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Die Mönche von St. Wilhelm
An der Straße, die von Oberried zum Notschrei führt, zweigt an der Hohen Brücke ein Sträßlein in das St.-Wilhelmer-Tal ab. Es ist ein einsames Schwarzwaldtal. Heute reihen sich doch einige Höfe der Straße und dem Bach entlang. Vor siebenhundert Jahren aber betrat außer einem Jäger kaum ein Mensch das Tal.
Und doch suchten in den zwanziger Jahren des 13. Jahrhunderts fromme Klosterfrauen aus dem Frauenkloster Günterstal bei Freiburg ein Plätzchen, auf dem sie ein Klösterlein erbauen könnten. Sie führten ihr Vorhaben auch aus und blieben einige Jahre im stillen Tal. Aber die Sommer waren kurz, dafür die Winter um so länger und strenger. Die Nonnen kehrten deshalb wieder in das mildere Günterstal zurück.
Fromme Männer zogen in das verlassene Kloster ein. Es waren Mönche aus dem Orden der Wilhelmiten. Sie ertrugen die Unbilden des Schwarzwaldwinters besser als die Nonnen, vergrößerten das Kloster und bauten eine Kirche. Einige hundert Jahre lebten Wilhelmitermönche im Tal. Durch sie kam das Tal zu seinem heutigen Namen. Auch der Name Meierhof, den heute noch ein Hof trägt, erinnert an das Wirken der Mönche.
Schließlich siedelten sie nach Oberried über und errichteten dort ein neues Kloster. Im St.-Wilhelmer-Tal aber verfielen Kloster und Kirche.


Aus: Heimat am Oberrhein. Eine Sammlung heimat- und zeitgeschichtlichers Lesestücke von Hans Mecking und Josepf Weber. Mit vielen Zeichnungen von Alois Pesot. Verlag Herder Freiburg 1961