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Erinnerungen an Arnold Wiederkehr (1892-1958)

Pfarrer in Eschbach von 1935 bis Januar 1947

Aus unserer Erzdiözese
25. Juli 1958
Am Feste des heiligen Apostels Jakobus verschied nach langem, schmerzlichem Leiden im Krankenhaus von Singen der H. H. Geistliche Rat Arnold Wiederkehr, Spiritual der Kongregation der Schwestern vom Heiligen Kreuz in Hegne. Nachdem ihm in den letzten Jahren die angegriffene Gesundheit zu schaffen gemacht hatte, suchte er durch eine Operation Heilung von seinem Leiden. Statt einer Besserung aber neigte sich sein Leben immer mehr dem Ende zu. Das Leiden, das er aus der ihm eigenen übernatürlichen Haltung vorbildlich bewältigte, hatte ihn der letzten Vollendung entgegenreifen lassen. Arnold Wiederkehr entstammte einer kinderreichen Familie in Schwerten im Klettgau, wo er am 20. September 1892 als erstes von 12 Kindern geboren wurde. In der Lenderschen Lehranstalt in Sasbach und am Bertholds-Gymnasium in Freiburg absolvierte er seine Gymnasialstudien, die er im Jahre 1912 mit dem Abitur abschloß. Mitten in seine theologischen Studien in Freiburg fiel der erste Weltkrieg, den er von 1915-1918, zuletzt als Offizier, mitmachte, mehrfach wurde er dabei verwundet, drei Tage vor Schluß des Krieges zum letzten mal. Die Folgen dieser Verwundungen machten sich später immer wieder gemerkbar....

Nach einem schweren, mit großer Geduld ertragenem Leiden rief CHRISTUS, der ewige Hohepriester, seinen treuen Diener, den Hochwürdigen Herrn Geistl. Rat Arnold Wiederkehr Spiritual der Kreuzschwestern in Hegne gestärkt mit den heiligen Sterbesakramenten, am Feste des heiligen Apostels Jakobus um 8.50 Uhr im 66. Lebensjahre und im 39.Jahre seines Priestertums zur ewigen Vergeltung.
Die letzten elf Lebensjahre dieses verdienten Priesters gehörten uns Schwestern. Wir verehren in ihm einen edlen, gereiften Priester, einen verstehenden, gütigen Vater und einen erfahrenen Führer im Streben nach der christlichen Vollkommenheit. Sein vorbildliches Leben macht ihn uns unvergessen.
Wir empfehlen seine Seele ins heilige Opfer der Priester und dem frommen Gebete aller Gläubigen.
Hegne, den 25.Juli 1958
Schwester M.Josefine Bußhart, Provinzoberin der barmherzigen Schwestern vom heiligen Kreuz, Hegne, Offizium und Seelenamt finden statt am Montag, dem 28. Juli, um 9 Uhr, anschließend Beerdigung in Hegne.


Bemerkenswertes aus der Zeit von Pfr. Wiederkehr
Von Mai 1935 bis August 1945


Krieg 1939/45.(Seite 202) Der Feldzug in Polen hat von der Pfarrei, Gott sei Dank, keine Blutopfer gefordert; es war wohl kein Pfarrkind im Feindesland. Dagegen sind verhältnismäßig viele für der „Wehrwall“ in Anspruch genommen worden, ein großer Teil allerdings nur ohne Waffe für den Arbeitsdienst.
Nach behördlicher Anweisung muß im gefährteten Gebiet Vorsorge getroffen werden für etwaige Räumung. Es sollen für diesen Zweck wertvolle Meßgewänder, Kelche und dgl. m. in Sicherheit gebracht werden.- Es wurde der kleine, alte, gotische Meßkelch (wohl Inventar Stegen) untergebracht beim Bruder des Pfarrers, Schneidermeister A.W. in Lahr, der ....kelch mit Emaile... bei Bekannten von P. Decker: Altbgmstr. Jakob Keller, Egesheim, Kreis Tuttlingen, Wttbg. (bei Reichenbach bezw. Spaichingen, Heuberg.) Er ist wieder zurückgenommen.---
Der Krieg ist, da die Zeilen geschrieben werden – Ende August 45 – beendet. Die Pfarrei hat während der ganzen Zeit offensichtlichen Schutz gehabt. Sie hat zwar auch ihre Blutopfer bringen müssen, hat wie andere Dörfer ihre Gefallene, aber nicht in größerer, eher in geringerer Zahl als manches andere Dorf entsprechender Größe. Ohne Industrie und damit ohne Reklamationen, ohne Freistellung der einen oder anderen Wehrpflichtigen müßte mit einer beträchtlichen Zahl Gefallener gerechnet werden. Endgültige Zusammenstellung ist, bevor die Gefangenen daheim sind, noch nicht möglich; vorerst muß die Aufstellung des Totenbuches genügen.
Auf jeden Fall aber ist die Pfarrei von Fliegerschäden bewahrt geblieben. Sooft das Tal auch überflogen wurde und sooft die Detonationen der Bomben in der Umgebung: 1x in St. Peter, 1x in Zarten, mehrere Male in Kirchzarten, beängstigend oft in Freiburg zu hören waren – da wollte es nach den Großangriff vom 27. Novbr. 44 kein Ende mehr nehmen – die Pfarrei hatte keinen Schaden.
Ungemütlich freilich wurde es je länger je mehr auch im stillen Eschbachtal. Zumal seit dem Großangriff auf Freiburg. Die Pfarrei erlebte ihn in seinen unmittelbaren Auswirkungen,  (Seite 203) dem namenlosen Flüchtlingselend. Die Häuser waren den Winter 44/45 bis in den Frühsommer 45 hinein allein schon durch die Ausgebombten überfüllt; die Kirche war sonntags, obgleich sicher nicht alle kamen, gefüllt wie sonst nie. Im Pfarrhaus waren dauernd untergebracht: Fam. Dr. Lehrer mit 3

Personen, Fam. Oswald-Karcher mit 2 bezw. 6 Personen, Direktor Bichmann von Fa. Herder. Dazu kamen bald noch die Einquartierungen vom Militär von der Zeit ab, da der Kampf um das Elsaß ging – im Pfarrhaus zu den Ausgebombten bis zeitweilig 5 Mann – der im Schulhaus untergebrachte  „Volkssturm“ bezw. der Kurs für vormilitärische Wehrertüchtigung der 16 Jährigen – das Pfarrhaus hatte längere Zeit die Köchin, ein Frl. Werner (Blumengeschäft) Freiburg, wenigsten zum Schlafen – und schließlich noch ein Teil der Einwohner des bei Breisach gelegenen Gündlingen, die sich von dem französischen Artl. Feuer mit Vieh und nötigem Bedarf hierher in Sicherheit brachten, bis das Kriegende ihnen wie den Freiburgern die Rückkehr in die mehr oder weniger zerstörte Heimat ermöglichte.

Kriegsende ! Es brachte die kritischsten Stunden, Stunden sorgenvollen Bangens und wirklich ernster Gefahr. Die erste und wohl größte kam durch die seit ein paar Tagen aus dem Elsaß und der Ebene zurückflüchtenden eigenen Truppen. Übrigens ein Anblick zum Heulen, diese müd sich hinschleppenden, lange auseinander gezogenen Kolonnen, diese das ganze Tal hindurch weggeworfene Unmegen von Kriegsmaterial – noch lange haben die Kinder mit einem aus dem Bach gezogenen Flakgerät Karussel gefahren! Diese Truppen sollten im letzten Augenblick das Tal bis zur letzten Möglichkeit verteidigen.
Sonntag, 22. April war es, wie an der Investitur 10 Jahre zuvor wieder am Schutzfest des hl. Josef. Am Samstag hatten die Franzosen bereits in Freiburg vorgefühlt, am Sonntag zogen sie ein. Bis Montagfrüh waren sie im Tal zu erwarten.  Die Pfarrei bereitete sich dadurch vor,  daß sie sich im bezw. nach dem Amt nochmals dem hl. Josef weihte u. seinem besonderen Schutz empfahl. Nicht umsonst! Abends beim Eindämmern rückten deutsche Truppen von St. Peter herab, um mit M.G.-Nestern (Seite 204) auf den Höhen das Tal zu sperren – eine Vorkehrung, die, militärisch gesehen, umso notwendiger + selbstverständlicher war, als das Höllental bereits durch Sprengungen gesperrt war und das Nachrücken der Franzosen damit notwendig durch unser Tal über St. Peter + St. Märgen erfolgen mußte. Spät anbends kamen die deutschen Truppen; noch vor Ende des Schutzfestes, nachts 1/2 2 rief höherer Befehl sie zurück zu überstürztem Rückzug nach Osten, dann Versuch, die durch Vorstoß zur Schweizergrenze bereits geschlossene Sperre zu durchbrechen, bevor zu dicht + zu stark war. Das Dorf war damit gerettet. Als die Franzosen am nächsten Vormittag, zunächst nur vorsichtig mit Panzern vorfühlend + abtastend, durch das Tal gen St. Peter fuhren, fiel kein Schuß.
Die Pfarrei wird die Hilfe, die nicht zu verkennen ist, nicht vergessen dürfen und nicht vergessen; Sie wird der Gs. Mutter + dem hl. Josef für immer dankbar sein. Sie hat sich verpflichtet das Schutzfest des Heiligen, bezw. den darauf folgenden Sonntag, mit feierlichem Dankgottesdienst zu begehen: Amt vor ausgesetztem Allerheiligsten, Litanei, Te Deum + Segen; ebenso das Fest Mariae Himmelfahrt, das uns mit der Himmelskönigin die gleich gütige wie mächtige Mutter + Helferin gegeben hat. Auch da im Amt Te Deum, Erneuerung der Weihe („Jungfrau, Mutter Gs mein“ oder Weihegebet der Herz Marias Bruderschaftsandacht);  auch da wie am Schutzfestnachmittags feierliche Vesper! Ich selber werde, solange ich hier bin, eine Übung der Tage des Krieges wenigsten teilweise weiterführen. Haben wir da lange Zeit hindurch Tag für Tag nach der hl. Messe vor im Speisekelch ausgesetzten Allerheiligsten ein Gesetzchen R´kranz gebetet, am Mittwoch die Litanei vom hl. Josef, am Samstag die Lauretanische  Litanei, so sollen auch nach Kriegsende noch wenigsten der Mittwoch + Samstag mit ihren Litaneien die Erinnerungen festhalten, was einst war.
(Seite 205) Und nun hat die Heimat in der Besetzung die erste Auswirkung des verlorenen Krieges. Zunächst erlebte die Pfarrei in der Invasion, in den ungezählten Kolonnen brzw. Fahrzeugen, die Wochen lang nach beiden Richtungen durch das Tal hindurch gingen. Da das Höllental durch Sprengungen beim Hirschsprung gesperrt war, flutete der ganze Verkehr durch die Seitentäler, das Wagensteig- und besonders das Eschbachtal. Glücklicherweise ist die Pfarrei von größerer und länger dauernder Einquartierung verschont geblieben. Gelitten hat sie durch Räubereien und nicht enden wollende kleine Plünderungen auch so noch genug. Aber es blieb wenigsten das sittliche Chaos erspart, das sonst neben größeren wirtschaftlichen Inanspruchname zu befürchten gewesen wäre. Auf jeden Fall bleibt die bedrückende Sorge, wie eine Hungerkatasrophe solle vermieden werden können, wenn die bisherige Art der Besetzung und Aushungerung weiter geht, und bleibt das tiefe Bedauern, daß die Sieger es nicht verstehen, jahrhundertalte Spannungen zu beseitigen, d.h. die ganze einzige Chance, die sie hatten und haben, auszunützen. Aber vielleicht muß auch das so sein; jedenfalls ist es die wirksamste Hilfe, über Minderwertigkeitskomplexe wegzukommen – sie wären wirklich unberechtigt – und nationales Selbstbewußtsein wiederzu gewinnen.

Politische Entwicklung.
So selbstverständlich es den Pfarrangehörigen im allgemeinen war, daß sie auf jeden Fall katholisch bleiben würden, ganz frei haben sie sich von der Seuche des N.S. doch auch nicht gehalten. Mangel an polit. Schulung, wirtschaftl. Nöte bezw. die Lohnung mit Entschuldung + Eigennutz, aber auch Mangel an religiöser Tiefe – zumal bei den Abonennten der farblosen „Freiburger Zeitung“ haben dem Neuen auch im Tal Eingang verschafft. Von Zarten ging die Bewegung in der Hauptsache aus. Sie hatte da an dem jungen, in der Mittelschule schiffbrüchig gewordenenen Bank, dem späteren Bgmstr, von Erzingen, ihren Hauptvorkämpfer, in der Sommer 1944 von Fliegern in Brand geschossenen Wirtschaft zum „Rößle“ ihre Stammburg. In Stegen wurde Mittelpunkt der „Hirschen“ in Eschbach der „Engel“. Hauptkämpfer aber waren: in (206) Stegen der Postagent und nachmalige Bgmstr. Franz Metzger, Bruder des Hirschenwirts; in Eschbach neben anderen die beiden späteren Amtwalter Müller u. Hug. Während bei den anderen Eschbachern durch die relig. Entwicklung in steigendem Maße die Ernüchterung kam, wurden und blieben Müller + Hug für die ganze weitere Dauer – infolge besonderer Schulung, die sie als Amtswalter auf Kursen hatten – die ...... Kämpfer der ??? Unterstützt wurden sie dabei zeitweilig durch die Lehrerschaft. Da das Tal als „Schwarz“ verschrieen war und die Bewegung namentlich in der Jugend nicht recht vorankam – Dank dem Bestehen der Congregation und noch mehr infolge der psycholog. Ungeschicklichkeiten + Taktlosigkeiten der Gegenseite – hat man offenbar die Lehrer entsprechend ausgewählt. Und es haben da die beiden Herren Bräuchle – SS Mann, aber wenigstens ehrlich überzeugt und in seinem Amt  gerade  und ehrlich – und Heizmann zweifellos viel geschadet. Ein Glück, daß der erste, Junggeselle, nicht allzu lange blieb und der andere ob seiner Unfähigkeit und Interesselosigkeit für die Belange der Schule und des Unterrichts sich auch bei den Schülern keine Achtung u. keinen größeren Einfluß sichern konnte, und ein Glück schließlich auch, daß H. bei seinem Wegzug ins Elsaß durch gute elsäßische Lehrkräfte abgelöst wurde. Besonders Frl. Riethmüller, Schwester eines kath. Geistlichen, hat mit großer Hingabe wertvolle Arbeit geleistet. Gehemmt war natürlich auch sie, nicht weniger als ihr von vorneherein „belasteter“ Kollege Metzger, französ. Res. Offizier, der Strafversetzt hierher kam.
Es ist durch die beiden Lehrer Bräuchle und Heizmann, bei letzterem noch mehr durch seine Frau, die offenbar eine Art Außenstelle der Gstapo darstellte, dem Seelsorger manche sorgenvolle Stunde erwachsen. Eine Anzeige wegen des Vergehens gegen das Verbot mit den K-Glocken zu läuten, erstattet noch bevor die Gendarmerie in K-Zarten von dem Verbot Kenntnis hatte, war noch verhältnismäßig harmlos; Sie erwies sich bei der Untersuchung recht bald als unbegründet u. unberechtigt. Sehr ernst dagegen wurde Januar / Feb. 38 die Denuntiation auf Sabotage des deutschen Grußes. Daß da der Kreisleiter Dr. Fritsch außerhalb der üblichen Redetournus ins Dorf kam und in der im „Löwen“ abgehaltenen Versammlung dem Ortsgeistlichen – mehrfach verwundeter Weltkriegsteilnehmer, Res. Offizier, Inhaber des EK II u. I – das Recht absprach, sich einen Deutschen zu bezeichnen und ihm schließlich den Rat gab nach Moskau (207) zu gehen, wo er „Heil Stalin“ grüßen könne, mußte zusammen mit der Ankündigung, daß man ihn eines Besseren belehren werde, zu den schlimmsten Befürchtungen Anlaß geben. Und es war schon besonderer Schutz von oben, daß Gefängnis oder gar KZ, dem die Gesundheit wohl nicht standgehalten hätte, erspart blieb.
Im übrigen trugen Pfarrei und Seelsorge die allgemeinen Belastungen u. Opfer. Am 4. Februar 1942 wurden die beiden größeren Glocken abgenommen. Weiterer „Metallmobilisierung“ fielen zum Opfer: der allerdings schon länger nicht mehr verwendete Kronleuchter der Kirche, das ebenfalls schon einige Jahre ausrangierte kupferne Taufbecken, ein paar kleinere Weihwasserkessel und die 12 Apostelleuchterim Schiff der Kirche. Für die Abhaltung des Gottesdienstes war ein Glück, daß ob der weiten Ausdehnung der Gemeinde ser sonst allgemein vorgeschriebene Fliegeralarm nicht gegeben wurde; so wurde nicht nur die Nachtruhe weniger gestört, so konnte vorab der Gottesdienst nach wie vor zur gewöhnlichen Zeit abgehalten werden, während er anderwärts  nach nachmitternächtlicher Alarm auf spätere Zeit – nach 10 Uhr morgens – verlegt werden mußte, gerade nur der Gottesdienst, während im übrigen das ganze öffentliche u- wirtschaftliche Leben seinen gewöhnlichen Gang weiterging ! Teuflische Klugheit, das größe Geheimnis des Glaubens, das hl. Opfer, so zu erschweren und zu verunmöglichen ! Zugleich freilich auch unbegreifliche Blindheit u. Kurzsichtigkeit, daß man so jeden, der noch sehen konnte, eindrucksvoll zu Bewußtsein brachte nicht nur, wohin der Kurs ging, sondern auch, wieviel das hl. Opfer offenbar wert ist, wie sehr es der Hölle nah und Abbruch tut.
Gott sei dank, daß die Zeit dieser Prüfung vorüber ist und die Ziele des Unglaubensim wesentlichen nicht erreicht sind! Im wesentlichen ! Daß vieles, allzu vieles trotz aller grundsätzlichen  Festigkeit Schaden genommen hat, nicht gerade nur in der besonders gefährteten Jugend, kann ja gerade der Fürsorge nicht verborgen bleiben. Und die kommenden Jahre werden zu dem in den Früchten bereits offenkundigen Ehebrüchen etc. noch manchen anderen Schaden ans Tageslicht bringen. Es sind bis jetzt (Ende August 1945) ja erst wenig Soldaten daheim, und alles ist noch im Fluten u. Werden.

Seelsorgerisches Arbeiten während der schlimmen Jahre! Ziel konnte nur sein, soviel als bei den mannigfachen (208) Erschwerungen möglich war zu wahren u. zu erhalten.Es wurde die Kongregation gegenüber den Bemühungen von Lehrer Brauchle und Blockwart Müller und nicht weniger gegenüber dem starken durch den BDM kommenden Druck wenigstens im äußeren Bestand erhalten. Es gelang weiter, den geordneten schulplanmäßigen Relig. Unterricht in beiden Schulen, in Stegen wie in Eschbach, die ganze Zeit über duchzuführen. Als in Stegen die Situation für den Ortsgeistlichen kritisch wurde und er es für geraten hielt, seinem zu befürchtendem Schulverbot gegenüber sich zurückzuziehen, sprangen die H.H. Patres von Stegen bereitwillig in die Bresche. Zumal P. Rektor, Herr Dr. Middendorf hat für die Schule immer viel Liebe und Interesse gezeigt.
Sehr wertvolle Dienste haben die ganze Zeit über das im Pfarrhaus hergerichtete „Sitzungszimmer“ alias „Vereinszimmer“und das Exerzitienhaus auf dem Lindenberg geleistet. Jahr für Jahr pilgerten eine Anzahl von Pfarrkinder, vorab Mädchen u. Frauen, zum Heiligtum der Gs Mutter, um in der stillen Einkehr der hl. Exerzitien sich Kraft u. Trost für die Nöten des Alltags wie der bewegten, gefährdeten Zeit zu holen; in einem Jahr waren es rund 60, darunter eine große Zahl Frauen. Und Jahr für Jahr versammelte auch das Vereinszimmer bald die Frauen, bald die Jungfrauen zu der oder jenen außerordentlichen seelsorgerlichen Veranstaltung, das eine Mal zu Einkehrtagen, das andere Mal zu Einzelvorträgen. Schließlich ist, als der Bürgersaal für kirchliche Zwecke nicht mehr zur Verfügung gestellt werden durfte – zum Bedauern des BgMeisters, Herrn Läufer, der selbst lange beim K.Chor war u. trotz seiner Zugehörigkeit zur Partei sich nicht von prakt. Betätigung seiner religiöser Überzeugung abhalten ließ u. auch den Beitrag nach Gengenbach (....für die Krankenschwestern)  weiterbezahlte, angeregt allerdings durch Ratschreiber u. Mesner Hehnle – Selbst der K.Chor im gemütlichen Vereinszimmer heimisch geworden, für die Proben u. für die eine oder andere gesellige Veranstaltung. Daß es zum idealen Raum auch für den Erst.Kom.Unterricht u. für die zeitweilig nach Geschlechtern getrennte Chr. Lehre wurde, das nur nebenbei.
(209) Mög die Erwähnung eines freudigen, festlichen Ereignisses den Rückblick auf das Dezenium Mai 1935 bis Ende August 1945 beschließen. Am 20. Juni 45 konnte der derzeitige Seelsorger sein silbernes Seelsorgerjubiläum feiern. Um nicht in einer Zeit stärkster Inanspruchnahme für die Feldarbeit bei mangelnden Arbeitskäften durch rasch aufeinander folgenden Festfeiern: Fronleichnam, Jubiläum und Patrozinium zu stark zu belasten, wurde die Feier des Jubiläums zusammengelegt mit der des Patroziniums, das dieses Jahr auf den 29. Juli fiel. Ein schlichtes einfaches Gedenken im Amt hätte am meisten der Intention des Jubilars entsprochen. Die Pfarrei war damit nicht einverstanden, und das Kloster Stegen hat sich ihr unter seinem nimmermüden Rektor P. Middendorf zur Verfügung gestellt, um die Feier so eondrucksvoll  u. schön als möglich zu gestalten. Zunächst wurden durch Stegen – in kurzen Abwesenheit des Jubilars Küche und Wohnzimmer hergerichtet, in der Zeit unmittelbar nach dem Zusammenbruch ein richtiges Kunststück und nur dadurch möglich, daß sich unter den Laienbrüdern des Studienhauses in Freiburg ein Malermeister befindet u. Stegen auch noch die erforderlichen Rollen Tapeten zur Verfügung hatte. Sogar die Eltern des Jubilars konnten durch die Bemühungen von H P. Rektor aus der Sperrzone an der Schweizer Grenze beigeholt werden. Das Fest selber wurde eingeleitet durch eine Huldigungsfeier am Vorabend im Pfarrhof: Lieder, Gedichte, Ansprachen, Überreichung von Geschenken ( seitens der Kirchengemeinde ein gemälde: Kirche und Pfarrhaus darstellend, seitens der politischen Gemeinde ein Geldbetrag zur freien Verfügung des Jubilars ). Reigen durch Kinder des Waisenhauses Hagen – Stegen. Am Patrozinium: vormittags Abholen des Jubilars beim Pfarrhaus, feierl. Amt mit Predigt durch H. Ord. Rat. Dr. Vetter, Prozession; nachmittags: liturgische Feier über das Priestertum, verfaßt von P. Rüß, Stegen, mit Predigt von H. Rektor, P. Middendorf; anschließend geselliges Zusammensein im Pfarrhaus: Angehörige, mitwirkende u. benachbarte (Pfr. Saum, K´Zarten) Geistliche, Bgmeister u. Lehrer von Eschbach u. Stegen, Ausgebombte aus Freiburg (Fam. Dr. Lehrer u. Brinkmann).- Die ganze feier hat viel guten Willen geoffenbart und die Verbundenheit zwischen Hirt und Herde zweifellos bestärkt u. vertieft; so wird sie auch dem Jubilar in lieber Erinnerung bleiben. Der H.H. Erzbischof ehrte  (210)den Jubilar durch die Verleihung des Titels eines Erzb. Geistl. Rates.

August 1945 bis Ostern 1947

  1. Das äußere Geschehen war lange Zeit gekennzeichnet durch Erpressungen und Plünderungen. Wie fast überall wurden vom franz. Militär zunächst die Motorräder, Autos, Radioapparate, Fotoapparate etc. requiriert. Dann setzten die lange Zeit andauernden ziemlich willkürlichen Requirierunegn und förmlichen Plünderungen, hauptsächlich zur Nachtzeit erfolgend, ein. Polen, die in der gegend gearbeitet hatten, und Ausgebomte aus Freiburg scheinen vielfach führend tätig gewesen zu sein. Hauptgeschädigte waren: Rombach Wilhelm, Waldhüter; Uwe Behrle im Gabelsdobel; Strecker (3 Schweine!); Uwe Würmle im Beha-Häusle, Hinterbauer (Bargeld); Schwabenhof; Hirschen – Stegen.
  2. Seelsorge im Winter 1945/46. Zunächst nutzten sehr viele aus der Pfarrei, bes. Frauen u. Mädchen, die während des Krieges so schmerzlich vermißte Gelegenheit, Exerzitien zu machen (rund ... Teilnehmerinnen) während den Herbst u. Winter 45/46 über auf dem Lindenberg in Exerzitien. (Winter 46/47: 9 Jungmänner, 6 Männer). Die Pfarrei als solche hatte Ende Januar im Vereinszimmer halbgeschlossene Exerzitien für Jungfrauen u. Frauen., je 3 Tage mit je 4 Vorträgen (durch Diozer. Missionar Reichenbach). Für die Männer hielt P. Rüß Stegen eine Woche (9 Tage) hindurch Abendvorträge; die Jungmänner hatten an Quinquagesimas einen Einkehrtag, durch Diözes. Präses Beer. Alle Veranstaltungen waren sehr gut besucht; das Vereinszimmer war regelmäßig gesteckt voll (bis 60), es kam so ziemlich alles was kommen konnte u. nicht schon an geschlossenen Exerz. Teilgenommen hatte (den Winter über)
  3. Maria Lichtmeß und Josefstag. Auf einmütigen, einstimmigen Wunsch der Pfarrgemeinde, nach Weihnachten 45 durch schriftl. Eintragung der einzelnen Familien in zirkulierenden Listen festgestellt u. festgehalten, sollen die beiden Feiertage zum Dank für alle während des Krieges gewonnene Hilfe bis ins Jahre 2000 durch Arbeitsruhe und Sonn- bezw. Festtagsgottesdienst begangen werden. (also zum Schutzfest u. zu M. Himmelfahrt hinzu). (211)
  4. Neuregelung der Kirchenordnung, Benutzung der Empore. Ein Mißstand, der schon lange nach Abhilfe schrie, war die Benutzung der Empore durch die ledigen Männer u. Jungmännerwelt, bis hinab zu den Christlehrepflichtigen. Unten im Schiff waren, zumal seit Einführung der Frühmesse und seitdem das Kloster Stegen regelmäßigen Sonntagsgottesdienst hält, auf der Männerseite die Bänke  leer, auf der Empore aber wurde allerhand Unfug getrieben. Alle Versuche, eine Änderung zu erreichen, waren bis dahin fehl geschlagen. Da zwang allzu großer Unfug während der Herbstferien (46) bezw. während der Anwesenheit des Pfarrers – es wurde sogar geraucht – zu entschiedenerem Zugreifen. Nach Stiftungsratsbeschluß wurde die Ordnung von St. Peter eingeführt: die Empore steht für gewöhnlich nur dem K.Chor zur Verfügung, von den jungen Leuten darf sie nur an Tagen mit besonders starkem Kirchenbesuch: Fronleichnam, Patrozinium, Weihnachten etc. und nur nach ausdrücklichgegebener Erlaubnis aufgesucht werden. Und siehe, diesmal glückte es. Stegen (Kloster) half mit, übernahm einer Anzahl Sonntage den Gottesdienst, sodaß der Pfarrer die Empore bewachen konnte. So haben sie sich langsam in das Unvermeidliche gefügt; es wird nun nur gelten, das errungene zu halten und dauernd sicherzustellen: durch wache Kontrolle und strammes Zugreifen schon beim ersten Versuch, die immer noch lästige Ordnung zu durchbrechen.

Arnold Wiederkehr (*1892-†1958) Pfarrer in Eschbach (1935-1947)

Pfr. Wiederkehr wurde als Ältester von 12 Geschwistern am 20. Sept. 1892 zu Schwerzen b. Waldshut geboren, besuchte das Gymnasium in Sasbach und Freiburg, studierte Theologie in Freiburg und mußte das Studium durch Kriegsdienst unterbrechen. Dreimal verwundet studierte er nach dem Krieg weiter und wurde am 20. Juni 1920 zum Priester geweiht. Als Vikar wirkte er in Lahr und kam dann im Dez. 1921-1929 als Präfekt an das Gymn. Konvikt nach rastatt und war danach von Ostern 1929-1935 Spiritual am theol. Konvikt in Freiburg. Im Mai 1935 kam er als Pfarrer nach Eschabch mit der Verpflichtung, als beichtvater neben dem Spiritual im Priesterseminar in St.Peter mitzuwirken. Die größte Zeit seines Wirkens war überschattet durch den 2. Weltkrieg. Seine Notizen in der Chronik im Pfarrarchiv geben darüber einen ergreifenden Einblick, wie dieser sich in Eschabch ausgewirkt hat, obwohl es von Zerstörung verschont geblieben ist. Am 29. April 1945 konnte Pfr. Wiederkehr in Eschbach sein Silbernes Priesterjubiläum feiern. Seine Aufzeichnungen über das seelsorgerische Wirken weisen ihn als einen eifrigen und frommen Seelsorger aus. Im Mai 1947 ging er nach Hegne ins Kloster der Kreuzschwestern, wo er am 25. Juli 1958 starb.

J. Hog 1968 Zur Chronik von Eschbach:
Pfarrer und G.R. Arnold Wiederkehr verließ Eschbach am 20. Mai 1947 nach Hegne ins Kloster der Kreuzschwestern. Wie er mir sagte: Endlich die Stelle, die ich mir wünschte, nur sollte ich 10 Jahre jünger sein". Im 11. Jahr nach seinem Wegzug starb er am Jakobitag 1958. Blasenkrebs hatte ihm ein schmerzliches Ende bereitet.