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Die alte Posthalterei in Zarten



Zu den ältesten Siedelungen im Breisgau dürfte wohl das Dorf Zarten gehören. Bekannt ist seine Ableitung von der Wohnstätte der Ketten, die dort am Bache des Taro ihre Häuser gebaut, sie mit einer wehrhaften Mauer umgeben hatten und sie Tarodunum nannten. Auch den Römern gefiel dieser befestigte Ort, und sie bezogen ihn in ihre großangelegten Heerstraßen ein, die von Breisach über den Schwarzwald ins Schwäbische führten. Erst während dieses Winters wurde wieder ein römisches Landhaus ausgegraben, das die längere Anwesenheit von Römern nachweist. Die nachfolgenden Alemannen setzten sich ebenfalls in dieser alten Burg fest, aber ihr fortifikatorischer Wert verschwand bald, und die Mauern der alten Feste stürzten ein. Es sind nun die alemannischen Bauern, die vielleicht mit einigen zurückgebliebenen keltischen Taglöhnern das Tal urbar machten und ihr jetziges Dorf Zardun oder Zarten nannten.

Mitten im Tale entstand aber eine weitere Siedelung mit einer Kinde, die wegen ihrer bequemeren Lage von allen Seiten und Tälern leichter erreichbar war, bald den Verkehr an sich zog und der Hauptort im Tale wurde: Kirchzarten. Schon eine sehr frühzeitige Erwähnung findet das Dort Zarten, und sie beweist, daß die Stätte des alten Tarodunum im Laufe der Jahrhunderte immer besiedelt war. Schon im 8. Jahrhundert hatte das Kloster St Gallen in der Gemarkung Zarten Besitzungen, und die Mark Zarten reichte von Ebnet bis hinauf zur fürstenbergischen Baar. Eine Zeitlang gehörte Zarten auch zum Kloster Einsiedeln, kam aber später an das Kloster Sankt Märgen. Durch Kauf erhielt es dann die Stadt Freiburg und ihr verblieb es bis zum Jahre 1805, wo beide badisch wurden.

Verkehrspolitisch lag Zarten an einem wichtigeren Platze als Kirchzarten, die große Verkehrsstraße Freiburg-Neustadt ins Schwabenland ging durch den Ort und zweigte von da nach Kirchzarten und Oberried-Schönau ab. Ebenso führten von Zarten sog. Privatposten nach St. Peter und St. Märgen. So war seinerzeit hier eine Poststation entstanden, und noch der alte Besitzer dieser Poststelle, der Wirt des Gasthauses zum Bären, er alte Posthalter, hatte diese Privatpost nach St. Peter, während der Hirschenwirt von St. Märgen die andere Linie fuhr. Beide begannen hier im Bären, dagegen waren die Neustädter und die Schönauer Post Reichspost und hatten hier nur eine Haltestelle. Der heutige Wirt, der Sohn des alten Posthalters, bewahrt noch drei Fahrkarten von dieser Post auf, mit der schönen Aufschrift: „Freiburg-Schönauer Post-Omnibus-Cours Zarten“ Was aber viel wertvoller ist als die Kärtchen, sind die Urkunden vom Hofe und von der Wirtschaft, ein ganzes Kistchen voll bringt die Wirtin, säuberlich zusammengelegt und alle noch gut erhalten. Eigentümlicherweise hat die älteste Urkunde vom Jahre 1611 nichts mit dem Hofe zu tun, sie handelt von einem Hause in Freiburg in der Gerbergasse - der heutigen Turmstraße. Das Vorhandensein einer solchen Urkunde ist möglicherweise damit zu erklären, daß um jene seit eine Frau aus den Hof heiratete, die in Freiburg dieses Haus erbte oder mit in die Ehe brachte.

Am 17. August 1671 ist nun ein Michael Steinhart erwähnt, der seinem Bruder Martin folgendes übergibt: eine Behausung, die aber zu einer Scheune umgebaut worden war - die heutige große Stallung -, dann ein Haus, Hof und Garten an der Landstraße, dazu Wiesen und Aecker bei Zarten und Wald im Attental. Beinahe alle Güter sind heute noch im Besitz des Hofes. In dieser Urkunde wie auch in der nächsten - vom 24. September 1674 ist noch nichts von einer Wirtschaft erwähnt. Erst am am 24. Oktober 1674 wird dieser Martin Stelnhart „Gastgeber zue Zarten“ genannt. Dieser Martin muss also wohl der erste Wirt gewesen sein, vom Namen der Wirtschaft ist nichts gesagt. Am 13. August 1714 ist sie dann ausdrücklich angegeben: „ein mitten in dem Dorfe Zarten vorhandene mit stockh mauren aufgebaute Gastherberg, neben der darzue von Stain- und Rigelmauren aufferbaute Scheuren und bachkuche und daranliegenden Kraut- Baum- und Grasgarten.“ Es ist dabei die Rede von einem Martin Steiert, der den Hof einem Hans Steiert, wohl seinem Sohne, übergibt. Dieser Martin Steiert kann nur der Martin Steinhart sein, der aus irgendeinem Grunde seinen Namen änderte, und die heutigen Besitzer Steinhart, wissen noch, daß ihre Vorfahren Steiert geheißen haben.

Am 4. Oktober 1758 geht der Hof um 2010 Gulden an einen Christian Steiert über, die Fahrnisse, die alle bis aus die Küchengeräte und die „Handwehlen an der tür“- die Handtücher - genau angegeben sind, erhält er um 537 Gulden. Am 9. Mal 1785 wird wieder eine Verteilung vorgenommen, als die Maria Bankin stirbt, die mit dem Christian Steiert verheiratet war, aber nach dessen Tode nun seit 20 Jahren mit einem Andreas Frey verehelicht gewesen war. Der Erbfolger ist aber ein Kind aus der ersten Ehe, Philipp Steiert. Alle andern Kinder und der Vater Frey werden bei der Verteilung mit Anteilen bedacht. Nun hören wir auch zum ersten Male den Namen der Wirtschaft: „Tafernwirtshaus zum Bären“. Der heutige Wirt erhielt den Hof am 3. Dezember 1897 von seinem Vater Karl Steinhart, der ihn am 15. Oktober 1867 erhalten hatte.

Noch so manche Lücke klafft in der Erbfolge, aber die erhaltenen Urkunden in der Familie zeigen doch ihre Wertschätzung, die man den ehrwürdigen Zeugen der Vergangenheit entgegenbringt. Es ist immerhin eine nicht häufig anzutreffende Tatsache, daß ein Erbhof derart viele alte Urkunden in eigenem Besitze hat. Wenn nicht Brandschatzung oder Plünderung während eines Krieges diese zerstörte, so hat ihnen viel eher noch Verständnislosigkeit oder schlechte Aufbewahrung geschadet. Im Jahre 1830 wurde das Haus von Grund auf umgebaut, und man hat auch bei diesem Umzuge sie gerettet. Heute sind diese Urkunden wieder im Werte gestiegen, und in sorgsamer Ehrfurcht packt sie der Bärenwirt wieder in das Kistchen und stellt sie an einen gutverwahrten Ort in seiner Wohnstube.

Karl Motsch