Auszug aus:
Kreuze, Bildstöcke, Grenzsteine im Dreisamtal und dessen
Umgebung
von Hermann Althaus
Seite 90 f
Vom sogenannten „Dischenkreuz" an der Kreuzung B 31 / Stegener
Straße, am jetzigen Fahrradweg, soll kurz berichtet werden. Es hat
ursprünglich auf der gegenüberliegenden Straßenseite „auf Zartener
Grund" gestanden. Es ist zwei Jahre älter als „die USA" und wurde
im Jahre 1774 durch Johannes von Banck, (*1726 + 1796, Bauer auf
dem Dischenhof und Rößlewirt), Maria Widerlin (*1733 in
Weilersbach t 1801, zweite Frau von Johann Banck) und Martin
Vetter (Eschbach, verh. 1769 mit Magdalena Gehr aus Ibental?)
gestiftet. Die Inschrift verrät, daß es 1866 durch Karl Bank und
seine Ehefrau Rosa Ruh von Zarten erneuert wurde. Die „Banks"
waren ursprünglich einmal aus Vorarlberg eingewandert. Heute
gehört das Kreuz Maria Wöhrle, geb. Gremmelsbacher, die es 1986
durch Rudolf Kleiner renovieren ließ. Als Inschrift an diesem
steinernen Hochkreuz liest man: Zur/ Grösserer Ehr Gottes/ haben
dieses Creutz/ hie heren stelen lasen/ ... ( s.o. die drei
genannten Namen).
Das aus Pfaffenweiler Sandstein geschaffene Kreuz mit
Kleeblatt-enden und einem ausdrucksvollen Kruzifixus ist mit den
Balken aus einem Stein gehauen und mit ihm verwachsen. Der Korpus
ist leicht hell getönt, der Kopf trägt eine vergoldete Gloriole.
Trotz der Restaurierung vor wenigen Jahren zeigte das Kreuz
bereits wieder deutliche Spuren des täglich in Überfülle vorbei
rauschenden Verkehrs. 2002 wurde es erneut vom St. Peterner
Steinmetz Hog renoviert und strahlt in neuem Glanz.
Noch in den vierziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts ging um
das auch „Dischen-Kreuz" genannte Kleindenkmal eine Sage, die man
sich damals geheimnisvoll erzählte. Bei einem nächtlichen
Leichenzug habe der Satan einen der Zartener aufgefordert, den
,,Grundbollen" (das Gebetbuch) wegzuwerfen und mit ihm zu gehen.
Dieser Mann habe sich nur durch einen Sprung auf den geweihten
Reesenhofacker vor dem Teufel retten können.
Mitternächtlicher Leichenzug? Tatsächlich fanden in den
vergangenen Jahrhunderten in vielen Gebieten Beerdigungen häufig
nachts statt. Wir wissen, daß der große Musikus Wolfgang Amadeus
Mozart in Wien und auch der Dichter Friedrich Schiller in Weimar
zu mitternächtlicher Stunde in ihr Armengrab gesenkt wurden.
Häufig war der Grund ein weiter Weg für das letzte Geleit, im
Sommer wollte man die Hitze meiden oder brauchte den Tag für die
Arbeit. Meist wollte man kein Aufhebens um den armen Verstorbenen
machen. Wenn der Friedhof des weiträumigen Kirchspiels weiter
entfernt war, rastete man gern unterwegs an solchen Kreuzen und
betete für das Seelenheil des Verstorbenen ein Ablaßgebet.
Natürlich entstanden dabei im Volksglauben phantasievolle
Vorstellungen von Geisterbeschwörungen und Zauberei, vom Reigen
der Toten zur Geisterstunde, vom Sensenmann, der mit den Lebenden
tanzt (Totentanz) und vom Teufel, der noch in letzter Minute um
die Seele des Menschen kämpfen würde. - Und eine solche
Spukgeschichte will wissen, daß der Teufel beim Reesenhof in
Zarten auf einen Pferdewagen aufgesprungen sei, und sich so schwer
machte, daß das Pferd den Wagen nicht mehr ziehen konnte. Den
Abdruck seines Hufes habe man noch lange im Boden sehen können.
Die Geschichte vom „Dischenkreuz" gibt uns immerhin einen
interessanten Einblick in den phantasievollen Glauben/ Aberglauben
unserer Vorfahren.