und steht damit im Einklang zu dem des mittleren Schwarzwaldes von 1:1,39, während das des südlichen Schwarzwaldes 1:1,75 ausmacht.

Im Hohle Graben-Hauptkamm hat die mittlere Kammhöhe gegen die der vorigen Gebirgsgruppe um 100 m abgenommen, entsprechend der langsamen Absenkung des Schwarzwaldes nach Norden. Die sich zwischen 800 bis 1050 m bewegenden Höhenangaben lassen auf vorhandenen Hochflächentypus schließen. Dazwischen treten kurze, schroff abfallende Bergrücken hervor. Sie wirken trennend und abschließend, so daß sie die zwischen ihnen liegenden Täler isolieren. Vorwiegend sind es die Höhenrücken welche der Rohrhardsberg nach Süd-West schickt: Hohe Steig, Kaisersebene, Ibich und Roßeck.

Das Verhältnis von mittlerer Kammhöhe zu absoluter Gipfelhöhe (Kandel 1243 m) ist 1:1,35.

Die dritte Gruppe, die des Hünersedel-hauptkammes, charakterisiert sich als Hügellandschaft. Der Höhenunterschied gegen die Feldbergguppe beträgt in Bezug auf mittlere Kammhöhe 354 m, gegen die der Hohle Graben-Gruppe 286 m. Das Verhältnis von mittlerer Kammhöhe zu absoluter Gipfelhöhe Hünersedel 746 m) ist = 1:1,32. Die Oberflächengestaltung ist durchaus einförmig; bemerkenswert ist der Paßübergang des „Gscheid“, der vom Siegelauertal nach dem Westabhange führt und einen geographisch interessanten Rundblick gewährt.

Der Gesamteindruck des orographischen Aufbaues unsres Gebiets läßt sich am besten in die Beobachtungen einer Gipfelschau zusammenfassen: Neigung zu Breite und Flächenhaftigkeit ist allenthalben wahrzunehmen; scharfe Linien und ausgeprägte Spitzen fehlen; breite Rücken, Bergkuppen, Hochebenen herrschen vor. Talfurchung macht sich nur nach Westen hin stark geltend. Der mittlere Böschungswinkel ist je nach den Kämmen verschieden. Für die Hänge des südlichen Schwarzwaldes zu denen also die des Feldbergkammes gehören, beträgt er 10°35´, für die des mittleren Schwarzwaldes 10° 43´, doch auch der Wert von nur 3° für die Hänge des östlichen Schwarzwaldes kommt im Gebiete des Hohle Graben vor, da hier bereits die sanfte Abdachung des Schwarzwaldes nach Osten beginnt.

Bezeichnend für den Eindruck des Gebirges auf den oberflächlichen Beschauer sind die nicht selten gehörten Aussprüche: „Wie langweilig ist der Schwarzwald in seinem Relief“, und – „einer, der den Schwarzwald noch nicht kennt, kann sich ihn nicht in solch sanften gleichförmigen Linien vorstellen!“-

August Böhm sagt: „Die Physiognomie eines Gebirges ist der äußerliche Ausdruck seines inneren Baues, seiner Gesteinsbeschaffenheit.“ Man darf noch hinzusetzen: „Und seiner geologischen Vergangenheit !“ -

3. Die geologischen Verhältnisse.
Um die orographische Eigenart der Dreisam-Elzlandschaft verständlich zu machen, sei in Kürze aus die folgenden geologischen Gesichtspunkte hingewiesen. Unser Gebiet ist ein Ausschnitt aus der großen Gneismasse des Schwarzwalde, die sich von Todtnau im Wiesental bis Oppenau an der Rench in nordöstlicher Richtung erstreckt. Allerorts tritt der Gneis zu Tage und gar manches ausgelesene Gesteinsstück läßt deutlich den Faltungsvorgang aus der karbonischen Periode erkennen. Trotz dieser Einheitlichkeit macht sich eine Verschiedenheit zwischen dem südlich und nördlich der Dreisam gelegenen Gebirgsmassiv geltend. Die Feldberggruppe zeigt kaum noch Spuren einer Sedimentbedeckung; auf dem Kandelmassiv dagegen finden sich z. B. in der Mulde von St.Märgen Ablagerungen des Unteren Rotliegenden und nach dem Westrand hin solche des Oberen Rotliegenden. Dieses Gebiet weist sodann eine Reihe von südnördlich verlaufenden Grabenbrüchen auf, die für die Richtung und Bildung der Flußläufe von Wichtigkeit geworden sind. Sie erklären den eigenartigen Verlauf der Elz und verschiedener kleineren Wasseradern des Gebietes.

Am Ostabhang des Rohrhardsberges bis zum Briglirain, dem Quellgebiet der Elz, stößt man auf grobkörnigen hellen Biotitgranit. Das Triberger Granitmassiv setzt hier ein, das steh in Nord-Ostrichtung bis zum Kinzigtal hin erstreckt. In nächster Nähe, am Ibichkopf und am Farenberg, treten Gänge von Porphyren auf, die Quarz, Feldspat und Biotit führen, doch keine größere Bedeutung gewonnen haben. Die ganze dortige Gegend fällt durch ihre stark rote Bodenfärbung auf, eine Folge der Verwitterung eisenreicher Breccien und Arkosesandsteine.
 
Von den Schichten des Mesozoikums ist nichts auf dem hohen Schwarzwalde zu finden. Nur der Alpersbacher Schlot, der am Nordabhang des Rinkenkammes in 1000 m Höhe über dem Meere liegt, hat den Beweis geliefert, daß die mesozoischen Schichten wohl einstmals auch das Gebirge bedeckt haben. Um den Schlot liegt eine Geröllmasse, die sich aus Stücken vom Buntsandstein bis hinauf zum Jura zusammensetzt. Es liegen aber die jüngsten Juraschichten in der Rheinebene bei rund 100 m. Daraus erhellt eine Niveauverschiebung gleichzeitig abgelagerter Sedimente von ungefähr 1800 m, denn der Feldberg müßte durch die mesozoische Bedeckung mindestens um 300-350 m erhöht gewesen sein.
 
Diese Voraussetzung leitet zur Bedeutung der schroffen Hauptverwerfungslinie über, die das Dreisam-Elztalgebiet im Westen gegen die Rheinebene, respektiv gegen die Freiburger Bucht hin abhebt.
 
Für das Ende der Oligocänzeit wird von Steinmann folgendes Bild einer Tafellandschaft im heutigen Oberrheingebiet entworfen:
„Die schon angelegte Rheintalsenke war durch oligocäne Massen wieder aufgefüllt. Die kristallinen Massen des Gebirges lagen noch unter der Decke mesozoischer Sedimente verborgen; der heutige Gegensatz zwischen Gebirge, Vorbergen und Ebene bestand ebensowenig wie die vulkanische Masse des Kaiserstuhles.“

Die gewaltigen Bewegungen der Tertiärzeit haben das Bild zerstört. In der Richtung des Rheintales sank der Scheitel des Gebirges staffelförmig in die Tiefe und bildete den heutigen Rheingraben. Vogesen und Schwarzwald blieben als Schultergebirge stehen. Am stärksten mußte der Abdruck dort erfolgen, wo mehrere Bruchliniensysteme zusammentrafen. Ein solcher Schnittpunkt war die Stelle der heutigen „Freiburger Bucht“, in der wir ein typisches Senkungsfeld zu sehen haben. Die Vorbergzone, die sich dem Gebirge entlang aus den abgesunkenen Schichten und stehengebliebenen Schollen gebildet hatte, konnte sich hier nicht mehr entwickeln. Das Grundgebirge trat somit hart an die Ebene heran. Nördlich und südlich der Freiburg” Bucht gibt die stark geneigte Schichtenfolge das deutliche Bild des Vorganges.
 
Von den mit derartigen Störungen in der Erdkruste verbundenen vulkanischen Erscheinungen wird vorliegendes Gebiet nur unwesentlich berührt. Rechts- und linksseitig des Dreisamtales treten als eine Verbindungsreihe mit dem Vulkangebiet des Hegaues und des Kaiserstuhles einzelne Basaltgänge auf, die an die Schnittpunkte verschiedener Bruchlinien gebunden sind, jedoch nur rein geologisches Interesse haben.

Mit diesem Prozeß der Grabenbildung in der Tertiärszeit war die Ausgestaltung des Reliefs in unserm Gebiet noch nicht beendet. Die im vorigen Abschnitt betonte Tendenz zur Flächenhaftigkeit ist nicht nur eine Funktion der Abtragung allein. Erst die Vereisung der Quartärszeit, von der der Schwarzwald stark berührt wurde, wie die glazialen Spuren bewiesen haben, verursachte die endgültige Ausmodellierung.

Steigen wir über die Höhenkurve von 700 m und 800 m hinauf, so bieten sich dem Auge in der Geländebildung ein wellenförmiges Auf und Nieder, flache Rinnen, Mulden und abgerundete Buckel dar, dazwischen liegen Moore und Sumpfstellen. Es sind die Hochebenen von St.Märgen und St.Peter, weiter nach Osten hin von Hinterzarten. Da das eben genannte Gebiet schon vor der Eiszeit muldenartig, also flacher ausgestaltet war, so fanden die Eismassen eine angemessene Basis zur Anhäufung und Ausbreitung. Druck und Bewegung des Eises hobelte und ebnete den Untergrund weiter aus, so daß nach Rückzug der Gletscher das heutige Relief der Höhenregion ausgebildet war.

Die Erhebungen von 1200 m an konnten zu allen Phasen der Eiszeit wirkliche Gletscherströme speisen und auf den Hochebenenflächen, die meist über die damalige Schneegrenze von rund 1000 m sich ausbreiteten, mögen ansehnliche Decken von Schnee und Eis gelegen haben. So erklärt es sich, daß die höchsten Gipfel wie Feldberg und Kandel u. a. zu Kuppen und ihre Kämme zu breiten Rücken abgerundet wurden. Entsprechend den Rückzugsphasen sind die typischen Begleiterscheinungen der Gletscherbildung in verschiedenen Höhenzonen und in verschiedener Gestalt zu finden. Kare oder Sammeltrichter bildeten sich am Nordabhang des Feldberg, am Ostabhang des Kandel. Rundhöcker und Moränenwälle, Findlinge und gekritztes Geschiebe zeigt die Hochfläche von Hinterzarten, vereinzelt auch der Zweribachtobel, das obere Glottertal, das Steinbachtal, der Schwebeltobel. Talriegel, hinter denen sich häufig später Moorbildungen entwickelten, finden sich im Gebiet des Rotbach- und Zastlertales, in denen auch End- und Grundmoränen vorhanden sind. Als die Schneegrenze über 1400 m gestiegen war, haben auch im hohen Schwarzwalde keine Gletscher mehr gelegen; nur Firnfelder an den Nord- und Ostabhängen konnten sich noch längere Zeit hindurch halten. Die nachfolgende starke fluviatile Erosion trug dazu bei, die-Spuren der Glazialperiode vielfach wieder zu zerstören.

4. Das Flußnetz.
Die Dreisam.
Die Dreisam setzt sich aus zwei Quellflüssen zusammen. Welcher von ihnen als Hauptader anzusehen ist, darüber ist vielfach gestritten worden, und schon Mone erörtert diese Frage in seiner „Urgeschichte des badischen Landes“. Kürzlich erschien von Frdr. Pfaff eine kleine Abhandlung: „Die Dreisam“, welche dieses Problem wieder aufnahm und worin unser Schwarzwaldfluß orts- und sprachgeschichtlich festgelegt wurde. Als Oberlauf der Dreisam ist demnach nicht der Rotbach des Höllentals anzusehen, sondern der Wagensteigbach, der an der Westseite des Hohle Graben in der Gemarkung St.Märgen aus einer Höhe von 944 m aus dem kleinen Mühlweier beim Wilmenhof herabkommt.

Da der Name keltischer Abstammung sein soll, indem das Wort eine Superlativform zum Stamme trag = laufen sei, so wäre hiermit die alte volkstümliche Auffassung beseitigt. Nach dieser bezieht sich der Name „Dreisam“ aus den Zusammenfluß dreier Bäche: des Rotbaches, des Wagensteigbaches und des Ibenbaches.
 
Um der neuern Auffassung Rechnung zu tragen, möge der Wagensteigbach in der Besprechung der Flußläufe vorangehen. Von den Abhängen des Spirzenkammes, die den Bach links begrenzten, strömen ihm eine Reihe dobelbildender Wasserläufe zu, deren größter der Spirzenbach ist. Er greift am tiefsten und weitesten nach rückwärts ins Gebirge ein und führt so bequem auf die Paßhöhe des Turner (1034 m) hinauf; darum ist er eine geeignete Verbindungslinie zwischen Breitnau und dem unteren Dreisamtal schon von lange her gewesen. Die rechtsseitigen Nebenbäche sind von keinerlei Bedeutung; sie kommen vom Lindenbergkamm, der das Tal nach Westen abschließt.
 
Der Rotbach entspringt auf der Hochfläche von Hinterzarten in der geringen Höhe von 900 m. Durch torfiges Gelände, das dem Wasser die rötliche Färbung und daher dem Bache seinen Namen gegeben hat, zieht sich der Bach mit anfangs schwachem Gefälle nach Westen hin. Von 890 m Höhe an beginnt er plötzlich seine starke Erosionstätigkeit, deren Folge das enge Löffeltal geworden ist. Von der Hochfläche von Breitnau stürzt ihm durch eine noch engere Erosionsschlucht die Ravenna zu; beide zusammen nehmen hierauf ihren Weg durch das Höllental weiter in westlicher Richtung.

Dieser enge Taleinschnitt erscheint von der Hochfläche von Hinterzarten aus gesehen als eine fremdartige Erscheinung. Der Eindruck wird verstärkt durch die Wahrnehmung, daß die in dieser Strecke aufgenommenen Wasserläufe, der Alpersbach links, der Ravennabach rechts, anfangs eine durchaus östliche Richtung einhalten, dann aber plötzlich nach Norden resp. Süden abbiegen und dem Rotbach ihre Wasser zuführen. Die Ursache zu dieser energischen Richtungsänderung ist in dem morphologisch interessanten Problem eines glazialen und postglazialen Wasserscheidedurchbruchs zu suchen, wie er von Steinmann nachgewiesen wird.

Heute gehört die nach Osten abströmende Wutach dem Rheingebiert, früher strömte sie der Donau zu und nahm die vorhin erwähnten Bäche, die Ravenna und den Alpersbach, mit. Die Wasserscheidet lag mitten im jetzigen Höllental als ein Höhenrücken, der die Bankgallihöhe (1209 m) und den Wieswaldkopf,1272 m, mit dem gegenüberliegenden Hohwart ( 1112 m) verband. Während der Eiszeit konnten die linksseitigen höheren Erhebungen ausgedehntere Schnee- und Eisdecken tragen und mochten nach Osten in der Rinne des Alpersbach einen mächtigeren Gletscher vorgeschoben haben, als dies auf der rechten Seite der Fall war. War dieser Gletscher nur etwa 100 m mächtig, so konnte er den nach Osten gerichteten Abfluß der alten Wasserscheide durch einen Moränenwall absperren. Es mußte sich ein Stausee bilden, der nun nach Westen über die alte Wasserscheide an ihrer niedrigsten Stelle abfließen mußte. Die Erosionskraft der abfließenden Schmelzwasser hatte hier einen Ansatzpunkt gefunden, konnte energisch in Kraft treten und wurde durch das ohnehin schon starke Gefälle des Tales noch bedeutend unterstützt. Grade beim Einmünden des Ravennas und Alpersbaches macht sich eine merkwürdige Talkesselbildung bemerklich; sie könnte auf gemeinsame Auskolkungstätigkeit aller sich hier zusammendrängenden Gletscherzungen zurückzuführen sein, ebenso wie der weitere fjordartige Verlauf des Tales. Nach der glazialen Erosion setzte die fluviatile und zwar rückschreitend ein, der die Ravennaschlucht und das Löffeltal ihre Entstehung verdanken.

Von Höllsteig an bis zum Austritt des Rotbaches in die Talweite von Kirchzarten bei Himmelreich lassen sich drei charakteristische Strecken unterscheiden. Bis zum Hirschsprung ist das Tal fjordartig gestaltet mit relativ breiter terrassenloser Sohle aus festem Gestein. Der Bach hält bis zur „Kehre“ Nord-Westrichtung ein und biegt dann scharf nach Norden um. Auf der ganzen Strecke fehlen größere Seitendobel. Die Gehänge sind nur von oberflächlichen, also jungen Runsen gefurcht.

Nach 1 km wendet sich der Bach nach Nord-West bei der Station Hirschsprung. Von hier beginnt die mittlere Strecke „die Hölle“ bis Falkensteig. Die junge Erosionsschlucht ist von 500-600 m hohen Felsschroffen eingeschlossen, auf denen die Spuren der einstigen Endmoräne liegen. Die Talsohle ist gleich der Breite des Bachbettes. In der folgenden Strecke bis Himmelreich ist die Niederterrasse deutlich erkennbar, in die sich der Bach etwa 15 m tief eingegraben hat. Die Gehänge treten zurück, sind bedeutend sanfter und zeigen alte Dobelbildungen. Bei Himmelreich fließt der Rotbach in die 3 km breite Talerweiterung der unteren Dreisam ein.

Die Entstehung dieser großen Talebene wird neuerdings durch die Abdämmung infolge eines einstmals sich vorschiebenden Schuttkegels aus dem Tal des Hölderlebaches links der Dreisam erklärt. Diese habe die Bildung eines Seebeckens hervorgerufen, mit dem die Gestalt dieser Talweite allerdings auffallende Ähnlichkeit hat. Die ganze Fläche ist von Schottermaterial ausgefüllt: es ist die alte Niederterrasse die sich auch in die hier einmündenden Seitentäler hinein fortsetzt Als ein großer, fächerförmiger Schuttkegel schiebt sie sich 5 km weit in die Rheinebene vor.

Nach etwa 3 km Lauf, von Himmelreich ab gemessen, vereinigt sich der Rotbach mit dem Wagensteigbach, der bei seinem Talaustritt den Ibenbach aufnimmt. Er entspringt auf der Hochfläche von St.Peter und fließt zwischen Hugsberg- und Lindenbergkamm. Zwischen Lindenberg und Flaunser nimmt die Dreisam den Eschbach auf. Das Witten- und Attental, welche von kleinen Bächen, vom Flaunser kommend, gebildet werden, folgen nach Westen hin auf das Eschbachtal und verbinden durch nicht allzu hohe Übergänge das Elzflußgebiet mit dem der Dreisam.

Die Wasserscheide zwischen Dreisam und Elz zieht vom Hohle Graben mit einer Biegung nach Norden über St.Märgen und den Kapfenberg (1036 m), senkt sich über den Brombeerkopf (864 m) und den Flaunser (866 m) auf den Kamm, der das Föhrental vom Wildtal trennt und den Hasenkopf (608 m), Eichberg (491 m) und Flissertkopf (505 m) trägt.

Das linksseitige Einzugsgebiet der Dreisam gestaltet sich ähnlich. Die Bäche kommen von ansehnlicher Höhe herunter. Doch finden sich auf dieser Seite einige Talkessel, die dem Verkehr und auch der Besiedelung ungünstig sind, und der Feldberg-Hauptkamm bietet mit seinem Abfall nach Süden kein Hinterland wie die Abdachung des Kandel und Rohrhardsberges, zu der die Täler bequem hinaufführen und so die Hochebene mit dem flachen Land verbinden.

Aus dem Zastler „Loch“ am Nord-Westabhang des Feldbergs entspringt der Osterbach. Er hat eine ähnliche Talgeschichte wie der Rotbach. Zwischen den Kämmen der Roteck und des Toten Mann hat er sich sein Bett erodiert, teils hat es fjordartige Engen, teils V-förmige Talquerschnitte geschaffen. In seinem unteren Talende sind die Spuren der Niederterrasse erwiesen. Beim Verlassen seines eigenen Tales tritt der Bach in eine Depression ein, die von 500 m Breite an sich zu 1 km erweitert und in die Dreisamniederung übergeht. Der Bach hält sich dicht am Fuß der Roteck, nimmt den Weitersbach auf, wendet sich nach 1 1/2 km Wegs nach Nord-West, dann nach West und mündet etwa 2 km vor dem Eschbach als „Krummbach“ in die Dreisam.

Dem Tal des Osterbaches parallel, getrennt durch den Kamm des Toten Mann (1298 m) beginnt im „Napf“ am Westabhang des Feldbergs das Wilhelmstal. Es wird von dem einen Quellbach durchflossen, der beim Ausgang seines Tales sich mit dem Buselbach vereinigt und die Brugga bildet. Der Buselbach entströmt dem Nordhang des Schauinsland. Gemeinsam bilden diese Bäche das Tal von Oberried, in dem die glazialen Spuren ebenso wie im Zastlertal zu erkennen sind. Die Talsohle ist von mächtigen Gesteinsblöcken erfüllt, die als Trümmer eines durchbrochenen Talriegels gedeutet worden sind. Nach einem Lauf von 4 km in nördlichen zum Schluß nordöstlicher Richtung tritt die Brugga in die gleiche Niederung wie der Osterbach ein. Sie hält sich aber an ihrer linken Seite, bis sie den Hundsrücken umflossen hat, sich nordöstlich wendet und etwa 300 m nach dem Osterbach ebenfalls in die Dreisam mündet. Linksseitig strömen ihr auf ihrem Wege einige kleinere Bäche zu, die freundliche Seitentälchen bilden: Wittelsbach, Geroldsbach und Dietenbach.
 
Die Brugga hat kurz vor ihrer Mündung noch einen starken Zufluß durch den Bach, der das Kapplertal bildet. Auch er setzt sich aus zwei Quellbächen zusammen: dem Reichenbach und dem kleineren Intenbächle, die vom Nord- und Nord-Ostabhang des Schauinsland herunterkommen. Vom Dorf Kappe! an haben sie ein gemeinsames, relativ breites Tal mit fast nördlicher Erstreckung.

Unter dem Kybfelsen, 837 m, einem Gipfel des Schauinslandkammes schneidet noch ein kleiner Dobei ins Gehänge, an dessen Ausgang das Bad Littenweiler liegt. Sein kleiner Bach mündet vor dem Talausgang der Dreisam in diese ein.

Zwischen Schauinsland- und Illenbergkamm liegt die Talfurche, das Günterstäler Tal, durch das der Hölderlebach strömt. Auch dieses Tal ist besonders in seinem unteren Ende ansehnlich breit, etwa 600 m, und reichlich von Geröllmassen aufgefüllt. Der Hölderlebach erreicht die Dreisam erst außerhalb des Gebirges.

Die Länge der Dreisam, vom Ursprung des Wagensteigbaches an berechnet, bis zum Talausgang beträgt 26 km, bis zur Mündung in die Elz 50 km, also gehört über die Hälfte ihres Laufes dem Gebirge an. Ihr Gesamteinzugsgebiet berechnet sich oberhalb Freiburg auf 267 qkm, wovon auf die Feldbergseite rund drei Fünftel, auf die Hohle Grabenseite zwei Fünftel fallen.

Das Gesamtgefälle beträgt auf 18 km = 135 m.
 
Für das Dreisamflußgebiet ergeben sich folgende Grundzüge seines Baues: Das Haupttal durchschneidet das Gebirge von Osten nach Westen; sein unterer Teil bildet die auffallend große Talweite des „Kirchzartner Tales“ ; diese ist 10 km lang und in ihrer Mitte 3 km breit. In diese Talweite münden von den umliegenden Höhen alle Seitenbäche radial ein. Die Seitentäler steigen hoch hinauf und ermöglichen fast überall leichte Übergänge, so daß nirgends absolute Absperrung oder Abgeschlossenheit vorliegt.

5. Das Klima.
Die Differenz zwischen höchster Gipfelhöhe unsres Gebiete (1495 m) und seinem niedrigsten Punkte am Elztalausgang (236 m) beträgt rund 1260 m. Die Wärmeabnahme von unten nach oben beträgt hiernach etwa 6° C.

Ganz Südwestdeutschland ist reichlich um 4° C. wärmer als es seiner geographischen Breite zukäme. Diese positive Anomalie wird durch den Umstand bedingt, daß die Landschaft auf der Grenze des ozeanischen und kontinentalen Klimas liegt, also von einem Übergangsklima beherrscht wird. Der ozeanische Einfluß überwiegt ganz wesentlich in unserm Gebiet, da es arn Westgehänge des Gebirges liegt und so den Winden, die vom nicht allzufernen Westmeer streichen, ausgesetzt und vor rauhen Ostwinden geschützt ist.
 
Die Herbsttemperaturen sind höher als die des Frühlings infolge der erst spät eintretenden Schneeschmelze. Im allgemeinen ist der „hohe Schwarzwald“ eine Landschaft ohne allzu große Temperaturschwankungen.

Folgende Angaben aus den Jahresberichten des Zentralbüros für „Meteorologie und Hydrographie im Großherzogtum Baden“ lassen die Mitteltemperaturen für den Zeitraum von 1896 bis 1900 erkennen, insbesondere für das hohe Schwarzwaldgebiet und den Gegensatz zu dem östlichen Schwarzwald.
Höhe
Station
Jahresmittel ° C
1010 m
Höchenschwand
6,2 °
268 m
Freiburg
10,4 °
704 m
Villingen
6,7 °

Der hohe Schwarzwald hat ein Jahresmittel, das dem des östlichen, um 300 m niedriger gelegenen, gleichkommt. Freiburg hat das gleiche Jahresmittel wie Heidelberg und Mannheim trotz seiner um 100 m höheren Lage.
Station
Maxi-
mum
Datum
Mini-
mum
Datum
Höchenschwand
29,9 °
27.VII.1900
-16,9 °
13.XII.1899
Freiburg
33,8 °
29.VI.1897
- 13,4 °
12.I.1896
Villingen
29,8 °
22.VII.1899
- 23,0 °
11.II.1898

Außer der allgemeinen Lage und ihrer klimatischen Begünstigung tritt für das Elz- und Dreisamtalgebiet der Umstand vorteilhaft hervor, daß es an der Luvseite des Gebirges liegt. Die Winde aus Süd-West und West treffen das Gebiet rechtwinkelig und bringen ihm damit Wärme und Feuchtigkeit, die die günstigen Niederschlagsverhältnisse im Gegensatz zum östlichen Schwarzwalde bedingen. Von fünf Stationen im Gebiet, die die Niederschlagsmengen messen, folgen hier die Angaben für den Zeitraum von 1896 bis 1900:
Höhe: 1276 m
Feldberg (Gasthaus)
1856,7 mm
"   1020 m
Breitnau
1234,6 mm
"    1055 m
Hofsgrund
1820,9 mm
"      686 m
St. Peter
1341,9 mm
"     268 m
Freiburg
822,4 mm


Extreme Niederschlagsmengen waren für den Feldberg im Jahre 1892 = 2523 mm und 1891 1584 mm. Daß im allgemeinen eine Zunahme der Niederschlagsmengen mit der Höhe zu beobachten ist, lassen diese Angaben deutlich erkennen.

Von Interesse ist auch die Anzahl der Tage mit meßbarem Niederschlag (= 0,1 mm) und die Dauer der Schneedecke, da die Winterszeit von nicht geringem Einfluß auf das Leben im hohen Schwarzwald ist.
Station
Tage
Jahresmittel
Regen
mm
Jahresmittel
Schnee
mm
Letzter Schneefall
Erster Schneefall
Feldberg
170
112,8
73,8
10.VI
27.IX.
Breitnau
180
129,0
63,0
15.V.
8.X.
Hofsgrund
180
130,0
68,0
19.V.
?
St.Peter
181
147,0
35,0
1.V.
11.XI.
Freiburg
191
172,0
24,8
15.VI.
6.XII.

Durchschnittlich bleibt der Schnee im Schwarzwalde zum ersten Male Ende Oktober oder Anfang November liegen und schmilzt endgültig erst in der zweiten Hälfte des April, auf den höchsten Gipfeln in geschützter Lage erst im Mai, ja auch erst im Juni, selbst erst im Juli, so daß dort oben nur 72 Tage absolute Schneefreiheit herrscht. An der Luvseite bleibt die Schneebedeckung in den Höhen von 700 bis 1250 m in ihrer geringsten Dauer 130 Tage, in ihrer längsten 169 Tage. Die Höhenzonen bis 600 m haben das Maximum der Schneehäufigkeit im Januar, die von 600 bis 800 m im Februar und die höchsten Lagen im März. Der Nachwinter ist demnach schneereicher als der Vorwinter.

Sind nun auch die Höhen durch einen langen Winter benachteiligt, - er beginnt 58 Tage früher und dauert 55 Tage länger als in der Rheinebene -, so sind diese Gebiete den Tälern gegenüber an vielen Tagen durch gleichmäßig schönes, klares Wetter im Vorteil. In den Tälern liegt dann dicker Nebel, der die Wärme der Sonnenstrahlen nicht durchläßt, so daß es untern kalt und unfreundlich ist, während zuweilen schon in geringer Höhe geradezu warme Temperaturen herrschen. Die „Wärmeumkehr“ macht sich im Schwarzwalde in starkem Maße geltend. Der im Winter über Mitteleuropa sich ausbreitende hohe Luftdruck bringt heiteres, ruhiges  Wetter mit geringen Temperaturen. Bei herrschender Windstille geht die Ausstrahlung des Bodens ungehindert vor sich. Doch bald und oft entwickelt sich in der Rheinebene Nebel, der in den Niederungen liegen bleibt, die weitere Ausstrahlung hindert und die Wärme der Sonnenstrahlen abhält, so daß die kalte Luft in den Tälern festgehalten wird. Diese Tage gewähren auf den Gipfeln die schönste und klarste Fernsicht auf die Alpen. Die Temperatur auf den Höhen wird weiterhin noch erhöht, wenn sich eine große Schneedecke auf ihnen ausbreitet und bei großer Lufttrockenheit die Sonneninsolation stark in Kraft treten kann. Sobald die Sonne jedoch unter den Horizont verschwindet, hört diese Wirkung auf und es macht sich die niedere Temperatur der Luft doppelt fühlbar.

Noch eine andere klimatische Eigentümlichkeit kommt im Gebiete des hohen Schwarzwaldes vielerorts zum Ausdruck, nämlich ein starker Berg- und Talwind.

Besonders der Ausgang des Dreisamtales steht wie der anderer tief liegender Täler im Sommer täglich unter dem Einfluß des „Höllentälers“. Dieser Talwind erhebt sich nach Sonnenuntergang etwa um 9 Uhr und wirkt am heftigsten an heißen, klaren Sommertagen. Die Abkühlung der oberen Luftschichten geht an solchen Tagen unvermittelter vor sich und der Austausch mit den wesentlich wärmeren unteren Luftschichten findet um so intensiver statt. Ist der Himmel bedeckt, so bleibt der Wind aus, da die Wolkenschicht die stärkere Abkühlung auf der Höhe verhindert.

6. Ergebnisse.
Die Allgemeinbetrachtung des landschaftlichen Charakters des Dreiam- und Elztalgebietes nach Abgrenzung und Lage, nach orographisch-geologischem Aufbau, hydrographischen und klimatischen Verhältnissen hat verschiedene Bedingungen ergeben, die der Besiedelung des Gebietes vor andern Landschaften Vorteile gewähren.

Die Lage gestattet eine Verbindung zwischen der verkehrsreichen Rheinebene und dem Hinterland, das sich der Donau zuneigt. Diese Verbindung übernimmt vorzugsweise das von Osten nach Westen sich erstreckende Dreisamtal, das für den südlichen Schwarzwald von jeher die Bedeutung eines Durchgangstales gehabt hat.

In dem Relief tritt ein lebhafter Wechsel von Berg und Tal hervor; doch fehlt ebensowenig die ebene Fläche ????
Die Täler haben nicht selten breite Sohlen, wie z.B. im unteren Dreisamgebiet. Die beginnende Abdachung nach Osten zeigt sich auf den Höhen in der Neigung zu großen Hochflächen. Selten sind die Bergrücken und Kämme trennend und absolut abschließend. Ihre Hänge sind meistens nicht so steil, daß sie nicht ausgenutzt werden könnten. Das Gebirgsland bietet also günstige Wohnräume. Es stellt dem Nebeneinander der Ebene ein buntes Übereinander entgegen. Nur die Strecken steilen Gefälles der Talsohle, Schluchtbildungen und für den Verkehr hinderliche Talkessel werden im Bilde der Siedelungen als wenig bewohnt hervortreten.

Diese Ungunst wird durch Vorteile ausgeglichen, die durch die Bodenbeschaffenheit des Gebietes bedingt sind. Das Urgestein liefert geeigneten Boden für Waldbedeckung; so weit es sich also erstreckt, so weit gestaltet sich das Gebiet auch zu einer typischen Waldlandschaft.

Der Wald als Schutz- und Nutzwald gewährt die weitgehendsten Vorteile, wie allenthalben bekannt ist. Die nicht allzu undurchlässigen Verwitterungsböden des Gneis gestatten an den sonnigen Talausgängen und Hängen den Weinbau, der mit Nutzen betrieben werden kann. Gneis und Granit bedingen eine gleichmäßige Verteilung der Quellen im Gegensatz zu Kalkgebieten.
 
Sind auch die inneren Bodenschätze nicht nennenswert, so haben Erzgänge und Mineralquellen doch früher dem Gebiete eine gewisse Bedeutung, wenn auch für kurze Zeit, gegeben und dürfen darum nicht übersehen werden. Da wo eiszeitliche Einwirkung zum Ausdruck kam, auf den Hochflächen, finden sich Moränenseen, Moor- und Torfbildungen. Allerdings sind diese Stellen den Ansiedelungen ungünstig, doch liefern sie einmal Torf als Brennmaterial, andererseits sorgen sie dafür, daß bei zu starken Niederschlagsmengen der Ablauf des Wassers aufgehalten wird und helfen so, das Tal vor Überschwemmungsgefahr zu bewahren.

Die hydrographischen Verhältnisse hängen eng mit den geologischen zusammen. Da sich im Urgestein keine ausgesprochenen Quellhorizonte finden, so geschieht die Ansammlung des Wassers vorzugsweise oberflächlich. Wo irgend eine kleine Vertiefung im Gehänge vorhanden ist, wird bald ein Rinnsal entstehen, aus dem schließlich ein Wildbach wird. In niederschlagsarmen Perioden kann stellenweise Wassermangel eintreten, der in höher gelegenen Gegenden mißlich empfunden wird. Darum ist jeder Hof mit einem oberhalb liegenden Stauweiher versehen, der für Bewässerungs- und Wirtschaftszwecke, aber auch bei Feuersgefahr dienen muß.

Was die Verteilung der Wasserläufe in Gestalt von Bächen und Flüssen anbelangt, so ist das Gebiet entschieden bevorzugt. Der Steilabfall des Gebirges schreibt dem sich sammelnden Gewässer von selbst den Weg vor. Doch alle diese Schwarzwaldbäche, insbesondere die Dreisam und die Elz, hätten nicht diese Bedeutung, wendeten sie sich nicht der Rheintalsenke zu. In ihr konzentriert sich der Verkehr und alles menschliche Leben der angrenzenden Landschaftsgebiete. Für die Großhandelsstraße der Rheinebene wird hinwiederum jedes Seitental eine Stelle, wo sie Produkte des Weltmarktes absetzen kann, die auf den Talwegen in das Hinterland geführt werden. Und gerade die Schwarzwaldtäler sind für solche Transportwege gut geeignet, da das Talende, wie gezeigt wurde, meist nur zwischen 700-1000 m hoch liegt, die Höhe also ohne wesentliche Schwierigkeiten erreicht werden kann.

Jedes Haupttal zählt eine Reihe von Seitentälern, somit ist für den Binnenverkehr im kleinen ebenfalls gesorgt. Das Dreisamgebiet hat durch die radiale Anordnung der Zuflüsse vor dem Elztal einen Vorzug, denn damit ist eine nach allen Richtungen hin gleichmäßige Ausbreitung der Besiedelung ermöglicht.

Welche Bevorzugung das Gebiet in klimatischer Beziehung genießt, ist schon gesagt worden. Die Differenzen der Temperaturverhältnisse in ihrer Abhängigkeit von den Höhenstufen lassen sich am besten durch einen Blick auf die Vegetationsdecke anschaulich machen. An den Vorhügeln und Talmündungen gedeiht Rebe und Kastanie. Getreide und Wiesenbau, sowie einträgliche Obstkultur zieht sich bis tief in die Täler hinein und hinauf an nicht zu steilen, sonnigen Gängen. Dann folgt die ausgebreitete Nadelwaldbedeckung stellenweise mit Laubwald untermischt. Auf den Hochflächen, besonders in den Moosen, steht dann und wann die Krummholzkiefer und die höchsten Gipfel tragen schon einen gewissen Grad von Voralpenvegetation; der Baumwuchs hört auf, nur kahle Matten mit Bergflora erstrecken sich weithin. Entsprechend der späten Schneeschmelze kommt erst im Mai Leben in die Vegetation des hohen Schwarzwaldes, während in den Tälern und auf den Vorhügeln die Obstblüte bereits in voller Pracht steht. Der Stufenfolge der Vegetation folgen entsprechend die Grade der Bewirtschaftung: Ackerbau, Wald und Graswirtschaft, auf den Höhen ausgiebige Viehzucht.

Wie diese Zusammenfassung erkennen läßt, sind es durchaus die Verhältnisse eines Mittelgebirges, denen sich der Ansiedler anpassen mußte, aber eines Mittelgebirges, das entschieden begünstigt ist gegenüber andern, z.B. gegenüber dem Riesengebirge, das sonst in vielen Erscheinungen zum Vergleich herbeigezogen werden könnte. Machen sich hier durch die kontinentale Lage und ihr Klima fast schon die Schroffheiten eines Hochgebirges geltend, so setzen sich im Schwarzwalde noch weit hinauf die Vorzüge der Niederung fort. Trug demnach der Kampf des Ansiedlers mit der Natur dieses bevorzugten Gebirges den Sieg auch von vornherein schon in sich, so gehörte immerhin eine große Menge von Beharrlichkeitssinn dazu, das Gebiet auf die kulturelle Höhe zu bringen und auf ihr zu erhalten, auf der es tatsächlich heute steht. Diesen Beharrlichkeitssinn besitzt wie kein anderer der Bewohner des Schwarzwaldes.



Zweiter Teil.
Die Siedelungen.
 
Die Ergebnisse des vorstehenden ersten Teils haben die Stellen begünstigterer Räume für die Ansiedelungen im Dreisam- und Elztalgebiet bereits erkennen lassen. Wie sie aber der Besiedler für seine Bedürfnisse ausgenutzt hat, wie er sich selbst ihnen in seiner Lebensweise anpaßte, das wird jetzt die Untersuchung der Siedelungen zeigen.

Das Geschehen der Besitznahme grade dieser Gegend beleuchten zwei Bilder, eines der Vergangenheit angehörig, das andere die Gegenwart schildernd. Als Tacitus Germanien betrat, sah er ein unermeßliches zusammenhängendes Waldgebirge vor sich. Den aus seiner farbenprächtigen Heimat kommenden Römer muteten die finsteren, unwegsamen und menschenleeren Waldgründe düster und schauerlich an, die von dem Rauschen tosender Waldbäche widerhallten. - Heut paßt auf diese einst abschreckende Landschaft die Skizze welche Friedr. Ratzel von einem deutschen Waldgebirge entwirft: Keine ununterbrochenen weglosen Wälder -, die breiten Täler sind reich an Ortschaften! Selbst in den engen Wiesenflächen fehlen selten einige Häuser. Der Wald ist durch Feld- und Wiesenbau auf die oberen Talgehänge zurückgedrängt. Auf den oberen Gehängen breiten sich Häusergruppen aus, liegen zerstreute Höfe, umgeben von Gärten, Feld und Weide, soweit es die Höhe und Lage gestatten.

Das siedelungsfeindliche Element, das dem Besiedler entgegentrat, war vor allem der Wald, wie uns das erste Bild andeutet. Welche bedeutsame Rolle er in der ganzen Entwicklungsgeschichte der Siedelungen in der Tat gespielt hat, das wird aus der weiteren Behandlung noch öfter hervortreten.
 
Zunächst aber wird uns die Lage der Siedelungen beschäftigen, denn sie stellt die erste Beziehung zwischen Mensch und Natur dar, ist sie doch das Resultat einer durch mannigfaltige Umstände beeinfußten Überlegung.

1. Die Siedelungsarten, nach der Lage unterschieden.
Das Interesse, welches das Verhältnis der vertikalen Gliederung eines Gebietes zu seinen Ansiedelungen erweckt, hat schon manche darauf bezügliche Arbeit hervorgerufen. Die „Anthropogeographie“ von Friedr. Ratzel bietet unstreitig die meiste Anregung. Aus dem Reichtum des Gebotenen, das den ganzen Erdkreis umfaßt, lassen sich ohne Mühe auch für ein kleines Areal mit beschränkter Eigenart geeignete Schlüsse ziehen. Von den lokalisierenden Arbeiten dieser Art führte besonders Frd. Löwl durch seine „Siedelungsarten in den Hochalpen“ zu der Frage, ob auch im Mittelgebirge in der Lage seiner Siedelungen Unterschiede nach orographischcn Merkmalen aufzufinden seien, d.h. ob die dort durch sie gewonnenen Erkenntnisse auch hier wesentlich leitende Gesichtspunkte gewesen sein könnten.

Zur Beantwortung dieser Frage mußte vor allem eigene Anschauung arbeiten. Es genügt nicht, aus der Karte allein die Lage einer Wohnstätte mit Sicherheit bestimmen zu wollen, bietet doch der Einzelfall fast jedesmal irgend ein anderes entscheidendes Moment, das die Karte in dieser Spezialisierung nicht ohne weiteres verrät. An der Hand der topographischen Karte des Großherzogtums Baden 1:25000 und der Reichskarten 1:100000 wurde bei den Wanderungen durch das Dreisam- und Elztalgebiet jede Siedelung auf ihre Lage und auf die Beziehung dieser zu ihrer nächsten Umgebung hin geprüft und danach versucht, auch für das Mittelgebirge eine Anzahl von Siedelungstypen aufzufinden. Das Resultat der Beobachtungen soll in der Weise zum Ausdruck gebracht werden, daß von allgemeinen Eindrücken ausgehend, diese auf das Dreisam- und Elztalgebiet übertragen werden, um durch Vergleich beider Talgebiete ihre Eigenart hervortreten zu lassen. Die erzielten Ergebnisse sollen alsdann denen gegenübergestellt werden, die Löwl für die Hochgebirgslagen gewonnen hat.

Es ist eine selbstverständliche Sache, daß, wenn man Siedelungen des Gebirges untersuchen will, man den Tälern nachgehen muß. Der Gang der Besiedelung ist eine Bewegung entweder in der Horizontalen, wie die Ebene zeigt, oder wenn diese fehlt, wenigstens in der Deklinalen, wie sie im Gebirgslande das Gefälle vorschreibt. In einer Talsohle setzt sich die Begünstigung einer ebenen Fläche für Ausbreitung und relativ leichtes Bewegen bis zu einer gewissen Grenze hin fort. Außerdem ist die Talsohle die vorgeschriebene Linie jeden Wasserlaufes. Möglichste Nähe oder Erreichbarkeit des Wassers ist das Prinzip jeder Siedelungsanlage.

Man darf also sagen, die Talsohle ist der Ort größter Anhäufung, eine Beobachtung, die für das Mittelgebirge entschiedene Berechtigung beansprucht. Kommt man im Schwarzwald durch irgend ein Tal, so ziehen sich überall die Siedelungen längs des Talbodens hin, rechts und linksseitig des pendelnden Wasserlaufes oder nur einseitig, wenn er sich zu nahe ans Gebirge herandrängt. Dreisam und Elz bieten mit ihren Seitenbächen die trefflichsten Beispiele. Wo sich das Tal beträchtlich erweitert, finden sich auch sofort geschlossene Ortschaften, kleine Städte, größere Dörfer.
 
Es wird sich nun darum handeln, zu fragen, ob alle Punkte der Talsohle gleich günstig und gleichwertig sind? Die Lage der alten Keltensiedelung im Dreisamtal, das einstige Tarodunum, wird darüber Auskunft geben und wird sich als treffliches Beispiel einer wohlüberlegten Terrainwahl verwenden lassen.

Da, wo die beiden Ouellbäche der Dreisam, der Wagensteig- und Rotbach, aus dem Gebirge heraustreten, umschließen sie vor ihrer Vereinigung eine nach Westen mäßig geneigte, zugespitzte Fläche. Es ist eine Terrassenbildung quer zum Tal, vielleicht auch ein Schuttkegel, den beide Bäche vorgeschoben haben. Die Ostseite ist durch einen langsam ansteigenden Höhenzug der ins Gebirge übergeht, gedeckt. Das Wagensteigtal hat schon damals den Verkehr der Rheinebene mit dem Osten vermittelt, während die unzugängliche, wilde Schlucht des Rotbaches ungefährlich war; gegen sie schützte aber für alle Fälle doch ein Graben, der sogenannte „Heidengraben“. Ausgerechnet gerade diese Stelle hatten sich die ersten Ansiedler aus der weiten Talniederung ausgesucht. Im Rücken gesichert, beherrschte die Siedelung das weite Dreisamtal bis zu seiner Ausmündung in die Ebene. Sie lag am Eingang in das Seitental, durch welches eine große Handelsstraße führte, bevor deren Anstieg begann. Die höhere Lage auf einer Geröllaufschüttung schützte die Anlage gegen Überschwemmungsgefahr, der die umgebende Talniederung damals jedenfalls noch stark ausgesetzt war. Die Anlage erfüllte somit alle Bedingungen, welche die damalige Zeit erforderte: Sicherung, Wassernähe, Verkehrsvorteile, Faktoren, mit denen aber auch jede moderne Siedelung noch ebenso rechnet und zwar nicht nur die geschlossene Ortschaft, sondern auch jede Einzelsiedelung. Ein Blick auf die Karte belehrt, daß diese Tendenzen bei jeder Anlage leitend geworden sind. Es scheint der Punkt der Talsohle am günstigsten sich hervorzuheben, wo ein Seitental in das Haupttal einmündet. So wie die Rheinebene in ihrer ganzen Länge diese Beobachtung rechtfertigt, so zeigt auch jedes Seitental, daß das Maximum der Anhäufung von Siedelungen immer dort zu suchen ist, wo ein sekundäres Nebentälchen abzweigt Und selbst für die Einzelsiedelung tritt diese Lage in den Vordergrund. Doch von den Nebentälern werden die wieder am bevorzugtesten sein, welche die Funktion des Binnenverkehrs infolge mäßigen Gefälles leicht übernehmen können. Als Beispiele seien im Dreisamtal das Tal der Brugga, im Elzgebiet das Tal der Wildgutach und von dessen Seitentälchen die des Griesbaches und des Deichbaches genannt.

Aus der Karte lesen wir in Bezug auf die Talsohle weiter, daß die Grenze für größere Ortschaften etwa die Höhenkurve von 450 m ist. Nicht in der zunehmenden Höhe kann die Ursache zu dieser Beschränkung liegen. Wie die beiliegende Siedelungskarte besagt, ist in den Höhen von 800 - 1000 m auf den Hochflächen eine starke Anhäufung von Siedelungen zu finden und zwar mit beinahe geschlossenem Charakter, wie z.B. in Gütenbach.
 
Es ist die Wirksamkeit der Talform, die die obige Grenze von 420 m für die Anhäufung auf der Talsohle festsetzt. Sobald sich die Talform ändert, sobald wird sich auch der äußere Charakter der Siedelungen ändern müssen. Geht der Mittellauf der Gebirgsbäche in den Oberlauf über, so ist von einer Raum bietenden Talsohle meist nicht mehr die Rede. Gerade die nach Westen und Süden abströmenden Schwarzwaldbäche kennzeichnet der zu Schluchten sich verengende Oberlauf, er setzt der Siedelungsausbreitung eine natürliche Grenze. Die Talsohle bietet nur einer begrenzten Anzahl von Wohnstätten Raum. Diejenigen Ansiedelungen werden sich auf ihr entwickeln, die an größte Wassernähe gebunden sein wollen oder ihre Existenz auf den Verkehr zu begründen suchen. Ein Umblick im Tal lehrt, daß häufig auch bei der Anlage vieler Einzelsiedelungem eventuell mehrerer Siedelungsgruppen die Tendenz herrschend ist, einen erhöhten Standpunkt aufzusuchen. Bei wasserreichen Niederungen wird diese Wahl besonders hervortreten, wofür die schon erwähnte Keltensiedelung ein deutliches Beispiel ist. In engen Tälern wird diese Lage aus später zu erklärenden Ursachen ebenfalls wesentlich bevorzugt sein.
 
Wo sind aus dem Talboden aufragende Stellen zu finden? Der Talboden ist selten absolut eben. Seine Fläche ist durch wellenförmiges Auf und Nieder belebt, oder er zeigt ein auffallendes stufenartiges Ansteigen nach den Seiten hin.

Die häufigsten Talbodenerhöhungen werden durch Terrassen gebildet, die entweder längs der Talwände hin oder quer durchs Tal ziehen. Sie sind Anhäufungen von Geröll, Kies und Sandmassen, die durch die Fließkraft des Wassers von oben her transportiert und abgesetzt werden. Im Elztal tritt die Terrassenbildung längs den Seitengehäugen stark hervor; das untere Dreisamtal weist sehr schöne Querterrassen auf. Die Siedelungslage auf Terrassen kommt überall wesentlich in Betracht. Sie bieten nicht zu unterschätzende Eigenschaften: fruchtbaren Boden, eine ebene Fläche und Schutz vor Hochwasser. Immerhin waren in vorliegendem Gebiet meistens nur Einzelsiedelungen auf ihnen zu finden. Ihre Ausdehnung ist entweder nicht ausreichend für geschlossenen Ortschaften, oder man bevorzugt ihre Fläche für Acker- und Wiesenbau.

Eine weitere günstige Siedelungsstelle ergibt der Schuttkegel. Aus den Einschnitten der Talgehänge brechen rasch fließende Wildbäche hervor. Sie bringen aus ihrem Sammelgebiet große Mengen von Detritus mit herunter, der sich bei der Einmündung ins Haupttal zu einem Kegel anhäuft, über den sich der Wasserlauf seinen weiteren Weg bahnt. Als typisches Beispiel möge der große Schuttkegel dienen, den die Dreisam in die Freiburger Bucht vorschiebt und auf welchem Freiburg liegt. In kleinem Maßstabe können solche Aufschüttungen in jedem Talgebiet überall da beobachtet werden, wo ein Nebenbach in den Hauptbach einmündet. Aber auch in den oberen Talkesseln bilden sich Schuttkegel und zwar sehr häufig vor dem Vereinigungspunkt der Quellbäche. Die Eigenschaften der Schuttkegel für Siedelungszwecke decken sich im allgemeinen mit denen der Terrassen, wenigstens im Mittelgebirge. Vermuhrung wie im Hochgebirge ist hier nur selten zu fürchten. Die Schuttkegelsiedelung ist der letzte Siedelungstypus im Gebiet der Talsohle.
 
Nur noch die Rundhöcker sind zu erwähnen. Sie treten im Dreisam- und Elztalgebiet durchaus vereinzelt auf und finden sich nur in den allerobersten Talästen, die einst der Vergletscherung ausgesetzt waren; sie wurden selten von einer Siedelung gekrönt beobachtet.

So wie die Ebene zumeist den Übergang zum Gebirge in einer Vorbergszone findet, so ist auch im Gebirgsinnern der Übergang vom Talboden zur Bergwand häufig ausgeglichen. Nur Schluchten zeigen den scharfen Kontrast. Die Vermittelung zwischen Tal und Berg besorgt dieser selbst, indem ein von seinem Gipfel und seinen Gängen Stücke seiner selbst herunterschickt. Der Verwitterungsprozeß löst sie los, so daß sich nach und nach am Fuße des Berges die bekannte Schutthalde aufbaut.
 
Die Schutthalde ist eine der bevorzugtesten Ansiedelungsstellen. Ihre Bewegung ist längst zur Ruhe gekommen, so daß sie jetzt mit Humus bedeckt, in ihren oberen Teilen von Wald bestockt, nach unten in Weide- und Wiesenland oder Rebgelände umgewandelt erscheint. Trotzdem fällt es nicht schwer, die Schutthalde zu erkennen, da sie ihre typische Aufschüttungsform, den Kegel, bewahrt hat. Oft schiebt sie sich weit ins Tal vor und trägt nicht selten zu dem kulissenartigen Eindruck bei, den man von den begrenzenden Talwänden gewinnt.
 
Zwischen der Schutthalde des einen und des nächsten Bergrückens oder Hanges entsteht oft eine muldenartige Austiefung. Sie bietet für eine Siedelung günstige Bedingungen und läßt den Begriff der Muldensiedelung zu. Mulden sind aber zuweilen auch die Folge von Verwerfungen, oder sie finden sich in den obersten Dobelenden des Gehänges, das von glazialen Kräften ausgearbeitet wurde.

Die Hochfläche von St.Märgen stellt eine muldenartige Austiefung im großen vor, die wieder zahlreiche kleinere Muldenbildungen aufweist. Eine, solche Bodengestaltung bietet der Siedelung eine geschätzte Lage und wird darum auf den im Gebiete vorhandenen Hochflächen des Windschutzes wegen immer gern aufgesucht.

Weiterhin begegnen wir der Hangsiedelung. Sie ist wie ein Schwalbennest an die Bergwand angeklebt und gehört im hohen Schwarzwalde mit zu den höchst· gelegenen Siedelungsformen. Sie ist hauptsächlich wegen ihrer schweren Zugänglichkeit übel daran.

Durchschnittlich kann die Höhenkurve von 800 m als Grenzlinie für die Hangsiedelungen gelten. Die mittlere Kammhöhe beträgt aber etwa 900 m und in dieser Höhe zeigt die Karte wieder eine intensive Besiedelung. Dazwischen liegt jedoch eine Zone von zirka 100 m, die fast unbewohnt ist. Sie gehört so gut wie ausschließlich der Waldregion, kahlen Steilwänden oder Felsschroffen an. Darüber breiten sich weite Mattengelände aus, die nur stellenweise noch von Waldparzellen unterbrochen sind. Die Abdachung des Gebirges nach Osten ist hochflächenartig schwach geneigt. Die Ausbreitungstendenz der Besiedelung gewinnt hier wieder freien Spielraum. Alle diese auf Matten an sanften Böschungen, den sogenannten Halden, liegende Siedelungen sind in den Typus der Haldensiedelung zusammengefaßt worden.

Als Kammsiedelungen wurden teilweise die Siedelungen angesehen, aus denen Langackern und Horben bestehen. Sie ziehen sich auf dem Rücken des Iilbergkammes hin und nehmen durch ihre Lage eine ganz besondere Stellung ein.

Alle diese Typen finden sich im Dreisam- und Elztalgebiet. Nachfolgend ist in tabellarischer Weise zusammengestellt, wieviel Siedelungen ungefähr auf die einzelnen Typen fallen. Die Zahlenwerte sind das Ergebnis der Prüfung an Ort und Stelle. Sie sind zu den bisher noch unveröffentlichten Angaben über die Anzahl der bewohnten Gebäude nach der Volkszählung 1905 in Beziehung gesetzt worden. Nur die Siedelungen fanden Berücksichtigung, deren Lage einen ausgesprochenen Typus darstellte und keinen Zweifel darüber zuließ. Auch wurde nicht die Einwohnerzahl der Gemeinden in Betracht gezogen, wie Löwl das tut, sondern die Anzahl der Wohngebäude, da diese das Siedelungsbild in vorliegendem Falle besser veranschaulichen.

Erläuterung der Tabelle.
In umstehender Tabelle fällt hinsichtlich der Verteilung der Siedelungstypen auf, daß im Dreisamgebiet insbesondere in den Tälern des Wagensteig- und Ibenbaches, die Haldensiedelungen stark hervortreten. Zu diesen Talgebieten wurden die Hochflächen von St.Märgen und St.Peter hinzugerechnet, da die Quellregion beider Bäche auf diesen Plateauebenen liegt. Im Flußgebiet des Wagensteiger Baches sind diese Lagen auch noch auf dem Spirzenkamm häufig anzutreffen. Von Norden her reihen sich kleinere Hochflächen bis nach Breitnau hin an: das „Laberholz“, der „Vogelacker”, „auf den Spirzen“, „Freyel” usw.  Im Talgebiet des Rotbaches entspricht ihnen die Hochfläche von Breitnau, im Tal der Brugga die von Hofsgrund. Die Haldensiedelungen charakterisieren also die deutlich hervortretende Neigung zur Flächenhaftigkeit gerade des östlichen Gebietes. Ein Vergleich mit dem Elztalgebiet beweist diese Behauptung, indem die Haldensiedelungen dort nur ganz vereinzelt vorkommen, und zwar vorzugsweise im oberen nach Osten hin gelegenen Quellgebiet der Elz, im „Briglirain“.

Die Verteilung der Siedelungen im Dreisamtal
Tal resp.
Talabschnitt
Anzahl der bewohnten Gebäude
Terrasse
Schutthalde
Schuttkegel
Hang
Mulde
Halde
Rundhöcker
Kamm
Talboden
Wagensteig
300
8
11
12
21
11
184
-- -- 53
Rotbach
376
21
3
4
16
2
12
7
-- 311
Ibental
229
--
--
5
--
1
195
-- -- 28
Eschbach
81
--
6
10
9
9
2
-- -- 45
Wittental
31
2
1
1
1
--
--
-- -- 26
Attental
20
5
1
3
3
--
2
-- -- 6
Bruggatal
185
8
12
3
12
2
8
-- -- 140
Zastlertal
45
3
4
8
8
2
--
-- -- 20
Kappelertal
81
3
--
2
2
2
--
-- -- 72
Günterstal
164
15
--
2
15
--
--
-- 73
59
Unteres Dreisamtal
584
120
--
--
10
13
--
-- -- 441
Wildtal
57
15
3
3
2
--
--
-- -- 34
Dreisamgebiet
2153
200
41
53
99
42
403
7
73
1235

Auf je 100 Siedelungen in den einzelnen Tälern entfallen folgende Werte:
Tal resp.
Talabschnitt
Anzahl der bewohnten Gebäude
Terrasse
Schutthalde
Schuttkegel
Hang
Mulde
Halde
Rundhöcker
Kamm
Talboden
Wagensteig
300
2,7
3,7
4,0
7,0
3,7
61,3
-- -- 17,6
Rotbach
376
5,6
0,8
1,1
4,3
0,5
3,2
1,8
-- 82,7
Ibental
229
--
--
2,2
--
0,4
85,2
-- -- 12,2
Eschbach
81
--
7,4
12,3
11,1
11,1
2,5
-- -- 55,6
Wittental
31
6,5
3,2
3,2
3,2
--
--
-- -- 83,9
Attental
20
25,0
5,0
15,0
15,0
--
10,0
-- -- 30,0
Bruggatal
185
4,3
6,5
1,6
6,5
1,1
4,3
-- -- 75,7
Zastlertal
45
6,7
8,9
17,8
17,8
4,4
--
-- -- 44,4
Kappelertal
81
3,7
--
2,5
2,5
2,5
-- -- -- 88,8
Günterstal
164
9,1
--
1,2
9,1
--
-- -- 44,6
36,0
Unteres Dreisamtal
584
20,6
--
--
1,7
2,2
-- -- -- 75,5
Wildtal
57
26,3
5,3
5,3
3,5
--
-- -- -- 59,6
Dreisamgebiet
2153
9,3
1,9
2,5
4,6
1,9
18,8
0,3
3,4
57,4

Erscheint das Dreisamgebiet in seinen höheren Lagen als ein Gebiet der Haldensiedelungen, so ist das der Elz ein solches der Terrassen- und Schuttkegelsiedelungen. Die Bildungsgeschichte der Elz hat die Ursachen der Entstehung von Schuttkegeln und Terrassen bereits erkennen lassen, ebenso wie die eiszeitlichen Wirkungen im oberen Dreisamgebiet manche Siedelungserscheinung begründet. Bleibach und Buchholz im Elztal sind, als Großsiedelungen auf Schuttkegeln gelegen, mit eingerechnet worden; schließlich gehören sie aber doch zu den Talbodensiedelungen. Eine typische Terrassensiedelung ist der Weiler Allmend vor Oberwinden auf der Hochterrasse der Elz. Das Bachbett liegt 325 m hoch, die sich lang hinziehende Häuserreihe des Weilers  350 m hoch, also 25 m über dem Talboden. Auch in jedem Seitetal des Eizgebietes sind, wie die Tabelle zeigt, die Terrassensiedelungen häufig. Das Wildgutachtal tritt besonders stark hervor. In ihm finden sich auch mit am meisten Schutthaldensiedelungen, die aber auch in den andern Seitentälern der Elz mit ansehnlichen Werten vertreten sind. Ihre Häufigkeit beruht auf dem charakteristischen Steilabfall des Gebirges nach Westen mit starker Talfurchung zwischen schroffen Gehängen. Im Dreisamgebiet kommt in dieser Hinsicht nur das Brugga- und Wagensteigtal in Betracht, ersteres durch den Abfall vom Schauinslandkamm, letzteres durch den des Spirzenkamms für diesen Typus bedingt.

Im Rotbachtal fällt die größere Anzahl von Hangsiedelungen ins Auge, während Schutthalden und Schuttkegelsiedelungen zurücktreten. Diese Erscheinung sagt uns, daß schroffe Wände ohne starke Dobelbildung das Tal begrenzen. Diese Hangsiedelungen sind noch besonders bemerkenswert. Sie finden sich in einer Höhe von 950 m auf drei aufeinander folgenden, kleineren, schwächer abfallenden Stufenabsätzen linksseitig des oberen Tales. Es breiten sich auf ihnen die kleinen Hofgruppen: Windeck, Bisten und Alpersbach aus. Ähnliche Lagen sind im Tal der Brugga anzutreffen, ganz besonders typisch begegnet man ihnen im engen Tal der Wildgutach, wo sie zuweilen schwer zugänglich bis zur 900 m Kurve hinauf verstreut an den Bergwänden hängen. Ihnen gegenüber genießen die Hangsiedelungen im unteren Elztal den großen Vorzug, daß sie nur zwischen 400-500 m hoch liegen. Auch in Spitzenbach mußte man diesen Typus aufstellen, obwohl die Berghänge dort so flach anfingen, daß sie oftmals ganzen Häusergruppen günstige Bedingungen bieten.

Als eine besondere Eigentümlichkeit im unteren Dreisam- und im unteren Wildgutachtal sind die Muldensiedelungen nicht zu übersehen. Im erstgenannten Talgebiet sind sie charakteristisch, insbesondere auf der linken Talseite. Hier finden sich die Siedelungen oft gruppenweise, wie in Fischbach, Neuhäusel und auch in Littenweilen. Einmal bieten diese Mulden Schutz gegen den Talwind, andrerseits finden sich in ihnen meistens Quellen. Im unteren Wildgutachtal tritt diese Siedelungslage ebenfalls ganz deutlich in die Erscheinung bei einem Umblick von „Scherben“ aus, einem Hügel, der sich gleich am Eingang des Tales vorschiebt.

Eine besondere Stellung nimmt das Glottertal in seinem Siedelungsbilde ein. Die Zahlenwerte für die unterschiedenen Typen veranschaulichen eine äußerst gleichmäßige Verbreitung derselben und damit die Eigenart des Tales. Es führt bis auf die Höhe von St.Peter, bat im oberen Teil schroffe Wände, im übrigen zahlreiche Seitendobel, so daß alle Lagebedingungen hier in Betracht kommen.

In unsern Tabellen nehmen nun aber durchweg die Talbodensiedelungen die erste Stelle ein, die andern der aufgestellten Siedelungstypen treten hinter ihnen stark zurück. Die Strecke Bleibach-Suggental im Elztal mit 91% Talbodensiedelungen schließt die größeren Orte Waldkirch und Kollnau in sich. Auf das untere Dreisamtal entfallen 75% dieses Typus. Diese Werte stellen das Maximum für das ganze Gebiet dar. Die Minimalwerte sind 12% fürs Ibental, 15% für das Tal des Spitzenbaches. Es entsprechen diese Werte durchaus den morphologischen Bedingungen der betreffenden Täler.

Dieses Ergebnis stellt unsre Mittelgebirgslandschaft inbezug auf die Lage seiner Siedelungen in einen direkten Gegensatz zum Hochgebirge. Dort treten die Talbodensiedelungen nach den Angaben Löwls zurück. Die Tendenz, den erhöhten Standpunkt zu wählen, wird zur Forderung, und das scharf modellierte Gelände bietet solche Stellen, auf denen die Gefahren des Talbodens zu vermeiden sind, in mannigfacher Weise.
..............
3. Die Siedelungsdichte in Beziehung zur Flußdichte
a. Siedelungsdichte im Dreisamgebiet, bezogen auf seine Flußdichte.
Die Dreisam läßt sich nicht als ein einheitlicher Fluß auffassen, solange sie das Gebirge durchschneidet. Bis zu ihrem Austritt in die Freiburger Bucht besteht sie aus einer Anzahl von Gebirgs- und Waldbächen. Dementsprechend gibt die tabellarische Übersicht über ihre Siedelungsdichte nicht das Bild eines Haupttales, sondern einer Reihe von Nebentälern, die in das untere breite Dreisamtal auslaufen und aus dem Gebirge dort das durch die mitgeführten Leben konzentrieren. Daß die Bedeutung dieser Täler für die Besiedelung unterschiedlich ist, zeigt der Wert ihrer Siedelungsdichte, die in dieser Form ausgedrückt berechtigte Rückschlüsse auf die orographische Eigenart der Talwege zuläßt. So muß die Siedelungsdichte des Rotbach-Wagensteiggebietes gegenüber z.B. der des Kapplertales niedrig erscheinen. Erinnert man sich jedoch der Gestaltung des Rotbachtales, der engen, fjordartigen Erosionsstrecke, der "Hölle", so ist klar, daß dieses Tal für Siedelungsanlagen möglichst ungünstig ist. Die Bergwände fallen zu steil ab, die Talsohle biete nur gerade Raum für die Landstraße und Bahnlinie. Etwaige günstige Dobelbildungen finden sich höchstens nur gegen den Ausgang hin, doch wegen mangelnder rückwärtsgreifender Tiefe sind sie ohne Bedeutung.

1
Tal resp.
Talabschnitt
2
Anzahl
der be-
wohn-
ten Ge-
bäude
(G)
3
Fluß-
länge
(L)


km
4
Ge-
samt-
areal
(A)

qkm
5
Fluß-
dichte
L:A
6
Siede-
lungs-
dichte
I
G:L
7
Siede-
lungs-
dichte
II
G:A
8               9
Verhältnis v.
Flußdichte
zu Siedelungs-
dichte

 I                II
Wagensteig
+ Rotbach
376
169,4
102,14
1,7
2,2
3,7
1:1,2
1:2,2
Ibental
+ Eschbach
310
107
56,42
1,9
2,9
5,5
1:1,5
1:2,8
Bruggabach
(Oberried)
185
83,6
49,40
1,7
2,2
3,7
1:1,3
1:2,2
Krummbach
(Zastlertal)
45
55,9
30,71
1,8
0,8
1,5
1:0,4
1:0,8
Kappelerbach
81
17,1
13,95
1,2
4,7
5,8
1:3,9
1:4,8
Unt. Dreisamtal
635
18,5
14,47
1,3
34,3
43,9
1:26,3
1:33,7
Dreisam
1932
451,5
267,09
1,7
4,3
7,2
1:2,5
1:4,2
Erläuterung der Tabelle:
Die Kolumne 5 enthält Werte für die Flußdichte, die als Quotient von Flußlänge und Gesamtareal gewonnen wurden.
Die Kolumne 6 ist die Siedelungsdichte I, die sich aus dem
Quotient der Anzahl der Gebäude und der Flußlänge ergab.
Die Kolumne 7
ist die Siedelungsdichte II, gewonnen aus dem Quotient von der Anzahl der Gebäude und dem Gesamtareal.
Die Kolumne 8 und 9 enthalten das Verhältnis zwischen Flußdichte und Siedelungsdichte.

Dem Wagensteigbach strömen vom Spirzenkamme allerdings zahlreiche Wildbäche zu, die wohl für die Besiedelung größeren Wert haben könnten, wenn sie teilweise nicht so sehr abgelegen und abgeschlossen wären. Nur der Spirzenbach selbst, der bis auf die Höhe von 924 m führt und die Verbindung mit dem Osten aufrecht erhält, ist der Besiedelung ebenso günstig als der Hauptbach, dessen Talanfang auf der Hochfläche von St.Märgen liegt. Beide Talgebiete sind darum von einer beinahe ununterbrochenen Reihe von bewohnten Gebäuden durchzogen und sind in den Werten der Siedelungsdichte wesentlich mitsprechend.

Der Kappler Bach genießt den Vorteil, dicht vor dem Ausgang der Dreisam in die Ebene einzumünden, in der die Stadt Freiburg liegt. So ergießt sich das Stadtlenem und das des reichbesiedelten unteren Dreisamtales auch in sein Talgebiet hinein, und dieses wird außerdem noch durch den Betrieb eines Bergwerks belebt.

Das Tal des Krummbaches, das Zastlertal, steht am weitesten in der Siedelungsdichte zurück. Es fehlen für die Besiedelung vorteilhafte Seitenbäche, doch vor allem liegt der Talanfang in einem Kessel, der eine Übergangsmöglichkeit über das Gebirge für größeren Verkehr ausschließt: es herrscht hier größten Abgeschlossenheit und Einsamkeit. Nur wenigen Höfen begegnet man längs der Talsohle, deren einschließende Bergwände dichte Waldbedeckung tragen. Erst in seinem unteren Talgebiet, das er mit der Brugga teilt, entfaltet sich eine reichere Besiedelung. Das Maximum der Besiedelungsdichte zeigt das untere Dreisamtal mit 34,3, und 43,9 bei einer Flußdichte von nur 1,3. Der Wert dieses für die Besiedelung durch seine weite Talfläche so wertvollen Gebietes kommt dadurch genügend zum Ausdruck und hebt das Dreisamtal hierdurch vor allen andern unsres Gebietes hervor.

Im Dreisamtal ist keine wesentlich hervortretende Strecke zu finden, in der ein relativer Stillstand in der Entwicklung der Siedelungen bemerkbar wäre.

Als besondere Gebiete sind die Hochflächen von St.Peter und St.Märgen aufgefaßt worden. Nur auf die Fläche bezogen, beläuft sich die Siedelungsdichte für St.Peter auf 5,5 für St.Märgen auf 6,5 für ein Areal von 35 qkm und 25 qkm.
..........

Dritter Teil.
Die Siedelungsgeschichte.

Im bisherigen sind die Siedelungen unseres Gebietes als Teilerscheinungen der Erdoberfläche, als Raumgebilde, angesehen worden. Es wurden ihre wichtigsten Eigentümlichkeiten festgestellt und so weit als möglich zu erklären versucht. Daß dieser Weg zunächst eingeschlagen wurde, geschah aus der Überzeugung, daß Beobachtung auch hier wie bei allen andern naturwissenschaftlichen Untersuchungen unerläßlich vorausgehen muß. Lage, Gestalt und Anhäufungsverhältnisse sind sichtbare Momente, die sich zuerst dem Auge aufdrängen. Aus der Anschauung heraus entstehen erst folgende Fragen: Wie haben sich die Beziehungen der Siedelungen zu der sie umgehenden Natur und die Forderungen der Menschen an diese im Laufe der Zeit entwickelt? Welche menschlichen Beweggründe haben bei der Entwicklung mitgesprochen? Welche Bewegungen in der Geschichte des ganzen Landes und seines Volkes überhaupt konnten den Gang der Besiedelung fördernd, zögernd oder rückschreitend beeinflussen?

Auf diese Fragen kann allein die kulturhistorische Forschung Antwort geben, denn sie stellt die Siedelungen in ein Verhältnis zur Zeit. Der Begriff „Besiedelung“ schließt die Idee einer Bewegung in sich, deren Gang die folgenden Darlegungen skizzieren sollen.

Es wird sich auch in diesem Falle darum handeln, Siedelungsperioden für das Gebiet festzustellen, ferner die Ortsnamen auf ihre Entstehungszeit hin zu deuten und schließlich die Orte nachzuweisen, die im Laufe der Zeit untergegangen sind.

1. Die Siedelungsperioden.
Aus der allgemeinen Geschichte Südwestdeutschlands konnten mehrere Perioden festgestellt werden, in denen der Besiedelungsgang unseres Gebietes sich mit mehr oder weniger Intensität vollzog. Es wurde dabei zu gleicher Zeit berücksichtigt, welche Wirtschaftsverhältnisse jeweils die herrschenden waren, um dadurch ein gesichertes Verständnis für den gegenwärtigen Gesamtzustand der Gemeinden zu gewinnen.

l. Die keltische Periode bis 200 v. Chr.
Die Spuren dieser Periode vorgeschichtlicher Zeit sind in unserem Gebiete gering. Sie weisen etwa auf die Zeit um 400 v. Chr. zurück und bestehen in Funden von Gefäßscherben und Baumaterial. Die ersteren sind als Formen der La Tènekultur erkannt, die vor der Römerinvasion bei Kelten und Galliern herrschte, das letztere stimmt mit der Beschaffenheit von Balken überein, wie sie bei gallischen Festungsmauern verwendet wurden. Es waren demnach unzweifelhaft Kelten, die auch in diesem Teil der Rheinebene gesessen hatten und die blühende Stadt Tarodunum, auf deren so überaus günstige Lage schon hingewiesen wurde, im Dreisamtal bewohnten. Die noch heut erkennbare Anlage läßt auf einen Umfang von 6 km schließen, die ein Areal von 190 ha umfassen, eine Flächengröße, die eine ansehnliche Einwohnerzahl vermuten läßt. Die Funde der La-Tène-Periode zeugen von einer hohen Kultur. So darf man annehmen, daß zu damaliger Zeit das weite untere Dreisamtal durchaus ein Gebiet geordneter Siedelungsverhältnisse war, in denen ausgedehnter Ackerbau betrieben wurde. Fabricius glaubt, daß schon vor der La Téneperiode in der Bronzezeit am Heidengraben eine Siedelung gelegen haben könne, da bei dem dort liegenden Hof Wiesneck ein Bronzekelt (Axt aus Bronze) von vorzüglicher Arbeit gefunden wurde. Durch das Gebiet zog eine wichtige Verkehrsstraße, die die bedeutenden Keltensiedelungen Breisach und Hüfingen verband und durch das Wagensteigtal auf die Höhe des Turner führte; vielleicht bestand von da aus auch bereits ein Saumpfad, der durchs Glottertal nach Riegel führte, das den nördlichen Eingang in die Freiburger Bucht beherrschte. Die Bedeutung Tarodunums läßt sich aus seiner Lage an der großen Verkehrsstraße am Eingang ins Wagensteigtal und als befestigte Stadt wohl erkennen. Die Dauer seines Bestehens reichte bis zur Räumung des Landes durch die Kelten, die etwa im 2. Jahrhundert stattgefunden hat, denn Funde von Gefäßscherben zwischen dem Brandschutt deuten auf die jüngere LaTènezeit hin, die Ende des 2. Jahrhunderts datiert wird.

Il. Die römische Periode 58 v. Chr. bis 260 n. Chr.
Der Abzug der Kelten geschah nicht auf einmal, vielmehr ist er nach und nach vor sich gegangen. Spricht Ptolemäus von der „Helvetier-Wüste” inbezug auf das Land nördlich des Schwäbischen Jura, so versteht er unter Helvetiern jedenfalls diese Kelten, und es kann auch nur eine Zeit gemeint sein, in der das rechtsrheinische Gebiet noch nicht wieder vollständig von fremden Völkern in Besitz genommen worden war. Inwieweit das vorliegende Gebiet von dieser Bewegung betroffen wurde, läßt sich nicht mit Gewißheit feststellen. Es soll 58 v. Chr. der südliche Breisgau von dem Stamme der Nemeter bewohnt gewesen sein. Nach dem Siege der Römer 58 v. Chr. über Ariovist besetzten sie jedenfalls die verlassene Keltensiedelung Tarodunum und nützten diese ältere Kulturstätte ebenso wie die dahin führenden Wege für ihre Zwecke aus, erweiterten sie und legten Stützpunkte an. Die nächsten bedeutenden römischen Niederlassungen waren Breisach, Badenweiler, Riegel, die durch feste Straßen miteinander verbunden waren. Von Riegel zweigte eine Straße nach dem Kastell auf dem Mauracher Berg am Ausgang des Elztales ab, und von dort führte eine Straße nach dem Kastell Wiehre, um hier in die große Straße ins Dreisamtal einzumünden Diese verlief linksseitig der Dreisam am heutigen Bad Littenweiler vorbei, nach der Bruggamühle, nach Kirchzarten und bei Burg vorüber nach Wagensteig. Durch dieses Tal führte sie entsprechend dem alten Keltenweg hinaus zum Turner und von dort über die “Kalte Herberge” nach Brigobanne bei Hüfingen.

Die Tendenz dieser Straßenführung veranschaulicht das Bestreben, so lange wie möglich die Höhe zu behaupten und eine gerade Linie einzuhalten. Ein Verbleiben im Tal erschien damals gefährlich, und darum wurde lieber Gefälle und Gegengefälle mit starker Steigung überwunden, als daß man sich nach Art moderner Straßenführung so lang als möglich den Talböden anpaßte. Als Beispiel für solche neuzeitliche Straßenzüge mag an dieser Stelle gleich an die Straße durchs Höllental und an die schöne Kunststraße durch das Simonswäldertal, die durch den Deichendobel nach Gütenbach-Furtwangen führt, erinnert werden.

Römische Funde sind auf dem Schloßberge bei Freiburg und im Elztal gemacht worden, doch Fabricius bezweifelt, daß an diesen Stellen Kastelle bestanden haben, wie er auch Tarodunum nur eine untergeordnete Stelle zu römischer Zeit einräumt. Dagegen ist es nicht unwahrscheinlich, daß wir von ethnographischen Resten der Bevölkerung dieser Periode, wenn auch in geringem Maße, heute noch sprechen dürfen. Aus einer Vermischung keltischer und römischer Bewohner sollen die Welschen, d. i. Welchen hervorgegangen sein. Man führt darauf die Walchenorte zurück, die sich meist in entlegenen Tälern finden, da ihre einstigen Bewohner den germanischen Eroberern auszuweichen suchten. In der Nähe Freiburgs, oberhalb Ebnen liegt das heut unbesiedelte Welchental. Im Wildgutachtal sind zwar keine Ortsbezeichnungen derart zu finden, doch deutet der Typus der Bevölkerung dieses Talgebietes auf keltisch-romanische Mischung hin. Die „Wellishöfe” bei Waldkirch haben den Gedanken an einstige Besitzer welscher Abstammung ebenfalls nahe gelegt.

III. Die alamannische Einwanderung bis zur Einführung des Christentums 300-500 n. Chr.
Die Unruhen der Völkerwanderung ließen im 2. Jahrhundert aus der Elbgegend den Stamm der Semnonen nach Süd-Westen bis zum Main vordringen, trotzdem Marc Aurel die Germanen im Markomannenkriege 166 bis 180 bezwungen hatte. Diese Semnonen bildeten den Kern der Alamannen, deren Name ja bekanntlich nur “Bundesgemeinschaft” bedeutet. Im 3. Jahrhundert gelang es diesem Stamme, ins Oberrheintalgebiet vorzudringen. Sie besetzten die von den Römern geräumten Gegenden; während aber diese die ältern keltischen Niederlassungen nicht benutzt hatten, mieden die Alamannen die Stätten römischer Siedelungen als ihnen unheimlich. Sie bevorzugten weites, schattenloses ebenes Gelände, wo Ackerbau gute Ernten versprach, denn in dem letzten Jahrhundert hatte sich bei den germanischen Stämmen die Umwandlung vollzogen, die sie aus einem Nomadenvolk ein seßhaftes, ackerbautreibendes Volk werden ließ. Sie nahmen nicht die Gebräuche und die Lebensweise der Unterworfenen an, sondern behielten ihre eigenen Sitten bei, die sie freilich dem Neulande anpassen mußten.

Ihre räumliche Ausbreitung läßt sich durch die Verteilung der -ingen-Orte recht gut nachweisen. Wie Riezler in der Münchener Gegend diese Beobachtung belegen konnte, so ist dies auch in vorliegendem Gebiet möglich. Die -ingen-Orte liegen in der Ebene verstreut und reichen nur bis an den Rand des Gebirges. Täler und Waldgegenden blieben anfangs von den Alamannen unbewohnt. So hat die Ebene der Freiburger Bucht und die Rheinebene zahlreiche -ingen-Niederlassungen, während die Täler der Elz und der Dreisam keine aufweisen. Zähringen, Gundelfingen und Denzlingen sind die einzigen ihrer Art, liegen aber schon am Gebirgsfuß und in der Ebene.

In ihrer ursprünglichen Bedeutung sind sie als Sippenniederlassungen anzusprechen. Die Sippe bedeutet in diesem Sinne das Geschlecht, das den Namen seines Stammvaters trägt: Gundelfingen d.i. Niederlassung der Sippe des “Gondolo” usw. Bestand die Siedelung von Anfang an aus mehreren Höfen, wie es wohl bei den genannten Orten anzunehmen ist, so bedingte dieser Umstand eine größere Gemarkung und der Ort selbst wuchs bald zu einer bevölkerten, stattlichen Siedelung an. Es scheint sich so die Gestalt und Ausdehnung Denzlingens deuten zu lassen. An dem günstigen Punkte vor dem Eingang ins Glottertal reihte sich an die wichtige Straße nach und nach ein Hof neben den andern, so daß allmählich das 2 km lange typische Straßendorf entstand.

Als ein weiteres, doch bereits später zu datierendes alamannisches Siedelungsmerkmal dürfen -weiler-Orte gelten. Das Gebiet zählt nur drei: Littenweiler und Weilersbach im Dreisamgebiet sowie Heuweiler am Ausgang des Glottertals nicht weit von Gundelfingen. Die beiden bedeutenderen Orte tragen einen Personennamen als Bestimmungswort, den des Besitzers. Littenweiler ist der Weiler des “Lutto·” und Heuweiler wird 1345 als Heinweiler erwähnt, in welchem Worte jedenfalls der Name “Heino” zu erkennen ist. Bei diesen beiden –weiler-Orten zeigt es sich, daß die Alamannen, wenn sie auch Römerorte direkt mieden, ihre Siedelungen doch gern in der Nähe römischer Niederlassungen oder wenigstens römischer Straßen anlegten. Meitzen erklärt sie als außerhalb der Landwehren angelegte Landgüter, die keine Verteidigung aufnehmen konnten. Sie zeigen, wie sich die Germanen nach und nach ins weitere Land vorschoben. Gelang es dem Besitzer, sich zu halten, konnte ein wirklicher Weiler daraus entstehen, wie es tatsächlich bei den beiden genannten Orten der Fall war, die sich schließlich zu blühenden Dörfern auswuchsen. Der jetzige Siedelungstypus der „Weiler” ist aber mit diesen –weiler-Orten nicht zu vermengen.
 
Es ist möglich, daß in diese Anfangsperiode germanischer Besiedelung auch die Entstehung der beiden Siedelungen Nieder- und Oberwinden im Elztal gehört. Bekanntlich sind -winden-Orte Slavensiedelungen. Solche finden sich in größerer Anzahl in der Umgebung von Ansbach, und die in Oberbaden befindlichen werden als Aussprenglinge von ihnen angesehen.

IV. Die Einführung des Christentums und das frühe Mittelalter 500-1200 n. Chr.
Durch die Niederlage der Alamannen gegen die Franken 497, bei welcher die Ooslinie die Grenze beider Stämme wurde, fand das Christentum seinen Eingang. Es müssen während dieses Zeitraumes zwei Seiten von Bekehrungsunternehmungen und Klostergründungen unterschieden werden: die der irischen Mönche St.Fridolin, St.Hilarius, St.Trudpert und St.Severin, und die der Kluniazenserbewegung, erstere um 500-800, letztere ums 11. Jahrhundert.

In diesen beiden Strömungen treffen zwei Bewegungen im Gange der Besiedelung aufeinander. Die Besiedelung infolge Einflusses irischer Mönche hält sich an die Täler und steigt nur langsam in diesen auf; die der großen Klostergründungen greift mit kraftvoller Hand von der Höhe hinunter, nachdem sie sich zuerst diese gewonnen hatte.

Im 5. Jahrhundert wurde auf dem Mauracher Berg die Kapelle des heil. Severin erbaut. Sie diente dem Gottesdienste für die ganze Bewohnerschaft entlang der Straße von Denzlingen ins Elztal, sowie ins Glotter- und Wildgutachtal. In letzterem Talgebiete wohnte der Kelto-Romane Siegemann, nach dem das Tal und der Wald benannt wurden. Es muß ein angesehener Mann gewesen sein, denn man wartete mit dem Beginne des Gottesdienstes, bis er mit seinen “Völkern” erschienen war, was bei der Beschwerlichkeit des Weges nicht immer pünktlich geschehen konntet.

Später wurde im Elztal ein Kirchlein erbaut, das dem Ort „Waldkirch” seinen Namen brachte, und im 6. Jahrhundert bestand schon in Ebnet eine Kapelle, die dem heil. Hilarius geweiht war.

Das 6. Jahrhundert zeigt bereits allgemein einen Ausbau der Dorfgemarkungen; man wagte jetzt auch in die Seitentäler vorzudringen. Urkundliche Nachrichten über dieses Fortschreiten sind nicht vorhanden, aber als sie entstanden, waren die Namen von Tälern, Bächen und Bergen längst bekannt. Im 8. Jahrhundert waren die Dorfbewohnerschaften längst aus verwandtschaftlicher Zusammengehörigkeit in eine nur örtlich zusammenhängende ausgewachsen. Die Zah! der Höfe nahm zu, aber immerhin ist festzuhalten, daß bis gegen das 11. Jahrhundert der hohe Schwarzwald noch keine Spur von Besiedelung zeigt und durchaus als eine ununterbrochene Waldlandschaft zu denken ist. Erst durch die großen Klostergründungen wurden die Höhen des Schwarzwaldes menschlicher Tätigkeit eröffnet

1093 verlegte Berthold il. von Zähringen das Benediktinerkloster des heil. Petrus von Weilheim im Neckartal in die Nähe der Burg Zähringen.

Den Weg, den die den hohen Schwarzwald urbar machenden Mönche genommen haben müssen, um zu der abgelegenen Hochfläche zu gelangen, die ihre zukünftige Heimat werden sollte, war wohl der durch das Glottertal hinauf. Der Verkehr von oben nach unten hat das Tal in seinen fortschreitenden Besiedelungsverhältnissen glücklich beeinflußt. Zur Rodung der Hochfläche Von „St.Peter” wurden Leute herangezogen, denen man das urbar gemachte Stück Land zu Lehen gab. So gruppierten sich um das eigentliche Klosteranwesen bald die schon erwähnten “Seldgüter”, deren Insassen, die „Gottesleute”, dem Kloster zinspflichtig waren. Das Kloster selbst war von Matten und Feldern umgeben, auf denen die Mönche Viehzucht und Ackerbau betrieben, so gut letzteres in Form der Dreifelderwirtschaft glücken wollte. Es galt aber, den Klosterbesitz zu vergrößerte. Von Berthold II. und Ill. bekam das Kloster 1111 einen Neubruch, das „Gottschalksgereute” und den Weiler “Rohr”. 1121 erhielt es durch Vereinbarung mit dem Kloster St.Märgen zwei Lehen und die Erlaubnis, längs des Bergrückens zwischen Iben- und Wagensteigtal zu roden. In dem ersten Tal besaß es im 12. Jahrhundert schon eine größere Anzahl von Lehen und gegen Ende jenes Jahrhunderts umschrieben die Grenzen seines Besitzes das Gebiet, wie sie im Rot. Sanp” der die Zeit von 1095-1203 umfaßt, angegeben sind. Der Besitz reichte vom Ursprung der Glotter bis zum Steinbach bei St.Märgen, dem Spirzberg an der Wildgutach und bis zu der Wiesneck am Eingang des Iben- und Wagensteigtales.
 
1125 hatte das Hohenbergische Geschlecht ein Chorherrenstift des Augustinerordens in nächster Nachbarschaft von St.Peter gegründet. Es war Maria Zell, dessen Name sich im Volksmunde zu Märjen Zell, schließlich zu “St.Märgen” umgestaltet hatte. Die Lage des Klosters war rauher, die Mönche waren leichteren Regeln unterworfen und überdies des Klimas ungewohnt. So kam es, daß diese Stiftung von Anfang an schwerere Zeiten durchzumachen hatte und auch in seiner Kolonisationstätigkeit nicht so glücklich war wie St.Peter. Trotzdem war seine Verkehrslage nahe der alten Straße Wagensteig-Turner-Villingen, von der sich unweit des Klosters die Straße nach Breitnau-Neustadt abzweigte, günstig. In Breitnau hat auch schon 1017 eine Kirche gestanden, wie der steinerne Torbogen über dem Portal der Westseite der Kirche noch heute angibt, doch kann über ihre Zugehörigkeit nichts Bestimmtes ausgesagt werden, da die Pfarrakten bei dem Brande Breitnaus 1690 verloren gegangen sind. Im 11. Jahrhundert berührten sich bei St.Märgen Zähringen, Hohenbergischer und St.Gallener Besitz.Letzterer bestand in Güte, die sich vom Ausgang des Höllentales dem Nordabhange des Erzkastens entlang bis ins Hexental zogen und dem Kloster späterhin noch sehr wertvoll wurden. St.Gallen hatte bereits im 9. Jahrhundert eine Kirche in Kirchzarten erbaut.

Im Elztal war 915 die Gründung des· St.Margarethenstiftes in Waldkirch vollzogen worden. Im Jahre 926 erhielt es von seinem Stifter Burghard I. und dessen Gemahlin zwei Höfe in Wiehl und 994 von Otto III. den Hof Nußbach. Ferner unterstand dem Stift das untere Simonswäldertal, dessen Bewohner ihm ergebene Untertanen waren und infolge ihrer Abgeschlossenheit sich in Sitten und Gesinnungen ebenso wie in ihrem anthropologisch-ethnographischen Typus eine besondere Eigenart bewahrten.

In diese Periode fällt außer der großen Kolonisationstätigkeit der Beginn des aufblühenden Bergbaues, der die Besiedelungsverhältnisse späterhin stark beeinflußte. Eine Urkunde über Hofsgrund am Erzhasten (Schauinsland) sagt, daß 1028 König Konrad lI. dem Bistum in Basel einige Silberadern und Gruben im Breisgau schenkt. Im Suggental, wo ebenfalls Silbergruben waren, befanden sich im 12. Jahrhundert schon Siedelungen, denn der Ober-Adamshof zeigt auf dem Steinbogen seiner Kellertür die Jahreszahl 1170.

V. Das spätere Mittelalter und die Neuzeit von 1200 bis 1600.
Schon während der beiden letzten Jahrhunderte hatten die aufstrebenden Dynastenhäuser in das Besiedelungswesen fühlbar eingegriffen, und ihre Macht tritt von nun an uneingeschränkt in Kraft. Die für den Breisgau, insbesondere für das Gebiet der Dreisam und Elz maßgebendsten Grundherren waren die Zähringer, die Schwarzenberger, die Herren von Usenberg und Röteln als Nachbarn, die von Hohenberg, welche sich auch von Wiesneck nannten, und später die von Falkenstein und die Schnewelin.
 
Die Zähringer, denen 1118 Freiburg seine Gründung verdankt, besaßen das Gebiet der Glotter, des Roßkopfes, des Vorhügellandes bis Freiburg, das Föhren- und Wildtal. Sie treten im 10. Jahrhundert unter dem Namen der Birtilonen oder Bertholde in der Geschichte auf und haben ihren Sitz auf der Burg Zähringen oberhalb des gleichnamigen Dorfes, das 1008 urkundlich als solches genannt ist.

Im Elztal herrschten auf der Kastelburg die Schwarzenberger, deren Besitz 1139 laut Urkunde Stahlhof, Siensbach, Siegelau, Ober- und Unter-Glottertal, Ohrensbach, Heuweiler, Suggental und Katzenmoos umfaßt. Im 13. Jahrhundert erhalten sie die Burg als habsburgisches Lehen, und ihr Gebiet dehnt sich zu dieser Zeit über Waldkirch, Kollnau, Gutach, Bleibach, Kohlenbach, Simonswald, Oberwinden und Elzach aus.

Die Hohenberger hatten ihren Besitz vorzugsweise in der Baar, doch reichte er bis ins Dreisamtal hinein, in dem sie vereinzelte Güter besaßen, Kandel- und Fahrenbergkamm trennte sie von den Zähringern.

Die Herren von Wiesneck hatten das Attental und Güter in der Zartner Ebene, denn 1118 belehnten sie das Kloster St.Märgen mit einem dort liegenden Hofgut. 1318 folgte ihnen das Haus Schnewelin, deren Stammburg die „wilde Schneeburg” bei Oberried sein soll, die 1302 urkundlich genannt ist. Dieser Wechsel war für das Kloster St.Märgen nachteilig, da es mit dem Ausgang des Geschlechtes der Herren von Wiesneck seine Schützer verlor; denn von den Schnewelins wird berichtet, daß sie im ganzen Tal eine pharaonische Herrschaft ausübten.
 
Die Lehens- und Verkaufswirtschaft der Grundherren ist hier nicht ins einzelne gehend zu behandeln. Es soll nur festgestellt werden, wie der Besitz sich verteilte und durch Neuerschließung erweiterte. In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts besaß St.Märgen im Schweigbrunnen 40 Lehen, 4 Wiesen und 1 Mühle, im Spirzen und Diezendobel 1 Meierhof und 20 Lehen, bei Wiesneck, im Witten- und Attental 12 Lehen, bei Burg 1 Hof, 9 Lehen, 3 Wiesen, bei Zarten 1 Meierhof, 12 Höfe, 20 Leben, in Geroldstal und Birkenreute 20 Lehen. Im untern Dreisamtal hatte das 1221 gegründete Kloster Günterstal Ansprüche an Ebnet, dessen Kirche dem Nonnenstift unterstellt war.

Im Gebiete von St.Peter schritt die Ausbreitung der Klosterherrschaft stetig weiter. 1390 wurde im Glottertal eine Kirche erbaut, und in der letzten Hälfte des 15. Jahrhunderts war das Glottertal in vier Vogteien geteilt: Ober- und Unter-Glottertal, Ohrensbach und Föhrental mit je einem Dinghof. Aus den Jahren 1483 bis 1497 findet sich ein Verzeichnis von 11 St.Peterschen Zinsgütern im Lauterbach, 1 im Winterbach, und aus dem Jahr 1530 gibt es vom 10. Mai eine Aufzählung von 16 Gütern in und außerhalb des Dorfes Möringsbach, dem heutigen Ohrensbach. 1274 wird ein kaiserliches Hofgut im Wildtal genannt, und ebendaselbst ein Gut vom Landgraf von Thüringen an den Deutschen Orden verschenkt.

Im Laufe des 13., 14. und 15. Jahrhunderts hatte sich inzwischen der Bergbau zu einer gewissen Blüte emporgeschwungen, doch begann sich bereits ein Niedergang vorzubereiten, der im 16. Jahrhundert vollkommen eintrat. Um den Erzkasten herum wurden immer mehr Bergwerke erschlossen, die jedoch schnell erschöpft waren. Ebenso stand es mit den Gruben im Suggental, zu denen 1284 ein Graben von St.Peter aus hingeleitet worden war. Heut erinnern nur noch Flurnamem wie „Silbergrüble” oder „Silbernes Gut”, die Stollen im Suggental und Namen wie Poche bei Hofsgrund an jene Zeiten eifrigen Bergbetriebes. Mit dem Niedergang wäre es für die Bergleute schlimm bestellt gewesen, wenn sie nicht ihre teilweise recht ansehnlichen Ersparnisse beizeiten in Grundbesitz angelegt und sich Höfe gegründet hätten. So waren längs der Straße von Freiburg über Horben nach Hofsgrund und Todtnauberg hin eine Reihe von Siedelungen entstanden, und die genannten Orte selbst gehen mehr oder weniger auf diese Zeit zurück. Die gleiche Strecke zeigt aber auch die rohe Wirtschaftsweise dieser Periode in den großen Waldblößen; der Bergbau wurde mit Recht als ein waldverzehrendes Gewerbe verschrieen; 1611 kam endlich eine Waldordnung die der Waldverwüstung eine Ende setzte.
 
Aber auch die östlicher gelegene Hochebene zeigte keinen zusammenhängenden Waldbestand mehr. Dort hausten seit dem 15. Jahrhundert die Glasmacher, die ihre Hütten aufschlugen, wo sie das für ihr Gewerbe nötige Material fanden, abgelegene Waldgebiete erschlossen und durch die Rodung Areal für Wiesen oder Ackerbau freilegten. Nicht selten wurde die Glashütte der erste Anlaß zu einer Neusiedelung, wie der Name “Glashütte” noch heute da und dort andeutet.

Auch ohne Bergbau und Glashüttenbetrieb entstanden da und dort Neusiedelungen. So wurden z.B. vom Kloster St.Peter Holzknechte und Köhler herzugezogen, um Rodungen im Talgebiet der Wildgutach vorzunehmen. Sie bekamen auf vier Jahre einzelne Lehen zum Roden. Die abgeholzten Stämme wurden hinunter geflößt und im Tal verkauft. Auf diese Weise entwickelte sich gerade in diesem Gebiet der lebhafte Holzhandel, den die Simonswälder seither immer betrieben haben. Auch siedelte dort das Kloster frühere Bergleute aus Österreich und Bayern an, indem ihnen ein „wild, angemessen Feld, ungefähr 12 Jauchent“ zuerteilt wurde. Dies mußte gesäubert, geräumt, ausgestockt und gereutet werden; alsdann wurde es in Matten, Ackerfeld oder Weide verwandelt, schließlich zu Erb- und Eigentum überlassen. Ferner verlieh man in ähnlicher Weise „Möser”, d.h. Sumpf- und Moorgelände, das trocken gelegt werden mußte, wie in der Umgebung von Hinterstraß und Hinterzarten.

In der ganzen Kolonisationstätigkeit dieser Zeit hatte man einen großen Fehler begangen: die ausgegebenen Lehen waren zu klein bemessen. Man überlegte nicht, daß der Boden des Gebirgslandes weniger ertragsfähig war als der des flachen Landes, dessen Maß man beibehalten hatte. Dazu kam das Recht, solche Lehen nach Belieben zu verkaufen oder zu teilen, außerdem war das Abgabensystem ungeschickt gewählt, und diese Fehler rächten sich durch einen einschneidenden wirtschaftlichen Niedergang. Ein Blick auf die Preisverhältnisse gibt dazu folgendes Bild: im 13. Jahrhundert galt 1 Pfund Pfennige = 22 fl.; 1 Malter Korn kostete 1216 = 1-2 fl. 6 kr. Im 14. Jahrhundert war 1 Pfund Pfennige 12 fl.; 1 Malter Korn kostete 1-4 fl.; es kam also im 13. Jahrhundert der höchste Preis dem Mittelpreis des 14. Jahrhunderts gleich. Im 15. Jahrhundert war der Normalpreis 3 fl. 20 kr.; in den zwei Teuerungsjahren 1433 und 1438 = 14 fl.38 kr.

Die Folgen solcher Verhältnisse zeigten sich in einer rasch um sich greifenden Zerstückelung der Güter, so daß bald keines in seinem alten Zustande zu finden war. Im Ibental kamen z.B. auf 38 Lehen erst 19, dann 17 Höfe, in Vordereschbach auf 28 Lehen 16. Im Steurental bestanden von 7 Höfen nur noch 4, im Rechtenbach von 11 nur 7; im Rohr waren von 16 Höfen nur 1 geblieben, die andern lagen wüst. Hätte der Schwarzwaldbewohner sich nicht aus sich selbst heraus geholfen infolge der ihm innewohnenden Energie und Zähigkeit, der harten Erziehung, die ihm der Kampf um sein Dasein im Gebirgslande gegeben, er wäre nie das geworden, als was wir ihn in den folgenden Zeiten kennen lernen werden. —

Gegen Ende des 15. Jahrhunderts wurden die kleinen Lehen zu größeren Höfen zusammengezogen. Durch das geschlossene Hofgütersystem mit Einrichtung von Minoraten wurde weiterer Zerstückelung ein Ende gemacht. Diese Organisation war zunächst ein Sonderrecht, wurde aber allmählich Gewohnheitsrecht, ein Zwang von seiten der Behörden lag nicht vor. Seit dieser Zeit ist die Anzahl der Höfe annähernd die gleiche geblieben. Selbst die Kriege des 16. und 17. Jahrhunderts hatten weniger Höfe wüst gelegt als die ruhigen Zeiten des 15. Jahrhunderts. Das Eschbachtal zählte 1662 gegen 1618 nur 3, das Ibental nur 2 weniger; im Rohr war keiner ausgegangen. In Breitnau allerdings hatte der Franzosendurchzug 1690 nach persönlichen Mitteilungen den ganzen Ort bis auf einen Hof, den Neuhof, der vom Nebel verdeckt war, in Brand gelegt; doch sind die Höfe alle wieder aufgebaut.

Auch in der Bewirtschaftungsweise waren Änderungen eingetreten. An Stelle des Weideganges im Walde wurde die Mattenweide vorgezogen und mehr Graswirtschaft angestrebt. So hatte St.Peter 1525 nur 1/3 der Matten, die es 100 Jahre später besaß. Ebenso wurde die Brennwirtschaft möglichst eingeschränkt, doch findet man auch heute noch immer diese Art der Bodenzubereitung in den höheren Teilen des Gebirges.

VI. Die Periode von 1600 bis zur Gegenwart.
Dieser Zeitraum wird durch den Bauernkrieg 1524 eingeleitet, dessen Folge die Zerstörung fast aller Burgen und Herrensitze war, und der die Macht des Adels und des Ritterwesens auch in dieser Gegend endgültig brach.

Vom 30 jährigen Krieg und seinen Schrecken wurde der “hohe Schwarzwald” mit seinen abgelegenen Tälern nur indirekt betroffen; dagegen war das Dreisamtal mehrfach der Schauplatz kriegerischer Ereignisse wegen seiner bequemen Durchgangslage. Wagensteig und Dreisamtal dienten als Heerstraßen, welchen entlang an verschiedenen Punkten Schanzen errichtet wurden; ihre Spuren sind noch heute zu finden. Namen wie “Franzosenweg” oder “Schänzle” erinnern an jene Ereignisse. Doch selbst von diesen Zeitverhältnissen abgesehen, hatte sich das Leben des Schwarzwälder Bauern allmählich wesentlich geändert. Das Minoratsrecht zwang die vom Hofbesitz ausgeschlossenen Söhne, sich nach anderem Erwerb umzusehen. Teils wurden sie Tagelöhner, “Tauner”, die sich gelegentlich irgendwo ein Stück Land und ein Haus erwarben oder Waldarbeiter als Mietsleute bei sich aufnahmen. In der “Alme” von Föhrental z.B. liegen vier “Berghüsle” mit Tagelöhnern; sie zahlen meist keinen Hauszins, müssen aber im Sommer 3-5 Stück Rinder, im Winter Schafe und Schweine hüten und in der Ernte helfen. Sie pflanzen sich Roggen, Hafer, Kartoffeln, Hanf, und der Bauer pflügte ihnen das Feld. Ähnliche Verhältnisse sind überall zu finden; meist trägt das “Hüsle" den Namen des Hofes, von dem seine Bewohner abstammen.

Andrerseits reichte der Bodenertrag nur gerade für die eigenen Bedürfnisse, und es mußte auf andere Erwebsmittel gesonnen werden, die sich in einer anfangs bescheidenen, späterhin blühenden Hausindustrie fanden. Die Glasmacher ließen, in Handelskompagnien vereinigt, durch Hausierer ihre Waren im flachen Lande absetzen. Bei der Rückkehr brachten diese „Glasträger“ fremde Waren in die Heimat mit, Strohhüte, Blechlöffel und Holzuhren. Der Ausgangsort der Glasträger war die Hochebene von St.Peter bis Hinterstraß. So wurde diese Gegend die Heimat der Schwarzwaldgewerbe, die sich aus der Nachahmung der mitgebrachten Gegenstände langsam entwickelten. Die Strohflechterei ist im ganzen oberen Elztal zu Hause, Holzschnitzerei im Simonswäldertalgebiet; Löffelschmieden, die Löffel und Stiel aus einem Stück gossen, entstanden besonders in der Gegend von Neustadt. Der Name „Löffeltal“ mit seiner „Löffelschmiede“ im oberen Rotbachtal geht auf jene Zeit zurück.

Doch die Hauptindustrie dieses Teiles des Schwarzwaldes wurde die Uhrenindustrie. Bei Waldau im Glashof, der im Schweigbrunnen lag, wurde von Lorenz Frey die erste Waguhr hergestellt. Doch erst 100 Jahre später, 1725, kam das Gewerbe in Schwung. Durch das gute Einvernehmen zwischen Mönch und Bauer, das um diese Zeit bestand, fand der Uhrenkünstler im Kloster eifriges Verständnis, wie uns Abt Steyrer in seiner “Geschichte der Uhrenkunst” 1796 erzählt. Kunstliebende Mönche, wie z.B. Pater Thad. Rinderle, trugen nicht wenig dazu bei, die ganze Erfindung auf eine bessere Grundlage zustellen. Besonders als aus den primitiven Werken Spieluhren entstanden, wuchs das Interesse, und die Mönche halfen, die Instrumente auf Stücke von Haydn und Mozart einzustellen. Es wurde auch u. a. eine richtig gehende astronomisch-geographische Uhr verfertigt, und in der Vervollkommnung der äußeren Ausstattung, den bemalten Gehäusen, suchte man das Beste zu leisten; Hilfsgewerbler, wie Gestellmacher und Schildmaler, bildeten sich heran. Vielfach gab es Universalkünstler, die alles leisteten; so wird M. Faller aus Gütenbach als eine Art bäuerlicher Leonardo da Vinci seiner Zeit gerühmt. Die “kalte Herberge” war der Mittelpunkt, von wo aus man fünf Stunden im Umkreis die Orte zählen könne, wo es Uhrenkünstler gibt, so erzählt Steyrer. Littenweiler, Glottertal waren die entferntesten, Eschbach, Rohr, Seelgut, Ibental, Gutach, Hinterstraß, Glashütte, Furtwangen, Gütenbach die wichtigsten Orte dieser Industrie. Von ihnen aus wurden ihre Erzeugnisse durch Uhrenhändler in die Welt gebracht. Frug man sie, wohin sie gingen, so hieß die Antwort: “Ins Uhrenland”. Wir wissen, daß sie nach Amerika, nach Russland, nach der Türkei, ja nach Asien kamen, wo sie sich gern als Zauberer bewundern ließen. Sie bildeten eine Kompagnie, die strengen Regeln unterworfen war. Bei ihrer Heimkehr brachten sie Feuerschwämme, steyrische Sensen und Sicheln, ferner Singvögel aus Norddeutschland, Spitzen aus Lothringen, Achatdosen und mehr derartiges mit, was wieder neue Anregung für die erfinderischen Schwarzwälder brachte. Kehrten diese Wanderer von ihren Weltfahrten im Alter ganz heim, so kauften sie sich einen Hof, und so trugen auch sie zur Weiterbesiedelung mit bei. Die Preise für Uhren schwankten zwischen 1-3 fl. für Spielwerke erlösten sie aber viele Louisdors.

Es wurden jährlich etwa 75 000 Uhren angefertigt. Das Bewunderungswürdige liegt darin, daß diese Art Gewerbebetrieb absolut unbeeinflußt blieb von städtischem Zunftwesen oder staatliche! Kontrolle,  gegen die dem Schwarzwälder sein unbeugsamer Freiheitssinn und Trotz schützte; ferner findet dieser Hausierhandel durch seine feste, familienartige Organisation mit strengen Vorschriften wohl nirgends seinesgleichen. Neue Mitglieder wurden immer nur aus denselben Familien gewählt.
 
Gegen das 19. Jahrhundert hin beginnen die ersten Klagen über Mißerfolge; Unredlichkeiten und Feindschaften schädigten das Gewerbe; sodann hatten sich Unterhändler eingedrängt, die den Betrieb verteuerten, und schließlich griff die Großindustrie mit ihren reicheren Mitteln und Kenntnissen ein. Ein anderer Umstand,  der die Absatzgebiete beschränkte, lag in der Konkurrenz des Auslandes, in der Einführung von Schutzzöllen und im Verbot der Einführung der Schwarzwälder Uhren z.B. in Preußen und Schweden.

Im äußeren Bilde der Siedelungen hatte die Hausindustrie durch ihre Erfolge Einfluß auf die Bauweise geübt, indem der rein landwirtschaftliche Charakter der Höfe und Häuser sich in einen mehr städtischen umwandelte. Als Beispiel hierfür kann Gütenbach dienen und ebenso das ganze Elztal, in das immer mehr die Industrie großen Stils Eingang fand.

Schon 1368 wird in einer Markungsbeschreibung von Waldkirch gesagt:  „uf dem wege bi de sllfhuslin“; 1414 ist dort die erste Steinschleiferei nachzuweisen. Ursprünglich war Freiburg der Sitz der Edelsteinbearbeitung gewesen, dann war diese nach Waldkirch verlegt worden. Ende des 16. Jahrhunderts hatte der „Schwabenhans“ einen lebhaften Handel betrieben. Alljährlich zog er nach Böhmen, wo er die rohen Steine kaufte und die geschliffenen absetzte, denn die einheimischen Kristalle waren weniger wertvoll. Nach einer Periode des Rückganges blühte das Gewerbe unter Maria Theresia wieder auf. Es gab zu dieser seit 28 Schleifereien mit 108 Schleifern und 250 Bohrern und Polieren. Von nun an ließ der Betrieb von Jahrzehnt zu Jahrzehnt nach; 1862 wurde die Zunft aufgehoben; es bestanden nur noch 3-4 Schleifen mit 50-60 Arbeitern; 1902 nur noch 2, die etwa 60 Personen beschäftigen. Das Hauptabsatzgebiet ist England und Italien.

Die Herstellung der Musikwerke hat auch in Waldkirch eine Hauptstätte gefunden; es besteht hier eine berühmte Orgel- und Orchestrionfabrik.
 
Aus der nahen Schweiz war schon· im 15. Jahrhundert die Textilindustrie auch in das Schwarzwaldgebiet eingezogen, doch hielt sie sich mehr im südlichen Teil; nur im Elztal tritt sie schon lange stark in den Vordergrund. Waldkirch zählt 2 Seidenfabriken, Kollnau 1 Baumwollenspinnerei und -Weberei, Gutach 1 Nähseidefabik die zu einem Welthause geworden ist. Sie besitzt noch Anlagen im Prechtal, in Perosa und in Wien. Durch ihre Herstellung der Schappe- oder Floretseide aus Abfällen der Cocons und der Seide hat sie einen neuen Industriezweig geschaffen, der für den ganzen Kontinent in Betracht kommt, da nur England diese Seide bisher fertigte.

Kollnau besaß vor der Baumwollenspinnerei bereits ein nicht unbedeutendes Eisenwerk, und bis ins 19. Jahrhundert hatte sich noch ein Hammerwerk gehalten. In seiner unmittelbaren Nähe liegt das Gewann “Schmelzofen”, und aufgefundene Schlacken weisen auf ein größeres Werk zurück, das man ins 16. Jahrhundert setzt. Die Toneisen- und Bohnerzlager bei Kandern im südlichen Schwarzwald lieferten das Rohmaterial. Die Heizung der Hochöfen geschah mit Holzkohle, die von Köhlern gebrannt wurde, Korbmacher fertigten die Kohlbennen; so setzte das Werk eine Menge Personen in Nahrung. Die starken Wasserkräfte der Elz, 4-500 Pferdekräfte, trieben noch 2 Großhämmer, 2 Kleinhämmer und 1 Pochhammer, unter denen jährlich 4-6000 Zentner Eisen verarbeitet wurden. Der Betrieb war begünstigt durch den Holzreichtum der umliegenden Wälder, besonders des Simonswäldertales. 1869 wird das Werk endgültig eingestellt.
 
Elzach, die Endstation der Bahnlinie durch das Elztal, hat Holzdrehereien und zwei Leinenwebereien.

Die ganze Elztalindustrie beschäftigt hauptsächlich Einheimischte, nämlich 72%, Ortsangehörige. Ginge also die Industrie zurück, so würde die ganze Talbevölkerung schwer geschädigt werden.

Im Dreisamtal haben nur vereinzelte Orte industrielle Bedeutung. In Oberried sind wie im Zastlertal zahlreiche Sägemühlen, außerdem besitzt es eine Holzstofffabrik, in der Umgebung werden Bürsten gefertigt. In Falkensteig im untern Höllental befindet sich eine Drahtzug- und Drahtstiftfabrik sowie eine Eisengießerei. Der bemerkenswerteste Betrieb ist jedoch das Kappler Bergwerk, aus dem Bleiglanz und Zinkblende gefördert werden.

Noch ist der Ausnutzung der Mineralquellen zu gedenken. Im Dreisamgebiet war seinerzeit das Kybbad im Kappler Tal wegen seiner Stahlquelle etwa von 50 bis 60 Kurgästen besucht und zählte 9 Häuser. Heute ist es ohne Bedeutung. Littenweiler hat eine Stahlquelle von 14-16°C. und erfreut sich eines Besuches von etwa 120 Kurgästen. Im Elzgebiet war das Glotterbad mit seiner eisenhaltigen Quelle schon 1524 bekannt und ist heute noch, zum Sanatorium erweitert, stark besucht, wogegen Suggental, dessen “badhus” ebenfalls schon 1481 genannt wird, gegenwärtig nur als Luftkurort von Wert ist.

Mit der Aufhebung der Klöster und dem Übergang ihrer Güter in den Besitz des badischen Staates gestalteten sich die Verhältnisse der Siedelungen und ihrer Bevölkerung seit 1805 nach und nach so, wie sie sich heute darstellen.

Das Dreisamtal ist seit dem Bau der Höllentalbahn 1886 in seiner Bedeutung als Verbindungslinie mit Donaueschingen noch mehr hervorgetreten. Noch im Mittelalter war das Rotbachtal vollkommen unzugänglich; der später angelegte Saumpfad wurde erst 1770 zu einer Landstraße umgestaltet, die längs des Baches zur Hinterzartner Hochebene hinaufführte; heut übernimmt auf dieser Strecke die Bahnlinie den Haupttransport und hat dadurch die Bedeutung des Wagensteigtales in den Hintergrund gedrängt.

Nachstehend folgt die Gruppierung der Orte nach der Zeit ihres Bekanntwerdens. Die Jahreszahlen sind dem “Topographischen Wörterbuch des Großherzogtums Baden” von A. Krieger, 2. Aufl., und teils auch archivalischen Quellen entnommen, unter denen das Breisgauer Archiv, das von St.Peter, St.Märgen, Oberried und Waldkirch, für diese Arbeit am meisten verwendet wurden. Für die Höfe wurden die Zahlen durch Umfrage erhalten und dürfen als möglichst sichere Angaben gelten.
I. Periode bis 200 v. Chr. Tarodunum
ll. Periode: 58 v. Chr. bis 260 n. Chr. 
Tarodunum als römische Niederlassung
IIl. Periode: 300 bis 500 n. Chr. 
-ingen-Orte, urkundlich erst in der
IV. Periode: 500 bis 1200. Kapelle auf Mauracher Berg . . . .
Kirchzarten . . . .
Margarethenstift in Waldkirch . . . .
Hof Nußbach . . . .
Denzlingen . . . .
Gundelfingen . . . .
Kirche und Höfe Breitnau . . . .
Zähringen . . . .
St.Peter . . . .
Rohr bei St.Peter . . . .
Ibental . . . .
Eschbach . . . .
Glottertal . . . .
Waldkirch . . . .
Reichenbach . . . .
Wildgutach . . . .
Horben . . . .
Hof Schönberg . . . .
St.Märgen . . . .
Wagensteig . . . .
Stahlhof, Siensbach, Siegelau, Ober- u. Unterglottertal, Ohrensbach, Heuweiler, Suggental, Katzenmoos . . . .
Oberer Adamshof (Suggental) . . . .
Simonswald . . . .
Bleibach . . . .
Prechtal . . . .

ca. 500
765
915
994
984
1008
1017
1008
1093
1100
1111
1112
1112
1111-1112
1112
1111
1111
1121
1125
1125

1139
1170
1178
1178
1178
V. Periode; 1200 bis 1600.
1200
Wittental . . . .
Gut in Spitzenbach
. . . .
Günterstal
. . . .
Weilersbach . . . .
Falkensteig . . . .
Gut zu Kappel
. . . .
Gut in Wildtal . . . .
Schweighof . . . .
Breitnau
. . . .
Elzach . . . .
Attental
. . . .
Kappel . . . .
Reute im Hofsgrund . . . .
Gut zu Geroldstal . . . .
Nieder-Winden . . . .
Wittelsbach und Brugga . . . .

1300
Buchenbach . . . .
Mußbach . . . .
Kollnau . . . .
Oberried . . . .
Rechtenbach . . . .
Küchlinsburg . . . .
Eckleberg . . . .
1 Lehen i. Haslach . . . .
Mauracherhof . . . .
Rohrhardsberg . . . .
Kohlenbach . . . .
Selbig
Heuweiler
. . . .
Heimegg . . . .
Steurental . . . .
Spielmannslehen zu Siegelau . . . .
Boßhof . . . .
Spitzen . . . .
Schweigbrunn . . . .
Reichenbach
. . . .
Gütenbach . . . .
Buchholz . . . .
Dettenbach . . . .
Zu den Stöcken . . . .
Bannmühle im Simonswald . . . .
Lautenackerhof . . . .
Erlenbach . . . .
Spitalhof zu Wülptal . . . .
Gscheid
. . . .
Schwangen
. . . .
Dürrenberg
. . . .
Reschhöfe
. . . . 
In der Bach . . . .

1400
Erlenhof . . . .
Schachen . . . .
Seelgut . . . .
Ziegelhüttenhof . . . .
Ödenbach . . . .
Hinterstraß . . . .
Küchlehof . . . .
Füßnacht
. . . .
Schrahof . . . .
Landwasser
. . . .
Kregelbach . . . .
Ladhof
. . . .
Fallengrund . . . .
Wolfsteighof . . . .
Steinhof, Schafhof, Hulochhof, Kapfenhof . . . .
Steingrabenhof, Rotenhof, Steighof, Spitalhof, Muckenhof, Spiegelhalterhof . . . .
Ober-Prechtal
. . . .
Gutach . . . .
Gitzenhof . . . .

1200
1215
1221
1244
1272
1272
1273
1273
1275
1275
1276
1277
1289
1292
1293
1298


1302
1309
1309
1311
1317
1327
1328
1331
1331
1335
1341
1341
1341
1341
1342
1351
1354
1357
1357
1359
1360
1363
1364
1365
1394
1396
1397
1398
14. Jhrh
14. Jhrh
14. Jhrh
14. Jhrh
14. Jhrh


1407
1423
1429
1443
1446
1446
1449
1461
1466
14.-15. Jhrh.
1465
1466
1470
1470
1470

1470
1480
1484
1488


1500
Ibich . . . .
Breitnau: Hinterdorf
. . . .
Glotterbad . . . .
Spillhof, Schimperle-, Waldbrunnen-, Merzen-, Jäger-, Michelbach-, Gehrihof, Leimenstollen, Weiler, Rufe-,Oberrufe-und Murstenhof . . . .
Lehhof . . . .
Hallersberg
. . . .
Schönhof . . . .
Wilmershof
. . . .
Schlüpfhof im Kappelertal . . . .
Wellishöfe . . . .
Risslerberg . . . .
Rüttlersberg . . . .
Holzberg . . . .
Kilpen . . . .
Ober- u. Unter- Lehmannsgrund . . . .
Wolfsgrund . . . .
Fallengrund . . . .
Langengrund . . . .

1600
Dorenhof
Vorder-Wilmenhof
4 Höfe in Rohrhardsberg
Schweizerlehof
12 Höfe in Eschbach
Höfe in Buchenbach
Obers-Hercherhof .
Hinterzarten
Bläsihof
Wehrlemartenshof
Vogthof
Saiershäusle
Ramflerhof

1700
Hugemichelshof, Molzenhof, Zipfeljockenhof, Bruggerhof, Wüstloch, Stubenhof
Höfe im Föhrental
Gassenbauernhof
Burghardshof
Glaserhansenhof
Kläuslehof
Dumichelhof
Felsenhäusle
Uhrenhäusle
Küchlehof
Thomalihof
18 Höfe in Eschbach
Breulershof
Haldenhof
Mederlehof
Wirtshaus im Wilhelmstal
Unter-Wittenbach
Steinwasen

1800
Haberstrohhof
Nessellachen
Hörmannsberg
Hinterwald
Katzensteig
Winterhaldenhof
Adamshof
Lachhof
Hinterer Streifehof
Emmlerhof
Wanglershof

1515
1554
1565


1571
1573
1579
1587
1591
1593
16. Jhrh.
      "
      "
      "
      "
      "
      "
      "
      "


1616
1650
1650
ca 1650
1650
1670
1671
16./17. Jhrh.
1685
1686
1697
1696
17. Jhrh.


1700
1700
1706
1710
1716
1720
1730
1732
1737
1740
1750
1700/1750
1750
1757
1764
1772
1773
1790



1800
1800
1800
1812
1819
1828
1836
1875
1880
1896
1906

Zu dieser Übersicht ist zu bemerken, daß die Höfe, die nach 1700 erstanden, vielleicht teilweise nur Ersatzbauten und keine Neugründungen sind.

2. Die Ortsnamen.
Die im vorstehenden genannten Dörfer, Weiter und Zinken geben eine Übersicht der im Gebiet vorkommenden Ortsnamen. Aus ihnen sind wichtige Schlüsse auf die Entstehungszeit der betreffenden Siedelungen zu ziehen. Sie lassen die Wohnplätze wenigstens teilweise in die unterschiedenen Siedelungsperioden einreihen, doch ist eine genaue Abgrenzung nicht immer möglich, besonders nicht in der IIl. und IV. Periode. Es müssen fernerhin die Namen der geschlossenen Ortschaften von denen der Einzelsiedelungen geschieden werden. Diese letzteren treten erst von dem Augenblick an bestimmend hervor, als der “hohe Schwarzwald“ kolonisiert wurde. Aus der Zeit vorher ist kein Einzelhof des Gebietes urkundlich aufzufinden gewesen.

l. In die Periode keltischer Besiedelung ist als Ortsname nur Tarodunum zu setzen; keltisch dunon = ahd. zun, uhd. Zaun, engl. town bedeutet “feste Stadt”. Keltische Denkrnäler in der Namengebung haben sich noch in den Bezeichnungen dreier Flüsse erwiesen:
Dreisam =Treisamen ist ein Superlativ zum Stamme trag = laufen; Elz geht zurück auf altin, Stamm al, Wurzel ar = “eilen”; und Glotter birgt den Stamm clot, die Wurzel clu = “spülen”, reinigen.

Es sind, entsprechend keltischer Gewohnheit, physische Eigenschaften des Wassers, die durch die Bezeichnungen ausgedrückt sind. Dazu kommt noch der Name des durch die genannten Flüsse umschlossenen Gebirgsmassives “Kandel”, der auch als keltischen Ursprunges gilt.

Il. Aus der römischen Zeit ist in unserem Gebiet keine andere Spur, als die von den Römern ausgenutzte Keltensiedelung Tarodunum geblieben. Um so mehr tritt die Namengebung hervor, als die Alamannen anfingen, Siedelungen zu gründen; nun nimmt die Häufung der Namen von Jahrhunderte zu Jahrhundert zu.

III. Die ältesten germanischen Ortsnamen sind in den schon erwähnten -ingen-Orten mit davor stehendem Geschlechtsnamen zu sehen. Riezler betont ausdrücklich, daß die echten “ingen” keinerlei christlichen Anklang tragen; es sind die Orte: Zähringen, Denzlingen, Gundelfingen.

Eine zweite Gruppe von Namen entstand bei fortschreitender Besiedelung längs der Bäche, sie beziehen sich auf das Wasser selbst und auf die Eigenschaften des umgebenden Landes. Das zugrunde liegende Bestimmungswort ist:
1.  –ach, ahd. aha, got. ahwa; es bedeutet stets fließendes Wasser: Elzach, Gutach, Yach, Haslach. In den letzten beiden Namen ist bereits die Verbindung mit einem der Umgebung des Baches entnommenen charakteristischen Merkmal zu erkennen. In Yach steckt wohl iba = Eibe, in Haslach ist das Vorhandensein von Haselstrauchwerk ausgedrückt. Solche Namen sind nach den verschiedensten Untersuchungen späteren Ursprungs.

2.
Häufiger ist das Bestimmungswort -bach: Eschbach, Buchenbach, Weilersbach, Dietenbach, Ödenbach, Bleibach, Biedersbach, Ohrensbach, Mörinsbach, Siensbach usw.


Die Erklärung ergibt sich nach den angeführten Beispielen so klar, daß nicht alle -bach-Bezeichnungen angeführt zu werden brauchen. Je abgelegener sie sind, wie einzelne Zinken: Kregelbach, Fischbach, Engenbach, Erlenbach, Alpersbach, desto weiter vorgerückte Kolonisationszeit deuten sie an. Die mit einem Personennamen zusammengesetzten -bach-Bezeichnungen sind älter: Ohrensbach aus Möringspach = Bach des Morino.

3. -au ahd. ouwa, mhd. ouwe = Aue, in der Bedeutung von Wiesenland in der Nähe des Baches, “ ev. einer Flußinsel: Breitnau = breite ouwa, bezieht sich etwa auf ein Gebiet von 3 bis 50 Morgen Feldflur. Kollnau = Kolbenouwe, Au des Kolbo. Siegelau = Au des Sigilo; Frischnau Auch in „Arche” soll dasselbe Wort zugrunde liegen; 1354 heißt der Weiler im Elztal archawe; arch mit der Bedeutung von Damm.

4. Ebanoti = Ebene in “Ebnet".

5. -brunn, ahd. brunno, mhd. drunne Quell, Bronnen: Schweigbrunnen, ein Zinken im Wagensteigtal, gehört aber späterer Besiedelung an. Sweiga ist ein Viehhof, neben dem sich wohl ein Brunnen als Viehtränke befand. Die Lage des Zinkens weist auf schon vorhandene Besiedelung der Hochfläche hin. Ebenso später die Schweighöfe bei St.Märgen.

6. -lacha = eine Stelle der Wasseransammlung: Nessellachen, Berlachen, beides Zinken.

7. -wasser: Landwasser, Unterwasser.

8. -ahd. giozo = fließendes Wasser: Gitzenhof.

Es folgt nun eine 3. Gruppe von Namen, die sich auf Geländeverhältnisse beziehen: -berg, -tal, -halde, -eck, -matte, -acker, -tobel, -grund. Namen von dieser Zusammensetzung gibt es in großer Anzahl; sie alle anzuführen, scheint nicht notwendig, da sie sich von selbst erklären. Sie greifen auch bereits stark in die IV. Periode ein, während welcher durch die Klöster die Besiedelung aufgenommen wurde. Es mögen nur die wichtigsten und typischsten Namen genannt werden.

9. -buch ahd. buoch mit Zusammensetzung von -holz: Buchholz, Buchenbach, dessen Lage Buchengehölz am Bache vermuten läßt. Jungholz = junger Nachwuchs.

10. -eck, -egg ahd. -ekka Bergvorsprung, Ecke: Wiesnegg, Heimegg, Langeck, Eckle, Eckleberg = ze den Eggen” 1328.

11. -hriot ahd., riot = eine mit Schilfrohr bewachsene Stelle, und - moos mhd. = Moor: Oberried; es muß das Talgebiet sehr wasserreich gewesen sein, denn die Karte von 1776 zeigt noch zwei Weiher in der Nähe des ehemaligen Klosters, die heute nicht mehr vorhanden sind. - Mooshof bei St.Peter, Moserberg.

12. -hor, ahd. horo, gen. horawes = Sumpf : Horben.

13. -schachen, ein kleines zungenförmiges Gehölz, war eine dialekrische Bezeichnung: Am Schachen (1423).

14. ahd. studa = Staude: Stauden “ren studen“ 14. Jhrh.

15. ahd stoc = Baumstamm: Stöcken “ze den stoecken“; Steckenbühl, Zinken bei Horben.

16. -horn = Berghorn: Hernishof, 16.. Jhrh. “gut auf der Hörne”. Hornbühl, ein Haus am Hange eines Berghornes; Hornhof.
 
17. -tobel ahd. tobal Klinge, Schlucht, ist echt alamannische Bezeichnung und sehr verbreitet: Diezendobel, Griesdobel, Sägendobel usw.

18. -first = Berggipfel: Eschenfirst (Hof aus dem 14. Jhrh.) im Simonswäldertal.

19. ahd. -sicac. = Holzschlag, ein Zinken bei St.Märgen.
 
20. -kapf = ein runder Hügel: Kapfenhof , das gut an dem Kapfen 1470.

IV. Die folgende Gruppe enthält die Namen, welche sich auf menschliche Tätigkeit und Lebensweise beziehen. Sie gehen in der Hauptsache auf die Periode des Mittelalters zurück, in welcher durch den Bergbau die Brennwirtschaft so stark überhand nahm.

Dazu gehören zunächst alle Namen, in denen

1. ahd. riute steckt, ebenso rot, rode mhd. = roden: Reutebachhöfe, Zinken bei Freiburg 1260. Greuthof, zu Unter-Simonswald gehörig. Riedern, Zinken bei Gutach.
 
2. ahd. Mhd. - “swand = Rodung, durch swenden gewonnenes Acker- oder Weideland: Schwangen, ursprünglich Swanden; Gschwandhöfe zu Unter-Glottertal und St.Peter. Schwanental bei Gütenbach. Altes Mis-swende in Oberried, Mis = Sumpf.

3. -brand, -brende = Waldstelle durch Feuer gerodet: Brenden, Brand, Brandenburg, ein Flurname bei Burg im DreisamtaL

4. ahd. —bür = Wohnung, Gehöft, kommt in den Namen vieler Höfe zum Ausdruck.
 
5. ahd. burg: Burg im Dreisamtal. ·

6. -hof = Hof: Stahlhof, Ladhof (1466) Weiler im Elztal, war ein Ort, zu welchem zu Gericht geladen wurde.
 
7. -kirch, ahd. chirchha und “

8. -cappeiia = Kapelle: Waldkirch, Kirchzarten; Kilpach im 16.. Jahrhundert Kyrchbach; Kappel.

9. In die gleiche Zeit wie die -kirch-Orte fallen wohl die nach Heiligen und nach Ständen genannten Siedelungen. Heiligennamen liegen vor in: St.Märgen, St.Peter, St.Ottilien, St.Barbara, St.Valentin, St.Wilhelm.
 
10. Namen, vom Stand abgeleitet: Nonnenbach, Pfaffendobel, Herrengraben.
 
11. -müra Mauer: Mauracher Hof.

12. –steg, mbd. stec = Brücke und stög = Steige, ein kleiner Weg: Wagensteig, Stegen, Steig, “Wolfssteig", “das gut in der woikstigen“, 1470 genannt, bei St.Peter.
 
Im 15. Jahrhundert waren die Wölfe im Gebirge noch in Menge vorhanden; es besteht darüber aus dieser Zeit eine diesbezügliche Dorfordnung Ottensteg, ein Zinken bei Gutach, = Steg des Hotto.

13. -straza =Kunststraße: Hinterstraß.

14. -scheid =Grenze: Gscheid, ein Zinken bei Siegelau.

15. ahd. gruoba = Grube: Leimgrubenhöfe bei Gütenbach.

Eine Gruppe von Ortsnamen hat Bestimmungsworte, die dem bodenständigen Gewerbe entnommen sind, z.B.

16. Bergbau: Bleibach mit dem Weiter Stollen. Der gleiche Name findet sich auch bei Hofsgrund, wo neben Stolien “Poche” ein Häusername ist. Ferner Silberberg, Goldberg, Silbergrüble

17. Glasmacherkunst: Glashütte, Glaserberg, Glasträgerhof, Salpeterhof.

Auch der Boden selbst dient zu Bezeichnungen, so “Steingraben”, Steinhof.

18. Eine große Anzahl vorkommender Namen bezieht sich auf den Pflanzenwuchs der betreffenden Stellen, wo eine Siedelung entstand. Birkenreute, Birkleweghof u.a.- Ibich, Ibental leitet sich ab von “Eibe”, ahd. Iba, iwa = der Eibenbaum. - Erlenach, Eschbach aus aspa = Espe. -Haslach aus hasela = Haselstaude. -Föhrental mhd. vorhe: = Kiefer. -Farrengrund von fam = Farnkraut. -Elme, ein Weiler im Simonswald, von “Ulme”. -Laberholz ein Zinken von St.Märgen, könnte herrühren von: leber (scirpus) = laber, G) = Binse. lav ist Wurzel und bedeutet “netzen””. Im 14. Jahrhundert ist der Zinken unter “lebraha” genannt. Außerdem der “Lebersteinhof”.
 
19. Namen, deren Bestimmungswort sich auf Tiere bezieht: Wolfsteighof,  Falkensteig, Luchshalde, Schweighöfe = sweiga Viehhof. - Vogelsanghöf “uf der vogelsang 1565 im Suggental. –Muckenhof =  mhd. Mucca = kleine kleine Fliege.
 
20. Gruppe von Ortsnamen deren Bestimmungswort ein Zahl- oder Eigenschaftswort ist: Dreistegen, Dreidobel, Dreieck.

Zweribach ahd. Twer = quer, dazwischenliegend –Finsterbach, Hübschental, Ödenbach. - Gütenbach: 1360 Wuotendachk enthält das Beiwort “wütend” wie in Wutach.

V. Einer besonderen Erklärung bedürfen noch mehrere auffallende Ortsbezeichnungen. Prechtal: 1400 ze Gebrechte in dem tal; Gebreche = ein vom Winde gebrochener Wald. - Grün: Weiler in Alt-Simonswald; ahd. gruoni = ein großer, bewaldeter Platz. Besser erscheint, weil der Lage entsprechend, die Herleitung vom dialektischen grien = Sand” oder Kiesanschwemmung im Bachbett. -Kregelbach: Weiter in Alt-Simonswald; Kreckel = eine kleine krüppelige Waldung. – Selbig: Zinken in Biederbach, heißt 16. Jahrhundert “uf der· selbach“.

Die Namen der Einzelhöfe enthalten meistens einen Personennamen als Bestimmungswort. Doch finden sich auch eine große Anzahl von Namen, die an ähnliche Umstände erinnern, wie bei den Bezeichnungen größerer Orte. Als besonders eigenartig mögen hervorgehoben werden: Scheiben (Alt-Simonswald): ein Ort, wo am weißen Sonntag Feuerscheiben geworfen werden. Die sichtbare Lage der Höfe ließe diese Deutung zu. -Pfisterhof (St.Peter): pfister = lt. pistor, Bäcker, also ein Hof mit Backofen. - Molzenhof (St.Peter): Unter “Molze” versteht man einen Holzfang unter der Holzriese. –Sohlbauerhof: mhd. so! = Wildlache. –Lautackerhof: ahd. Klutar = lauter, wovon auch Glotter abgeleitet wird; 1396 heißt sie die Luterbech. Dort wird der Hof erwähnt: “ze glotter im Luterbach has und hof” –Hecken, ein Häusername bedeutet ahgelegen oder ein Ort in der Nähe alter Verschanzungen, wie sie im oberen Elztal nicht selten zu finden sind. An diese erinnert der “Schänzlehof”.

Volksetymologisch umgestaltete Namen sind: Ohrensbach aus Möringspach 1530 infolge Assimilation: im Möringspach. - Dumichelshof in Falkensteig hieß ursprünglich “Taubenmichelshof”. -Rutsepp (St.Peter) leitet sich höchst wahrscheinlich von “reuten” = roden ab. -Ein Übername, deren es sicher noch manche andere gibt, mag in der Bezeichnung “Gerngroßhof” (St.Peter) stecken.

3. Die ausgegangenen Siedelungen.
A. Poinsignon hat die “Ödungen und Wüstungen im Breisgau” bereits in Z.G.O. Bd. ll 1887 zusammengestellt. Es wurden dabei alle Arten menschlicher Ansiedelungen in Betracht gezogen: Dörfer, Weiler, Höfe, Mühlen, Burgen, Edelsitze, Klöster, Kirchen und Kapellen, zusammen 167 Nummern, von denen 36 in das Gebiet der Dreisam und Elz fallen. Seit 1887 hat sich diese Zahl kaum geändert. Größere Wüstungen sind keinesfalls hinzugetreten; nur die in diesem Zeitraum “abgegangenen” Höfe können die Anzahl etwas erhöhen.

Eine Wiederholung des von Poinsignon alphabetisch aufgestellten Verzeichnisses dürfte unangebracht erscheinen. Hingegen mag ein orientierender Überblick über die Arten der Ordnungen das Siedelungsbild vervollständigen und darum berechtigt sein.

Die Wüstungen, die sich dem Auge am meisten aufdrängen, sind Ruinen alter Burgen. Abgesehen davon, daß sie jederzeit die Romantik einer Gegend erhöhen, sind sie zweifelsohne “ein Gegenstand geographischer Betrachtung”, als der sie von Ratzel (Anthopogeographie Bd. il S. 510 ff.) bezeichnet werden.

Je nach dem Zweck der Burgen war ihre Lage entweder offen oder versteckt; schon durch diesen Gegensatz deuten sie eine gute oder böse Absicht ihrer Herren an.
 
Herrscherdynastien wählten ihre Stammsitze gern auf Bergkuppen oder Vorsprüngen, auch wohl am Talausgange, im Rücken geschützt, doch nach vorn mit beherrschender Fernsicht über nächste und weitere Umgebung. In dem Abschnitt über die Siedelungsperioden wurden die im Dreisam- und Elztalgebiet begüterten und ansässigen Dynastengeschlechter bereits angeführt; es sind wesentlich die Zähringen die Schwarzenberger und die Herren von Hohenberg später von Wiesneck genannt.

Die Burg der Zähringen von der heute nur noch ein 1830 wieder zugänglich gemachter Turm steht, erhob sich nördlich von der Stadt Freiburg auf einem 480 m hohen Vorhügel des Roßkopfes zwischen Wildtal und Dreisamtal. Sie beherrschte durch diese Lage die ganze Freiburger Bucht.

Die Schwarzenberger hatten anfangs ihre Burg gleichen Namens auf dem Westabhang des Kandelkammes ziemlich entlegen in tiefer Waldeinsamkeit erbaut, so daß man die Ruine heute mühsam suchen muß, wenn man die Lage der einstigen Burg kennen lernen will. Späterhin lebten sie auf der Kastelburg oberhalb Waldkirch, am Südosthang des Hünersedel auf einem ins Elztal sich vorschiebenden Höhenzuge gelegen. Die Burg beherrscht den Ausgang des Elztals in die Ebene vollständig.

Eine ähnliche Lage hatte der Sitz der Hohenberg, die Burg Wiesneck, die den Eingang ins Iben- und Wagensteigtal bewachte und an der wichtigen Verkehrsstraße von Freiburg durch das Dreisamtal nach Villingen hin lag.

Die in Schluchten und engen Tälern fast unzugänglich liegenden Burgen erinnern zumeist an Zeiten des Raubritterwesens. Die Ruine der Falkensteinburg im finsteren Höllental, durch das im Mittelalter nur ein Saumpfad führte, und die “Wilde Schneeburg” südlich von Oberried auf einer felsigen Vorhöhe unterhalb der Gefällmatten waren die Sitze der Familien von Falkenstein und Schnewelin, die einst schwere Zeiten über das Dreisamgebiet gebracht haben. Beide Burgen wurden im 14. Jahrhundet durch die Freiburger zerstört.

Außer diesen Ruinen hat Poinsignon noch eine Anzahl von Edelsitzen nachgewiesen, deren Spuren nur noch in benachbarten Flurbezeichnungen sich finden lassen; wie “Schloßbühl”, “Schloßacker”, “Burghalde” oder “Heidenschloß”. Sie lagen im Wildgutach-, Glotter,- und Kirchzartner Tale:
Heidenschloß 13. Jahrhundert, F.B.A. XV 154.
Winterbach, Kolb lll 391.
Wittelsbach, schon 1296 zerstört.
Holdental im Wildtal, 1306, Z.G.O. XI 447.
Küchlinsburg bei Waldkirch, bis 1599 erwähnt
Neuhäuser, später Neu-Falkenstein nach Bader, zwischen Brugga und Krummbach.
Dietenbach, 1409
Falkenbühl 1459.
Nieder-Spitzenbach noch 1816, nach Kolb III 19.

Die vorhandenen Flurbezeichnungen lassen auch Stellen ehemaliger Hofgüter erkennen. So weist z.B. bei Horben der Flurname “Althaus” auf einen noch 1843 bestehenden Hof „Althäusle“ hin, und ähnliche Fälle lassen sich noch mehr auffinden. Poinsignon hat für die vorliegende Gebiet sieben große Hofgüter nachgewiesen:

Burkarzlehen, zwischen Attental und Wagensteig, 1357; Spit.-Urk., 27. V. l.

Banzermoos, in der Nähe der Spitzen.
Berlachen, 1200 erwähnt, im Kappeler Tal.
Bernhaupten, 1112 in der Grenzbeschreibung von St.Peter genannt.
Bickenreute, 1462, ältestes Salgut von St.Märgen.
Kolbach, 1311 in Spit.-Urk. erwähnt, im Kirchzartner Tal zwischen Burg und Burkarzlehen.
Laberhöfe = Labirn, 1161, Thennenb. Güterbuch; bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts vorhanden.

Von Häusergruppen resp. kleinen Weilern haben bestanden und sind eingegangen:

Gitzenhofen, 1311, kleiner Weiler im oberen Kirchzartner Tale; Badenia lll 141.

Mettenzarten, westlich bei Kirchzarten, wurde noch 1344 von diesem unterschieden.
Mißwende, 1329, an der Mündung des Weilerbaches in den Osterbach erwähnt.
Meerswendi, am Ausgang des Zastlertales, Kolb Ill 104.
Reuti, ein Kirchdorf unterhalb der Burg Zähringen, 1275. “Reutebacher Höfe”.

Aus der geographischen Lage dieser eingegangenen Siedelungen läßt sich erkennen, daß das Kirchzartner Tal zeitweilig mehr Wohnstätten hatte als in der Gegenwart. Die Ursachen, denen zufolge hier mehrere Höfe und Häusergruppen eingegangen sind, mögen einerseits in den Kriegszeiten zu suchen sein, durch die das untere Dreisamtal stark bedrängt war, andererseits mögen sie bei der Zusammenziehung der zersplitterten Lehen und Güter aufgesogen worden sein.
 
Ein Vergleich der derzeitigen Siedelungsverteilung mit derjenigen, die die ältere topographische Karte des Großherzogtums Baden etwa für 1852 vergleicht, beweist das Eingehen mehrerer Höfe auch noch in jüngster Zeit. Diese lagen meistens im rauhen, höheren Schwarzwalde. Entweder sind sie abgebrannt oder vom Staate oder der fürstlich fürstenbergischen Verwaltung aufgekauft worden, um Neuaufforstungen vorzunehmen. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß mit der Zeit noch mehr solcher Höfe verloren gehen werden, denn mangelnde Mittel und Unlust lassen die Bewirtschaftung immer schwieriger werden. So war bei den Wanderungen aus Gesprächen mit den Bauern zu entnehmen, daß es den jüngeren Hofbesitzern neuerdings mitunter schwer wird, sich passend zu verheiraten. Die Mädchen aus den unteren Tälern mögen auf keinen entlegeneren Hof ziehen. Ein Bauer aus dem Wildtal muß sich schon seine Frau aus dem hohen Schwarzwalde holen; diese geht gern in das tief gelegene, der Stadt näher gerückte Tal, während eine aus der Gegend selbst dieses schon zu einsam findet.

Als in den letzten fünf Jahrzehnten abgegangene Höfe wurden festgestellt:
In der Gemeinde Glottertal: Kunklerwaldhof
                            Breitnau: Klenksenhof
                            Eschbach: Schererhof
                            Wildtal: Willmannshof, Haitzlerhof, Schönihof, Spillhof

Gelegentlich deuten auch Flurnamen auf das einstige Bestehen von Kapellen und Kirchen hin, wie: “Peterskirchle”, Kapellenacker usw. Es könnte aber auch damit ein Besitz der Kirche bezeichnet sein. Immerhin war der Einfluß der Klöster überall groß, und es wird nicht in Erstaunen setzen können, wenn im einsamen Wildgutachtal da und dort eine Kapelle gestanden hat, die heute nicht mehr vorhanden ist. Auch die kleine Kapelle St.Barbeln (Barbara) oberhalb Littenweiler ist hier zu nennen. In St.Valentin bei Günterstal, wo im 14. Jahrhundert eine Kapelle mit Klause stand ist heute nur noch ein Forsthaus.
 
Sehr groß ist nach den vorstehenden Ausführungen die Zahl der Ödungen und Wüstungen in unserem Gebiete nicht. Immerhin zeigt ihr Vorhandensein, daß die Veränderungen in der Zahl der Siedelungen sich zeitweilig auch in absteigender Kurve vollzogen. Daß dieser Vorgang, besonders in der neueren Zeit, für die Gesamtheit der Schwarzwaldbevölkerung viel mehr günstig als ungünstig wirkt, ist unverkennbar.

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